Protocol of the Session on October 7, 2010

nehmen, dass auch Scheiben zu Bruch gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Letzte Bemerkung, das Land Rheinland-Pfalz und seine Kommunen. Es ist keine Frage, dass die kommunale Finanzausstattung in Rheinland-Pfalz und anderswo sehr problematisch ist. Es ist keine Frage für uns, dass wir die Strukturen der Kommunen weiterentwickeln müssen, weil vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, der Möglichkeiten, die E-Government bietet, und vielem anderen mehr die Belastung pro Person, wenn wir nicht reformieren, wachsen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eine Standortfrage für jede Kommune, wie teuer die Verwaltung ist. Es ist eine Frage der Effizienz, und es ist auch eine Frage, ob wir Ressourcen freibekommen, um neue Aufgaben beispielsweise bei der Betreuung und Versorgung von deutlich mehr älteren Menschen etc. überhaupt noch stemmen und finanzieren zu können. Deshalb haben wir gehandelt.

Wir haben deutlich gemacht – ihr auch in einem Entschließungsantrag, den wir dann, Herr Kollege Mertin, gemeinsam verabschiedet haben –, dass wir das nicht als den letzten Schritt betrachten. Aber man muss auch Schritte gehen, die man noch politisch verkraften und gestalterisch stemmen kann. Dann geht man den nächsten Schritt. Wie problematisch das ist – es ist vorhin per Zwischenruf schon gesagt worden –, merken Sie an Ihrer eigenen Fraktion.

Herr Kollege Hohn. Ich habe den Zeitungsartikel vor mir. Herr Kollege Presl war auch dort und musste sich beschimpfen und auspfeifen lassen für das, was wir gemacht haben. Der Vertreter der CDU hat gesagt, wir machen alles so, wie ihr es wollt. Ruft uns zu, wie ihr es haben wollt, und so machen wir es. Aber Ihr Kandidat hat diese Frage zu einer Koalitionsfrage für die Zukunft gemacht, und zwar nicht, wie es die FDP fordert, ob die ganz kleinen Verbandsgemeinden noch bestehen oder wie es die FDP fordert, um mindestens 5.000 größer geschnitten werden sollen, nein, er hat es für Wöllstein getan. Und da kann man schon ein bisschen – – –

(Mertin, FDP: Wöllstein?)

Für Wallhalben. Entschuldigung. Es ist nur ein Versprecher. Er hat es für Wallhalben gesagt.

Mir ist da schon „Freiheit für Bundenthal“ wieder in den Sinn gekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Deshalb hier zu sagen „Ihr springt gar nicht weit genug“ und vor Ort zu sagen „Wenn wir könnten, wenn wir das nächste Mal dabei sind, wenn ich in den Landtag komme, dann verhindere ich das“, wissen Sie, sehr glaubwürdig – das sage ich Ihnen offen – ist das nicht. Bei der Überschaubarkeit auch einer möglichen zukünftigen Fraktion der FDP können Sie mir nicht sagen, man kann das nicht im Griff halten.

(Ramsauer, SPD: Es ist ein „Hohn“!)

Ich will es nur sagen, weil wir allemal kleine Sünder sind. Ich erinnere mich allzu gut, als wir die Reform der Mittelbehörden gemeinsam gemacht haben, wie allein ich auf Bühnen in Trier, Koblenz und Neustadt war.

(Bauckhage, FDP: Verbandsgemeinde!)

Nein, damals war es die Mittelbehörde, Herr Kollege Bauckhage.

Ich war völlig allein. Ich habe gedacht, es gäbe gar keine anderen. Ich weiß noch, Herr Kollege Dr. Geisen in Trier war fest davon überzeugt, dass die Bezirksregierung dort das beste, größte, schönste und natürlich wachsen können müssende Instrumentarium ist, das es gibt. Zumindest hat er dort so geredet. Das war die Betriebsversammlung, als wir schon beschlossen hatten, dass wir das Ding völlig umkrempeln.

Ich will sagen, so etwas hat man an Erfahrung. Deshalb muss man, wenn man es verantworten muss, die Schritte gehen, die man auch verkraften kann. Dann werden die nächsten Schritte gegangen. Wir machen keine Türen zu, weil wir wissen, dass sie bei Weitem noch nicht zugemacht werden können. Auf diese Aussage kommt es mir an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu den kommunalen Finanzen noch sagen, wir fuhrwerken nicht mit diesem oder jenem Besen in diesen oder jenen Ecken herum, sondern wir haben ein geschlossenes Gesamtkonzept, wie wir versuchen wollen, kommunale Selbstverwaltung auch im Sinne einer materiellen Gestaltungsfähigkeit wieder zu garantieren.

Der erste Schritt war in der Tat die Konnexität. Ich will Ihnen gar nicht verschweigen, ich war zuerst zögerlich, weil ich die Furcht hatte, dass wir uns im Klein-Klein verlieren und dauernd vor Gerichten herumziehen. Das ist Gott sei Dank so nicht eingetreten, bisher zumindest nicht. Das hängt auch mit der verantwortlichen Haltung der kommunalen Repräsentantinnen und Repräsentanten zusammen. Aber es war ein entscheidender Schritt.

Ein zweiter Schritt war – es ist von Herrn Kollegen Hartloff genannt worden –, dass wir diesen Beistandspakt, der da am 1. Januar 2007 Solidarpakt genannt worden ist, geschaffen haben, und der garantiert, dass jedes Jahr die Schlüsselmasse um mindestens 1 % wächst.

Der dritte Schritt war das und ist das, was jetzt mit diesem Haushalt verbunden vorangetrieben wird, nämlich eine erste Neugewichtung hin zur Schlüsselzuweisung B, um dort wiederum mit einem Schwerpunkt zu den Sozialhaushalten in den entsprechenden Landkreisen, kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten zu steuern.

Der vierte Schritt ist das, was wir aufgrund der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden umgesetzt haben, nämlich diesen Entschuldungsfonds zu schaffen.

Herr Kollege Baldauf, zu dem, was Sie da vorgerechnet haben, würde ich Ihnen kollegial raten, vielleicht dazu einmal mit dem Innenminister zu reden; denn was Sie zu den 85 Millionen Euro gesagt haben, wenn man die

Umlagesätze um einen Punkt verändert, das stimmt hinten und vorne nicht. Ich rate Ihnen, prüfen Sie es einfach noch einmal nach. Es stimmt einfach nicht.

Wir könnten nie 100 % ausgleichen, weil es so etwas wie einen Selbstvorbehalt geben muss, um keine falschen Anreize zu setzen. Ich bin auch überzeugt, dass es verfassungsrechtlich nicht ginge. Deshalb sind wir einen Weg gegangen, der uns schon sehr viel finanzpolitische Mühe macht: 85 Millionen Euro im Schnitt aus dem Landeshaushalt – am Anfang werden es mehr sein –, das ist ein Wort, meine Damen und Herren. –

Die 85 Millionen Euro aus der Finanzmasse des kommunalen Finanzausgleichs, das ist doch auch weitestgehend Spielraum für politisches Gestalten, dort, wo es Zweckzuweisungen sind, keine Frage, die wir uns selbst nehmen.

(Staatsminister Bruch: Absolut!)

Ich möchte auch mit dem Missverständnis aufräumen, dass an denjenigen, die am Ende nicht mitmachen werden bei diesem Entschuldungsfonds – das muss niemand –, der Teil der Konsolidierungsauflagen dann vorbeiginge. Das wäre ein gründliches Missverständnis.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Das wissen die kommunalen Spitzenverbände auch. Unter dieser Bedingung haben sie mitgemacht.

Herr Kollege Mertin, über die Frage, ob es dann nicht so ist, dass sich die Umlageberechtigten, die mitmachen, sozusagen schadlos halten an den Umlageverpflichteten, ist sehr lang und ausführlich geredet worden. Das Risiko gibt es prinzipiell, aber wir haben eine Grundübereinkunft der kommunalen Spitzenverbände – das war auch eine der Voraussetzungen, warum der Gemeinde- und Städtebund zugestimmt hat –, dass dies so nicht geschieht, sondern dass man den Eigenanteil zumindest im Wesentlichen über eigene Anstrengungen erbringt.

Herr Kollege Dr. Schmitz, wir werden bei den Einzelverträgen sehr genau darauf achten, dass die Einsparvolumina genutzt werden und nicht nur der bequeme Weg der Umlageerhöhung gegangen wird. Das kann man immer punktuell ausgleichen, wenn man noch sehr niedrig liegt, aber im Regelfall nicht.

Das Problem ist gesehen. Es ist in den Verhandlungen mit berücksichtigt. Wir werden bei der Umsetzung darauf auch achten. Das will ich ausdrücklich sagen.

Meine Damen und Herren, der nächste Punkt aus dieser Agenda, um die Kommunen wieder handlungsfähig zu machen, ist, dass wir zugesagt haben und noch in diesem Jahr einen Auftrag erteilen werden, dass wir den kommunalen Finanzausgleich in seiner Gänze neu rechnen lassen.

Sie wissen, dass man das nicht selbst kann, sondern dass man oft Hunderte von Musterrechnungen braucht, für jede Ortsgemeinde und Verbandsgemeinde wieder unterstellen muss, was ist, wenn unterschiedliche Grö

ßenordnungen und unterschiedliche Umlagesätze gegeben sind, wer Träger welcher Schule ist usw. Das alles muss in diese Musterberechnungen hinein. Deshalb wird es dauern.

Aber wir geben diesen Auftrag, und er wird in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden formuliert.

Der letzte und entscheidendste Punkt – das ist kein Wegschieben von Verantwortung; sonst werden alle unsere Anstrengungen nicht fruchten –, ist, dass die Sozialleistungen hinsichtlich der Zuweisungen an die Kommunen durch den Bund bezogen auf den Anteil an Steueraufkommen dem folgen, was real erfolgt ist.

Die Sozialleistungen sind einmal mit der Begründung – sie war damals richtig – gegeben worden, das sei Einzelfallhilfe, und die Kommune sei näher am Einzelfall. Deshalb sei es sinnvoll, dass sie es macht. Dafür sind entsprechende Anteile an unterschiedlichen Steuerarten an die Kommunen gegeben worden, direkt oder über den Steuerverbund und dann über unseren kommunalen Finanzausgleich.

Diese sozialen Anstrengungen sind zwischenzeitlich zu einer gigantischen Größenordnung aufgewachsen und alles andere als Einzelfallhilfen. Für den Bereich der Jugendhilfe sind wir auf dem gleichen Weg, meine Damen und Herren.

Ich weiß nicht, wer gestern Abend Gelegenheit hatte, die Diskussion bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung zu hören – ich habe sie mit Aufmerksamkeit aufgenommen –, die um die Entwicklung gerade auch bei jungen Menschen, was psychische Erkrankungen angeht, geführt worden ist. Ich fürchte, dass wir dort auch einen Turm aufbauen.

Es geht mir gar nicht darum, Kommunen schlagen Land, Land schlägt Bund, aber diese Aufgabe ist nach den Sozialgesetzbüchern eine Aufgabe des Bundes. Die Kommunen nehmen sie wahr, also müssen angemessene Finanzmittel dazugegeben werden.

(Beifall der SPD)

Wenn das erfolgt, dann haben wir mit unseren Anstrengungen gemeinsam wieder eine Perspektive für die Kommunen in unserem Land.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist es da- rauf angekommen, einige Zusammenhänge so, wie ich sie sehe, hier deutlich werden zu lassen. Ich hoffe, dass es im Zuge dieser Haushaltsberatungen auch um solche sehr sachbezogenen Themata gehen wird.

Bei aller Verlockung, der ich ja auch manchmal erliege, Wahltermine oder das etwas gepfefferte Wort der Freude an der Debatte zu nutzen, hoffe ich doch, dass wir insgesamt über diese Entwicklungen reden, über vielleicht unterschiedliche Einschätzungen, was die Bedeutung der Solidarität in einer Gesellschaft für ihren Erfolg, ihren Zusammenhalt und ihre ökonomische Leistungskraft angeht, vielleicht unterschiedlich auch hinsichtlich der Gewichtung von einzelnen Haushaltspositionen. Aber ich bin insgesamt der Auffassung, dass wir diesen

Grundansatz, wie wir ihn hier gewählt haben, Konsolidierung, die Begleitung der Ökonomie und des Arbeitsmarktes in dieser immer noch nicht entspannten, sondern aus der Wirtschaftskrise herausführenden, aber noch nicht herausgeführten Situation, die Stärkung der Solidarkraft unserer Gesellschaft und die ökologische Verantwortung, miteinander hinbekommen, ohne Vernachlässigung von Innerer Sicherheit und anderer Grundelemente einer rechtsstaatlichen und ordnungsgemäßen Handlungsweise des Landes.

Das müssen wir versuchen, miteinander hinzubekommen. Darum – ich sage dies noch einmal; ich habe es eingangs gesagt – bemühen wir uns, vielleicht verbesserungswürdig an mancher Stelle, dann harren wir Ihrer Vorschläge, aber ich bin sicher, in den Grundintentionen richtig.

Herzlichen Dank.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Baldauf von CDUFraktion. Sie haben noch 25 Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor der Kollege Schreiner noch einmal auf die Haushaltssituation selbst eingeht, muss ich an dieser Stelle, weil der Herr Ministerpräsident auf seine eigene Haushaltssituation beinahe gar nicht eingegangen ist, zumindest einmal zwei, drei Dinge feststellen. Deshalb habe ich mich auch noch einmal gemeldet.