Protocol of the Session on March 25, 2009

(Beifall der FDP und der CDU – Unruhe bei der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Malu Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich würde sagen, es kann einem ein bisschen leidtun, dass das nun alles ein bisschen in die falsche Richtung läuft; denn die Aktuelle Stunde heißt eigentlich „Guter Start ins Kinderleben in Rheinland-Pfalz: Vorbild und Perspektiven einer zukunftsgerichteten Familienpolitik – Zwischenbilanz nach einem Jahr Kinderschutzgesetz Rheinland-Pfalz“. Das Landesgesetz spielt eine untergeordnete Rolle.

(Widerspruch der Abg. Frau Thelen, CDU)

Moment, ich erkläre das sofort. Frau Thelen, bitte hören Sie mir noch eine Sekunde zu.

Es geht um den guten Start ins Kinderleben in Rheinland-Pfalz. Das Aktuelle daran ist, dass dieses Modellprojekt ausgelaufen ist und sich die Jugendhilfeausschüsse jetzt damit befassen. Der gute Start ins Kinderleben war Pate für einen wichtigen Baustein in unserem Gesetz. Deshalb die Zwischenbilanz nach einem Jahr Kinderschutzgesetz. Ich habe das so gelesen, dass sich das auf den guten Start ins Kinderleben bezieht;

(Beifall bei der SPD)

denn ich meine, es besteht eigentlich große Einigkeit in diesem Haus darüber – ich habe bisher noch keine andere Stimme vernommen –, dass wir eine echte Zwischenbilanz erst dann ziehen können, wenn die Evaluationen vorliegen. Die liegen eben erst 2010 vor.

Dennoch kann und muss man etwas zum guten Start ins Kinderleben sagen. Das ist wirklich das Projekt schlechthin, das uns maßgeblich beeinflusst hat, bestimmte Vorschläge zum Bereich der Netzwerkbildung zu unterbreiten. Ich meine, das ist das maßgebliche Projekt, das uns bundesweit von allen anderen Landesgesetzen abhebt, dass wir nämlich eine wirklich richtig dicke Säule zum Thema „Netzwerkbildung“ gebildet haben.

Kinder benötigen starke Netze, um dauerhaft vor Vernachlässigung und Kindesmisshandlung geschützt zu

sein. Das Bund-Länder-Projekt „Guter Start ins Kinderleben“ verfolgt diesen zukunftsweisenden und tragfähigen Ansatz und hat Pate für das Landesgesetz gestanden. Insofern bin ich durchaus der Meinung, dass es in diesem Moment einen Anspruch auf Aktualität aufweist, zumal auf der Bundesebene derzeit ein Kinderschutzgesetz diskutiert wird, das die Auswirkungen dieser Modellerfahrungen nicht aufgreift. Das ist etwas, was wir außerordentlich bedauern.

Das Modellprojekt in Ludwigshafen und Trier hat uns sehr deutlich gezeigt, was wir benötigen, um in diesem Zusammenhang noch sehr viel intensiver erfolgreich sein zu können. Das wird leider nicht aufgegriffen. Darauf komme ich gleich noch einmal zu sprechen, weil ich auch das eine oder andere inhaltlich sagen möchte.

Notwendig sind – da sind wir uns auch einig – frühe Hilfen, die die Familien rechtzeitig erreichen, sodass sich Belastungen erst gar nicht zu Krisen entwickeln. Das ist der Weg, den Rheinland-Pfalz sehr konsequent begleitet und initiiert. Dazu gehört im Übrigen auch, wenn ich das noch betonen darf, dass sich Rheinland-Pfalz deshalb auch auf der Bundesebene weiter ganz aktiv für die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung einsetzt und auch immer wieder einsetzen wird.

Kinder sind aus unserer Sicht gleichberechtigte Mitglieder unserer Gemeinschaft. Sie sind eigenständige Persönlichkeiten. Sie haben mehr verdient, als nur abgeleitete Rechte zu haben. Deshalb wollen wir, dass ihre Rechte im Grundgesetz verankert sind. Leider fällt das auf der Bundesebene bei der Bundesfamilienministerin nach wie vor nicht auf fruchtbaren Boden. Das ist aber eine konsequente Haltung aus all dem, wie unser Verständnis zur Kinderförderung und zur Unterstützung von Kindern in ihrem Aufwachsen ist.

Das Projekt „Guter Start ins Kinderleben“ ist an den beiden Standorten in Trier und Ludwigshafen sehr, sehr gut gelaufen. Die Evaluation wurde von der Uniklinik in Ulm durchgeführt. Im Kern geht es um die Frage, wie Eltern frühzeitig erreicht werden können und wie sie frühzeitig gefördert werden können, um Krisen und Probleme für ihre Kinder von Anfang an zu verhindern. Das ist die wirksamste Präventionsstrategie, die wir in diesem Bereich haben.

Eine interdisziplinäre Vernetzung ist der Schlüssel zum Kindeswohl und zur Kindesförderung. Das zeigt sich in Ludwigshafen und Trier außerordentlich gut. Dort arbeiten Gesundheitshilfe und Jugendhilfe in sehr gut strukturierten Vorgehensweisen miteinander, sodass die Familien nicht durch das Netz fallen.

Immerhin 98 % aller Kinder kommen in den Geburtskliniken zur Welt. Auch wenn sie nur eine kurze Zeit in der Geburtsklinik sind, haben die Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal eine außerordentlich große Möglichkeit für eine Beobachtung. Diese Beobachtungsphase ist in Ludwigshafen und Trier stark strukturiert und standardisiert worden, sodass die Wahrnehmung tatsächlich hilft, zu einer verlässlichen Einschätzung zu kommen. Die Klinik erkennt, ob Risiken für Neugeborene bestehen, weil die Familie z. B. besonderen Belastungen

ausgesetzt ist. Sie kann dann direkt durch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Hilfen anbieten.

Bei rund 7 % der Geburten gibt es einen Förder- und Unterstützungsbedarf in der Familie. In aller Regel – auch das ist ein wichtiges Ergebnis – sind die Eltern sehr offen für diese Unterstützung und für die Inanspruchnahme dieser Hilfe. Das motiviert uns, das Projekt weiter voranzutreiben.

(Beifall bei der SPD)

Oft sind das kleine Hilfen. Oft benötigt man auch eine intensive sozialpädagogische Betreuung und Begleitung. Bei knapp der Hälfte der Familien, die von der Geburtsklinik betreut werden, müssen die Kinder sozusagen an die Jugendämter übergeben oder von denen in Obhut genommen werden.

In Ludwigshafen und Trier haben wir in der Praxis ein sehr gutes Verfahren entwickelt. Die Erkenntnisse daraus sind in unser Landeskinderschutzgesetz eingeflossen. Das war der Grund, weshalb wir 1,4 Millionen Euro in die Hand genommen haben, um Koordinatoren und Ansprechpartner im Jugendhilfebereich zur Verfügung stellen zu können.

Ich möchte hier noch einmal an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU appellieren, die vielleicht auch auf der Bundesebene Einfluss haben: Eine wichtige Erkenntnis war, dass auch die sozialmedizinischen Leistungen der Geburtskliniken in der Gesundheitshilfe irgendwo eine Vergütung brauchen. All das machen die Geburtskliniken zurzeit umsonst und freiwillig aus dem eigenen Engagement heraus.

Eine Chance würde das Bundeskinderschutzgesetz bieten, das zurzeit in der Beratung ist. Wir haben schon viele Vorstöße gemacht. Frau von der Leyen ist aber wirklich taub auf diesem Ohr, obwohl sie in diesen Modellprojekten war und überall anerkennend feststellt, dass dies ein sehr gutes Projekt ist. Nichtsdestotrotz werden im Bundeskinderschutzgesetz überhaupt keine Konsequenzen in dieser Richtung gezogen. Das ist sehr bedauerlich; denn wir wollen eigentlich, dass diese Modelle landes- und auch bundesweit wirklich überlebensfähig sind. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Ärzte und Ärztinnen sowie das Pflegepersonal in den Geburtskliniken diese zusätzliche Leistung auf Dauer umsonst erbringen. Das geht nicht.

Stattdessen werden in diesem Bundesgesetz Regelungen geschaffen, die aus meiner Sicht eher gut gemeint sind, und das Gegenteil von „gut gemeint“ ist einfach „nicht gut gemacht“. Wir haben dadurch einen starken Bürokratisierungsschub im Kinderschutz. Aber die Regelungen, auf die es in der Zukunft ankommt, werden nicht aufgegriffen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat dazu viele gute, konkrete Vorschläge gemacht. Wir bleiben dran, aber wir haben auch die Bitte, es politisch mit aufzunehmen, damit wir aus diesem Projekt lernen, das jetzt zwar zum Abschluss gekommen ist, aber in Ludwigshafen und Trier mit unserer Unterstützung auf freiwilliger Basis fortgeführt wird, damit sich diese Erkenntnisse in der Bundes

gesetzgebung niederschlagen und damit zum Schutz unserer Kinder diesen engagierten Leuten auch die entsprechenden Vergütungen zugesagt werden. Ich glaube, wir alle sind uns darin einig, dass das unser gemeinsames Ziel ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Steinruck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihre Kritik, das Thema sei nicht aktuell, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Was gibt es Aktuelleres als den Schutz unserer Kinder? Außerdem gibt es drei aktuelle Gründe, warum wir dieses Thema heute aufgegriffen haben. Zum einen haben wir seit einem Jahr das Kinderschutzgesetz in Rheinland-Pfalz.

Wie ich vorhin gesagt habe, wurde zum anderen in der vergangenen Woche im Jugendhilfeausschuss der Stadt Ludwigshafen der Abschlussbericht zu dem Modellprojekt vorgelegt, das es übrigens nicht nur in Ludwigshafen gab, sondern auch in Trier, und auf dessen Basis weitere Netzwerke in ganz Rheinland-Pfalz geschaffen wurden. Als Ludwigshafener Abgeordnete bin ich natürlich, gemeinsam mit meinem Kollegen Günther Ramsauer, froh, dass dieses Projekt in Ludwigshafen gestartet ist; denn wir haben dort eine sehr gut aufgestellte Jugendarbeit und gute Rahmenbedingungen.

(Zurufe von der CDU)

Die aktuelle Diskussion über ein Bundeskinderschutzgesetz, bei dem wirklich einiges klemmt und im Argen liegt, ist Grund genug, über dieses Thema hier auch inhaltlich zu sprechen. Herr Dr. Schmitz, es wäre besser gewesen, Sie hätten sich inhaltlich eingebracht; denn manche Regelungen dieses Bundesgesetzes laufen in die falsche Richtung, und dort sind Nachbesserungen notwendig.

(Beifall der SPD – Zuruf von der CDU: Wo?)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thelen von der CDUFraktion.

Frau Kollegin Steinruck, wenn man hier über das Bundesgesetz diskutieren will, sollte man vielleicht die Überschrift der Aktuellen Stunde so fassen, dass das er

kennbar ist. Sie wollten nach dieser Beschreibung über das Landeskinderschutzgesetz reden.

Frau Ministerin, deswegen möchte ich hier noch einmal feststellen: Sie haben bislang erlebt, dass wir weder parteipolitisch verbohrt sind noch bei diesem Thema taube Ohren haben. Da ich mir das gern genauer anschauen möchte und, wenn Sie mich davon überzeugen, auch gern bereit bin, mich bei unseren Bundeskollegen dafür einzusetzen, habe ich die Bitte, dass wir im Sozialausschuss, also in dem Fachausschuss, in den es gehört, noch einmal über den Projektbericht informiert werden, den Projektbericht bekommen und noch einmal über die Notwendigkeiten für das Bundesgesetz diskutieren. Das ist meine Bitte. Dann lassen Sie uns schauen, was möglich ist.

(Beifall der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das sind doch die Fach- verbände auf der Bundesebene! Die Jugend- ämter wollen das nicht!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde.

Wir kommen jetzt zu Punkt 2 der Tagesordnung:

Wahl der vom Landtag Rheinland-Pfalz zu wählenden Mitglieder für die 13. Bundesversammlung Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/3252 –

Wir können sofort darüber abstimmen. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Wahlvorschlag – Drucksache 15/3252– so angenommen.

Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Wahl eines Mitglieds des Kuratoriums der Universität Trier Wahlvorschlag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/3210 –

Die sofortige Abstimmung ist möglich. Wer ist dafür? – Wer enthält sich? – Wer ist dagegen? – Dann ist dieser Wahlvorschlag – Drucksache 15/3210 – so angenommen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: