Protocol of the Session on June 25, 2009

Dieser Personenkreis verhielt sich bei der Versammlung eher passiv. Nach derzeitigem Erkenntnisstand waren diese Personen an der Besetzungsaktion im Abgeordnetenhaus nicht beteiligt. Über die Person, die per Megafon zu der Aktion aufgerufen hatte, lagen bislang keinerlei polizeiliche Erkenntnisse vor. Ebenso kann sie zum jetzigen Zeitpunkt keiner Gruppierung zugeordnet werden. Am 17. Juni hatte die Widerstandsgruppe Worms Wonnegau eine Kundgebung in Worms durchgeführt und im Anschluss daran für die Teilnahme an der Demonstration in Mainz geworben. Allerdings konnten von den Aufklärungskräften in Mainz keine Personen dieser Gruppierung festgestellt werden.

Zu Frage 3: Der sogenannte Bildungsstreik 2009 wurde bundesweit von Tausenden Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten organisiert und durchgeführt. Ihr Protest zeigt uns, dass auch heute junge Menschen für ihre Interessen auf die Straße gehen und sich engagieren.

(Beifall bei der SPD)

Es zeigt auch – ich gestatte mir, das zu sagen –, dass diese Generation gerade nicht politikverdrossen ist.

Die Versammlungsfreiheit stellt eines der höchsten Grundrechte unserer Demokratie dar. Von daher ist es die vornehmste Aufgabe des Staates, sie zu gewährleisten. Etwas anderes ist es, wenn das Demonstrationsrecht missbraucht wird, um Straftaten zu begehen. Dann muss der Staat professionell und konsequent handeln. Das haben die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden wiederholt unter Beweis gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Da das vorhin angesprochen worden ist, möchte ich Sie auch über entsprechende Vorfälle in anderen Städten informieren.

17. Juni Dortmund: Etwa 200 Personen drangen in das Rathaus ein. Es wurden verschiedene Straftaten begangen.

18. Juni Augsburg: Ca. 30 Schülerinnen und Schüler drangen gegen 14:30 Uhr in das Rathaus ein und entrollten vom Balkon ein Banner mit der Aufschrift „Sitz des StudentInnenrates“. Sie propagieren die Absetzung der Bayerischen Landesregierung und verlesen ihre Forderungen im Rahmen des Bildungsstreiks.

(Heiterkeit im Hause)

18. Juni Wiesbaden: Bildungsstreikaktivisten haben während einer Sitzung des Hessischen Landtags bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes „Bildungsstreik“ ein Transparent entrollt, gelbe Bildungsstreikshirts übergestreift und die Sitzung lautstark mit ihren Forderungen beschallt. Die Sitzung musste unterbrochen werden.

19. Juni Berlin: Mehrere Personen besetzen im Zusammenhang mit dem Bildungsstreik das Büro des Bildungssenators und des Finanzsenators.

20. Juni Heidelberg: Das Rektorat der Universität Heidelberg wird von ca. 150 Studentinnen und Studenten sowie Schülerinnen und Schülern besetzt. Die Polizei musste das Gebäude räumen.

Das zu dem Hinweis, woanders sei nichts passiert.

Zu Frage 4: Der sogenannte Bildungsstreik war eine bundesweite Aktion und keine, die durch angebliche Defizite im rheinland-pfälzischen Schul- und Hochschulsystem ausgelöst wurde.

(Beifall der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Allein am vergangenen Mittwoch haben sich laut Veranstalter bis zu 240.000 Menschen bundesweit an den Protesten beteiligt: in Berlin 27.000, in Hamburg 13.000, in Münster 10.000, in Düsseldorf 7.000, in Göttingen 10.000, in Hannover 10.000 und in München 10.000.

In Mainz nahmen nach Angaben der Polizei 3.000 Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten am Bildungsstreik teil. In Trier waren es nach Angaben der Polizei 800. Es kann also im Vergleich zu anderen Städten nicht von einer auffallend hohen oder überdurchschnittlichen Demonstrationsbereitschaft in Mainz oder in anderen Städten in Rheinland-Pfalz ausgegangen werden.

(Pörksen, SPD: Sehr wahr!)

Junge Menschen haben sich hier wie da für ihr unmittelbares Lebensumfeld in Schule und Hochschule eingesetzt und ihre Forderungen kundgetan.

In Rheinland-Pfalz sind viele der im sogenannten Bildungsstreik erhobenen Forderungen, wie die gegen Studiengebühren, gegen eine flächendeckende und für alle verpflichtende Schulzeitverkürzung auf dem Weg

zum Abitur oder aber für eine Weiterentwicklung des gegliederten Schulsystems bereits erfüllt.

(Beifall der SPD)

In Rheinland-Pfalz gibt es keine Studiengebühren, und es werden auch keine eingeführt.

(Beifall der SPD)

Die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur ist in Rheinland-Pfalz ein Angebot und wird nur auf Wunsch sowie in Verbindung mit einem echten Ganztagsschulkonzept umgesetzt.

(Beifall der SPD)

Die beschlossene Schulstrukturreform im Land ermöglicht ein längeres gemeinsames Lernen. Es entbehrt also jeder Grundlage anzunehmen, gerade Rheinland-Pfalz sei Stein des Anstoßes bei diesen bundesweiten Protesten. Es entbehrt auch jeder Grundlage anzunehmen, eine angeblich hohe Demonstrationsbereitschaft stehe im Zusammenhang mit einer Bildungspolitik,

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

die viele Forderungen der jungen Menschen im Gegensatz zu anderen Bundesländern längst erfüllt hat.

So weit meine Antwort.

(Beifall der SPD)

Gibt es Zusatzfragen? – Ich erteile Herrn Kollegen Lammert für eine Zusatzfrage das Wort.

Herr Minister, Sie haben geantwortet, dass angeblich keine Antifa-Gruppe im Abgeordnetenhaus an der Besetzung teilgenommen hat. Wie erklären Sie sich dann den Umstand, dass während der Besetzung des Abgeordnetengebäudes eine Antifa-Fahne im dritten Stock ausgerollt wurde und eine ganze Zeit dort gehangen hat, die unter anderem von vermummten Personen aufgehängt wurde?

(Harald Schweitzer, SPD: Die hat die CDU selbst aufgehängt!)

Herr Abgeordneter Lammert, ich wiederhole das, was mir die Polizei aufgeschrieben hat. Die Polizei hat, soweit ich weiß, sehr intensiv, ruhig und deeskalierend in der ganzen Situation gewirkt. Sie hat sicherlich auch keinen Grund, mir aufzuschreiben, dass es keine AntifaGruppen gegeben hat, wenn es doch welche gegeben hätte. Deshalb nehme ich das, was die Polizei mir sagt, so an. Wenn Sie mir sagen, es hing doch eine Antifa

Fahne dort, werde ich die Kolleginnen und Kollegen der Polizei darauf hinweisen.

(Harald Schweitzer, SPD: Oder die CDU hat sie aufgehängt!)

Es folgt eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Schäfer.

Herr Minister, in einer Zeitung stand – – –

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen kann Frau Kollegin Schäfer ihre Frage nicht stellen. Ist das Absicht?

(Heiterkeit im Hause)

Herr Minister, in einer Mainzer Zeitung stand, dass sich die SV eines staatlichen Gymnasiums in Mainz dahin gehend geäußert hat, dass sie nicht am Bildungsstreik als Schule teilnehmen wollen, weil unter den Verantwortlichen des Streiks linksextremistische Gruppen waren. Wie beurteilen Sie das?

Das kann ich nicht beurteilen, weil ich das nicht weiß.

(Harald Schweitzer, SPD: Das ist wahr!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Günther für eine Zusatzfrage das Wort.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass verschiedene regionale Antifa-Gruppen bei verschiedenen Demonstrationen in dieser Region aufgefallen sind und bei Polizeidirektionen eine rote Laterne oder Ampel angeht, wenn man weiß, dass Antifa-Gruppen beteiligt sind? Hatte man in dieser Kenntnis nicht damit rechnen können, dass es bei einer solchen Demonstration auch zu solchen Einsätzen kommen kann wie zum Beispiel die Besetzung des Abgeordnetenhauses?

Ich wiederhole das gerne noch einmal in Kurzform. Es gibt in der Region, von der Sie sprechen, etwa 70 Per

sonen, die sich der Antifa zurechnen. Wenige davon sind gewalttätig. Im gesamten Aufzug von 3.000 – von 3.000, Herr Abgeordneter – wurden 40 Personen gesehen, ermittelt – es wurde nachgeschaut, weil wir das machen –, die sich den Antifa-Gruppen zurechnen. Im Abgeordnetenhaus – das sagen mir diejenigen, die dort waren – war von diesen 40 keiner. Was wollen Sie noch mehr?

Ich sage Ihnen auch noch einen weiteren Satz: Sie werden von diesem Pult aus nie gehört haben, dass diese Landesregierung akzeptiert, dass Antifa-Gruppen gewalttätig vorgehen können. Das werden Sie nie gehört haben. Das Gegenteil ist der Fall.