Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs (Drucksache 15/3100) sowie Ergänzung zum Schlussbericht der Landesregie- rung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2006 (Drucksache 15/3064) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 15/3393 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Schreiben des Ministers der Finanzen vom 28. November 2008 wurde dem Landtag die Haushaltsrechnung für das Jahr 2007 gemäß Artikel 120 Abs. 1 der Landesverfassung zugeleitet und der Antrag gestellt, die Landesregierung zu entlasten.
Wichtigste Grundlage für diese vom Parlament zu treffende Entscheidung ist der so genannte Jahresbericht des Rechnungshofs. Sein diesjähriger Bericht fasst auf über 124 Seiten die Erkenntnisse zusammen, die der Rechnungshof bei der Prüfung nicht nur der Haushaltsrechnung, sondern auch der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung gewonnen hat.
Die einzelnen Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs sind in der Rechnungsprüfungskommission in insgesamt drei Sitzungen intensiv beraten worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am vergangenen Dienstag einstimmig beschlossen, dem Landtag die Entlastung der Landesregierung und des Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 2007 zu empfehlen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, obwohl wir uns heute mit dem Haushaltsjahr 2007 befassen, sind die Feststellungen des Rechnungshofs und die Beratungen der Rechnungsprüfungskommission keineswegs nur rückwärtsgewandt, geht es bei der Entlastung vielfach auch und gerade darum, Fehler nicht nur zu erkennen und zu monieren, sondern sie für die Zukunft abzustellen und nach Möglichkeit zu vermeiden. An einigen Beispielen werde ich Ihnen das im Rahmen meiner Berichterstattung noch erläutern.
Ausgehend von unseren Empfehlungen, die wir beschlossen haben, wird es deswegen in einer Vielzahl von Fällen dazu kommen, dass Organisationsstrukturen verbessert, Konzepte überprüft sowie Verfahren gestrafft und effizienter gestaltet werden.
Von übergreifender Bedeutung ist allerdings die Analyse der Haushaltslage des Landes und ihre voraussichtliche Entwicklung, auf die ich näher eingehen möchte.
Positiv ist zunächst zu verzeichnen, dass im Haushaltsjahr 2007 mehr eingenommen als ausgegeben wurde, was wir in erster Linie allerdings einem deutlich höheren Steueraufkommen zu verdanken haben.
Die laufende Rechnung weist erstmals wieder einen Überschuss von 589 Millionen Euro aus. Im Jahr 2006 schloss die Rechnung noch mit einem Fehlbetrag von 41 Millionen Euro.
Auch die weiteren Kennzahlen haben sich 2007 im Vergleich zum Vorjahr zumindest ansatzweise verbessert. So verringerte sich 2007 die Zinssteuerquote von 12,7 % im Vorjahr auf jetzt 11,9 %, was allerdings, meine Damen und Herren, immer noch bedeutet, dass im Jahr 2007 knapp 12 % aller Einnahmen zur Finanzierung der Defizitzinsen aus dem Haushalt aufgebracht werden mussten.
Die Kreditfinanzierungsquote ist 2007 ebenfalls gesunken, und zwar von 7,6 % im Vorjahr auf 5,1 %. Allerdings liegen wir im bundesstaatlichen Vergleich trotz der Reduzierung auch weiterhin deutlich über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer, deren Kreditfinanzierungsquote lediglich 1,1 % beträgt. Rheinland-Pfalz hätte hier übrigens viel besser abschneiden können, hätte die Landesregierung auf die Bildung einer zweifelhaften Rücklage verzichtet. Dazu später mehr.
Meine Damen und Herren, die im Jahr 2007 zu verzeichnenden durchaus positiven Ansätze können aber über die weiterhin bestehenden strukturellen Probleme dieses Haushalts nicht hinwegtäuschen.
Trotz günstiger Einnahmeentwicklungen im Jahr 2007 hat Rheinland-Pfalz seine finanzwirtschaftliche Situation im Ergebnis nicht – jedenfalls nicht nachhaltig – verbessern können.
So stieg die Verschuldung unseres Landes im Jahr 2007 auf einen Stand von sage und schreibe 27,4 Milliarden Euro. Rechnerisch gesehen hat damit jede RheinlandPfälzerin und jeder Rheinland-Pfälzer Schulden in Höhe von 6.348 Euro. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der Pro-Kopf-Verschuldung der westlichen Flächenländer beträgt nur 4.979 Euro.
Dieser enorme Schuldenberg belastet unseren Haushalt, unseren politischen Gestaltungsspielraum, vor allem durch die immensen Zins- und Tilgungsleistungen ganz erheblich. Allein die Zinsausgaben, also die Belastung des Haushalts durch Zinsausgaben aufgrund von Krediten, beliefen sich 2007 auf einen Betrag von mehr als 1,1 Milliarden Euro.
Einer der größten Ausgabenblöcke sind immer noch die erheblichen Personalausgaben, die 48,9 % und damit nahezu die Hälfte der Einnahmen in Anspruch genommen haben.
Die Investitionsquote – sicher eine der wichtigeren Indikatoren für Fortschrittlichkeit und Zukunftsfähigkeit – ging auf 10,2 % zurück. Sie hätte übrigens lediglich 8,3 % betragen, wären die Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung nicht den Investitionen, sondern, wie der Rechnungshof in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert hatte, den besonderen Finanzierungsaufgaben zugeordnet worden.
Trotz der günstigen konjunkturellen Entwicklung im Jahr 2007 haben die Eigenfinanzierungsmittel nicht ausgereicht, um den Haushalt ohne Neuverschuldung auszugleichen.
Zu der erforderlichen Netto-Kreditaufnahme von 0,6 Milliarden Euro trug allerdings auch bei, dass sich die Landesregierung wegen der Steuermehreinnahmen veranlasst sah, eine Rücklage von mehr als 254 Millionen Euro zu bilden. Nach Ansicht des Rechnungshofs ist diese Rücklage nicht nur wirtschaftlich zweifelhaft, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich.
Die Bedenken des Rechnungshofs knüpfen daran, dass eine Rücklage, die offensichtlich kreditfinanziert ist, für deren Bildung also Kredite herhalten müssen, in keinem
Fall wirtschaftlich sein kann. Nicht weniger bedenklich ist, dass es für die Rücklagenbildung – jedenfalls nach Meinung des Rechnungshofs – keine gesetzliche Grundlage gibt. Deswegen sei, so der Rechnungshof, auch das Budgetrecht des Parlaments tangiert, weil ohne Einbindung des Landtags Vermögenserlöse einer Rücklage zugeführt worden seien.
Auch wenn in der Diskussion einige Fragen offen geblieben sind, konnte der Dissens zumindest für die Zukunft insoweit gelöst werden, als die Rechnungsprüfungskommission für eine Klarstellung der Rechtslage votiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz der strukturellen Probleme des Haushalts wird 2007 ein Jahr sein, auf das wir sicher noch lange zurücksehen werden. Wie anders sieht im Vergleich dazu die Situation heute aus. Die gegenwärtige konjunkturelle Entwicklung, massiv durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise beeinflusst, stellt den Haushalt vor schwierige und schwierigste Herausforderungen.
Für die Jahre 2009 und 2010 wird erwartet, dass die laufenden Einnahmen zur Deckung der laufenden Ausgaben nicht mehr ausreichen werden. Aus der Befürchtung ist inzwischen Gewissheit geworden; denn die Landesregierung hat angekündigt, im Herbst einen weiteren Nachtragshaushalt einbringen zu müssen. Das wäre dann bereits der zweite rheinland-pfälzische Nachtragshaushalt, nachdem die Verabschiedung des ersten nur wenige Monate zurückliegt.
So richtig und wichtig Konjunkturpakete zur Krisenbewältigung in dieser Situation auch sind, das Ziel eines ausgeglichen Haushalts ohne Nettokreditaufnahme darf dennoch nicht zur haushaltspolitischen Utopie werden.
Mit der Einführung einer wirksamen Schuldenregel, auf die sich Bund und Länder in der Föderalismuskommission geeinigt haben und die jetzt auch im Grundgesetz verankert ist, ist jedenfalls eine der notwendigen Grundlagen für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung und einen künftig tragfähigen Haushalt geschaffen.
Meine Damen und Herren, die Zeit drängt. Noch in dieser Legislaturperiode sollten auch wir in unserer Landesverfassung eine Schuldenregelung festschreiben. Sie muss klar und unmissverständlich sein, unmissverständlich in dem Sinne, dass die Kreditaufnahme eben nicht ein normales Instrument zur Finanzierung der Staatsaufgaben ist.
Ich bin zuversichtlich, dass die vom Präsidenten des Landtags eingesetzte fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe hier gute Lösungen finden wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein Wort zur Finanzlage der kommunalen Haushalte, die der Rechnungshof in seinem diesjährigen Kommunalbericht als besorgniserregend bezeichnet hat. Auch hier wird sich die Politik den Herausforderungen stellen und tragfähige Reformkonzepte entwickeln müssen. Eine Ge
Sehr geehrte Damen und Herren, wie in jedem Jahr hat die Rechnungsprüfungskommission die vom Rechnungshof festgestellten Unzulänglichkeiten in der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Ressorts kritisch beleuchtet und Abhilfe gefordert. Die Prüfungen des Rechnungshofs haben dabei so manchen Mangel ans Licht gebracht.
So wurde dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur in einem Umfang von 5,7 Millionen Euro die Verpflichtung zur Erwirtschaftung einer etatisierten globalen Minderausgabe erlassen, ohne dass das Parlament eingebunden war. Dass solche Entscheidungen einzig und allein dem Parlament als Budgetgesetzgeber vorbehalten sind, ist selbstverständlich und müsste den Beteiligten eigentlich auch klar sein. Immerhin hat die Landesregierung auf die Beanstandung des Rechnungshofs zugesagt, die globale Minderausgabe jetzt vollständig zu erbringen.
Auch im diesjährigen Entlastungsverfahren hat der Rechnungshof an einigen Beispielen gezeigt, dass mit organisatorischen Verbesserungen und schlanker Verwaltungsstruktur Personal eingespart und dennoch effizient gehandelt werden kann. Organisation und Personalbedarf der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum sowie der zentralen Reisekostenstellen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion seien beispielhaft hierfür genannt. Die Kommission hat konkrete Vorschläge erarbeitet.
Noch eine Zwischenbemerkung zur Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Auch diesmal standen zahlreiche Prüfungsfeststellungen früherer Jahre zur Beratung an. Einige dieser Altfälle, von denen die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion betroffen war, konnten abermals noch nicht abgeschlossen werden, was sehr ärgerlich ist.
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat dies mit ihrer hohen Arbeitsbelastung erklärt. Bei allem Verständnis hierfür sei jedoch der Hinweis gestattet, dass ein Fall bereits Gegenstand der Beratungen im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2003 gewesen ist.
Natürlich liegen den Altfällen zum Teil vielschichtige Sachverhalte mit erheblichem Bearbeitungsaufwand zugrunde. Ungeachtet dessen muss jedoch darauf hingewirkt werden, dass die Altverfahren so schnell wie möglich abgewickelt werden, um die Effizienz der Finanzkontrolle nicht infrage zu stellen.
Insoweit hat die Rechnungsprüfungskommission die – auch ausdrücklich formulierte – Erwartung, dass die vom Ministerium verfügte Fristsetzung von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch eingehalten und beachtet wird.
Weiterer Punkt auf der Agenda der Rechnungsprüfungskommission war die Umsetzung der Globalhaushalte der
Wie Sie wissen, ist mit der Ausgliederung aus dem Landeshaushalt das Ziel verbunden gewesen, den Hochschulen mehr finanzielle Autonomie einzuräumen. Bedingung hierfür war allerdings, dass das sogenannte kamerale Rechnungswesen auf die kaufmännische doppelte Buchführung umgestellt werden musste.
Von den vier Hochschulen hatte einzig die Technische Universität Kaiserslautern hiermit begonnen. Die Universität Trier sowie die Fachhochschulen Kaiserslautern und Mainz waren hingegen nicht bereit, ihr kamerales Rechnungswesen aufzugeben. Sie hatten hierzu – was durchaus bemerkenswert ist – unter anderem auf nicht erkennbare Vorteile einer kaufmännischen doppelten Buchführung hingewiesen.
Abgesehen davon, dass dies den klaren Vorgaben im Hochschulrecht widerspricht, gibt es ein weiteres Problem; denn mit der Globalisierung von Haushaltsmitteln unter Beibehaltung des kameralen Rechnungswesens ist eine Einschränkung der Informations-, Steuerungs- und Kontrollrechte des Parlaments verbunden.
Die Rechnungsprüfungskommission hat die Landesregierung deshalb aufgefordert, alsbald ein tragfähiges Konzept vorzulegen; denn die hier sicher notwendige Flexibilisierung darf nicht zulasten der parlamentarischen Kontrolle gehen.