Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Diskussion, die wir heute hier führen, ist zwar wichtig und notwendig, man muss jedoch sehen, das ist alles in Rheinland-Pfalz nicht zu lösen und ist auch nicht unsere Aufgabe, Herr Baldauf. Wir können begleiten. Das hat Herr Minister Hering dargestellt. Wir haben da kleine Schräubchen. Da muss man einmal überlegen, woher eigentlich diese Finanzkrise kommt. Sie hat Hintergründe, die man nicht erläutern muss. Allerdings muss man auch wissen, dass es in der Konjunktur bestimmte Zyklen gibt und wir jetzt wieder einmal unten im Zyklus sind, was ganz normal ist, was auch voraussehbar war.
Die Frage der Automobilindustrie ist natürlich gestellt. Sie hat zwei Gründe. Ein Grund ist eindeutig der, dass die Industrie zu spät auf umweltschonende Autos gesetzt hat.
Das ist so. Aber der andere Grund ist auch, dass jeder Autofahrer jeden Morgen bei der Lektüre der Zeitung oder beim Rundfunkhören oder beim Fernsehen eingeimpft bekommt: „Du bist ein Umweltsünder!“
Das ist so. Wenn der Zustand so ist, dann darf man sich nicht wundern, dass eine Kaufzurückhaltung gegeben ist.
Diese Kaufzurückhaltung kann man nur überwinden, wenn die Bürgerinnen und Bürger, die eine hohe Sparquote haben, diese Mittel einsetzen. Es ist ein psychologisches Problem. Wie bekommt man das gelöst? – Das kann man nur lösen, indem man rational diskutiert.
Der zweite Grund ist eindeutig. Man darf nicht meinen, ob man Kfz-Steuern so oder so senkt, dass wir mit aller Sicherheit die Konjunktur auch im Automobilgewerbe ankurbeln.
Eine andere Frage ist, ob man nicht andere Instrumente zur Verfügung hat. Die Instrumente sind schlecht und schwierig umzusetzen.
Herr Schweitzer, wenn man jetzt Wörth sieht, natürlich muss die ganze Technik gemacht werden. Natürlich müssen die Arbeitszeitkonten im Tritt bleiben. Das ist alles Technik, die gemacht wird und gemacht werden
muss. Aber die andere Frage ist doch, wenn man einmal überlegt, woher der Boom kam. Der Boom kam aus einer Riesennachfrage aus den osteuropäischen Staaten.
Die ist jetzt weg. Jetzt haben wir ein Zusatzproblem, dass – auch bedingt durch die interessanten Mautkonstruktionen – wieder Verunsicherung geschaffen wird, und mit Verunsicherung löst man das Problem nicht. Was wir jetzt brauchen, sind kräftige Steuersenkungen, und gleichzeitig muss man periodisch – dies sagen auch die Sachverständigen – in Kauf nehmen, dass die Staatsverschuldung ansteigt.
Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Hering noch einige Anmerkungen zu machen.
Ich möchte zunächst um Entschuldigung bitten, dass ich während der Debatte kurz nicht anwesend war. Aber ich hatte den Kontakt mit dem ruandischen Botschafter gesucht, was nur zu diesem Zeitpunkt möglich war. Ich bitte dafür um Ihr Verständnis. Sie kennen den Hintergrund.
Ich will zunächst deutlich machen, dass es in der Tat so ist, dass wir um die konjunkturelle Entwicklung Sorgen haben müssen. Wir müssen auch darum Sorge haben, dass in einigen Sektoren der Wirtschaft, die genannt worden sind, die Automobil- und die Automobilzuliefererwirtschaft, sicher differenziert zu sehen im Bereich der Chemie, weil wir in den Sektoren, die in den Bereich Lebensmittelchemie etc. gehen, nach wie vor gute Werte haben – – – Im Bereich der chemischen Produkte, die wiederum mit Automobil und Ähnlichem zu tun haben, haben wir entsprechende Schwierigkeiten. Es gibt darüber hinaus den einen oder anderen Sektor im wirtschaftlichen Geschehen, der in diese Betrachtungen einzubeziehen ist.
Ich glaube, dass es dabei entscheidend darauf ankommt, dass wir trotz dieser Sorge differenziert mit den Dingen umgehen, weil zwischen dem Aussprechen dessen, was ist, und dem Suchen nach Lösung auf der einen Seite und der Schwarzmalerei auf der anderen Seite oft ein schmaler Grat ist. Wir dürfen diesen Grat nicht überschreiten. Ludwig Erhard hatte recht, dass ein Löwenanteil der Wirtschaftspolitik Psychologie ist. Da wird sehr darauf zu achten sein, insbesondere deshalb,
weil wir die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht zusätzlich mit Unklarheiten belasten sollten. Sie sind sowieso verunsichert genug. Da bedarf es nicht entsprechender Aussagen.
Ich muss deshalb sagen, ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn ein Sprecher des deutschen Einzelhandels zwar eine positive Prognose für das Weihnachtsgeschäft 2008 abgibt, aber gleichzeitig mit düstersten Farben malt, was 2009 sein könnte. Der weiß es nicht, wir wissen es nicht, niemand weiß es, aber schädlich ist eine solche Aussage in jedem Fall. Sie nutzt niemandem. Deshalb sind alle aufgerufen, sich verantwortlich zu verhalten, Politik genauso wie Wirtschaft und alle, die öffentlich gehört werden.
Ich möchte eine zweite Bemerkung machen. Wenn man fragt, was man tun kann, dann muss man auf das kommen, was im ersten Teil dieser Aktuellen Stunde heute Nachmittag diskutiert worden ist, wie wir nämlich die Finanzkreisläufe wieder so bekommen, dass man Vertrauen schöpft und auf diese Art und Weise wieder Blut in die Wirtschaftskreisläufe hineinkommt. Das ist zu einem großen Teil eine psychologische Angelegenheit. Das, was der Staat tun kann, ist mit dem 480-MilliardenPaket getan worden. Dass man nicht schneller handeln kann, als dies in Deutschland der Fall war, darf man mit Fug und Recht behaupten. Da ist zügig gehandelt und eine breite Mehrheit für diesen Finanzschirm gefunden worden.
Wenn gefragt wird, was die Rheinland-Pfälzer tun können, ist zu sagen, immerhin sind wir in der Verantwortung. Wir sind bei den maximal 7,7 Milliarden Euro, die die Länder im Zweifelsfall ins Obligo zu gehen bereit sind, mit unserem Anteil mit dabei.
Es zeigt sich, dass wir in den vergangenen Jahren gut daran getan haben – übrigens, wie ich anerkennend sagen möchte, mit Zustimmung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses –, unsere Anteile an der Landesbank und die Landesbank insgesamt so zu positionieren, dass sie jetzt nicht in unmittelbare Belastungsschwierigkeiten für das Land Rheinland-Pfalz hineinkommt. Dass man auch bei der LBBW nicht schmerzfrei ist, wissen wir. Aber für uns ist dies ein wichtiger Punkt, weil in diesem Finanzschirm die Teile, die den Ländern gehören, zu 100 % in der Finanzverantwortung der Länder bleiben, was das Abdecken von Risiken angeht, wenn es über die Eigenkraft der Bank hinausgeht. Insoweit sind wir neben unserem Anteil an den 35 % mit der Deckelung auf 7,7 Milliarden Euro nicht zusätzlich in einem Risiko.
Es ist darüber hinaus diskutiert worden, was man noch tun kann, um die Konjunktur wieder zu beleben. Mir kommt es ein bisschen gekünstelt vor – dies will ich offen sagen –, dass das Wort „Konjunkturprogramm“ nicht in den Mund genommen wird. Über nichts anderes reden wir. Ich sage Ihnen auch, ich würde mir wünschen, dass wir eine Chance hätten, dass der Bund ein wirkliches Konjunkturprogramm in die Hand nimmt und sehr kurzfristig in erheblichem Umfang Impulse setzt. Das ist derzeit nicht machbar. Dafür gibt es keine Mehrheiten. Insoweit hat es keinen Sinn, in dieser Überlegung zu verharren, sondern man muss schauen, was darüber hinaus geschehen kann.
Dieses Wirtschafts- und Arbeitsförderprogramm, das heute im Bundeskabinett verabschiedet worden ist, ist alles in allem auf jeden Fall unter diesen psychologischen Gesichtspunkten kein falscher Ansatz. An vielen einzelnen Ansätzen kann man sehr wohl seine Zweifel haben. Ich teile die auch, was die Impulswirkung im Bereich der Kfz-Steuer angeht.
Im Übrigen hat man die Ansätze verändert. Sie werden nicht mehr so sein, wie bisher diskutiert, sondern sie sollen jetzt zunächst einmal auf ein halbes Jahr begrenzt werden. Das ist nachdenkenswert, weil wir uns alle nicht so viel davon versprechen.
Was ein Verschrottungsprogramm angeht, ist die Frage, wer das bezahlen soll. Da kommen wir in Dimensionen hinein, die gigantisch sind. Wer stellt dann sicher, dass diejenigen, die ein 15 Jahre altes Auto verschrotten, nicht ein zehn Jahre altes kaufen? – Also wo haben wir da – – –
Ja, bei den Leuten, die keine Kaufkraft haben oder ihre Kaufkraft aus Sorge um die Zukunft zurückhaltend ausüben.
Es ist eine sehr schwierige Operation, die wir an dieser Stelle haben. Ich glaube deshalb, davon darf man sich nicht allzu viel versprechen.
Ich glaube, dass wir als Land diesem Paket, wie immer es noch verändert werden sollte, am Ende zustimmen sollten, weil ein Scheitern dieses Pakets im Bundesrat – dies wäre zum Ende des Jahres – natürlich auch wieder ein Negativsignal wäre, das neben der berechtigten Kritik in Einzelpunkten, die ich teile, eine Gesamtwirkung entfalten könnte, die wirtschaftlich weiter kontraproduktiv ist. Deshalb beschränken wir uns darauf zu sagen – Herr Kollege Deubel und Herr Kollege Hering haben dies heute schon deutlich gemacht –, wir können uns darauf verständigen, auch über ein Stöckchen zu springen, das wir für nicht richtig hingehoben halten. Aber wir können uns nicht darauf verständigen, dass in einer Weise Lasten verteilt werden, dass zwei Drittel bei Land und Kommunen landen. Das ist keine Basis, um sich zu einigen.
Das wissen der Bundesfinanzminister und die Kanzlerin. Da werden wir nicht rückwärts gehen. Das muss in aller Klarheit gesagt werden; denn das, was wir da an Einnahmen verlieren, wird uns an anderer Stelle auch im Interesse dieser Wirtschaftseffekte nicht zur Verfügung stehen.
Ich will in diesem Zusammenhang zu ein, zwei Punkten noch ein Wort sagen. Das ist das Thema „Steuersenkung“ – natürlich muss man darüber diskutieren –, zu dem von der FDP immer wieder ihr Programm vorgetragen wird und zu dem von der CDU – teilweise – sowie vom Wirtschaftsminister die Programme vorgetragen werden, die jedoch von der Kanzlerin ebenso wie von mir abgelehnt werden. Die Argumentation der Bundesregierung ist die – ich halte sie für richtig –, dass Steuer
senkungen jetzt, wie immer man sonst über eine Verträglichkeit denken mag, in keinem Fall dazu geeignet sind, die konjunkturellen Probleme zu lösen, weil davon ausgegangen wird – O-Ton Bundesregierung –, dass ein Löwenanteil dieser Mittel in der Rücklage, also auf den Sparkonten landen wird. Das ist die Annahme der Bundesregierung.
Herr Kollege Baldauf, insofern müssen Sie sich bei solchen Fragen irgendwann entscheiden. Sie können nicht immer so tun, als wären Sie das Weltkind in der Mitte und hätten mit dem, was Ihre eigene Bundesregierung tut, überhaupt nichts zu tun. Das geht doch nicht. Das ist doch unglaubwürdig.
Ich bin fest davon überzeugt – ohne dabei gewesen zu sein –, dass Sie bei keiner der Bundesvorstandssitzungen, an denen Sie teilnehmen, einen solchen Antrag eingebracht haben. Wenn das anders ist, berichtigen Sie mich. Weshalb erzählen Sie dann dem rheinlandpfälzischen Landtag und der Öffentlichkeit etwas, was Sie sich in den eigenen Reihen nicht einmal trauen auszusprechen?
Was ist das denn für ein Parlamentarismus? Das geht doch nicht. Wir spielen doch nicht miteinander, sondern wir reden über hoch verantwortliche Verhaltensweisen.
Wer hier über Steuersenkungen redet und das in seiner eigenen Partei noch nicht einmal thematisiert – zumindest nicht hörbar –, dem muss man sagen: Da stimmen zwei grundlegend unterschiedliche Wege nicht überein.
Dann müssen Sie sagen, ob Sie hinter Frau Merkel und ihrer Politik stehen oder ob Sie nicht dahinter stehen. Ich stehe dahinter, weil ich im Moment keine andere vernünftige Lösung sehe.
Nach meiner Kenntnis sind bei Aktuellen Stunden keine Zwischenfragen zulässig, aber ich erlaube sie gerne, wenn sie der Präsident erlaubt.