Protocol of the Session on November 12, 2008

Frau Ministerin, das ist absolut unfair und auch unsozial den jungen Menschen gegenüber.

(Beifall der CDU – Frau Schäfer, CDU: Genau! Jawohl!)

Herzlichen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende des zweiten Teils der Aktuellen Stunde.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Bingen-Mitte. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Mitglieder der Jungen Union Wissen. Seien Sie ebenfalls herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Folgen der internationalen Finanzkrise für die Automobilindustrie, die Automobilzuliefer- industrie und die chemische Industrie in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/2789 –

Wir haben eben vereinbart, dass wir in der zweiten Runde statt der üblichen zwei Minuten Redezeit die drei Minuten Redezeit nachholen, die wir beim ersten Thema der Aktuellen Stunde mit der Landesregierung noch abzurechnen hätten. Es spricht nunmehr Herr Abgeordneter Baldauf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Anknüpfend an das, was wir in der ersten Aktuellen Stunde besprochen haben, sollten wir uns auch mit der aktuellen Situation in Rheinland-Pfalz und mit den Betrieben befassen – deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde auch beantragt –, die durch diese Finanzmarktkrise und damit durch die Automobilkrise direkt betroffen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist aufgefallen, dass Sie, Herr Ministerpräsident, bisher zu diesem Komplex noch gar nichts gesagt haben, obwohl es an den verschiedensten Punkten im Land zwischenzeitlich brennt. Ich war schon versucht, die Meinung zu haben, dass Sie da vielleicht keine Lösung hätten. Deshalb haben wir gesagt, wir müssen es heute in der Aktuellen Stunde diskutieren.

Um was geht es eigentlich? Jedem von uns ist bekannt, die Automobilindustrie hat im Moment Absatzschwierigkeiten. Genau diese wirken sich natürlich originär auf die Zuliefererbetriebe aus.

Wir wissen, dass in Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich die Zeitarbeitsverträge nicht verlängert, neue Befristungen nicht eingegangen, Leiharbeitsverhältnisse aufgelöst werden und in manchen Bereichen darüber nachgedacht wird, wie es in den nächsten drei bis vier Monaten weitergehen soll, auch bei denen, die fest und nicht befristet angestellt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da muss einem schon vor Augen geführt werden, dass es nicht einfach nur dahergesagt ist. Wenn Daimler in Wörth

nicht mehr weiterproduziert, wenn auch in Stuttgart nicht ausreichend produziert wird, wenn Opel in Rüsselsheim keine leichte Situation auffindet, wie stellt sich das dann in Rheinland-Pfalz dar? Wir haben einige Beispiele, die sehr stark zu denken geben. Herr Ministerpräsident, ich bin einmal sehr gespannt, wie Sie in diesem Bereich unterstützend tätig werden wollen. Ich darf das Beispiel des Reifenherstellers Michelin in Bad Kreuznach nennen. Sie haben ihre Produktion erheblichst heruntergefahren. Wir haben das Werk Bilstein in Mandern und Dura Automotive Systems aus Daun. Da geht es zwischenzeitlich in 40 Betrieben der Zuliefererindustrie um 6.000 Arbeitsplätze in unserem eigenen Land.

Wenn ich mir dann weiterhin vorstelle, dass von 800 Mitarbeitern in Mandern bereits 170 Mitarbeiter in Kurzarbeit angemeldet sind und beim Baumaschinenhersteller Volvo in Konz von rund 950 Mitarbeitern 500 Mitarbeiter zwischenzeitlich Kurzarbeit machen, so muss ich mich fragen, was auf uns in Rheinland-Pfalz zukommen wird. Wie werden die Betriebe, gerade die Zuliefererbetriebe, unterstützt? Welche Vorstellungen vertritt hierbei die Landesregierung? Welche Perspektiven können aufgemacht werden?

Lassen Sie mich zum Schluss nur noch ein Beispiel nennen. Dies hat jetzt nichts mit Rheinland-Pfalz zu tun. Diese Zahl stammt von einem Maschinenbauunternehmen außerhalb von Rheinland-Pfalz. Es ist natürlich nicht nur originär ein rheinland-pfälzisches Problem. Ein Maschinenbauunternehmen hat berichtet, dass von 33 aktuellen Aufträgen, die es gehabt hat, 30 storniert worden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns Gedanken machen, wie wir deshalb die Binnenkonjunktur in diesem Land auch wieder nach vorne bringen, die Binnenkonjunktur, damit wir alle, die wir hier sitzen, wieder mehr Geld in der Tasche haben.

(Frau Mohr, SPD: Vorschlag!)

Diese Vorschläge kann ich Ihnen sagen: Mehr Netto in die Tasche, endlich auf der Bundesebene eine Steuerreform, die den Menschen mehr Geld in die Tasche gibt, die die Sozialabgaben nicht durch eine Gesundheitsreform, die wir so nicht gebraucht hätten, mit einem Fonds weiterhin belastet.

Wir in Rheinland-Pfalz als CDU stehen dafür, dass wir den Menschen wieder mehr Verantwortung geben, indem wir ihnen mehr Geld in die Tasche geben.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Mohr, SPD)

Deshalb müssen die Spitzensteuersätze angehoben, die Freibeträge erhöht werden und bitte ein einfaches Steuersystem.

Es ist immer wieder gut, dass Sie fragen, denn dann kann ich es auch noch einmal beschreiben.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Wenn es nach uns ginge, hätten alle, Sie auch, mehr Geld in der Tasche, und wir hätten die Problematik, die wir seit Jahren bereits in Deutschland haben, dass die Binnenkonjunktur lahmt, nicht mehr in der Gegenwart zu vertreten.

(Zuruf der Abg. Frau Mohr, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde mich freuen – in Berlin sind wir in der Großen Koalition –, wenn auch die SPD ein Einsehen mit denjenigen hätte, die über Gebühr belastet werden. Nur als Zahl, die kann man sich immer wieder schön abrufen, die ist auch nicht erfunden: Wer 100 Euro Lohnsteigerung heute erhält, hat von diesen 100 Euro genau 48 Euro in der Tasche.

(Ministerpräsident Beck: Das ist doch dummes Zeug!)

Es ist nicht dummes Zeug, Herr Ministerpräsident. Vielleicht sollten Sie ab und zu wieder nach Berlin schauen, damit Sie die aktuellen Zahlen mitbekommen.

Ich will Ihnen einmal sagen, wenn so etwas hineingerufen wird wie „dummes Zeug“, dann muss ich Ihnen leider sagen, dann haben Sie die Realität verloren, dann sehen Sie die Realität nicht mehr. Sie nehmen die Menschen nicht mehr ernst, Herr Ministerpräsident.

(Glocke des Präsidenten)

Das finde ich sehr bedauerlich, so waren Sie nicht immer. Vielleicht sollten Sie darüber einmal nachdenken.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Alexander Schweitzer.

Abg. Schweitzer, Alexander, SPD:

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe tatsächlich gedacht, als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde gelesen und mich darauf vorbereitet habe, dass es der CDU um die Situation der heimischen Industrie geht und nicht darum, die Worthülsen, die wir in den Pressemitteilungen immer wieder, auch immer wieder gelangweilt, lesen, hier noch einmal abzusondern, nur unter diesem Titel der Aktuellen Stunde.

(Beifall der SPD)

Wer tatsächlich ein Interesse an der Situation der heimischen Industrie hat, der sollte zumindest in der Lage sein, sich auch mit den Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Situation ist tatsächlich so, dass sich die Wasserstandsmeldungen häufen und auch brisanter werden. Die Krise an den Finanzmärkten, sie ist in der Realwirtschaft in den USA, in Europa, in Deutschland und im stark exportorientierten Rheinland-Pfalz angekommen.

Es ist auch so, wie Herr Finanzminister Deubel heute schon gesagt hat, es ist nicht angeraten, schönzufärben oder wegzuschauen; denn wenn wir uns das Gutachten des Sachverständigenrats anschauen, müssen wir tatsächlich davon ausgehen, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren unsere Konjunktur in erheblichem Maß beeinträchtigt wird.

Darum ist die Aktuelle Stunde auch der Anlass, das zu betonen: Erfreulich, dass in dieser Situation die soziale Marktwirtschaft und die Sozialpartnerschaft funktionieren. Die Nachrichten, die uns eben gerade erreicht haben, dass es in der Metall- und Elektroindustrie wohl einen Durchbruch bei den Tarifverhandlungen gegeben hat, sind positiv, weil sie zeigen, wir können in dieser Situation handlungsfähig sein, sehr geehrte Damen und Herren.

Noch einmal zur Erinnerung: Das Thema dieser Aktuellen Stunde – Herr Baldauf hat es vergessen, vielleicht ist es ihm auch nicht gesagt worden –: Es geht um die Chemische Industrie sowie die Automobil- und die Automobilzuliefererindustrie.

(Bracht, CDU: Er hat den Vorschlag gemacht, diesen Antrag zu stellen! Deshalb hat er auch darüber gesprochen! Sie haben nicht zugehört!)

Herr Bracht, lassen Sie mich doch ausreden. Offensichtlich habe ich einen Punkt getroffen, der Sie reizt. Das freut mich fast schon wieder.

(Frau Mohr, SPD: Geht einmal vor Ort!)

Der Arbeitgeberverband Chemie hat mitgeteilt, dass sich die Situation, nachdem sie jahrelang hervorragend war, ein wenig eintrübt. Unser Vorzeigeunternehmen, die BASF, spricht im dritten Quartalsbericht von einem rauen Geschäftsumfeld und macht natürlich die Auswirkungen der Finanzmarktkrise dafür verantwortlich.

Für 2009 planen rund 40 % der Mitgliedsunternehmen des Arbeitgeberverbandes Chemie in Rheinland-Pfalz eine Absenkung der Investitionen. Was mich aber freut und uns alle gemeinsam freuen sollte, trotz dieser Entwicklung wollen fast 80 % der Unternehmen ihren Personalbestand konstant halten oder gar steigern. Wir sehen also, wir haben eine stabile Situation und können auch davon ausgehen, dass es nicht allzu dramatisch durchschlägt.