Landesgesetz über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Guntersblum in die Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/2798 – Zweite Beratung
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Fusion der Verbandsgemeinden Nierstein-Oppenheim und Guntersblum handelt es sich ganz klar um eine Zwangsfusion. Diese lehnen wir ab.
Warum ist das eine Zwangsfusion? Weil die Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Guntersblum einen Bürgerentscheid erwirkt haben, der den getroffenen Fusionsbeschluss der beiden beteiligten Verbandsgemeinden außer Kraft gesetzt hat.
Ich sage es gleich im Voraus, weil ich davon ausgehe, dass die Kollegin von der SPD-Fraktion es gleich sagen wird. Es war ein knapper Bürgerentscheid, jawohl, aber es war einer. Mehrheit ist Mehrheit, so ist es nun einmal. Damit ist der Beschluss außer Kraft gesetzt worden.
Jetzt stellt sich für uns heute die zentrale Frage, was uns ein Bürgerentscheid wert ist. Ich glaube, das steht heute im Vordergrund.
Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, das müssen Sie sich auch vor Augen führen. Sie müssen vor Ort erklären, warum ein Bürgerentscheid ausgerechnet in der Frage einer Kommunal- und Verwaltungsreform Ihrer Meinung nach für einige Verbandsgemeinden nicht gilt oder vielleicht woanders gilt und es hier vielleicht möglicherweise doch dazu kommt, dass es eine ganz
andere Lösung gibt, dass also eine Zwangsfusion abgewendet werden kann, nur nicht in diesen betroffenen Verbandsgemeinden. Ich glaube, das ist die zentrale Frage, die Sie sich alle stellen müssen, wir uns auch mit Ihnen.
Alle Personen, die bei der Anhörung im Innenausschuss gesprochen haben, sagten zu dieser Fusion deutlich aus, dass sie diesen Bürgerentscheid respektieren, selbst wenn sie sich zunächst für eine Fusion auf freiwilliger Basis entschieden, ausgesprochen und gestimmt haben. Sie sagen, man muss das Interesse der Bürger ernst nehmen. Wenn es einen Bürgerentscheid gegeben hat, dann muss der Bürgerentscheid mitgetragen werden. Das haben nicht nur Vertreter von der CDU gesagt, sondern das ging auch über die anderen Fraktionen hinweg.
Die Fusion im Bereich des südlichen Landkreises MainzBingen ist genauso unglücklich verlaufen wie in vielen anderen Bereichen auch in unserem Land. Ich will als Beispiel sagen, dass es durch die Randlage der Verbandsgemeinde Guntersblum, am Rand des Landkreises gelegen, keinen anderen Spielraum gab zu sagen, sich mit einer anderen Kommune der Verbandsgemeinde Alzey-Worms zusammenzutun, weil es von Anfang an hieß, Kreisgrenzen werden nicht überschritten. Später hieß es dann, im Anschluss kommt die Kreisreform. Ob sie noch etwas wert ist, wage ich zu bezweifeln. Im Grunde setzen wir jetzt schon die Gebiete neu fest. Wir brauchen dann darüber auch nicht mehr zu sprechen.
Herr Minister Lewentz, ich komme ganz kurz auf das zurück, was Sie eben gesagt haben. Das Problem besteht darin, dass Sie den Kommunen keine Zukunftsvision geben. Eine vage Beschreibung bzw. die Aussage, ihr werdet wahrscheinlich davon profitieren, kann man nicht nachweisen. Sie sagen niemals, wie Sie ihr Zukunftskonzept aufgebaut haben. Ich glaube, dass ist das entscheidende Problem.
Viele haben es in den beiden Verbandsgemeinden als Frust, als Gefühl der Ohnmacht und der Ungerechtigkeit empfunden, dass es beispielsweise Aufschub- oder Ausnahmesituationen für andere gibt. Es wurde ein enormer Druck aufgebaut.
Nach dem Bürgerentscheid ist die Bitte der Verbandsgemeinde Guntersblum an die Landesregierung herangetragen worden, den Kommunen Zeit zu lassen, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu einer guten Lösung zu kommen. Es ist klar, es geht um viele Fragen im Detail, die Planungshoheit nicht zu verlieren usw. Das sind die Ängste, die auf der Tagesordnung standen. Man müsse gemeinsam mit der Landesregierung nach Lösungen suchen. Diese Chance haben Sie bisher der Verbandsgemeinde nicht eingeräumt.
Noch besteht die Chance dazu. Vertun Sie diese nicht. Nehmen Sie den Bürgerentscheid und die Interessen der beiden Verbandsgemeinden ernst und stimmen Sie gegen die Zwangsfusion.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Die Verbandsgemeinde Guntersblum unterschreitet mit 9.360 Einwohnern und einer problematischen Finanzkraft deutlich die Einwohnermesszahl. Seit 2009/2010 beschäftigen wir uns intensiv damit. Die Verbandsgemeinde Guntersblum gehört zu den kleinsten in Mainz-Bingen und umfasst neun Ortsgemeinden.
Ich komme kurz zu Chronologie. Die Verantwortlichen haben sich intensiv befasst. Die Thematik war klar. Die Lage war klar. Man musste sich auseinandersetzen. Man hat diesen Prozess intensiv mit den Fragen der Fusion und der Eingliederung der Verbandsgemeinde Guntersblum in die Verbandsgemeinde NiersteinOppenheim geführt.
Nach der Einwohnerbefragung, die am 10. Februar 2011 stattfand, war klar, dass ein Großteil der Bürger, und zwar 74 % der Einwohner und Einwohnerinnen, bereit war, sich nach Nierstein-Oppenheim zu orientieren, eine Gemeinde in Richtung Alzey-Land, Teile der Ortsgemeinde Guntersblum in Richtung Alzey-Worms, die Verbandsgemeinde Eich nach Alzey.
Meine Damen und Herren, liebe Frau Kollegin Schäfer, das war allerdings so, ohne auf die wirklich schönen Privilegien des Landkreises Mainz-Bingen verzichten zu wollen.
Der Gesetzentwurf sieht – dafür bin ich der Landesregierung und unserem Minister, Roger Lewentz, sehr dankbar – eine einwohnerbezogene Zuweisung in Höhe von 1,8 Millionen Euro vor. Unser erkrankter Kollege, Thomas Günther, war damals mit in der Verhandlungskommission und hat das als Stadtbürgermeister mit ausgehandelt. Glücklicherweise haben wir diesen Prozess in der Freiwilligkeitsphase mit den entsprechenden Beschlüssen in den Ortsgemeinderäten und im Verbandsgemeinderat aushandeln können.
Die Bürgermeister und die Verbandsgemeinderäte haben der Fusion mehrheitlich am 7. Mai 2012 zugestimmt. Der Bürgerentscheid vom 4. November 2012 hat bedauerlicherweise nur ein destruktives Votum gebracht und keine Alternativen vorgelegt. Das steht im Gegensatz zu dem konstruktiven Bürgervotum zwischen Westhofen und Osthofen, mit dem man als Parlament umgehen konnte.
Der Verbandsgemeinderat Guntersblum hat in seiner Sitzung am 18. April 2013 das Angebot der Verbandsgemeinde Eich über Gespräche zum Ziel des Zusammenschlusses abgelehnt.
Meine Damen und Herren, mit dem Gesetz entsteht eine leistungsfähige Verbandsgemeinde mit kurzen Wegen, guter Erreichbarkeit, hervorragender Infrastruktur und guten Bildungsvoraussetzungen aus 20 Ortsgemeinden und 40.000 Einwohnern. Der vorliegende Entschließungsantrag soll insbesondere herausarbeiten, dass Guntersblum als Grundzentrum und Nierstein-Oppenheim als Mittelzentrum gestärkt werden. Der Wunsch zur Einrichtung eines bedarfsgerechten Bürgerbüros in Guntersblum ist zu nennen. Die Projektförderanträge für die Verbandsgemeinde Rhein-Selz sollen von der Landesregierung angemessen und wohlwollend berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, mein ausdrückliches Verständnis gilt den Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit ihren Gemeinden und mit ihrer Verbandsgemeinde identifizieren und Vorbehalte gegen Veränderungen äußern. Das sind Vorbehalte, die es 1969 und 1974 gegenüber der jetzt so engagiert verteidigten Struktur genauso gegeben hat. Jede Zeit und veränderte Rahmenbedingungen erfordern Mut und Bereitschaft zur Veränderung, die man konstruktiv gestalten kann.
In diesem Sinne bedanke ich mich besonders bei Herrn Bürgermeister Klaus Penzer, der stets ruhig und sachlich die Kommunal- und Verwaltungsreform begleitet hat, bei Herrn Helmut Schmitt, Ortsbürgermeister, der stets mit fachlichem Wissen alle Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten hat. Mein besonderer Dank geht an Herrn Minister Roger Lewentz und an die Mitarbeiter der Fachabteilung, Herrn Stubenrauch und Herrn Fischer, für die hervorragende Begleitung.
Meine Damen und Herren, ich wünsche der neuen Verbandsgemeinde Rhein-Selz eine glückliche und gute Zukunft.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Früh war klar, die Verbandsgemeinde Guntersblum hat Änderungsbedarf. Die Einwohnerzahlen wurden genannt. Die beiden Verbandsgemeinden Nierstein-Oppenheim und Guntersblum haben sich auch auf Grundlage der Bürgerbefragung aus dem Jahr 2011 in der Verbandsgemeinde Guntersblum auf den Weg gemacht, Gespräche aufgenommen und miteinander eine gute Fusionsvereinbarung vereinbart.
Es wurde schon darauf eingegangen, dass sich der Bürgerentscheid mit einer Mehrheit gegen diesen Beschluss des Verbandsgemeinderates gewendet hat. Dabei möchte ich nicht werten, wie die Mehrheit ausgesehen hat. Wir müssen uns natürlich den Vergleich zwischen der Bürgerbefragung und dem Bürgerentscheid bei der Bewertung ansehen.
Sowohl meine Kollegin Frau Anklam-Trapp als auch ich haben viele persönliche Gespräche vor Ort mit allen Beteiligten geführt. Wir haben auch im Austausch mit der Bürgerinitiative gestanden. Es wurde klar zum Ausdruck gebracht, dass der Bürgerentscheid den Ratsbeschluss kassiert hat. Eine andere Orientierung für eine andere Fusion können wir nur auf der Grundlage anderer Beschlüsse vollziehen. Das heißt, eine Aussage, was für eine Alternative man vor Ort haben möchte, hat der Bürgerentscheid nicht gegeben. Wir haben bis zum heutigen Tag keinen Ratsbeschluss, keine Initiative der Bürgerinitiative für eine andere Fusionsoption.
Man hat stattdessen auch die Gespräche, die von der Verbandsgemeinde Eich angeboten wurden, abgelehnt. Das muss man natürlich auch vor dem Hintergrund sehen, dass der Bürgerentscheid vor einem Jahr war und wir jetzt darüber diskutieren. Wir orientieren uns dabei natürlich an der einzigen Aussage, die die Bürgerinnen und Bürger bislang darüber getroffen haben, wohin sie fusionieren möchten. Diese Aussage ist die Bürgerbefragung. Diese spricht ein ganz klares Bild, dass 74 % der Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Guntersblum nach Nierstein-Oppenheim möchten und nur ein verschwindend geringer Anteil nach Eich. Das ist die Grundlage, auf der wir dieses Gesetz bewerten müssen.
Es ist auch ganz klar, das Landesgesetz gibt vor, dass bei einer bestimmten Größe Fusionsbedarf besteht.
Deswegen muss man sich vor Ort darüber unterhalten, um welche Fusionsoptionen es geht. Es ist so, dass wir gesagt haben, dass sowohl im Anhörungsverfahren bei der Landesregierung Änderungswünsche vorgebracht wurden als natürlich auch in der Anhörung. Im Anhörungsverfahren der Landesregierung wurde zum Beispiel der Aspekt, dass das Grundzentrum von Guntersblum erhalten bleiben soll, aufgenommen. Wir begrüßen es ausdrücklich und haben es auch noch einmal im Entschließungsantrag vorgebracht. Wir haben in der Anhörung natürlich auch die vorgebrachten konkreten Änderungswünsche – nicht die Globalkritik an der Kommunal- und Verwaltungsreform, sondern wenn konkrete Änderungswünsche an dem bestehenden Gesetz vorgebracht wurden – aufgenommen, geprüft und überlegt. Die Dinge, die wir aufgenommen haben, haben wir in diesen Entschließungsantrag, der heute mit dem Gesetz besprochen wird, eingeflochten. Da wird beispielsweise auf das Bürgerbüro in Guntersblum und natürlich auf die in Aussicht gestellte Projektförderung eingegangen.
Ich möchte noch einmal betonen, ich bedauere ausdrücklich, dass keine Alternative zur Abstimmung gegeben wurde und den Bürgerinnen und Bürgern so keine
Wahl bei dem Bürgerentscheid gegeben wurde. Natürlich haben wir absolut Verständnis dafür, dass es zu Frust und Resignation vor Ort geführt hat. An dem grundsätzlichen Erfordernis, dass wir eine Kommunal- und Verwaltungsreform durchführen müssen, rütteln die Aspekte aber nicht. Wir müssen aber auch die berechtigten Emotionen aufnehmen, und dort, wo Kritik geübt wurde – beispielsweise an der Kommunikation –, müssen wir sie ernst nehmen und aufnehmen und versuchen, zu Verbesserungen zu kommen.
Wenn ich ein bisschen zurückblicke, vor einem Jahr ungefähr hat die Verbandsgemeinde Guntersblum im Bürgerhaus in Guntersblum ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert. Ich habe dort mitbekommen, wie die Diskussion damals bei der Gründung der neuen Verbandsgemeinde geführt wurde. Es wurde sehr ausführlich auf dieser Veranstaltung dokumentiert, wie die Ortsgemeinden in der neuen Verbandsgemeinde damals zusammengewachsen sind und was man zusammen alles auf den Weg gebracht hat. Genau das wünsche ich mir für die neue Verbandsgemeinde Rhein-Selz, dass man in einigen Jahren vor Ort auch dokumentieren kann, wie man in Rheinhessen in der neuen Verbandsgemeinde zusammengewachsen ist. Ich hoffe, dass dann der Frust und die Resignation verblassen, wenn man sieht, was man alles gemeinsam durch eine effiziente und zukunftsorientierte Verwaltung auf den Weg gebracht hat.
Ich darf zunächst als Gäste bei uns Bürgerinnen und Bürger aus den Verbandsgemeinden Otterbach, Otterberg und Bruchmühlbach-Miesau begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!