Protocol of the Session on October 19, 2011

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir stimmen dann über den vorliegenden gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/472 – ab. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Somit ist der Antrag einstimmig beschlossen.

(Vereinzelt Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich rufe die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung auf, die gemeinsam beraten werden sollen:

Jahresbericht 2010 Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten – Drucksache 15/5485 –

Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 112 Vorl. GOLT

Das Wort hat der Bürgerbeauftragte, Herr Dieter Burgard.

(Dröscher, SPD: Nein, der Ausschussvorsitzende redet!)

In Ordnung. Zunächst hat natürlich der Kollege Dröscher das Wort. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir besprechen heute den Bericht des Bürgerbeauftragten. Das ist immer damit verbunden, dass der Petitionsausschuss einen Jahresbericht gibt.

Berichtsjahr ist das Jahr 2010. Dieter Burgard hat in seinem Jahresbericht geschrieben, das ist das Jahr des Amtswechsels gewesen.

Wir haben bereits vor einem Jahr in der Besprechung des Jahresberichts 2009 nach der Verabschiedung von Ulli Galle diesen als einen Bürgerbeauftragten gewürdigt, der das Amt geprägt hat. Mir ist eine dpa-Meldung vom 29. April 2004 in die Hände gefallen, als es um 30 Jahre Bürgerbeauftragter in Rheinland-Pfalz ging. Die Überschrift dafür passt auf Ulli Galle. Dort hieß es in der Überschrift: Dem Amtsschimmel die Peitsche geben. –

(Ministerpräsident Beck: Ist zwar nicht tierschutzfreundlich, aber!)

Mit dem Wechsel zu Dieter Burgard haben wir auch ein neues Motto: Dieter Burgard versteht sich – das sagt er deutlich – als Mittler zwischen den Bürgerinnen und Bürgern einerseits und der Verwaltung andererseits.

Ich denke, Kontinuität und auch Neues prägen die Arbeit des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses. Die Kontinuität und das Neue: Wir haben eine neue Form des Jahresberichts. Wenn Sie ihn aufmerksam gelesen haben, werden Sie feststellen, dass die Gliederung eine andere ist, Schwerpunkte dargestellt und etwas weniger die spektakulären Einzelfälle herausgearbeitet werden.

Neu gibt es einen Internetauftritt des Bürgerbeauftragten. Neu gibt es unsere Onlinepetitionen. Darauf werde ich nachher noch zurückkommen. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Onlineformular zur Verfügung, in das sie entsprechend ihre Petition eingeben können. Die öffentliche Petition ist schon im Jahr 2009 angelaufen, 2010 beschlossen worden und jetzt im Jahr 2011 richtig ins Laufen gekommen. Auch diese öffentliche Petition hat sich bereits ausgewirkt, nämlich die

Möglichkeit, ein öffentliches Forum zu einer sachlichen Diskussion wichtiger allgemeiner Anliegen zu finden. Ich denke, das ist eine Erfolgsgeschichte, bei der wir als Land Rheinland-Pfalz auch Wegbereiter für andere Bundesländer sind.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Nach wie vor gilt, dass die Anliegen, die uns und den Bürgerbeauftragten erreichen, vielfältig und bunt wie das Leben selbst sind. Sie spiegeln die Vielfalt des Lebens wider.

Viele Menschen wenden sich an uns, nachdem sie nicht mehr weiter wissen und andere Versuche gescheitert sind.

Alle, die sich ungerecht von den Behörden des Landes oder den Kommunen behandelt fühlen, haben einen Anspruch auf eine unabhängige und ernsthafte Überprüfung ihrer Eingaben.

Das gilt auch für die sogenannten Vielschreiber und zugegebenermaßen teilweise auch für Menschen, die eher eine querulatorische Veranlagung haben. Auch das nehmen wir ernst.

Ein paar statistische Daten muss ich nennen. Die Statistiken beziehen sich darauf, dass wir im Jahr 2010, dem Berichtsjahr, Neueingänge in einer Größenordnung von 3.385 Eingaben hatten, wovon 16 %, nämlich 541 unzulässig waren, weil sie entweder die Zuständigkeit des Landes nicht betreffen, eine rechtliche Einwirkung des Landes nicht möglich ist oder es um gerichtliche Verfahren, konkrete Anliegen oder um Fälle ging, bei denen der sachliche Zusammenhang nicht erkennbar ist. Ferner gehören dazu zivilrechtliche Streitigkeiten.

Es hat sich herausgestellt, dass sich die Möglichkeit, Onlinepetitionen abzugeben, erheblich auswirkt. Die Zahl der schriftlichen Eingaben ist um fast 20 % zurückgegangen. Die Zahl der E-Mail-Eingaben hat sich um 400 %, nämlich von 4 % auf 16 % der Eingaben, erhöht.

Die sonst per Internet, persönlich oder telefonisch abgegebenen Eingaben sind im Wesentlichen gleichgeblieben.

Die Schwerpunkte haben sich nicht wesentlich verändert. Nach wie vor gehören die Rechtspflege, der Strafvollzug, der Bereich Gesundheit und Soziales, hier insbesondere Leistungen nach dem SGB II, das Ausländerrecht, schulische Angelegenheiten im Bereich Schule und Hochschule, der Bereich öffentlicher Dienst, vor allem Beamtenrecht und Beihilfe, zu den Schwerpunkten.

Der Bereich Bauen und Wohnen wird in dem Bericht von Dieter Burgard als ein Schwerpunkt herausgestellt. Das Baurecht ist besonders zu nennen. Im Bereich Landwirtschaft und Umwelt ist der Immissionsschutz zu nennen. Ferner gehören die Schornsteinfeger dazu.

Bei der Ordnungsverwaltung ist der Verkehr zu nennen. Ferner gibt es noch die Bereiche Kinder und Jugendhil

fe, Kindertagesstätten, Elterngeld, Steuern oder auch die kommunalen Abgaben sowie Gebühren und Beiträge. Auch die Rundfunkgebühren sind relativ häufig Inhalte von Petitionen.

Wenn man sich die Eingaben, die im Jahr 2010 abschließend bearbeitet wurden – das sind insgesamt über 5.000, die erledigt wurden –, betrachtet, dann stellt man nach Abzug der unzulässigen und sonstigen erledigten fest, dass zwei Drittel der intensiv bearbeiteten Eingaben negativ beschieden wurden. Nur etwa ein Drittel der Fälle konnte einvernehmlich abgeschlossen werden. Das erscheint einerseits unbefriedigend, aber das beinhaltet andererseits eine gute Nachricht. Die Behörden im Land Rheinland-Pfalz haben in der Mehrzahl der Fälle rechtmäßig und sinnvoll gearbeitet. Das ist ein Erfolg der öffentlich gemachten und sehr bewussten Kontrollfunktion des Petitionsrechtes und des Bürgerbeauftragten.

Dazu kommen die Legislativeingaben, die nicht über den Bürgerbeauftragten laufen. Das waren 541. Dabei war eine Massenpetition mit 487. Die Massenpetition wurde nicht einvernehmlich abgeschlossen.

Es gibt Legislativeingaben zu Rundfunkgebühren, zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes, zum Schulgesetz und zu den Beförderungskosten. Sie werden in den Ausschüssen immer wieder erleben, dass wir vom Petitionsausschuss Legislativeingaben an die Fachausschüsse überweisen, um dort die Möglichkeit zu eröffnen, über diese Dinge als Anregung zu diskutieren. Wir bekommen das zurück in den Petitionsausschuss.

Ein weiterer Schwerpunkt unseres Ausschusses ist der ständige Unterausschuss Strafvollzugskommission. Hier haben im Jahr 2010 acht Sitzungen stattgefunden, davon drei auswärtige Sitzungen. Wir besuchen regelmäßig die Justizvollzugsanstalten. Das ist für die kommenden Jahre wieder geplant. Wir haben mit dem Justizministerium intensive Diskussionen zum Beispiel zu den Themen „Sicherheitsverwahrung“, „Belegung in den Justizvollzugsanstalten“, zur „Personalbemessung“ und zum „Übergangsmanagement in den Jugendstrafanstalten“ durchgeführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zuletzt bleibt mir, danke zu sagen. Der Dank geht an beide Bürgerbeauftragten des Berichtsjahres. Der Dank gilt auch dem Team. Ich freue mich sehr, dass die Referentinnen und Referenten des Bürgerbeauftragten uns heute zuhören und auf der Tribüne sitzen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Der Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, und zwar sowohl in der vergangenen Wahlperiode, dem Berichtszeitraum, als auch denen im aktuellen Ausschuss; denn wir sorgen für die nahtlose Weiterführung der wichtigen Arbeit. Insbesondere ein Dankeschön an meinen Stellvertreter Thomas Günther, der mich im vergangenen Jahr während meiner Krankheit mehrfach vertreten musste. Ein herzliches Dankeschön an die Ausschussbetreuung durch die Landtagsverwaltung. Hier nenne ich vor allem Frau Eschenauer und ihr

Team. Der Dank gilt für die perfekte Betreuung unserer Arbeit. Vielen Dank.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Der Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behörden des Landes und der Kommunen verbunden mit der Bitte um Verständnis für manch nervende Nachfrage. Sie leisten in der Regel eine hervorragende Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Kollegin Meurer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jahresbericht liegt uns wie immer jedes Jahr seit März vor. Für uns ist zunächst festzustellen, dass der Bericht wesentlich übersichtlicher geworden ist. Er ist besser lesbar. Auf den bisherigen Teil „Besondere Themen“, der im letzten Bericht ein Drittel des Umfangs einnahm, wurde verzichtet.

Themen von allgemeiner Bedeutung sind in der Einleitung behandelt worden. Auf die Aufzählung von Einzelbeispielen wurde gänzlich verzichtet. Interessante Einzelbeispiele werden bei den jeweiligen Schwerpunkten behandelt und sind deshalb nach unserer Meinung besser zuzuordnen.

Ebenso wurde auf die Statistik, die wir im letzten Jahr sehr kritisiert haben und die zum Teil wenig Aussagekraft hatte, überwiegend verzichtet. Das gilt beispielsweise für die Übersicht über die Herkunft der Petenten, bzw. aus welchen Kreisen oder kreisfreien Städten sie kamen. Das hat Anlass zu Irritationen gegeben und hat nichts dazu beigetragen, dass man in der Sache weiterkam.

Herr Kollege Dröscher hat es schon gesagt, die Zahl der Eingaben ist etwas gesunken. Sie liegen aber immer noch auf einem hohen Niveau. Laut dem Bericht waren es diesmal 16 % unzulässige Eingaben. Neu ist, dass die Legislativeingaben nicht mehr im Bericht erfasst werden. Deshalb sind es natürlich weniger Eingaben und damit auch weniger unzulässige Eingaben.

Herr Dröscher hat schon gesagt, dass seit November letzten Jahres der Bürgerbeauftragte einen Internetauftritt hat. Der ist gut gelungen. Die Kollegen, die dort noch nicht reingeschaut haben, sollten sich das einmal ansehen. Auf der Seite des Landtags gibt es einen Link, der direkt zum Bürgerbeauftragten führt. Dort kann man dann sofort eine Petition online ausfüllen. Man wird durch den Fragebogen geführt. Das hilft, dass man keine Informationen vergisst. Man kann ihn anschlie

ßend direkt absenden oder ausdrucken, um ihn dann auf dem üblichen Postweg zuzustellen.

Öffentliche Petitionen werden wieder in dem Bericht erfasst, obwohl es den Berichtszeitraum im Eigentlichen nicht betrifft; denn erst im Februar dieses Jahres haben wir diese öffentlichen Petitionen beschlossen, seit Mitte März sind sie möglich.

Wir haben damit für den Bürger einen direkten Draht ins Parlament geschaffen. Das bedeutet mehr Bürgernähe und damit auch die einfache Möglichkeit zur aktiven politischen Beteiligung. Die öffentliche Petition ist auch eine Weiterentwicklung des Petitionsrechts. Sie wird meiner Meinung nach zurzeit noch etwas zurückhaltend genutzt. Ich bin aber überzeugt, dass sich das ändern wird.

Im Folgenden würde ich ganz gern auf ein paar Berichtsbereiche eingehen, die sicherlich interessant sind. Herr Dröscher hat auch schon einiges benannt, aber wenn Sie es zweimal hören, bleibt es besser haften. Nach wie vor ist der Justizvollzug mit über 500 Eingaben an erster Stelle. Aber auch hier wurde dankenswerterweise auf die Statistik verzichtet, aus welcher Vollzugsanstalt die Anfragen und Eingaben kamen; denn das ist nach wie vor nicht aussagekräftig, weil es auch gerade im Strafvollzug einige sogenannte Vielschreiber gibt, also Petenten mit sehr hohen Eingabenzahlen, aber auch viele Einzeleingaben. Aber gerade diese Einzeleingaben, die zum Teil im Bericht ausführlich dargestellt sind, zeigen, wie sehr sich die Vollzugsanstalten bemühen, den individuellen Erfordernissen Rechnung zu tragen und auch Anregungen von Gefangenen ernsthaft zu prüfen und ihnen schließlich auch Rechnung zu tragen, soweit das möglich ist.

Sehr umfassend ist auch der Bereich Gesundheit und Soziales. Er ist ein weiterer Schwerpunkt der Eingaben. Es sind sehr viele Bürgerinnen, die ALG II beziehen und um Hilfe bitten, weil am Monatsersten kein Geld auf ihrem Konto ist. Der Bürgerbeauftragte und auch die ARGEn sind bemüht, diesen Petenten umgehend zu helfen und schnell eine Lösung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu finden. Gestatten Sie mir, dass ich ein Stück zitiere.