Protocol of the Session on August 28, 2008

Ich habe heute Morgen auch die Erinnerungen von Bernhard Vogel gehört und erinnere mich daran, wie er nach dieser Katastrophe in diesem Hohen Hause und bei den Gedenkveranstaltungen Stellung genommen hat. Ich glaube, wir alle können uns in die Lage versetzen, unmittelbar nach einer solch furchtbaren Katastrophe Worte finden zu müssen.

Ich selbst erinnere mich noch an die Stelle, an der ich mit dem Auto an diesem Sonntagnachmittag, einem wunderbaren Sonntag, von einer Veranstaltung nach Hause unterwegs gewesen bin und um 16:00 Uhr die erste Nachricht über den Südwestfunk gelaufen ist, ohne dass man zu diesem Zeitpunkt schon erkennen oder erahnen konnte, welche Dimensionen dieses Unglück hatte.

Es war an uns, denjenigen, die politisch handeln und die für andere Menschen da sind und da waren, diesen fast hoffnungslosen Versuch zu machen, Trost zu spenden und zu helfen, wo man helfen konnte. Es war aber, wie der Herr Landtagspräsident formuliert hat, auch unsere Pflicht, die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Wir haben dies damals miteinander getan.

Die Organisation der Rettung und des Bergens von Opfern ist grundlegend verändert worden. Die Erfahrungen, die damals gemacht worden sind, hatten auch die Vorsorge für solche nicht auszuschließenden Großunglücksfälle in der gesamten Bundesrepublik verändert. Auch das Zusammenwirken zwischen den amerikanischen Streitkräften, die damals noch viel weiter in Rheinland-Pfalz stationiert waren als heute, den französischen Streitkräften, unserer Bundeswehr, den zivilen Hilfskräften, den entsprechenden Organisationsformen von Krankenhauskapazitäten, die zur Verfügung gestellt werden, und vieles andere mehr ist neu geordnet worden.

Es ist von diesem Zeitpunkt an darauf verzichtet worden, Flugtage abzuhalten. Aus ihnen sind nach der angemessenen Zeit des Erinnerns und Gedenkens Tage der Begegnung geworden, die – ich glaube, das ist eine gute Feststellung – auch sehr gut besucht sind, sodass dieses Miteinander, dieses „Einmal-über-den-Zaunschauen-können“ der Zivilbevölkerung in die militärischen Aufgabenstellungen, erhalten geblieben ist, ohne das Risiko, das für die Soldaten, für das technische Personal und auch für die Zivilbeschäftigten in und auf solchen Einrichtungen immer da ist, ohne dass viel Publikum diesen nicht auszuschließenden Schrecknissen ausgesetzt wird.

Ich glaube, dass wir uns auch daran erinnern dürfen, dass zu jener Zeit vor 20 Jahren auch eine grundlegende Veränderung begonnen hat. Ein gutes Jahr später ist die Mauer gefallen. Es hat eine neue Phase der Abrüstung mit ganz neuen Formen des Zusammenwirkens zwischen Militär und ziviler Gesellschaft, mit neuen Strukturierungen und einer neuen Grundlage, in die Zukunft zu gehen, begonnen, von der wir heute in der aktuellen Situation nur hoffen können, dass diese Lehren nicht vergessen werden.

Ich sage dies deshalb, weil damit deutlich wird – ohne dass man diesem furchtbaren Unglück einen Sinn geben könnte oder wollte –, dass die Anstrengung zur Verteidigungsbereitschaft einen wichtigen Beitrag geleistet hat, dass wir uns heute in einer Weltsituation befinden, die von mehr Frieden und Stabilität geprägt ist, zumindest für uns in Europa.

Insoweit ist und bleibt es richtig, das Miteinander und Formen zwischen amerikanischen Soldaten und der deutschen Zivilbevölkerung zu suchen, insbesondere hier in diesem dichten Zusammenleben in RheinlandPfalz Formen zu finden, die von Anerkennung und Geschichtsbewusstsein geprägt sind, die aber wissen lassen, dass das ungeheuere Risiko, das mit jeder militärischen Technologie und jedem militärischen Handeln verbunden ist und das unsere Soldatinnen und Soldaten auf sich nehmen, nicht in einer unzulässigen Berührung mit zivilen Personen gebracht werden darf.

Aus dieser Erfahrung heraus gilt es, ein Miteinander zu pflegen, das keine falschen Ausdrucksformen, aber dafür viel innere Bindung ausstrahlt.

Es kann sicher für die Opfer, für die Angehörigen kein Trost sein, so zu formulieren, aber es muss eine der Folgerungen sein, die für uns in unserer Zeit aus dieser Erfahrung bleibt. Wir verneigen uns vor den Opfern. Wir versuchen, solidarisch zu helfen, dort, wo Hilfe der Gemeinschaft möglich ist.

Es gibt viele Ehrenamtliche, die sich engagieren, die sich damals engagiert haben, um zu helfen, und selbst traumatisiert worden sind und die heute, 20 Jahre danach und – wie ich hoffe – auch darüber hinaus, in nachbarschaftlicher, gut bürgerschaftlicher Weise durch Zuwendung und Zuneigung diese Schrecknisse, die in den Seelen verankert und vernarbt sind, zu ertragen helfen.

In diesem Sinne wollen wir ein warnendes, was die Formen angeht, ein anerkennendes, was die Hilfsbereitschaft angeht, und ein mitfühlendes Angedenken bewahren.

Danke schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für das Vertrauen, dass ich für die Fraktionen im Landtag dieses Gedenken hier aussprechen durfte.

Wir haben vereinbart, dass wir jetzt zehn Minuten unterbrechen. Ich bitte Sie, um 10:05 Uhr wieder hier zu sein.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 9:55 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 10:05 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf die Sitzung wieder eröffnen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Herrn Dr. Mittrücker herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren. Das ganze Parlament wünscht Ihnen viel Glück!

(Beifall im Hause)

Sie wissen, die Verheißung lautet: Wer am Plenartag Geburtstag hat, bekommt rheinland-pfälzischen Wein. Ich überreiche Ihnen die „sélection président“. – Alles Gute, Herr Mittrücker!

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 15/2561 –

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Heike Raab und Ulla Brede-Hoffmann (SPD), Schrittweise Abschaffung der Elternbeiträge für den Kindergartenbesuch – Nummer 1 der Drucksache 15/2561 – betreffend, auf.

Frau Brede-Hoffmann trägt vor. – Bitte schön.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Was waren die Gründe für die Landesregierung, als bundesweit erstes Land die vollständige Beitragsfreiheit in den Kindertagesstätten zu realisieren?

2. Auf welche Höhe werden sich die Gesamtausgaben des Landes zur Finanzierung der Beitragsfreiheit belaufen?

3. Welche durchschnittliche Entlastung erfahren die einzelnen Familien durch die Beitragsfreiheit heute und wie wird sich diese in den kommenden Jahren entwickeln?

4. Welche pädagogischen Erwartungen verbindet die Landesregierung mit der Beitragsfreiheit?

Das Wort hat Frau Staatsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Heike Raab und Ulla Brede-Hoffmann beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Entscheidung der Landesregierung, die Elternbeiträge im Kindergarten bis zum Jahr 2010 abzuschaffen, ist ein konsequenter Schritt hin zum kinderfreundlichen Rheinland-Pfalz. Wir sehen die Beitragsfreiheit bildungspolitisch wie auch familienpolitisch als eine wichtige Errungenschaft. Wir wollen die bestmöglichen Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern in Rheinland-Pfalz. Dazu gehört, dass alle Kinder die Chancen der frühen Förderung nutzen können. Wir beseitigen finanzielle Hürden für die Inanspruchnahme, weil wir wissen, Kindergärten sind der Ort, an dem durch pädagogisch gute Angebote Neugier und Wissensdrang gefördert werden und auch Defizite insbesondere in der sprachlichen Entwicklung ausgeglichen werden können.

Angesichts der hohen Zahl von Einzelkindern liegt auch die Bedeutung auf der Hand, welche der Kontakt und Umgang mit anderen Kindern in der Kindertagesstätte hat. Weil wir den Kindergarten als eine selbstverständliche Ergänzung zu Bildung und Erziehung in der Familie und auch als erste Stufe des Bildungssystems ansehen, haben wir uns für die Beitragsfreiheit dieser Angebote entschieden.

Familienpolitisch wirkt die Beitragsfreiheit des Kindergartens unmittelbar als finanzielle Entlastung junger Familien. Gerade in der Phase der Familiengründung sind 700 Euro Elternbeitrag für ein Kindergartenjahr in der Haushaltskasse von jungen Paaren kein kleiner Beitrag. Geld ist nicht alles; aber wenn wir durch die Beitragsfreiheit jungen Eltern etwas mehr finanzielle Sicherheit und Entlastung geben können, dann erleichtern wir – so meine Hoffnung – auch die Entscheidung für Kinder.

Zu Frage 2: Das Land Rheinland-Pfalz wendet im Kindergartenjahr 2007/2008 rund 27 Millionen Euro auf, um die Beitragsfreiheit im Jahr vor der Einschulung zu finanzieren. Mit der Beitragsfreiheit des vorletzten Kindergartenjahres zum Kindergartenjahr 2008/2009, das gerade beginnt, werden die Landesausgaben für die Beitragsfreiheit auf 46,9 Millionen Euro steigen.

Mit dem beitragsfreien Kindergartenbesuch für Dreijährige, der im September 2009 beginnt, steigen die Landesausgaben für die Beitragsfreiheit auf voraussichtlich 69,6 Millionen Euro. Mit der Beitragsfreiheit ab dem zweiten Geburtstag, die zusammen mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Zweijährige zum 1. August 2010 in Kraft tritt, steigen die Ausgaben des Landes für die Beitragsfreiheit auf voraussichtlich rund 84 Millionen Euro an. Dieser Betrag ist ab dann voraussichtlich jährlich aufzubringen.

Zu Frage 3: Die Landesregierung rechnet auf der Grundlage einer Erhebung der Ist-Beiträge damit, dass je Kind und Kindergartenjahr durch die Beitragsfreiheit eine durchschnittliche Entlastung von rund 740 Euro entsteht. Die Entlastung im Einzelfall wird über oder unter diesem Betrag liegen, je nach Höhe der Beiträge im Jugendamtsbezirk, nach Zahl der Geschwister und auch in Abhängigkeit davon, ob die Kinder einen beitragsfreien Teilzeitplatz oder einen ebenso beitragsfreien Ganztagsplatz nutzen.

Um den Einfluss der noch örtlich festgelegten Beitragsfestsetzung zu verdeutlichen: Die Höhe der Beiträge für einen Ganztagsplatz liegt bei Kindern aus einer EinKind-Familie in der Spanne zwischen 93 Euro und 145 Euro monatlich, bei einem Teilzeitplatz in der Spanne zwischen 67 Euro und 102 Euro.

Die Landesregierung rechnet damit, dass der Anteil der Ganztagsplätze in den kommenden Jahren steigen wird. Deshalb hat sie im Gesetz für den Stufenplan zur Beitragsfreiheit mit einem Anstieg der landesdurchschnittlichen Entlastung von rund 740 Euro auf 810 Euro kalkuliert.

Zu Frage 4: Es ist bekannt, dass Kinder von Eltern ohne Schulabschluss seltener den Kindergarten besuchen als Kinder von Eltern mit Hochschulreife. Auch die Quote der Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die den Kindergarten nicht besuchen, ist wesentlich höher als die der Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit. Bildungsstand und Herkunft der Eltern entscheiden aber nicht nur über den Kindergartenbesuch vor der Einschulung, sie entscheiden auch über schulische Leistungen und den Einstieg in das Berufsleben.

Wer allen Kindern die Möglichkeit geben will, schon früh gezielte und über die Familie hinausgehende Erziehungs- und Bildungsangebote zu bekommen, muss auch den Eltern die Chance verschaffen, solche Angebote nutzen zu können. Rheinland-Pfalz hat Anfang 2006 mit der Übernahme der Elternbeiträge für das letzte Kindergartenjahr durch das Land mit Erfolg einen ersten Schritt dazu getan. Die Besuchsquote im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung stieg gewaltig. Mittlerweile besuchen 98,9 % der Fünf- bis Sechsjährigen das letzte Kindergartenjahr. Die letzte Vergleichszahl liegt bei rund 93 %.

Die Erhöhung der Besuchsquoten bei den Vier- bis Fünfjährigen von 88,5 % und bei den Drei- bis Vierjährigen von 76,3 % ist auch ein Zeichen der Verbesserung der Chancengerechtigkeit. Die Beitragsfreiheit für den Kindergarten nutzt Kindern und Eltern. Mehr Kinder können zu einem früheren Zeitpunkt besser zusätzlich gefördert werden.

Mit der erheblichen finanziellen Entlastung der Eltern werden soziale Hürden für die Inanspruchnahme des Kindergartens beseitigt, und es wird ein Beitrag zur Chancengleichheit geleistet.

Die Beitragsfreiheit für den Kindergarten ist dabei eingebunden in ein Gesamtkonzept zur frühen Förderung. Mit dem Landesprogramm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ sorgt das Land auch für eine flächendeckende Sprachförderung, wird das Bildungsangebot durch Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher qualitativ verbessert und der Ausbau des Betreuungsangebotes im Elementarbereich quantitativ gefördert.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Gibt es Zusatzfragen? – Bitte schön, Frau Dickes.

Wie begründet die Landesregierung, dass sie den CDUAntrag auf völlige Beitragsfreiheit als unverantwortlich bezeichnet und diese dann kurze Zeit später selbst eingeführt hat?

Die Landesregierung hat sich der schwierigen Aufgabe unterzogen, nicht nur die Beitragsfreiheit zu realisieren, sondern auch ein entsprechendes Finanzierungskonzept vorzulegen. Das Zweite ist die Voraussetzung dafür, dass man verantwortungsvoll eine solche Entscheidung treffen kann. Nachdem diese Bedingungen gegeben waren, hat die Landesregierung zum frühestmöglichen Zeitpunkt den entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Raab.

Frau Ministerin, es gibt Studien beispielsweise von der Bertelsmann-Stiftung, die den volkswirtschaftlichen Nutzen von insbesondere frühkindlicher Bildung in den Vordergrund stellen, auch unter dem Thema der Bildungsteilhabe. Hat das bei Ihren Überlegungen eine Rolle gespielt? Gibt es Erkenntnisse darüber, ob eine frühe frühkindliche Bildung in der Kindertagesstätte auch möglicherweise das Eintrittsalter in die Grundschule günstig beeinflusst?