Den Schönheitswettbewerb können Sie erst einmal bis 2011 zurückstellen, wenn ein sozialdemokratischer Oppositionsführer gesucht wird.
Meine Damen und Herren, aktuell bestimmt die Wirtschaftskrise unsere Aufmerksamkeit. Wir sollten aber den Blick auf die langfristigen Aufgaben in unserem Land nicht verlieren. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze im Land selbst, am liebsten so viel wie im Bundesdurchschnitt, Herr Ministerpräsident.
Wir brauchen ein höheres mittelfristiges Wachstum, damit wir wirklich im Reigen der Bundesländer aufholen. Wir brauchen mehr Inlandsprodukt je Einwohner, um so stark wie der Durchschnitt der Länder zu werden.
Wir brauchen ein höheres Einkommensniveau der Menschen, um gleichen Wohlstand wie in ganz Deutschland zu erreichen, und wir brauchen auch ausgeglichenere Lebensverhältnisse in den Regionen unseres Landes.
Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Hörerinnen und Hörer der Lehrveranstaltung „Staatsorganisation in der Praxis“ des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Speyer. Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Grundsatzaussprache haben wir schon viel über die Finanzkrise und die Rezession in der Realwirtschaft gehört. Trotzdem gestatten Sie mir, dass ich noch einige Ausführungen dazu mache, gerade auch im Hinblick auf den Doppelhaushalt 2009/2010, der die Rahmenbedingungen für die nächsten Jahre setzt.
Die aktuelle Krise – ausgehend von den internationalen Finanzmärkten – wird zu Recht als Zäsur bezeichnet. Die Krise hat die Schwachstellen und auch die Risiken der ungezügelten Ausbreitung des Finanzkapitalismus deutlich gemacht. Helmut Schmidt, unser Bundeskanzler a. D., hat 2003 schon einmal gesagt: „Wo Kapitalismus und Moral sich gegenseitig ausschließen, dort stecken wir bereits tief im Sumpf.“ Meine Damen und Herren, ich denke, dieses Zitat gibt schon Anlass zum Nachdenken.
Die ausschließliche Orientierung an kurzfristigen und überzogenen Renditen gefährdet den sozialen Zusammenhalt, weil sie den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen, unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer untergräbt. Soziale Verantwortung sieht für uns anders aus.
Die globalen Finanz- und Kapitalmärkte, die keine Grenzen mehr kennen, gefährden die soziale Marktwirtschaft und vernichten Arbeitsplätze. Man muss sich nur umschauen. Der weltwirtschaftliche Schaden ist immens.
Viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und auch Experten sind ratlos in dieser Situation und suchen nach Lösungen. 62 % der Bundesbürger fordern laut ARD, der Staat solle stärker in die Wirtschaft eingreifen. 51 % meinen, der Staat solle sich an wichtigen Unternehmen beteiligen.
Die von den internationalen Finanzmärkten ausgehenden Verwerfungen der Finanzströme zwischen Zulieferbetrieben, Herstellern, Kunden und Banken treffen auch Rheinland-Pfalz. Mit einer Arbeitslosenquote von 5,2 % haben wir die drittniedrigste aller Bundesländer. Dis Situation in den Arbeitsamtsbezirken ist noch stabil. Man muss aber auch sehen, die Ausschläge hinken immer hinterher.
Auch das Weihnachtsgeschäft läuft in normalen Bahnen. Der Einzelhandel ist mit dem derzeitigen Kaufverhalten der Kunden recht zufrieden. Man muss sehen, auf dem Binnenkonsum lastet momentan eine hohe Aufgabe.
Auf der anderen Seite aber zeigen schon einige Betriebe im Land Kurzarbeit an und melden vorgezogenen Weihnachtsurlaub und den Abbau von Zeitarbeit.
Es gibt aber auch Wirtschaftszweige, die von einer möglichen Konjunkturkrise nicht viel merken. So hat letztens die „Rhein-Main-Zeitung“ z. B. von einem großen Weißblechhersteller im Norden des Landes, aber auch von Nahrungsmittelfabriken, also z. B. von einer Keksfabrik berichtet, wenn ich da einen Betrieb nennen darf, DeBeukelaer.
Wie groß die Auswirkungen sein werden, kann derzeit seriös nicht quantifiziert werden. Aber wir wissen schon, 2009 wird ein schwieriges Jahr auch für Rheinland-Pfalz. Darauf deuten schon einige Indikatoren hin. Dennoch besteht kein Grund zur Panikmache.
Gerade unsere großen, global aufgestellten chemischen Betriebe, die Automobilindustrie, die Zulieferer, das Transport- und das Baugewerbe und auch einige unserer kleinen und mittleren Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen. Dass wir sie dabei nach Kräften unterstützen werden, schlägt sich auch im Doppelhaushalt 2009/2010 nieder.
Ob wir in Deutschland besser gerüstet sind als alle anderen Staaten, ist schwer zu sagen. Aber dennoch gibt es Einflussgrößen, die auf eine stärkere Zukunftsfähigkeit und mehr wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit schließen lassen.
Ganz wichtig ist, dass sich unser dreisäuliges Kreditwesen als robuster erwiesen hat als die Systeme anderer Länder, allen voran unsere Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die bei unseren Bürgerinnen und Bürgern ein hohes Vertrauen genießen.
Dass wir darüber hinaus auch noch über eine hohe Sparquote von 11,3 % im Bundesdurchschnitt verfügen, ist beachtlich. Die Sparquote in den Vereinigten Staaten liegt – man höre und staune – bei minus 1 %.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir uns einen starken industriellen Sektor erhalten haben und nicht ausschließlich auf Dienstleistung als zukunftsfähige Branche gesetzt haben wie andere Länder, z. B. Großbritannien. Diese kommen in erhebliche Schwierigkeiten.
Meine Damen und Herren, zu diesem Aufschwung in den letzten Jahren haben maßgeblich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unseren Betrieben beigetragen. Sie haben diesen Aufschwung erwirtschaftet. Sie haben ein Anrecht darauf, dass die Politik alles tut, um gesunden Unternehmen – dazu gehört in meinen Augen auch Opel – durch die Krise zu helfen.
Die SPD in Rheinland-Pfalz steht für den Erhalt der Arbeitsplätze und die Schaffung neuer Arbeitsplätze auch in schwierigen Zeiten. Wir haben einen guten Kontakt zu unseren Unternehmen und Betrieben, den Unternehmern und Betriebsräten in unserem Land. Das lassen wir uns auch nicht von Herrn Baldauf, der jetzt nicht da ist, kleinreden.
Nach dem Rettungsschirm für die Banken brauchen wir jetzt einen Schutzschirm für die Arbeitsplätze. Mit unserem Doppelhaushalt 2009/2010 setzen wir die Rahmenbedingungen für gute und qualifizierte Arbeit und ein wirtschaftsförderndes Klima fort. Der Einzelplan 08 in Gänze wird auch im Doppelhaushalt 2009/2010 der Investitionshaushalt des Landes sein.
Wenn man die Investitionen in den LBM, also dem Landesbetrieb Mobilität, einbezieht, liegt die Investitionsquote bei nahezu 33 %.
Nun gilt es aber, im kommenden Jahr auf die Rezession mit raschen Investitionen zu reagieren. Notwendige Infrastrukturmaßnahmen müssen schnell baureif gemacht und auch durchgeführt werden, um einen gewissen Vorzieheffekt zu erreichen. Rund 131 Millionen Euro einschließlich EU- und Bundesmittel sind im Doppelhaushalt für Wirtschaftsförderung, insbesondere des Mittelstands, eingestellt. Ich denke, mit diesen Mitteln kann man schon Vieles gestalten.
Die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen ist schon seit Jahren zentraler Inhalt der Wirtschaftspolitik unseres Landes; denn von einigen großen Konzernen abgesehen, wird die Wirtschaftsstruktur von RheinlandPfalz von vielen kleinen und mittleren Betrieben geprägt.
Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sind auf der einen Seite oftmals flexibler in ihrem wirtschaftlichen Handeln, weil sie in der Regel stärker am Binnenmarkt orientiert sind, auf der anderen Seite aber auch – besonders dann, wenn sie als Automobilzulieferer tätig sind – gegenwärtig stark von der wirtschaftlichen Rezession betroffen.
Durch Auftragseinbrüche und Stornierungen sind viele als gesunde Unternehmen unverschuldet in Liquiditätsengpässe gekommen. Weil bei vielen die Eigenkapitalausstattung gering ist, bauen sie schnell finanzielle Engpässe auf. Wenn Banken taumeln, werden Kredite teurer
und sind, wenn überhaupt, schwer zu bekommen. Das ist auch durch die Vorgaben von Basel II verstärkt worden.