Protocol of the Session on June 4, 2008

besonders für Kinder mit Migrationshintergrund, dürfte sich herumgesprochen haben.

(Beifall der CDU)

Ein weiterer Punkt, den wir bei allen schulpolitischen Diskussionen immer wieder fordern und den es bisher in Rheinland-Pfalz nicht gegeben hat, hat im Bereich Qualitätssicherung zur schlechtesten Note insgesamt, nämlich einer 3 – geführt. Rheinland-Pfalz ist nach wie vor das einzige Bundesland – auch Frau Kollegin Morsblech hat es eben gesagt –, das derzeit auf zentrale Prüfungen verzichtet. In allen anderen Bundesländern ist Qualitätssicherung nicht nur über Vergleichsarbeiten sichergestellt, sondern auch über zentrale Prüfungen. Das ist dort seit Langem Standard. Hier fragen wir uns selbstverständlich, was der Grund dafür ist, dass man sich in Rheinland-Pfalz dagegen sträubt.

(Beifall der CDU)

Handlungsbedarf zeigt die Studie auch im System- und im Personalmanagement auf, wobei Rheinland-Pfalz da nicht alleine ist, was aber nicht davon entbindet, in diesem Bereich tätig zu werden. Schulen haben zwar die Personalhoheit, insbesondere bei den schulscharfen Ausschreibungen, was auch etwa ein Drittel der Stellen ausmacht, aber Schulleiter können nach wie vor nur dienstliche Beurteilungen abgeben, haben aber absolut keine Führungsverantwortung im Disziplinarrecht. Diese brauchen sie aber, um verantwortlich für das Gelingen der pädagogischen und auch der erzieherischen Arbeit an ihren Schulen sorgen zu können.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, hier ist MecklenburgVorpommern wirklich vorbildlich. In keinem anderen Land wurden die Befugnisse für Schulleiter so weit gefasst wie in Mecklenburg-Vorpommern. Hier haben die Schulleiter die volle personelle Verantwortung nicht nur für die Einstellung, sondern auch für die Entlassung der Lehrer. Hier sind Lehrer Angestellte. Warum schenkt man nicht auch in Rheinland-Pfalz den Schulen mehr Vertrauen, sondern versucht, alles von oben zu dirigieren und zu reglementieren? Hier wünschen wir uns einfach, dass mehr Eigenverantwortung an den rheinland-pfälzischen Schulen möglich wird.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Studie heißt es, Rheinland-Pfalz sei formal gut aufgestellt;

(Glocke des Präsidenten)

doch dem politischen Anspruch muss jetzt die Wirklichkeit folgen. Ich bitte die Landesregierung, dass sie sich dazu aufrafft.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Bernd Lang.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Name der Studie ist genannt, Auftraggeber und Auftragnehmer sind auch genannt. Ich möchte nicht über die Studie sprechen, sondern ich möchte sie selbst zu Wort kommen lassen. Es gibt fünf Felder, die näher betrachtet worden sind.

Feld Nummer 1 (Bildungspolitische Ziele): In der Schlussbewertung heißt es wörtlich: „Das Land Rheinland-Pfalz ist in diesem Qualitätsbereich vergleichsweise gut aufgestellt und erbringt damit den Nachweis, eine stattliche“ – es heißt hier wörtlich „eine stattliche“ – „Reformagenda bearbeitet zu haben.“

(Beifall der SPD)

„Beim Umgang mit Zeitressourcen (Vermeidung von Sitzenbleiben, frühe und flexible Einschulung, Verkür- zung der gymnasialen Schulzeit) stimmt die Richtung.“

Feld Nummer 2 (Qualitätssicherung): Es gibt – so heißt es in der Studie – „eine verbindliche Grundlage für die Qualitätsentwicklung.“ Die Evaluierung ist angelaufen. Durch Vergleichsarbeiten und Lernstandserhebungen wird die Qualität konsequent gesichert. Es wird allerdings als Mangel angesehen, dass zentrale Prüfungen fehlen. Ich denke aber, dass man mit diesem Mangel gut leben kann.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Eine zentrale Prüfung steht am Ende. Dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, wenn die Leistungen nicht stimmen. Vergleichsarbeiten etwa in Klasse 8 machen Sinn; denn dann kann man noch nachsteuern und ein neues Ziel ins Auge fassen.

(Beifall bei der SPD)

Feld Nummer 3 (Systemmanagement): Schulen erhalten zunehmend die Möglichkeit – so heißt es in der Studie – Personal selbst auszuwählen, und zwar über die schulscharfen Ausschreibungen. Dadurch erhalten die Schulen Personalhoheit über etwa ein Drittel der zu besetzenden Stellen. Nun wird in der Studie als Mangel dargestellt, dass die Schulleitungen – so heißt es wörtlich – „kein Disziplinarrecht“ hätten. Was man auch immer sich drunter vorstellen kann, ich glaube, das ist ein breites Feld. Da muss man sehr wohl bedenken, ob man so etwas möchte oder nicht.

Feld Nummer 4 (Schulkultur): Schulen in RheinlandPfalz sind verpflichtet – so heißt es in der Studie – die „Praxis an einem Qualitätsprogramm zu orientieren und zu überprüfen.“

Feld Nummer 5 (Lehren und Lernen): Rheinland-Pfalz ist – so heißt es in der Studie – „bei der Umsetzung von Bildungsstandards in Lehrpläne ein gutes Stück vorangekommen, …“

Als Gesamtfazit wird gezogen: „Rheinland-Pfalz ist … vor allem bildungsprogrammatisch sehr gut aufgestellt.“

(Beifall der SPD)

Ich denke, mit einer solchen Bewertung kann man sehr gut leben, ohne in den Fehler zu verfallen zu glauben, alle Ziele seien in vollem Umfang erreicht.

Womit kann man allerdings nicht leben? – Die Studie ist so konstruiert, dass es in jedem der fünf Felder ein sogenanntes K.-o.-Kriterium gibt. Zum Beispiel gibt es in dem Feld „Systemmanagement“ als K.-o.-Kriterium Disziplinarrecht der Schulleitungen. Ich denke, das ist zumindest erklärungsbedürftig, wenn nicht sogar willkürlich.

Was man noch wissen muss, die Studie will etwas über Reformtätigkeit eines Landes aussagen. Sie sagt nach eigenem Bekunden – das ist ehrlich – nichts über Leistungsfähigkeit und Qualität vor Ort aus. Überspitzt gesagt, der Blick wird auf die Papierform geworfen und nicht auf das, was Schule vor Ort leistet bzw. nicht leistet. Zum Vergleich: Die Truppe von Jürgen Löw wird nicht Europameister werden oder etwas anderes wegen ihrer Papierform, sondern wegen dem, was sie auf dem Platz leistet. –

(Starker Beifall der SPD)

Wir wissen, von den Akteuren in den Schulen hängt es ab, ob und wie Reformen umgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau an dieser Stelle kommt die Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbstständigkeit ins Spiel. Die Qualitätsentwicklung an Schulen ist seit Ende der 90er-Jahre ein besonderes Anliegen unserer Bildungspolitik. 1999 wurde dazu ein Rahmenkonzept erstellt. 2002 – also vor sechs Jahren – folgte das Programm „Qualitätsentwicklung an Schulen in Rheinland-Pfalz“. Die Mittel sind schuleigene Programme, Leistungsstudien und Vergleichsarbeiten sowie die Bewertung von außen. Diese Bewertung von außen findet unabhängig von der herkömmlichen Schulaufsicht statt.

(Glocke des Präsidenten)

Sie gibt Impulse für die Weiterentwicklung der einzelnen Schule.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau vor diesem Hintergrund sollten wir die Arbeit der Agentur für Qualitätssicherung nach besten Kräften unterstützen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Bildungsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben wieder einmal eine Studie zur Bildung. Die Bildungsministerin ist damit so umgegangen, wie sie mit diesen Studien umgeht. Sie hat sie sich angeschaut, sie hat sich kundig gemacht, und sie hat sich erlaubt, dazu Stellung zu nehmen, übrigens, Frau Abgeordnete Morsblech, alles andere als reflexartig.

(Baldauf, CDU: Also, sie hat sich bemüht! – Frau Spurzem, SPD: Jetzt haben wir alle gelacht!)

Ich fand meine Stellungnahme sehr differenziert. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich gesagt, die Note 3 + ist normalerweise bei Schülerinnen und Schülern auch noch kein Grund zum Traurigsein.

(Pörksen, SPD: Hätte ich früher gern gehabt!)

Das Problem der Studie ist nur, nach ihren eigenen Kriterien könnte es genauso gut eine 2 + sein. Darüber hätte ich mich dann fast gefreut.

Das war meine differenzierte Stellungnahme. Zu der stehe ich. Damit habe ich nicht den Eindruck erweckt, wir seien auf der Insel der Glückseligen. Wenn allerdings Nordrhein-Westfalen zur Insel der Glückseligen ausgerufen werden soll, dann empfehle ich doch die aufmerksame Zeitungslektüre. Mein Eindruck ist das nun wahrlich nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will auf zwei Punkte eingehen. Der eine Punkt ist, ich will mich gar nicht so sehr mit der Methodik der Studie aufhalten. Aber es ist schon bemerkenswert, wenn die Autoren der Studie jetzt zu demselben Ergebnis kommen, zu dem wir in früheren Debatten gekommen sind, nämlich dass ihre bisherigen Studien – jetzt muss ich zitieren – „kein zeitnahes Barometer für Erfolg oder Misserfolg der derzeitigen Bildungspolitik in einem Land sind“. Das sagen die Autoren selbst. Darüber haben wir zwei Jahre diskutiert. Genau das haben wir gesagt. Sie haben es bestritten. Jetzt sehen Sie einmal, die Autoren der Studie sind klüger geworden und räumen das jetzt selbst ein.

(Beifall bei der SPD)

Dann sagen sie, deswegen braucht man jetzt etwas Neues. Man braucht den „Politik-Check Schule“. Sie kommen zu dem Ergebnis, eigentlich wäre die Reformbereitschaft in den Ländern insgesamt groß, das würde auch im Großen und Ganzen in die richtige Richtung gehen, und führen neue Kriterien der Bewertung ein.

Das ist mein zweiter Punkt. Ich freue mich immer, wenn sich Institutionen – in diesem Fall das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft – in den Zukunftsdiskurs über Bildung einmischen. Aber eines sei mir doch erlaubt, ich muss nicht gleich alle Kriterien akzeptieren, die dort für gut befunden werden.

(Beifall bei der SPD)

Denn die Basis der Studie – man höre zu – sind die Homepage der AQS und des Ministeriums, das Schulgesetz, KMK-Publikationen von 1995 bis 2007 und die Ganztagsschulstatistik der KMK von 2002 bis 2005. Das ist die breite Basis des Urteils, über das wir heute diskutieren. Ich sage, es gibt in der schulischen Realität in Rheinland-Pfalz noch ein paar mehr Fakten und Zahlen, die es sich zu beleuchten lohnen würde.

(Beifall bei der SPD)