Protocol of the Session on June 4, 2008

(Beifall der SPD)

Wir werden als Land dieses Thema weiterverfolgen. Ich habe Hoffnung, dass man irgendwann zu einem gemeinsamen konstruktiven Ergebnis kommt. Es ist aber kein gutes Signal, wenn bundesweit immer wieder über die Problematik diskutiert wird, sich aber leider nur in kleinen Schritten etwas bewegt.

Anders im Land Rheinland-Pfalz: Die rheinlandpfälzische Landesregierung ist ganz konkret im Bundesrat, aber auch ganz konkret im Land aktiv. Wir empfanden es immer schon als eine gemeinsame Aufgabe, Strategien zur Bekämpfung von Armut in RheinlandPfalz umzusetzen.

Besonders deutlich zeigen das die Bereiche, die heute angesprochen werden, die Bildungs- und Jugendpolitik, die Arbeits- und die Sozialpolitik.

Wir haben seit den jüngsten Armuts- und Reichtumsberichten bei uns im Land vor allem zwei Handlungsebenen, auf denen wir ansetzen: Das ist einmal die Ebene der Eltern, da es nur arme Kinder von armen Eltern gibt, das ist eben so, und selbstredend die Ebene der Kinder selbst.

Ich bleibe auf der ersten Handlungsebene und möchte dazu zwei, drei Beispiele nennen: Die Priorität hat dort natürlich immer das Thema „Einkommenssituation von Familien verbessern“. Das heißt zum Ersten, dass wir sehr viel für die Integration von Erwerbsfähigen in den Arbeitsmarkt, besonders für die Erwachsenen mit Migrationshintergrund unternehmen, die Kinder haben und dadurch gefährdet sind, dass sie arbeitslos sind. Wir tun sehr viel für die Förderung der Berufstätigkeit von Eltern und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

All das sind Schwerpunkte in der Arbeitsmarktpolitik. Ein besonderes Augenmerk gilt selbstverständlich den Alleinerziehenden. Dass wir heute in Rheinland-Pfalz bei 5,5 % Arbeitslosenquote stehen, ist sicherlich auch ein Erfolg dafür, dass wir uns ganz gezielt für diese Gruppen in der Arbeitsmarktpolitik einsetzen.

(Beifall der SPD)

Eines der besten Mittel gegen Armutsbekämpfung ist, dass man Arbeit für die Menschen schafft. Lassen Sie mich einen kleinen Schlenker am Rande machen: Wir sind inzwischen auch das Land mit den meisten zertifizierten, familienfreundlichen Betrieben. Das freut mich persönlich ganz besonders, denn auch dort besteht Handlungsbedarf.

(Beifall der SPD)

Natürlich reicht aber Arbeit allein nicht aus, sondern sie muss auch existenzsichernd sein. Deshalb kämpfen wir darum – dies werden wir auch in Zukunft tun –, dass aus den Arbeitsplätzen eine existenzsichernde Entlohnung, also ein Mindestlohn, gezahlt wird. Wir haben eine Initiative gestartet, und wir bleiben dabei: Wir werden uns auch weiterhin auf Bundesebene dafür einsetzen, dass noch mehr Branchen in das Entsendegesetz aufgenommen werden; denn was nützt es, wenn der Vater oder die Mutter den ganzen Tag arbeiten geht, aber nur 3,80 Euro pro Stunde verdient? – Damit kann man eine Familie nicht ernähren.

(Beifall der SPD)

Ich möchte noch einen Satz zu dem Argument sagen, Steuersenkungen würden den Familien viel mehr helfen. Dies ist natürlich eine glatte Fehlargumentation. Die Forderung übersieht nämlich gänzlich, dass den wirklich armen Menschen damit überhaupt nicht geholfen wird; denn sie zahlen ohnehin so gut wie überhaupt keine Steuern.

Meine sehr geehrten Herren und Damen, die Zeit läuft. Meine Kollegin Ahnen hat noch viel zu sagen. Sie kann

insbesondere mit Blick auf den Aspekt Kinder über die großen Initiativen im Land berichten. Ich möchte zum Schluss noch darauf hinweisen, dass wir im Rahmen von Viva Familia schon sehr früh ansetzen, Kinder und Eltern sozusagen schon vor der Geburt, während der Geburt und auch nach der Geburt des Kindes mit frühen Hilfen zu unterstützen, damit sie möglichst nicht mehr in die Armutsfalle tappen müssen und am gesellschaftlichen Leben beteiligt sind. Meine Kollegin Ahnen kann mit ihren Programmen in ihrem Haus wunderschön aufzeigen, wie eine Präventionskette in einem Land aussehen kann, um tatsächlich alle Kinder zu erreichen.

Zu diesem Thema zählt auch das Thema „Gesundheit“. Mit dem neuen Kinderschutzgesetz haben wir dieses Thema ganz besonders im Blick, da die große KiGGStudie auf Bundesebene gezeigt hat, dass arme Kinder auch häufig weniger gesund sind und einer besonderen Förderung in diesem Bereich bedürfen. Die Landesregierung nimmt dieses Thema sehr ernst. Wir werden uns auch in Zukunft auf Landes-, auf Bundes- und auf kommunaler Ebene dafür einsetzen, um dieses Thema positiv zu begleiten und hoffentlich irgendwann einmal zahlenmäßig entsprechend gut dazustehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Grosse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben schon gehört, das Thema „Armut“ ist außerordentlich vielschichtig und muss daher ressortübergreifend behandelt werden. Frau Thelen und Herr Dr. Schmitz, ich hätte mich ein wenig gefreut, wenn Sie in Ihren Reden den Fokus mehr auf Rheinland-Pfalz gerichtet hätten. Vielleicht sagen Sie in der zweiten Runde noch etwas dazu, aber bisher habe ich dies jedenfalls sehr vermisst. Wir befinden uns im Landtag Rheinland-Pfalz und diskutieren auch aus dem Blickpunkt unseres Bundeslandes.

Dies ist auch zugleich der Kern der Sache: Es gibt kein weiteres Bundesland, das so ressortübergreifend mit so vielen unterschiedlichen Initiativen, Gesetzen und Projekten Armut zu vermeiden sucht. Darin sind wir bundesweit erstklassig.

(Beifall der SPD)

Damit meine ich beim besten Willen nicht – ansonsten hätten wir diese Aktuelle Stunde auch gar nicht beantragt –, dass wir es dabei bewenden lassen wollten. – Weit gefehlt! – Herr Dr. Schmitz, es geht uns auch überhaupt nicht um Pathos, sondern es geht um eine möglichst nüchterne Betrachtung der sehr vielschichtigen Berichte und Analysen, die zu diesem Thema vorliegen. Diese Informationen müssen wir ernst nehmen und müssen sie auch genauso interpretieren.

Entscheidend ist – dies ist zwar schon mehrfach gesagt worden; aber Sie erlauben mir als sozialpolitischer Sprecherin gleichwohl eine Wiederholung –, dass wir versuchen müssen, Eltern in Arbeit zu bringen. RheinlandPfalz nimmt, was die Arbeitslosenquote angeht, bundesweit seit vielen Jahren den drittbesten Platz ein, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Wir liegen bei einer Arbeitslosenquote von 5,5 %, und darauf weise ich mit Nachdruck hin. Dies liegt natürlich auch daran, dass wir in Rheinland-Pfalz seit vielen Jahren eine höchst erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik betreiben.

(Glocke des Präsidenten)

Wir wollen nicht, dass Armut vererbbar wird oder ist, sondern wir wollen Eltern in Arbeit bringen.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da mir nur zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, muss ich das Thema holzschnittartig behandeln.

Frau Grosse, natürlich bin ich in meiner Rede auf Rheinland-Pfalz eingegangen, nur hören Sie die Zahlen nicht gern.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn wir auf dem dritten Platz der Arbeitsmarktstatistik liegen, befinden wir uns doch auf dem zweitletzten Platz, was die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Rheinland-Pfalz angeht.

(Beifall der CDU)

Wir liegen auf dem drittletzten Platz, was das Pro-KopfEinkommen im Vergleich zu den anderen westdeutschen Bundesländern angeht. Unser Arbeitsmarkt ist nicht so rosig, dass Sie sich auf Lorbeeren ausruhen könnten.

Frau Dreyer, ich bin schon ein wenig erstaunt, wenn Sie so sehr Ihre Initiative für die Lernmittel ansprechen. Wer hindert Sie eigentlich in Rheinland-Pfalz daran, die Lernmittelfreiheit einzuführen? – Ich sehe das nicht. Dann tun Sie es doch einfach!

(Beifall der CDU)

Sie machen doch sonst so vieles einfach. Dies ist ein wichtiges Anliegen, das wir auch teilen. Es würde vor allen Dingen nicht nur Hartz IV-Empfänger-Haushalten

helfen, sondern es würde auch vielen Familien helfen, die ein geringes Einkommen haben, aber über Hartz IV liegen.

(Beifall der CDU)

Auch sie haben große Lasten mit den teuren Schulbüchern jeweils zum Beginn eines jeden Schuljahres zu tragen.

Ich komme zum Thema „Bildungspolitik“. Wir haben heute Morgen schon darüber diskutiert, und ich möchte auch nicht mehr viel dazu sagen. Ich möchte aber noch einmal auf die Inhalte eingehen. Wir wissen, alle jungen Menschen haben große Probleme, sich richtig zu ernähren und überhaupt mit Obst umzugehen. Dies wissen wir aus der Ganztagsbetreuung, die wir vor Ort erleben. Wir brauchen daher dringend wieder Hauswirtschaftslehre verpflichtend in allen Klassen, damit die Schüler wissen, wie man mit Handy-Verträgen umzugehen hat, und damit sie wissen, wie man sich zu Hause vernünftig ernährt, ohne nachher gesundheitliche Probleme zu bekommen.

(Beifall der CDU)

Frau Ahnen, wir beklagen, dass am Anfang und am Ende Ihres Zuständigkeitsbereichs für die Kinder – in den Kindertagesstätten und in den Schulen – zu sehr über Quantität und zu wenig über Qualität gesprochen wird, auch wenn Sie dies in der letzten Aktuellen Stunde bei der Bildungspolitik bestritten haben.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sind der Auffassung, wir brauchen weniger Unterrichtsausfall, wir brauchen kleinere Klassen, vor allen Dingen in den Hauptschulzügen, und wir brauchen noch mehr Erzieherinnen in den Kindertagesstätten. Sonst werden wir wieder zu Verwahranstalten kommen, und dies kann nicht in unser aller Interesse sein.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat nun Herr Kollege Dr. Schmitz.