Protocol of the Session on October 19, 2011

Die Grundredezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Ich erteile Herrn Kollegen Hüttner von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich ist der Vorspann, der gemeinsame Antrag, fast das Schönste an der Debatte. Ich freue mich, dass wir nach der sehr emotionalen Diskussion in der Aktuellen Stunde nun doch zu einem

gemeinsamen Antrag gekommen sind. Insoweit möchte ich ein herzliches Dankeschön an all diejenigen aussprechen, die sich soeben zusammengesetzt und diese Änderung hinbekommen haben.

Lassen Sie mich auch in Anbetracht der Debatte, die wir bereits geführt haben, nur noch auf zwei Punkte etwas intensiver eingehen, die auch heute Nachmittag teilweise angeklungen sind. Dies ist zum einen das Nachtflugverbot. Wir haben mit großer Freude in der vergangenen Woche das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Hessen zur Kenntnis genommen, wonach, sofort vollziehbar, ab dem 30. Oktober im neuen Flugplan in der Zeit zwischen 23:00 Uhr und 05:00 Uhr morgens keine Nachtflüge mehr stattfinden dürfen.

Dies ist eine hervorragende Entscheidung, es ist aber nicht unbedingt die Entscheidung, die den größten Freudentaumel auslösen darf; denn es ist nur ein Etappenziel. Vermutlich haben wir im kommenden Frühjahr durch das Bundesverwaltungsgericht Leipzig ein endgültiges Urteil zu erwarten, welches das entscheidende Urteil sein wird. Wir müssen darauf hoffen, dass auch dort ein gleiches Urteil gefällt werden wird.

Das Frappierende an dieser Sache ist, dass aus der Mediation heraus zunächst ein deutlich besseres Ergebnis erzielt worden war. Danach hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof 17 Nachtflüge zugelassen, und das Land Hessen interessiert sich weder für die Entscheidung eines Gerichts noch für die Bürgerinnen und Bürger in der Region.

Die Landesregierung in Hessen vertritt wirtschaftliche Interessen und möchte die Möglichkeit schaffen, durchgehend nachts in Frankfurt zu fliegen. Es ist eine Katastrophe, so mit den Menschen und mit der Justiz umzugehen. Deswegen ist es gut, dass wir vor dem Verwaltungsgerichtshof in Hessen dieses neue Urteil erreicht haben.

Ich appelliere an Herrn Minister Posch in Hessen, einmal darüber nachzudenken, ob er seine Revision auch unter dem aktuellen Urteil nicht zurücknehmen kann, damit wir dauerhaft eine klare Linie haben. Dann könnten wir gegebenenfalls weiter über die Frage debattieren, ob es nicht noch besser wäre, in den klassischen Ruhezeiten zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr eine entsprechende Regelung zu finden, in denen bisher noch insgesamt 133 Flüge stattfinden dürfen, was immer noch relativ viel ist und was die Ruhezeiten auch noch einschränkt.

Wenn Sie sich einmal die Diskussion vor Augen halten, die der Lufthansa-Chef im Augenblick führt, dann sagt er, dass er lieber auf die Nordwestbahn verzichten würde, wenn er stattdessen nachts fliegen könnte. Vor diesem Hintergrund muss man sich die Frage stellen, was dies für ein Irrsinn ist, der dort gelaufen ist, und ob man sich nicht früher hätte verständigen können. Dann hätte man es möglicherweise überhaupt nicht gebraucht. Gott sei Dank wird er nun von der Fraport selbst zurückgepfiffen. Das ist eine interessante Diskussion, und es ist wirklich infam, was an dieser Stelle passiert.

Eine Tatsache, die nach meiner Auffassung sehr störend ist und nicht nur für uns, sondern auch insgesamt verän

dert werden muss, ist die Tatsache, dass wir andere Beteiligungsrechte für solche Flugverfahren brauchen. Es geht also nicht nur um die aktuellen Punkte der Landeanflüge bei Ostwind, um die Südumfliegung und die sich daraus ergebende Situation, sondern das Problem, das wir haben, ist, dass die DFS und das BAF einfach eine Genehmigung erteilen, nachdem sie die Fluglärmkommission lediglich angehört hat. Wohlgemerkt, dieses Gremium hat kein Vetorecht, sondern es wird lediglich angehört.

In jeder Situation des Baurechts, beim Bau von Straßen, bei jeder Veränderung gibt es Bürgerbeteiligungen. Wir haben jüngst eine Enquete-Kommission zum Thema „Bürgerbeteiligung“ eingerichtet, in der wir die Rechte des Bürgers stärken wollen. Aber bei den Anflugverfahren und bei der Festlegung der Flugrouten hat der Bürger rein gar nichts zu melden. Dies muss in Berlin verändert werden, damit die Diskussion in Zukunft ruhiger und sachlicher geführt werden kann und wir insgesamt besser zusammenkommen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, ich habe immer noch die Hoffnung, dass die DFS vielleicht doch noch zu einer besseren Erkenntnis kommt, wenngleich diese Hoffnung sehr klein ist. Insoweit sollten wir die Entwicklung begleitend mit einer Klage durch denjenigen, der die besten Aussichten hat, unterstützen. Vielleicht kommt auch Herr Minister Posch zur Vernunft und zieht seine Revision zurück.

Wir leisten insgesamt eine gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger und werden insoweit auch den Lärm in Rheinhessen, in Mainz und in der Naheregion begrenzen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und die gemeinsame Zustimmung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Reichel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als jemand, der schon sehr lange in diesem Bereich beruflich tätig gewesen ist, bin ich sehr glücklich, dass es nun doch noch gelungen ist, ein gemeinsames Papier zu erarbeiten. Ich war am letzten Sonntag sehr lange auf dem Evangelischen Kirchentag in Mainz-Marienborn und habe dort sehr viel mit Bürgerinnen und Bürgern gesprochen, die sehr große Hoffnung auf die heutige Landtagssitzung gelegt und sehr deutlich formuliert haben: Versucht euch im Interesse der Menschen, die in dieser Region leben, zu einigen. – Umso erfreuter bin ich, dass dies doch noch gelungen ist.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen)

Ich habe ausdrücklich alle gelobt!

(Frau Klöckner, CDU: Herr Pörksen, Sie waren überhaupt nicht dabei! Sie sind überhaupt nicht in diesem Thema!)

Ich habe ausdrücklich alle gelobt, und Sie alle können das Lob der Bürgerinnen und Bürger entgegennehmen.

Ich möchte aber auch nicht kneifen vor dem, was Herr Köbler heute in der Aktuellen Stunde gesagt hat. Er hat meinen Brief zitiert, den ich auch öffentlich gemacht hatte, weil ich mich noch nie hinter irgendetwas versteckt habe und weil ich das, was ich meine, auch schreibe und sage, auch wenn es mit der Bundeskanzlerin zu tun hat.

Wir stellen die Bundesregierung. Aber gehen Sie davon aus, wäre eine andere Bundesregierung in Berlin in der Verantwortung, würde am Freitag der dann amtierende Bundeskanzler eingeflogen sein, um die Erweiterung des Flughafens einzuweihen. Von daher sollte man das Ganze ein bisschen relativieren. Ich habe meine Probleme damit, und ich habe sie auch sehr deutlich geäußert, und dazu stehe ich auch.

Ich halte die Initiative der rheinland-pfälzischen Landesregierung – die einzelnen Punkte sind in dem Papier aufgeführt – für sehr wichtig. Ich hatte auch das Fluglärmgesetz angesprochen. Ich hatte angesprochen, dass wir über das Bundes-Immissionsschutzgesetz gehen müssen und gerade nicht eine Lärmart besonders privilegieren dürfen.

Die Fluggesellschaften haben neben dem Privileg, dass sie günstiger an Sprit herankommen, auch noch das Lärmprivileg, und dies ist ein Punkt, an den wir gemeinsam herangehen müssen. Ich bin sehr dankbar, und ich habe am letzten Sonntag den zuständigen Staatssekretär zu dieser Frage gehört. Ich kann nur sagen, dass dazu eine weitgehende Übereinstimmung geherrscht hat.

Aber die Initiative des Landes Rheinland-Pfalz wird nicht von allen sozialdemokratisch regierten Ländern ohne Weiteres positiv begleitet. Ich biete für die CDU ausdrücklich an, dass wir gemeinsam versuchen, im Interesse der Menschen etwas zu bewegen.

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal bei denjenigen, denen es gelungen ist, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Blatzheim-Roegler das Wort.

(Zurufe der Abg. Frau Klöckner, CDU, und des Abg. Pörksen, SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ging eben so harmonisch hier am Pult zu. Ich habe mich sehr darüber gefreut, Herr Reichel. Sie konterkarieren das natürlich ein bisschen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Sie kaum, dass der Kollege zu Ende gesprochen hat, noch ein paar Bemerkungen in die Richtung „Sie haben keine Ahnung“ usw. senden.

(Frau Klöckner, CDU: Einen kleinen Moment! Es ging um den Herrn Pörksen!)

Frau Fraktionsvorsitzende, ich finde, das ist dieser Situation nicht angemessen.

Ich glaube, wir haben jetzt hier wirklich die Gelegenheit, das zu erfüllen, was die Bürgerinnen und Bürger, mit denen wir alle in den letzten Monaten gesprochen haben, von uns erwarten, mit denen wir uns in den letzten Jahren dafür eingesetzt haben, dass die Lärmbelastung, die durch den Flughafen verursacht wird, reduziert wird. Wir können ihnen jetzt alle einmal gemeinsam zeigen: Ja, wir ziehen an einem Strang in die gleiche Richtung bei einem Thema, von dem die Bürgerinnen und Bürger einfach erwarten, dass über einen kleinlichen Parteienstreit hinaus die Politik das macht, wofür sie gewählt ist, sich nämlich für die Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle gemeinsam einzusetzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte mir gewünscht, diese Debatte insgesamt so zu führen, dass dieser gegenseitige Respekt auch in diesem Hause wahrgenommen wird. Ich muss Ihnen ganz klar sagen, ich finde es gut, dass sich in diesem Punkt alle Fraktionen aufeinander zubewegt haben.

Ich denke, das kann man dann auch in seinem Redebeitrag zeigen, indem man die Redebeiträge der jeweils anderen respektiert und wir es hier einmal schaffen, eine Viertelstunde lang tatsächlich an einem Strang zu ziehen; denn wir haben noch einiges vor uns.

Ich glaube nicht, dass es ein Spaziergang wird, den wir der Landesregierung aufgeben, dass sie sich nämlich dafür einsetzt und den Auftrag, den das Parlament ihr gibt, erfüllt und für uns darum kämpft, dass wir gegenüber Hessen durchsetzen können, dass die Lärmbelastung durch diesen Flughafen, zu dem man stehen kann, wie man möchte – das möchte ich gar nicht noch einmal thematisieren, wir haben da vielleicht jeweils andere Haltungen dazu –, reduziert wird.

Die Landebahn ist nun einmal gebaut. Jetzt geht es darum, dass der Lärmteppich nicht das Rhein-MainGebiet und darüber hinaus noch die Region an der Nahe überzieht.

An dieser Stelle möchte ich auch sagen, das Recht auf Lärmschutz ist unteilbar. Insofern freue ich mich, dass wir an dieser Stelle gemeinsam der Landesregierung den Auftrag geben können, für die Nachtruhe der Region zu kämpfen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Staatsminister Lewentz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute Morgen ist kein gutes Signal von der Sitzung ausgegangen. Bei der „AZ“ online konnte man die Überschrift finden: „Rheinland-Pfalz: Kein gemeinsames Zeichen gegen Fluglärm aus Frankfurt.“

Ich glaube wirklich, dass wir einen guten Schritt nach vorne gekommen sind. Ich möchte Frau BlatzheimRoegler, Herrn Reichel und Herrn Hüttner ganz herzlich danken, außerdem all denjenigen, die dazu beigetragen haben, dass dieser gemeinsame Antrag zustande gekommen ist.

Ich habe heute Morgen ausgeführt, dass ein gemeinsamer Antrag die Einwirkungsmöglichkeiten der Landesregierung ganz anders unterstützt, weil diese dann insgesamt vom Hohen Haus getragen werden.

Von daher stelle ich fest, ich glaube, es ist ein weiteres gutes Signal in dieser Woche – in diesem Zusammenhang möchte ich den Verwaltungsgerichtshof Kassel nennen –, was wir mit den Kommunen am Freitag zusammen organisieren werden, nämlich den Klageweg. Dann hoffe ich doch auf eine große Beteiligung bei der Demonstration am Samstag.

Für die Landesregierung darf ich Ihnen zusagen, dass die Forderungen, die Sie unter II des Antrags formuliert haben, von Frau Kollegin Höfken und mir sehr ernsthaft angegangen und, wo immer es möglich ist, abgearbeitet werden. Von daher bleibt mir an dieser Stelle nur noch, Ihnen herzlich zu danken und im übertragenen Sinne zu sagen: Auf, auf zur Demo!

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)