Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Walter Strutz und Thomas Auler wie folgt: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die globale Struktur des Internets und der neuen Dienste, wie zum Beispiel Street-View, oder soziale Netzwerke das Datenschutzrecht vor völlig neue Herausforderungen stellen.
Rheinland-Pfalz hat vor diesem Hintergrund einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht. Dieser soll die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Er
regelt das Erheben und Weiterverarbeiten von personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit der georeferenzierten großräumigen Erfassung von Gebäuden, Straßen, Plätzen oder vergleichbare Geodaten erhoben werden, um die fotografischen oder filmischen Panoramaaufnahmen im Internet zum Abruf für jedermann oder zur Übermittlung an jedermann bereitzuhalten. Der Gesetzesantrag soll eine bereits ebenfalls beim Bundesrat von Hamburg und dem Saarland eingebrachte Gesetzesinitiative ersetzen, die im Wesentlichen die gleiche Zielsetzung hat.
Unsere, die rheinland-pfälzische Initiative, geht jedoch deutlich weiter. Sie sieht unter anderem die Einführung einer bereichsspezifischen Datenschutzregelung in das Bundesdatenschutzgesetz sowie einen erweiterten Anwendungsbereich vor. Die Neuregelung gewährleistet einen effektiven Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes und des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung, indem die verantwortliche Stelle unter anderem verpflichtet wird, dem Betroffenen mitzuteilen, bis wann die Anonymisierung oder Löschung seiner personenbezogenen Daten erfolgen wird.
Der Gesetzesantrag ist in dieser Woche in den Ausschüssen des Bundesrats beraten worden. Sechs weitere Bundesländer, unter ihnen auch Hessen und BadenWürttemberg, haben inzwischen ihre Mitantragstellung erklärt, während andere ihre Unterstützung zugesagt haben. Inzwischen hat der Änderungsantrag im Rechtsausschuss mit 15 Stimmen und einer Enthaltung Zustimmung gefunden. 15 Stimmen und eine Enthaltung!
Mittlerweile – seit eben – weiß ich, dass der Innenausschuss des Bundesrats mit allen Stimmen des Bundesrats dem rheinland-pfälzischen Gesetzesantrag zugestimmt hat.
Die Landesregierung sieht daher gute Chancen, dass der Gesetzentwurf noch in der letzten Sitzung des Bundesrats vor der Sommerpause am 9. Juli beim Deutschen Bundestag eingebracht werden kann, nachdem der Bundesrat entsprechende Beschlüsse gefasst hat.
Im Übrigen ist sich die Landesregierung natürlich bewusst, dass die gesetzlichen Regelungen allein nicht diese Probleme alle beseitigen können. Notwendig ist eine stärkere Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist der Datenschutz insgesamt nicht nur eine Frage von Technik und Recht, sondern auch eine Frage von Erziehung und Bildung.
Zu Frage 1: Der Gesetzentwurf sieht für die von den Panoramaaufnahmen Betroffenen anstelle der Einspruchslösung eine Widerspruchslösung vor. Die Betroffenen können gegen die weitere Verarbeitung und Nutzung ihrer im Zusammenhang mit der georeferenzierten großräumigen Erfassung von Gebäuden, Straßen und Plätzen sowie vergleichbaren Geodaten zum Zwecke des Bereithaltens fotografischer oder filmischer Panoramaaufnahmen im Internet zum Abruf für jedermann oder zur Übermittlung an jedermann erhobenen und gespei
Die Widerspruchslösung trägt dem Umstand Rechnung, dass die fotografischen und filmischen Aufnahmen über Gebäude, Straßen und Plätze sowie vergleichbare Objekte regelmäßig ein Zusatzwissen erfordern. Allein das Bild reicht nicht aus, um eine Zuordnung vornehmen zu können. Eine Zuordnung zu einer einzelnen natürlichen Person muss unterlegt werden, und es muss damit ein Personenbezug hergestellt werden.
Bei der dargestellten Datenerfassung steht der visuelle Eindruck der jeweiligen Straßenansicht und nicht die gezielte Erfassung einzelner natürlicher Personen im Vordergrund. Um die Betroffenen in die Lage zu versetzen – das ist die Grundfrage, die sich auch durch Ihre Anfrage zieht –, frühzeitig von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen zu können, sieht die Neuregelung vor, dass die verantwortliche Stelle auf die geplante georeferenzierte großräumige Erfassung sowie auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen hat. Der Hinweis auf die geplante Erhebung ist im Internet bekannt zu geben sowie in Tageszeitungen zu veröffentlichen. Vor dem beabsichtigten Bereithalten der Aufnahmen zum Abruf im Internet muss im Internet und in örtlichen Tageszeitungen noch einmal auf das Widerspruchsrecht hingewiesen werden.
Zu Frage 2: Die Landesregierung hat damit insoweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung aufgenommen. Das gilt auch für juristische Personen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2007 festgestellt, dass auch juristische Personen Träger des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sein können. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts entsprechen sich die Schutzbedürfnisse natürlicher und juristischer Personen im Ansatz. Sie sind also nicht sehr verschieden, aber sie sind verschieden. Im Unterschied zu natürlichen Personen kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht aus der Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes abgeleitet werden. Es kommt daher im Einzelfall darauf an, ob die juristische Person in ihrer spezifischen Freiheitsausübung betroffen ist.
Der Tätigkeitsbereich juristischer Personen wird anders als der natürlicher Personen in der Regel durch eine bestimme Zwecksetzung, beispielsweise eine wirtschaftliche Tätigkeit, begrenzt. Die Unterschiede, die zwischen den Schutzbedürfnissen natürlicher und juristischer Personen im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bestehen, sind bei der Bestimmung der grundrechtlichen Gewährleistung zu beachten, so das Bundesverfassungsgericht.
Zu Frage 3: Vor dem Hintergrund der rasant fortschreitenden technologischen Entwicklung und der Erfahrungen der Datenschutzskandale der letzten zwei Jahre wird deutlich, dass Gesetzgebung und aufsichtsbehördliche Kontroll- und Vollzugsmaßnahmen nicht ausreichen, um ein angemessenes Datenschutzniveau sicherzustellen. Damit rückt die Aufgabe des „Selbstdatenschutzes“ immer weiter ins Zentrum.
Deshalb müssen Bürgerinnen und Bürger auch durch einschlägige Bildungsmaßnahmen in die Lage versetzt werden, verantwortlich mit dem eigenen Recht auf informationelle Selbstbestimmung und respektvoll mit den Daten anderer umzugehen.
Die Landesregierung hat daher in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für Medien und Kommunikation, der Verbraucherzentrale, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und jugendschutz.net das Thema „Datenschutz“ in das Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“ aufgenommen und voll integriert.
Das Thema „Datenschutz“ wird durch verschiedene zielgruppenspezifische Maßnahmen für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern in den Schulen umgesetzt. Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulaufsicht werden für die gefährdenden Inhalte und riskantes Verhalten in Bezug auf die neuen Medien – Erfahrung haben wir mittlerweile, Facebook und Ähnliches – sensibilisiert und über die geeigneten Interventions- und Präventionsstrategien sowie die konkreten Handlungskonzepte informiert.
Dieses Beispiel zeigt, dass Adressat des Bildungsauftrags alle Bildungsträger in Rheinland-Pfalz sind, und zwar gesellschaftliche wie staatliche. Die Landesregierung hält eine gesetzliche Regelung in dieser Frage nicht für unbedingt erforderlich. Das Ziel einer breiten Aufklärung und Sensibilisierung zum Datenschutz kann durchaus auch ohne eine gesetzliche Normierung erreicht werden.
Zu Frage 4: Mit Schreiben an alle Staatsanwaltschaften sowie die Generalstaatsanwaltschaften in RheinlandPfalz vom 11. Juni 2010 hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz Rheinland-Pfalz Strafantrag gegen die Verantwortlichen der Firma Google Incorporated, USA, sowie die Firma Google Germany GmbH, Hamburg, wegen Verstoßes gegen die Strafvorschriften des § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz gestellt.
Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer eine in § 43 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz bezeichnete vor- sätzliche Ordnungswidrigkeit gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder einen anderen zu bereichern.
Gleichzeitig hat er auf einen Verstoß der genannten Unternehmen bzw. ihrer verantwortlichen Personen gegen das Verbot unbefugten Abfangens von Daten gemäß § 202 b Strafgesetzbuch und der Strafvorschriften des § 148 Abs. 1 in Verbindung mit dem Abhörverbot und der Geheimhaltungspflicht der Betreiber von Empfangsanlagen nach § 89 Telekommunikationsgesetz hingewiesen.
Zur Begründung hat der Landesdatenschutzbeauftragte gegenüber den Strafermittlungsbehörden ausgeführt, dass die im Rahmen der Erhebung für Google Street View eingesetzten Fahrzeuge technisches Gerät zur Kartografierung von WLAN-Netzen eingesetzt hätten. Hierbei seien im Rahmen der WLAN-Erhebung auch Inhaltsdaten aufgefangen worden, die über erfasste Funknetze übertragen worden seien.
Die Kommunikationsdaten einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern seien durch das Unternehmen Google rechtswidrig gespeichert worden.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass auch in den USA Google unzulässigerweise WLAN-Daten erfasst hat und es mittlerweile mehrere US-Staaten gibt, die Google USA deswegen verklagt haben? Inwieweit könnte das auf den Erfolg der Klage des rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten in Deutschland Einfluss nehmen, wenn Ihnen das bekannt ist?
Das Letzte ist eine Bewertung, die ich mich nicht getraue vorzunehmen, weil die Gerichte frei sind. Ich denke, es hat eine andere Bedeutung, wenn nicht nur Deutschland, in dem wir im Bereich des Datenschutzes als sehr sensibel in Europa und in der Welt angeschaut werden, sondern auch die amerikanische Seite sagt, so kann man es nicht machen. Es geht hauptsächlich um die WLAN-Erhebung und die Aufnahme von Daten. Das ist bekannt.
Herr Minister, Sie wissen sicherlich, dass es mittlerweile einige Kommunen gibt, die durch Sammelklagen Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger eröffnen, um sich gegen Google Street View und deren Erfassungsmethoden zu wenden. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, solche Sammelklagen von kommunalen Einrichtungen zu unterstützen, oder hat sie dies bereits getan?
Bisher kenne ich dies nur vom Hörensagen, dass es so etwas geben soll. Bisher gibt es noch keine Anforderung an uns, mit uns ein Gespräch über die Frage zu führen, wie wir mit den Sammelklagen umgehen und ob wir sie durch irgendwelche Maßnahmen unterstützen.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Monika Fink, Kathrin Anklam-Trapp, Wolfgang Schwarz und Thorsten Wehner (SPD), Unwetterschäden in Landwirtschaft und Weinbau – Nummer 8 der Drucksache 15/4731 – betreffend, auf.
Wer trägt vor? – Darf ich die Damen und Herren bitten, sich zu entscheiden? – Frau Fink. Jetzt haben wir eine Entscheidung getroffen.
(Ministerpräsident Beck: Sie hat sich die ganze Zeit gemeldet! Ich will es nur sagen! Das ist unfair!)
1. Welche Regionen mit landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und Weinbau waren von den Unwetterschäden im Juni 2010 in Rheinland-Pfalz besonders betroffen?
4. Hält die Landesregierung vor dem Hintergrund des Klimawandels einen Abschluss von entsprechenden Hagelschutzversicherungen und anderer vorbeugender Maßnahme für sinnvoll und geboten?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Abendstunden des 9. und 10. Juni 2010 kam es über Rheinland-Pfalz zu schweren Unwettern, die erhebliche Schäden in Landwirtschaft und Weinbau verursachten. In weiten Gebieten wurden durch zum Teil taubeneigroße Hagelkörner die diesjährigen Triebe der Reben komplett zerstört und noch in den Randgebieten der Unwetter durch Streuhagel Gemüse und Obst so weit geschädigt, dass keine Ernte zu erwarten ist. In der Landwirtschaft wurden Kartoffeln, Zuckerrüben, aber auch Getreide und Mais erheblich geschädigt.
Zu Frage 1: Von den Unwettern waren weite Bereiche der rheinland-pfälzischen Rheinebene betroffen. Zu den
massivsten Schäden kam es im Raum Landau, Bad Bergzabern, Speyer, im Bereich Edenkoben, Neustadt sowie im Gebiet der Verbandsgemeinde Freinsheim, der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land, der Stadt Grünstadt und der Stadt Worms. Aber auch andere Ortschaften in der Pfalz und in Rheinhessen hatten unter den Folgen des Unwetters zu leiden.
Zu Frage 2: Nach Bewertungen von Fachleuten muss davon ausgegangen werden, dass mehrere Tausend Hektar Acker- und Sonderkulturflächen betroffen sind. Im Weinbau, so die Schätzungen, ist auf einer Fläche von ca. 2.800 Hektar ein Schaden von über 70 % eingetreten. Bei ca. 1.600 Hektar dürfte der Schaden zwischen 40 % und 70 % betragen. Im Gemüsebau geht man davon aus, dass ca. 1.000 Hektar und im Obstbau bis zu 650 Hektar betroffen sind. Im übrigen Bereich der Landwirtschaft wird von erheblichen Blattschäden bei Kartoffeln und Zuckerrüben, aber auch von Stängelschäden bei Getreide und Mais berichtet.
Der damit verbundene Einnahmenausfall bei Landwirten und Winzern lässt sich derzeit nur schwer beziffern. Er könnte sich aber auf 25 Millionen Euro bis 30 Millionen Euro summieren.