Rheinland-Pfalz hat eine Exportquote von 50,3 %, Deutschland von 44,9 %. Wir sind von dem, was international passiert, eventuell noch ein bisschen stärker betroffen, und zwar was gewisse Branchen angeht. 84 % der Exporte sind Fertigware, davon wiederum 69 % Enderzeugnisse.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten im Jahr 2006 noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Rheinland-Pfalz von 3,2 %, im Jahr 2007 von 2,2 %. Wäre nicht das letzte Quartal 2008 gewesen, wären wir erneut in dem Bereich von gut 2 % Wachstum des Bruttoinlandsprodukts gelandet.
Wenn wir den für Rheinland-Pfalz wichtigen Bereich des verarbeitenden Gewerbes betrachten, in dem wir eine besondere Stärke des Wirtschaftsstandorts haben, der prozentual einen höheren Anteil als in anderen Bundesländern hat, und einen Exportanteil von über 50 % haben, mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Aufträge in diesem Bereich im Oktober 2008 um 25 %, im November 2008 um 40 % und im Dezember 2008 um 35 % im Vergleich zu den Monaten im Vorjahr zurückgegangen sind.
Wir werden, wenn die Zahlen für Januar vorliegen, hinsichtlich des Rückgangs der Aufträge in diesem Kernbereich des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz bedauerlicherweise bei ähnlichen Größenordnungen landen.
Der Rückgang des Auftragsbestandes im Maschinenbau betrug im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat 47 %. Das heißt, die Finanz- und Wirtschaftskrise ist in Deutschland und auch in Rheinland-Pfalz angekommen.
Herr Hartloff hat die Zahlen der IHK zitiert. 75 % geben an, mit der aktuellen Lage zufrieden zu sein bzw. betrachten sie als gut. Wenn wir aber fragen, was für die Zukunft erwartet wird, sagen noch 14 %, von guten Aussichten auszugehen. 50 % sprechen von einer Verschlechterung.
Dennoch gibt es auch gute Botschaften. Um nicht selbst durch die Kommunikation zur Verschärfung der Krise beizutragen und das Bild abzurunden, ist es auch wichtig, die positiven Momente zu nennen. Ein positiver Moment ist mit Sicherheit, dass wir morgen in Ludwigshafen den Spatenstich bei der Firma Vögele vornehmen, die trotz der Wirtschaftskrise 80 Millionen Euro investiert, damit 1.000 Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz geschaffen werden können.
Wir haben die Sondersituation, dass eine Rezession, die es immer wieder gibt, mit der Finanzmarktkrise zusammenkommt. Hierzu gibt es keine Erfahrungswerte, weil wir nach dem Zweiten Weltkrieg noch keine Finanzmarktkrise in diesem Ausmaß hatten. Aus Erfahrungswerten wissen wir aber, dass eine Rezession doppelt so lange dauert, wenn sie mit einer Finanzmarktkrise zusammentrifft.
Eine weitere Sondersituation ist – auch das hat es noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben –, dass alle
starken Wirtschaftsregionen der Welt gleichermaßen von dieser Krise betroffen sind. Deswegen muss man vorsichtig sein, Prognosen darüber abzugeben, wann es wieder deutlich bergauf gehen wird. Wichtig ist auch, dass die Politik ernst genommen wird und realistische Botschaften an die Wirtschaft gibt. Damit setzen wir uns ernsthaft auseinander.
Herr Licht, viele Unternehmen werden reine ordnungspolitische Aussagen zu Recht nicht akzeptieren; denn wir haben alle gemeinsam, und zwar auch diejenigen, die früher Verantwortung im Wirtschaftsministerium hatten, erfolgreich Existenzgründerkampagnen auf den Weg gebracht. Wir haben Menschen aufgefordert, Mut zu haben, Existenzgründer zu werden.
Wir haben mit einigen Automobilzulieferern gesprochen, die mir gesagt haben, sie hätten das aufgegriffen, was die Landesregierung vor zehn Jahren oder 15 Jahren kommuniziert hat. So wurde gesagt: Ich hatte als Ingenieur eine feste Stellung und habe gut verdient. Ich habe diesen Mut gezeigt, den die Politik von mir abgefordert hat, und bin selbstständig geworden. Ich habe investiert, mein gesamtes Privatvermögen mit investiert und hafte mit meinem gesamten Privatvermögen. Ich bin wirtschaftlich sehr erfolgreich gewesen und habe auch die nennenswerte Anzahl von 35 Arbeitsplätzen geschaffen.
Nun stehe ich vor der Situation, aufgrund der Misere von Opel und anderen unverschuldet alles zu verlieren.
Er muss nicht nur die Existenz seines Betriebes aufgeben und mit seinem gesamten Privatvermögen dafür haften, sondern noch viele Jahre Schulden abtragen. Hier gibt es eine besondere Verantwortung zu schauen, ob den Unternehmen geholfen werden kann.
Wir in Rheinland-Pfalz – ich lege Wert darauf, dies zu kommunizieren – haben als Erste reagiert, gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen und nicht nur den großen Banken und den großen Unternehmen zu helfen. Wir haben die Koordinierungsstelle für den Mittelstand auf den Weg gebracht.
Herr Eymael, bedauerlicherweise reichen zwei Hände nicht, um die Anzahl der Förderfälle zu zählen. 300 Firmen haben von uns Antragsunterlagen zugesandt bekommen. Mittlerweile sind 35 Anträge über Hausbanken bei uns gelandet. Die Zahl ändert sich stündlich. Wir haben 12 bis 13 Anträge in einem Volumen von 8 Millionen Euro bewilligt.
Täglich kommen neue Anträge über die Hausbanken bei uns an. Wir leisten diese Hilfe gern, weil wir die besondere Verantwortung des Staates sehen und nicht nur nach Ordnungspolitik handeln müssen, sondern auch konkrete Verantwortung übernehmen müssen; denn Ordnungspolitik hat auch versagt, weil Banken nicht kontrolliert wurden und die Politik nicht die Instrumente auf den Weg gebracht hat, Finanzströme effizient zu kontrollieren.
Deswegen sind Mittelständler unverschuldet in Schwierigkeiten geraten. Das gibt noch eine besondere Ver
antwortung für den Staat, in dieser Misere besonders zu helfen, auch mit Methoden, die in Nichtkrisenzeiten nicht opportun sind.
Wir tun das verantwortungsvoll in jeder Abwägung des Einzelfalls: Ist diese Firma unverschuldet in Schwierigkeiten geraten, oder handelt es sich um eine Firma, die unabhängig von der Finanzmarkt- oder der Wirtschaftskrise nicht hätte weiter existieren können? – Dieser Verantwortung aber müssen wir uns stellen, dieser Verantwortung stellen wir uns.
Deswegen war es auch richtig, den Bürgschaftsrahmen mutig auf 800 Millionen Euro zu erhöhen, damit wir handlungsfähig sind, auch handlungsfähig, sollte die Krise länger dauern, als wir vermuten.
Richtig ist auch die Initiative des Paktes für RheinlandPfalz – auch das haben Sie angesprochen, Herr Hartloff –, dass wir eine gesellschaftliche Gesamtverantwortung übernehmen müssen. Wir müssen alle einen Beitrag leisten: Unternehmen, Gewerkschaften, Verbände, Kammern und die Politik.
Das ist auch eine Stärke von Rheinland-Pfalz, dass diese Kräfte in dieser Frage zusammenwirken. Ich bin froh, dass dieser Pakt zustande gekommen ist.
Es gibt aber auch Punkte, zu denen wir berechtigten Optimismus verbreiten können. Erfreulich ist, das Auftragsvolumen in der Bauwirtschaft steigt, obwohl die öffentlichen Maßnahmen bisher noch nicht aufgrund der notwendigen Vorbereitungszeit greifen können.
Wir werden durch die 100 Millionen Euro zusätzlich im Straßenbau und durch die 500 Millionen Euro von den 625 Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II, die in die Bauwirtschaft fließen werden, im Bauhauptgewerbe Wachstum haben. Es werden dort in Rheinland-Pfalz Tausende zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Das wird die Konjunktur bei uns nachhaltig stabilisieren.
Wir können auch erfreut zur Kenntnis nehmen, dass Analysten nicht recht hatten bezüglich des Konsumverhaltens der Bevölkerung. Analysten gingen davon aus, dass der aktuelle Konsumindex der Gesellschaft für Konsumforschung auf 2,0 zurückgehen wird. Erfreulicherweise hatten sie nicht recht. Er ist von 2,3 auf 2,6 gestiegen.
Das heißt, wir haben eine Stabilisierung der Binnennachfrage. Auch das ist nachvollziehbar: Geringere Inflationsrate, geringere Energiepreise und die guten Tarifabschlüsse haben auch positive Aspekte in dieser Hinsicht. Hinzu kommt die Pendlerpauschale. Es gibt eine Reihe von nachvollziehbaren Gründen, warum die Binnennachfrage sich stabilisiert. Auch das brauchen wir.
Wir können das aber auch aus einer Position der Stärke heraus in Rheinland-Pfalz machen, weil die Eigenkapitalausstattung sich in rheinland-pfälzischen Unterneh
men verbessert hat und die Arbeitslosigkeit bei uns stärker zurückgegangen ist als in anderen Bundesländern.
Ich will zum Schluss noch einiges zum Thema „Opel“ sagen. Natürlich ist es richtig, dass wir ein tragfähiges Zukunftskonzept haben müssen. Es ist Aufgabe von GM und Opel, ein solches vorzulegen.
Natürlich ist klar, dass gewährleistet sein muss, dass die Gelder des europäischen Steuerzahlers, nicht nur des deutschen Steuerzahlers, dann auch eingesetzt werden, um Arbeitsplätze in Europa zu sichern und einen Fortbestand von Opel zu gewährleisten.
Wenn dies sichergestellt ist, dann sind wir auch bereit, Hilfestellung zu leisten. Wir machen keine Vorwegaussagen, was alles nicht geht. Wenn es ein tragfähiges Konzept, ein Zukunftskonzept ist, das betriebswirtschaftlich langfristig tragfähig ist, abgeschottet wird, dann sind wir bereit, Hilfestellung zu leisten, in welcher Finanzform auch immer.
Diese Verantwortung haben wir auch. Wir sollten nicht dazu beitragen, wie viele andere, sich jetzt schon von Opel zu distanzieren und damit in der Kommunikation dazu beizutragen, dass eine Rettung nicht mehr möglich wird.
Wir haben eine hohe Verantwortung. Es geht um eine Kernkompetenz des Industriestandorts Deutschland. Es geht um einen der wenigen Bereiche, in denen wir unbestritten Technologieführer sind. Es geht mit um diesen Kernbereich. Wir werden dieser Verantwortung dann in einem Gesamtkonzept gerecht werden,