Protocol of the Session on April 25, 2013

Ein weiterer Punkt, der die Debatte heute schwierig macht, ist, dass der Zeitpunkt der Debatte sehr spät ist; denn wir reden unabhängig von den Besprechungen, die die Berichte auch schon im Europaausschuss gefunden haben, hier über den Zeitpunkt Juli 2011 bis Juli 2012. Seitdem ist nicht nur viel Wasser den Rhein hinunter geflossen, es haben auch weitere Sitzungen des AdR stattgefunden. Ministerin Conrad hat eben die 100. Sitzung des AdR vor 14 Tagen erwähnt, nicht zu reden von den Sitzungen der anderen europäischen Institutionen.

Im Bericht ist viel über die gestiegene Wertigkeit des AdR zu lesen. Darüber war auch hier einiges zu hören. Es freut mich natürlich, das zu hören. Für die Arbeitsebene mag ich das auch gern glauben. In der Öffentlichkeit stellt sich das allerdings anders dar. Eine Berichterstattung über die Sitzungen in den Medien, auf die wir dann, wenn wir nicht dabei sind, auch zum Teil angewiesen sind, findet praktisch nicht statt. Auch das Interesse der deutschen Regionen ist – mit Verlaub – kaum erkennbar. Oder warum diskutieren wir hier den Bericht so spät? Warum befassen wir uns eigentlich nicht schon vor den Sitzungen des AdR und der Kommission mit den Themen, um die es geht?

(Beifall bei der CDU)

Das war doch eigentlich der Ansatz, den die Parlamente hatten, die europäischen Regionen, als sie 1992 dieses Instrument gefordert haben. Welche Wertigkeit haben die Sitzungen der Regionen in Europa, wenn aus den deutschen Regionen kein einziger Regierungschef mehr an diesen Sitzungen teilnimmt?

Das war früher auch anders. Da waren die Ministerpräsidenten – zumindest die Mehrheit davon – selbst vor Ort und haben dort ihre Region vertreten. Heute tut das kein einziger mehr. Stellen wir uns eine Bundesratssitzung vor, an der kein einziger Ministerpräsident teilnimmt. Da frage ich mich, welche Wertigkeit das dann hätte.

(Beifall bei der CDU)

Dabei geht es im vorliegenden Bericht doch um Dinge, die uns in Rheinland-Pfalz direkt betreffen und die wir immer wieder besprechen. Schlaglichtartig sei beispielsweise die Debatte um das Beihilferecht zu nennen. Frau Ministerin Conrad hat das eben auch angesprochen.

Es ist ja nicht so, dass wir uns hier nicht ab und zu auch einmal mit europäischen Beifhilferichtlinien befassen würden. Es wäre doch richtig, wenn wir das vorher besprechen und dann unsere Positionen, die wir dort als Landesparlament unserer entsandten Vertreter in Brüssel einspielen, abstimmen.

Bei der Kohäsionspolitik gilt das Gleiche. Zum Beispiel erwähnt der Bericht den Ansatz zur Schaffung von Übergangsregionen. Auch für uns in Deutschland ist das ein interessantes, wenn auch nicht unumstrittenes Thema. Ich weiß allerdings nicht, ob es Sinn macht, sich hiermit noch lange aufzuhalten; denn wenn ich jetzt den letzten Bericht, den wir im Europaausschuss besprochen haben – der war immerhin von der vorletzten Sitzung –, richtig verstanden habe, hat der AdR seine Position da auch schon etwas an die aktuelle Lage angepasst.

Auch die Stellungnahme zum Umgebungslärm ist ein Thema, das uns in Rheinland-Pfalz immer wieder betrifft. Wie betrifft das die Menschen im Mittelrheintal, die von Bahnlärm besonders betroffen sind, konkret? – Das wäre doch eigentlich das, was wir hier bei der Besprechung des Berichts vornehmen müssten.

Meine Damen und Herren, wenn wir als Region, als Landesparlament, die Arbeit des AdR ernst nehmen und uns in den Arbeitsprozess auf europäischer Ebene einbringen wollen – das sollten wir als Landesparlament nicht nur meiner Meinung nach, sondern, wie ich jetzt gehört habe, auch der Meinung aller Vorredner nach –, dann wird es schwerlich ausreichen, einen Bericht über Sitzungen zu diskutieren, die schon vor einem Jahr gelaufen sind und so lange zurückliegen, oder Entscheidungen, auf die nur ein Teil des Hauses Gelegenheit hatte Einfluss zu nehmen, hier zu diskutieren, die ein Gremium getroffen hat, bei dem nur wenige oder teils aus bekannten Gründen gar keiner aus diesem Hause teilgenommen hat und anwesend war und die inzwischen zum Teil durch neue Positionierungen des AdR angepasst oder revidiert wurden.

Ich danke dennoch für die Arbeitsergebnisse, die uns vorliegen, den Arbeitsbericht des AdR von Juli 2011 bis Juli 2012.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Der Bericht ist mit seiner Besprechung grundsätzlich erledigt.

Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:

Perspektiven des Handwerks in Rheinland-Pfalz: Wirtschaft stärken, Fachkräfte sichern, Energiewende gestalten Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2240 –

Zur Begründung der antragstellenden Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Jens Guth von der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! „Das Handwerk, die Wirtschaftsmacht von nebenan“ so titelte eine Kampagne der Handwerkskammern im letzten Jahr. In der Tat, bei 50.000 Betrieben in Rheinland-Pfalz, 250.000 Beschäftigten und 25.000 Auszubildenden mit einem breiten Dienstleistungsspektrum stellt das Handwerk mit seinen kleinen und mittelständischen Betrieben in der Tat eine tragende Säule der rheinland-pfälzischen Wirtschaft dar.

Auch in der Wirtschaftskrise 2008, 2009 und auch noch 2010 war das Handwerk ein stabilisierender Faktor und hat ausgebildet, als andere Betriebe ihre Ausbildungsplätze reduziert haben und die Ausbildung eingestellt haben. Da war das Handwerk da, und man konnte auf das Handwerk zählen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir haben im letzten Jahr die Große Anfrage zum Handwerk gestellt. Daraufhin haben wir gemeinsam mit den GRÜNEN Gespräche mit Handwerksbetrieben, mit Kreishandwerkerschaften und mit den Kammern geführt. Wir waren auch beim Zentralverband des Handwerks in Berlin mit dem Hauptgeschäftsführer Schwanecke zusammen, und Herr Schwanecke hat insbesondere Rheinland-Pfalz für das gute Miteinander des Handwerks und der Politik gelobt. Er hat insbesondere auch die Bemühungen im Bereich der Berufsorientierung und im Bereich der Fachkräftesicherung für das Handwerk gelobt. Wir begrüßen deshalb die Initiativen der Landesregierung in diesem Bereich, Herr Staatssekretär Hüser, zunächst einmal die Erklärung „Initiative Handwerk Rheinland-Pfalz“ zwischen dem Wirtschaftsministerium und den Handwerkskammern, in der die künftigen Förderschwerpunkte festgelegt werden.

Dabei geht es um die überbetrieblichen Lehrlingswerkstätten, die Bezuschussung der Lehrlingsunterweisung sowie die Betriebs- und Exportberatung.

Zum anderen nenne ich die Rahmenvereinbarung zwischen dem Bildungs- und dem Arbeitsministerium, Frau Ministerin Ahnen, Herr Minister Schweitzer, und den Berufsakademien, den Industrie- und Handelskammer, den Handwerkskammern und der Landesvereinigung Unternehmerverbände über die Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Wirtschaft im Bereich der Berufswahlvorbereitung und der Studienorientierung in Rheinland-Pfalz. Hierbei ist eindeutig festgelegt, dass die Landesregierung, aber auch die Wirtschaftsakteure ihre Aktivitäten zur Berufsorientierung noch weiter ausbauen werden.

Es gibt bereits viele hervorragende Projekte in Zusammenarbeit von Wirtschaft und Schule. Sie gilt es in Zukunft weiter auszubauen und in die Fläche zu tragen. Hier müssen wir ansetzen, damit die Berufsorientierung in den Schulen noch mehr zum Handwerk findet bzw. das Handwerk noch stärker zu den jungen Leuten kommt. Denn wenn man die Schüler befragt, wissen die Allerwenigsten, wie vielfältig das Handwerk sein kann.

In diesem Zusammenhang will ich auch die neue Servicestelle Berufsorientierung erwähnen, die zum 1. Februar beim Pädagogischen Landesinstitut eingerichtet wurde. Das war ein Wunsch der Handwerkskammern, dem das Bildungsministerium relativ zeitnah Rechnung getragen hat, Frau Staatssekretärin Reiß. Das wurde von den Handwerkskammern ausdrücklich begrüßt.

Bei allen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel oder der Energiewende ist das Handwerk ein unverzichtbarer und starker Partner. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Handwerk steht aber auch vor großen Herausforderungen. Das hat die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage deutlich gemacht. Der derzeitige konjunkturelle Aufschwung führt dazu, dass schon heute weitere Fachkräfte benötigt werden. Es ist aber so, dass im Handwerk in den nächsten Jahren bis zu 10.000 Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben werden.

Wie schaffen wir es, die jungen Menschen wieder an das Handwerk heranzuführen? Wie schaffen wir es, den jungen Leuten mehr Praxisorientierung beizubringen und somit Interesse für das Handwerk zu wecken? Der ovale Tisch der Ministerpräsidentin hat sich insbesondere mit der Fachkräftesicherung im Handwerk, aber auch in der Industrie beschäftigt. Vor einigen Jahren galt es noch, junge Menschen in Ausbildung zu bringen. Das hat sich gravierend gewandelt. Heute sind viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Heute geht es darum, junge Menschen an das Handwerk, an das produzierende Gewerbe heranzuführen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Eine zweite wichtige Zukunftsaufgabe, in der wir das Handwerk unterstützen wollen, hat ebenfalls mit dem demografischen Wandel und der Energiewende zu tun. Es gilt, sich auf diese Zukunftsmärkte zu konzentrieren.

So werden immer häufiger Leistungen angeboten, die für Seniorinnen und Senioren, aber auch für Menschen mit Behinderungen geeignet sind. Barrierefreie, einfach zu bedienende Einrichtungen sind ein zentraler Zukunftsmarkt des Handwerks.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen auch in Zukunft auf das Handwerk, denn das Handwerk war und ist ein verlässlicher Partner in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Energiepolitik des Landes und wird das auch in Zukunft sein. Das Handwerk in RheinlandPfalz kann sich auf die Landesregierung, aber auch auf Rot-Grün verlassen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Bevor ich das Wort weitergebe, darf ich Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 47 – Pirmasens-Land – sehr herzlich als Gäste bei uns begrüßen.

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Brandl das Wort.

Herr Präsident, Herr Kollege Guth, auch an Sie vielen Dank für die Einbringung dieses Antrags. Wir sind ein Stück weit verblüfft, einen solchen Antrag vorgelegt zu bekommen, beschreibt er doch in ganz großen Teilen christdemokratische Wirtschaftspolitik

(Heiterkeit bei der SPD – Pörksen, SPD: Das kann ja jeder sagen! – Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

mit einer rot-grünen Überschrift. Offensichtlich haben Sie nach der Kritik der Handwerkskammern einigen Druck auf dem Kessel, sodass dieser Antrag heute notwendig ist. Aber ich will den Antrag an sich nicht schmälern. Es ist ein guter Antrag, und er ist eben auch dringend nötig; denn das Handeln der Regierung und der Antrag passen im Moment einfach nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund ist es einfach auch wichtig, dass dieser Antrag so durchgeht. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. Vielleicht kommen wir auch zu einem gemeinsamen Antrag; das wäre schön. Denn würden diese Forderungen umgesetzt, wäre das tatsächlich ein Gewinn, wenn sich die Regierung hinterher dann auch wirklich daran hält.

Das Auseinanderfallen von Antrag und Regierungshandeln will ich Ihnen ganz konkret entlang des Antrags demonstrieren. Dazu werde ich immer wieder einmal daraus zitieren.

Sie schreiben: „Das Handwerk in Rheinland-Pfalz ist ein wichtiger Impulsgeber für nachhaltiges Wachstum, gute Beschäftigung und regionale Wertschöpfung.“

(Fuhr, SPD: Richtig! – Ramsauer, SPD: Stimmt, so ist es!)

Sehr richtig. Aber dann hören Sie doch auch einmal auf Ihre Impulsgeber, wenn Sie das schon so schreiben!

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Dann steht da: „Die derzeitige positive Wirtschaftentwicklung im Handwerk führt dazu, dass schon heute weitere Fachkräfte benötigt werden.“ Sehr richtig; es werden weitere Fachkräfte benötigt. Aber Sie wissen auch, dass viele, insbesondere größere, Betriebe die Spitzen nur mit Leiharbeitern abfangen können. Was machen Sie im Bund? Sie kritisieren die Leiharbeit, Sie gehen gegen diese Leiharbeiter vor.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Das gehört eben auch zu einem guten Arbeitskräfteangebot, damit diese Firmen dann auch dynamisch produzieren können.

Es geht weiter: „Gerade die Umsetzung der Energiewende erfordert einen erhöhten Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Bereits (…) jede vierte Lehrstelle im Handwerk (bleibt) unbesetzt.“ Ich muss sagen, das wundert mich nicht, wenn Ihr Koalitionspartner Abiturquoten von 70 % bis 80 % fordert. Dann braucht man nicht erstaunt zu sein, dass die Stellen im Handwerk unbesetzt bleiben.