Protocol of the Session on September 8, 2010

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in dieser Frage der kommunalen Gebietsreform bringt es, glaube ich, nichts, wenn wir jetzt einen Nebenkriegsschauplatz eröffnen. Ich als Vertreter der FDP-Fraktion hätte mir sehr gewünscht, dass wir hier einen gemeinsamen Konsens gefunden hätten, dieses wichtige Thema gemeinsam angegangen wären, gemeinsam durchgezogen und wirklich ordentliche Ergebnisse gehabt hätten.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, das hätte dem Land am meisten gebracht.

Vier Jahrzehnte ist die letzte kommunale Verwaltungsreform her. Damals wurden 163 Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz gegründet, die auch heute alle noch bestehen. Die damalige zentrale Aufgabe der Verbandsgemeinden war, eine ordentliche Wasserver- und -ent- sorgung herzustellen und die Bürger entsprechend zu versorgen. Eine herausragende Aufgabe war und ist es auch bis heute, Dienstleister der zu ihrer Gebietskörperschaft gehörenden Gemeinden zu sein.

Ich glaube auch – das muss man heute sagen, auch wenn Verbandsgemeinden oft kritisiert werden und wir von Fusionen und Abschaffung reden –, die Verbandsgemeinden haben diese Aufgaben mit ihren kommunalen Räten vor Ort in den letzten 40 Jahren hervorragend erledigt.

Aber wir haben in den letzten 40 Jahren auch Entwicklungen gehabt, die zu großen Unterschieden innerhalb der Verbandsgemeinden geführt haben. Wir haben bei den 163 Verbandsgemeinden die kleinste mit Neumagen-Dhron mit weniger als 6.000 Einwohnern und die größte in Montabaur mit fast 40.000 Einwohnern. Das sind beachtliche Unterschiede und ist schon der erste große Fingerzeig, dass Veränderungen durchgeführt werden müssen.

Wir haben aber auch in Rheinland-Pfalz eine demografische Entwicklung. Wir werden immer weniger und, was natürlich noch bedrohlicher für die Verwaltungsabläufe ist – für die Menschen ist es sehr schön –, wir werden immer älter. Das belastet die Verwaltungsabläufe natürlich erheblicher, so schön es ist, dass Menschen älter werden und länger gesund bleiben.

Das führt aber auch dazu, dass sich die finanzielle Basis der Verbandsgemeinden grundlegend verändert hat und gravierend verändern wird. Wenn wir eine weitere und zunehmende Verschuldung in den Verbandsgemeinden verhindern wollen, müssen wir handeln, und zwar nicht gestern, sondern jetzt und erst recht nicht morgen.

(Beifall der FDP)

Ich nehme für die FDP in Rheinland-Pfalz in Anspruch, dass unser damaliger Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage 2005 das Thema mit einer Kommunal- und Verwaltungsreform angestoßen hat. Das war auch sehr gut. Ich bin froh, dass sich alle Parteien nach der Landtagswahl 2006 dieses Themas angenommen haben und die Landesregierung heute einen Gesetzentwurf vorgelegt hat.

Sie wissen, was wir gefordert haben. Sie werden verstehen, dass uns der erste Gesetzentwurf zur Gebietsreform nicht weit genug geht. Wir haben viele Gespräche geführt und in den gemeinsamen Gesprächen Gutachter beauftragt. Wir haben uns mit den Gutachten beschäftigt. Wir und auch die Gutachter haben festgestellt, dass es zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber dieser weitergehen sollte. Die FDP fühlt sich insofern unterstützt, weil wir immer gesagt haben, wir sollten Verbandsgemeinden, wenn ich es jetzt nur einmal an der Einwohnerzahl festhalte, mit mindestens 15.000 Einwohnern haben.

Wir fühlen uns von den Gutachtern bestätigt. Von diesen ist mir immer sehr deutlich ein Satz im Ohr. Diese haben nämlich kleine Verbandsgemeinden in der heutigen Zeit wie folgt beschrieben, nämlich schrumpfend und teuer. Das sind zwei ganz maßgebliche Faktoren, die wir berücksichtigen müssen.

Umso mehr hätte es sich die FDP-Fraktion gewünscht – dafür haben wir immer gekämpft –, dass die kleinen kreisfreien Städte mit in die Kommunal- und Verwaltungsreform einbezogen werden und man die wichtige Stadt-Umland-Problematik löst. Ich nenne das Beispiel Budenheim vor den Toren von Mainz.

Wenn man all das mit einbezogen und auch Verbandsgemeinden mit mindestens 15.000 Einwohnern geschaffen hätte, würden wir heute gerade bei den Verbandsgemeinden über den Erhalt von etwa 80 Verbandsgemeinden in der Zukunft sprechen. Das wäre das gewesen, was sich die FDP sehr gewünscht hätte.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden deswegen auch seitens der SPD-Fraktion und der Landesregierung nachvollziehen können, dass wir diesem ersten Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich in der nächsten Legislaturperiode jeder, der politische Verantwortung tragen wird, dafür einsetzen muss, eine Kommunal- und Verwaltungsreform so durchzuführen, dass sie effektiv und effizient ist. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Wir kommen zum Zweiten Landesgesetz, der sogenannten 64-Punkte-Liste. Wir haben vieles in dieser Liste kritisiert. Ich möchte an die SPD-Fraktion einen kleinen Dank sagen. Ich habe mich sehr über die konstruktiven Gespräche gefreut, die wir in aller Sachlichkeit führen konnten. Wir haben uns über die verschiedenen Aufgabenverlagerungen ausgetauscht, ob rauf oder runter, was die Verwaltungsebenen anbelangt. Ich bin sehr froh, dass fast die ganze Polizeigeschichte von der Liste gestrichen wurde.

Ich freue mich, dass man den Bereich Waffenbehörde nunmehr doch bei den Landkreisen lässt und nicht den Verbandsgemeinden überträgt, weil wir sonst ein Vielfaches mehr an sachkundigem Personal gebraucht hätten. Es ist schön, dass das Jagdrecht dort bleibt, wo es ist, und die obere Wasserbehörde bei der Struktur- und Genehmigungsbehörde bleibt. Zu nennen sind auch die Güterverkehrsangelegenheiten. Es gibt noch einige Punkte mehr, aber diese fünf Punkte, die ich genannt habe, waren für uns sehr wichtig. Deswegen habe ich sie beispielhaft genannt.

Damit kommen sie nicht nur unseren Wünschen, sondern auch den Wünschen der einzelnen kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften, der Berufsvertretungen und allen entgegen. Es hat mich sehr gefreut, dass wir zu dieser Einigung kamen. Ich kann Ihnen sagen, dass die FDP-Fraktion dem zweiten Gesetzentwurf zustimmen wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP – Eymael, FDP: Sehr gut!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Pörksen von der SPDFraktion.

(Baldauf, CDU: Endlich einmal jemand, den man versteht!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Bemerkung zur Vorrednerin der CDU. Die Unsinnigkeit ihrer Ausführungen wird allein dadurch bewiesen, dass sie behauptet hat, hier würde die Axt an die Ortsgemeinden gelegt. Es war von vornherein festgelegt, dass die Ortsgemeinden im Bestand erhalten bleiben. Das war eine Vorgabe.

(Beifall bei der SPD)

Daran können Sie sehen, mit welch falschen Argumenten Sie Ihre Obstruktionspolitik begründen. Ich glaube, das können wir Ihnen nicht durchlassen.

Ich komme zur Frage der sogenannten 64er-Liste. Sie kennen alle die Vorgeschichte und wissen, wie schwierig es ist, sich über Fragen der Zuständigkeitsverlagerung zu einigen. Wir haben mit unheimlich viel Widerständen zu tun. Das haben wir auch hier verspürt. Ich glaube, vor diesem Hintergrund – – –

Herr Kollege Pörksen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Günther von der CDUFraktion?

Bei einer Minute Redezeit wird das ein bisschen knapp. Ich weiß aber nicht, was er fragen will. Lassen Sie ihn fragen. Bitte schön, fragen Sie ruhig.

Herr Abgeordneter Günther, Sie haben das Fragerecht.

Herr Abgeordneter Pörksen, Sie hatten eben gesagt, dass Sie die Axt nicht an die Ortsgemeinden legen.

(Pörksen, SPD: Sehr wahr!)

Dann frage ich Sie: Wie ist das zu verstehen, dass es jetzt mit einfacher Mehrheit möglich sein wird, Gemeinden Fremdenverkehr, Tourismus und Wirtschaftsförderung abzunehmen?

Ja, ja, Sie können aufhören. Ich kenne die Frage.

Nein, nein.

Ich habe keine Zeit hier. Ich kann Ihnen gleich dazu eine Antwort geben.

Herr Kollege Pörksen, Herr Günther ist noch am Fragen.

Ich bitte Sie, die Frage zu beantworten.

Ich will jetzt antworten.

Damit entmachten Sie die Gemeinden.

Herr Kollege Günther, Sie müssten sich einmal im Gemeinde- und Städtebund mit dieser Frage auseinandersetzen. Dann wüssten Sie sehr schnell, welche Antwort

Sie von den meisten bekommen. Das ist ein Kampf für bestimmte Ortsgemeinden, die das nicht hergeben wollen.

Das ist aber keine Frage der grundsätzlichen Haltung der Ortsgemeinden, welch ein Unsinn. Es gibt durchaus Gründe, es dort zu lassen, und es gibt Gründe, es auf die Verbandsgemeinden hochzuzonen. Das ist völlig richtig. Aber das sollen sie vor Ort entscheiden. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich komme zurück zur 64er-Liste. Wir haben uns in den Diskussionen sehr darum bemüht, das aufzugreifen, was in den Anhörungen gesagt worden ist. Ich mache es bald nicht mehr mit, dass wir Diskussionen führen und zu einem Ergebnis kommen, um uns nachher sagen zu lassen, ha, ha, es war nichts. Das machen Sie nicht mehr so oft mit uns. Das macht deutlich, dass es Ihnen nicht um entscheidende Veränderungen, sondern im Grund genommen darum geht, dass Sie etwas, was vernünftig ist, wieder zerstören wollen.

Das macht keinen Sinn. Das können Sie vielleicht noch bis zum 27. März nächsten Jahres tun. Dann müssen Sie sich auch als Opposition wieder auf einen anderen Weg begeben. Ich hoffe, dass Sie bis dann etwas klüger geworden sind. Ich erwarte es zwar nicht, aber ich hoffe es zumindest.

In der 64er-Liste sind wichtige Punkte enthalten, die nach der Diskussion verändert worden sind. Herr Kollege Auler hat sie dankenswerterweise angesprochen. Dazu zählt einmal die Frage der Kontrolle des fließenden Verkehrs außerhalb von Ortschaften. Wir sind der Auffassung, es soll so bleiben, wie es ist. Die Verbandsgemeinden können sie behalten, wenn sie wollen und es beantragt haben. Ansonsten bleibt es aus vielerlei guten Gründen bei der Polizei.

Ein weiterer Bereich, der eine Rolle gespielt hat, war die Verlagerung im Bereich des Wasserschutzes und die Verlagerung bei den Jagdbehörden. Auch darüber haben wir diskutiert. Das ist im Grunde genommen bereits mit dem Jagdgesetz geregelt. Deswegen bedurfte es keiner neuen Regelung mehr. Auch die Überwachung kleinerer Baustellen wird genannt.

Wir werden immer die Diskussion haben, wenn es um die Frage der Veränderung geht. Natürlich ist es richtig zu überlegen, ob es Sinn macht, Aufgaben zu verlagern, die nur einen kleinen Teil eines Arbeitsbereichs ausmachen. Auf der einen Seite macht es Sinn, weil uns dies näher an das Geschehen heranbringt, auf der anderen Seite macht es keinen Sinn, weil man die Fachleute nicht hat und diese nur zu einem kleinen Teil damit beschäftigen kann.

Diesen Streit werden wir immer wieder haben. Ich meine, die 64er- oder 60er-Liste ist keine Endaufgabe, sondern sie wird uns ständig beschäftigen.

Nur, heute beweist sich wieder, was ich – ich bin jetzt fast 20 Jahre im Parlament – in 20 Jahren erlebt habe,