Protocol of the Session on March 25, 2009

Der zweite Kernpunkt ist die Förderung der Kindergesundheit durch den Aufbau eines zentralen Einladungs- und Erinnerungssystems zu den Früherkennungsuntersuchungen.

Die Erziehung, Förderung und der Schutz von Kindern ist zuallererst eine Aufgabe der Eltern. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Die meisten Kinder werden geliebt, behütet und leben bei ihren leiblichen Eltern. Manche Eltern und Familien sind überfordert und brauchen Hilfe.

Gute Prävention ist der beste Schutz vor Vernachlässigung. Je früher Hilfen angeboten werden, umso leichter werden sie angenommen.

Ein frühes Eingreifen verhindert spätere körperliche Erkrankungen der Kinder, von sozialen Folgekosten ganz zu schweigen.

Da setzt auch das Landeskinderschutzgesetz an. Durch die Verknüpfung von Prävention, frühen Hilfen und gesundheitlicher Förderung mit der Bereitstellung von Mitteln durch das Land setzt es Maßstäbe und hat inzwischen auch bundesweit einen Vorbildcharakter. Auch die Kommunen hier in Rheinland-Pfalz begrüßen dieses Landeskinderschutzgesetz. Sie haben es sehr positiv aufgenommen, arbeiten hervorragend mit und erhalten durch das Land auch erhebliche finanzielle Unterstützung. Die Jugendämter erhalten rund 1,4 Millionen Euro jährlich, die Gesundheitsämter rund 600.000 Euro jährlich, und seit dem 1. August letzten Jahres gibt es beim Landesjugendamt eine Servicestelle mit zweieinhalb Fachkräften, die die Kommunen vor Ort bei der Umsetzung unterstützen.

Eine gute Grundlage für dieses Landeskinderschutzgesetz waren die Modellprojekte „Guter Start ins Kinderleben“, die in Ludwigshafen und Trier gestartet waren und aus denen erhebliche Erfahrungen auch in unser Landesgesetz eingeflossen sind. In Ludwigshafen wurde das Modellprojekt Ende 2008 abgeschlossen. Letzte Woche wurde uns auch im Jugendhilfeausschuss der Stadt berichtet, es sei jetzt in ein Regelangebot überführt worden, weil es so gut angenommen wurde und auch gemeinsam vor Ort wirklich so gut umgesetzt wurde.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Unser Ministerpräsident Kurt Beck hat sich am letzten Montag persönlich vor Ort ein Bild von der vorbildlichen Arbeit und dem Engagement aller Beteiligten gemacht. Ich kann auch im Namen der SPD-Landtagsfraktion dieses Engagement, das ich vor Ort erlebt hatte, wirklich nur loben. Es ist wirklich dem Einsatz Einzelner zu verdanken, dass hier eine vorbildliche Vorarbeit für weitere lokale Netzwerke im Land gemacht wurde.

Auf Bundesebene wird zurzeit auch ein Kinderschutzgesetz auf den Weg gebracht. Aber leider bleibt es inhaltlich hinter dem, was wir hier im Land an Erfahrungen gemacht haben und auch eingearbeitet haben, weit zurück. Das erscheint uns sehr unverständlich, weil wir wirklich konkrete Erfahrungen vor Ort gemacht haben. Dass das nicht aufgegriffen wird, ist eigentlich sehr schade. Die Landesregierung hat im vergangenen Jahr auch eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet, die leider gescheitert ist. Im Gesetzentwurf fehlen unter anderem Hinweise auf die Weiterfinanzierung der Modellprojekte, die jetzt an verschiedenen lokalen Netzwerken in Rheinland-Pfalz fortgeführt werden. Das sollte aus unserer Sicht im Sozialgesetzbuch als sozialmedizinische Leistung mit den Krankenkassen geregelt werden.

Es geht auch um eine bundeseinheitliche Regelung der Hebammenausbildung und auch die Honorierung der Leistungen einer Familienhebamme, die nicht in der Gebührenordnung vorgesehen ist. Die Experten haben auch manches andere kritisch angemerkt, nämlich das Thema „Hausbesuche“, die Befugnisnorm usw. Unser Ziel hier in Rheinland-Pfalz ist, kinder- und familienfreundliche Lebensbedingungen für unsere Kinder zu schaffen. Dazu gehören verschiedene Mosaiksteine: unser Landeskinderschutzgesetz, auch die Modellprojekte bzw. die Netzwerke aus den Modellprojekten „Guter Start ins Kinderleben“,

(Glocke des Präsidenten)

die Initiative „VIVA FAMILIA“ mit ihren vielfältigen unterstützenden Maßnahmen. –

(Glocke des Präsidenten)

Gerade in diesem Bereich sind wir auf einem guten Weg, aber wir dürfen unter gar keinen Umständen im Interesse unserer Kinder innehalten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir befassen uns auf Antrag der SPD-Kollegen mit dem Kinderschutzgesetz, das wir im März 2008 verabschie

det haben. Ich war schon etwas erstaunt über diese Aktuelle Stunde.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Ich war noch mehr erstaunt, als ich dann eben von Frau Raab noch die Zweifel an der Aktualität unserer Aktuellen Stunde zur Grundschulordnung gehört habe, die schließlich vom Herbst 2008 ist. Hier geht es um ein Gesetz, das noch etwas älter ist. Sie hat kritisiert, ob uns nichts Aktuelleres zum Kritisieren eingefallen ist. Ich könnte jetzt fragen: Ist Ihnen nichts Aktuelleres für ein Eigenlob eingefallen? –

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wir haben gemeinsam ein Gesetz verabschiedet – das hat Frau Kollegin Steinruck absolut richtig ausgeführt –, nachdem es tatsächlich in Deutschland aufrüttelnde Geschehnisse gab, Todesfälle von Kindern durch Vernachlässigung und durch Gewalt von Eltern. Das hatte einen Vorlauf, der auch jetzt in der Verfassungsgerichtsklage, in der Begründung des Landtages in der Erwiderung noch einmal eine Rolle spielte, weil wir uns tatsächlich sehr frühzeitig mit diesen Vorkommnissen auseinandergesetzt haben.

Ich möchte da auch gern den Herrn Präsidenten zitieren, wenn es der Herr Präsident erlaubt. Er hat nämlich in dieser Erwiderung dargelegt, dass sich der Landtag bereits vor Beratung und Beschlussfassung dieses Gesetzes vor dem Hintergrund aktueller Geschehnisse mehrfach mit der Sicherstellung des Kindeswohls und dem Schutz von Kindern befasst habe, nämlich aufgrund der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Hedi Thelen vom 16. November 2006 und der Antwort der Landesregierung, aufgrund der Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 14. Dezember 2006 und der Antwort der Landesregierung, aufgrund des Antrags der Fraktion der CDU vom 10. Januar 2007 und des Alternativantrags der Fraktion der SPD vom 18. Januar 2007. Wir haben Sie erfolgreich zum Jagen getragen, um das einmal so zusammenzufassen.

(Beifall der CDU)

Wenn es nach der Landesregierung gegangen wäre, hätte man gern noch den Abschluss des Modellprojekts, das Frau Steinruck hier zu Recht lobend erwähnt hat, abgewartet, um dann die Erkenntnisse daraus in das Gesetz zu packen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wir sind froh, dass Sie nicht abgewartet haben, weil ich denke, es ist auch so gelungen, ein rundes Gesetz zu verabschieden, das auf zwei Säulen steht: Zum einen gibt es ein breites Netzwerk, das helfen soll, Familien, die einen besonderen Unterstützungs- und Förderbedarf haben, zur Seite zu stehen, ihnen zu helfen, auch möglichst selbst ihrer Verantwortung ihren Kindern gegenüber gerecht zu werden. Wir haben auf der anderen Seite das sogenannte verbindliche Einladungswesen zu den U-Untersuchungen, das dazu führen soll, einmal natürlich die Gesundheit der Kinder zu befördern, frühzeitig auch Fehlentwicklungen zu erkennen, aber natürlich auch mit

einem zweiten Aspekt dazu beitragen soll, Familien mit einem besonderen Unterstützungsbedarf frühzeitiger zu erkennen. Hier sind wir jetzt sehr gespannt, wie das Verfahren vor dem Verfassungsgericht ausgehen wird. Wir hoffen natürlich, dass unser Gesetz Bestand haben wird.

Ich will an der Stelle aber auch noch einmal daran erinnern, dass wir bereits in den damaligen Diskussionen ab 2006 auch hier schon Bedenken geäußert haben, ob tatsächlich ein verbindliches Einladungswesen dazu führen kann, diese Personengruppe in Gänze zu erfassen, solange es keine gesetzliche Verpflichtung gibt. Genau das ist der Punkt, auf den sich natürlich auch der Beschwerdeführer unseres Erachtens durchaus mit sicherlich aus seiner Sicht nachvollziehbaren Argumenten beruft. Wir sind sehr gespannt, wie das Verfassungsgerichtsverfahren ausgehen wird.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Ich möchte aber noch einen zweiten Punkt ansprechen, der uns ein Stück verwundert, weshalb wir das heute als Aktuelle Stunde besprechen sollen. Wir haben damals in dem Gesetzgebungsverfahren auch aufgrund dieser für uns schwierigen Gesetzeslage dafür plädiert, bereits 2009 hier im Landtag einen Bericht über die Umsetzung als ersten Abschluss des Evaluationsverfahrens zu erhalten, um möglichst frühzeitig nachsteuern zu können, wenn es sich denn aufgrund von Schwierigkeiten im Verfahren als notwendig erweisen sollte. Damals wurde uns erläutert, das sei zu früh, da habe man keine hinreichenden Erfahrungen,

(Dr. Schmitz, FDP: So ist es!)

keine hinreichenden Erkenntnisse, um diesen Bericht dann schon zu geben, weshalb wir uns dann damit einverstanden erklärt haben, dass jetzt, wie es in § 11 des Gesetzes steht,

(Glocke des Präsidenten)

der Bericht erst im Jahr 2010 gegeben wird.

(Glocke des Präsidenten)

Es freut mich also, dass wir schon gute Verfahren erkennen können.

(Glocke des Präsidenten)

Zu unseren Plänen komme ich in der zweiten Runde zu sprechen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Peter Schmitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich der vorsichtigen Kritik meiner Vorredner an diesem Tagesordnungspunkt nicht nur an, sondern gehe weit darüber hinaus.

Ich halte es für mehr als irritierend, zu einem so wichtigen und sensiblen Thema in einem über Monate und Jahre gehenden Prozess den Konsens aller Fraktionen herbeizuführen, aber dann das zu machen, was Frau Kollegin Thelen angesprochen hat, nämlich den auf unseren Vorschlag hin beschlossenen notwendigen wissenschaftlichen Evaluationsbericht auf das Jahr 2010 zu verlegen – wir wollten ihn früher – und dann ohne jeden ersichtlichen Grund – zumindest habe ich dazu von der Vorrednerin nichts erfahren – unter dem Stichwort „Aktuelle Stunde“ eine Diskussion zu betreiben, an der ich mich inhaltlich mit keinem Wort beteiligen werde.

Ich halte es für eine grobe Missachtung des über drei Fraktionen hinausgehenden Konsenses und eine grobe Missachtung des seriösen Umgangs im Parlament, dass wir ein gemeinsam verabschiedetes Gesetz, zu dem es erhebliche Bedenken im datenrechtlichen Bereich gab, in dieser Art und Weise versuchen abzufeiern. Das in der Zeit, in der ein verfassungsrechtlicher Prozess läuft, zu dem in der Stellungnahme der Landtagsverwaltung auf Seite 3 ausgeführt wird, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz darauf hinweist, dass in dem Gesetzentwurf der Landesregierung bereits Vorschläge umgesetzt worden seien, die im Rahmen der datenschutzrechtlichen Begleitung bei der Entstehung des Gesetzes unterbreitet wurden, so die vorgesehene Evaluation. Diese sei mit Blick auf die weitreichende Datenverarbeitung von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, ich darf daran erinnern, was der Landesbeauftragte für den Datenschutz seinerzeit in unterschiedlichen Stellungnahmen vom Grundsatz immer wieder zum Ausdruck gebracht hat: „Die aus Sicht des Datenschutzes hohe Brisanz des beabsichtigten Verfahrens wird zunächst …. Das Verfahren betrifft schließlich in weit überwiegendem Maße Personen, die nach der gesetzlichen Annahme unverdächtig sind, ihre Kinder zu vernachlässigen.“

Ich führe ein weiteres Zitat an: „die Zentrale Stelle“ – ein Teil dieses Gesetzes – „stellt daher einen starken Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar.“ Dann geht er noch einmal darauf ein, dass 95 % der Eltern überprüft werden, von denen wir wissen, dass sie keiner Überprüfung bedürfen. Er zieht dann in den Erläuterungen die Schlussfolgerung, weshalb er dennoch dem Gesetz mit Bauchschmerzen zustimmt: „Besondere Beachtung verdient aus meiner Sicht die in den Gesetzentwurf in § 11 aufgenommene Regelung zur Evaluation des Einladungsverfahrens.“ „Ob eine umfassende Verarbeitung personenbezogener Daten und die damit verbundenen Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht noch datenschutzrechtlich vertretbar sind, hängt insbesondere davon ab, ob sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks“ notwendig sind. Er beschreibt genau das Verfahren und konditioniert seine wichtige und entscheidende Zustimmung an ein Verfah

ren, das wir durchgesetzt haben, eine wissenschaftliche Evaluation im Jahr 2010.

(Beifall bei der CDU)

Da gehen Sie im Jahre 2009 ohne Not hin, ohne dass wir wirklich etwas wissen, bis auf die Tatsache, dass der Ministerpräsident in Ludwigshafen war, und stellen das in einer Aktuellen Stunde zur Aussprache. Ich halte das für unerträglich!