Protocol of the Session on May 14, 2008

Wenn man die Steuerquote Deutschlands in das Verhältnis mit der Slowakei oder der Türkei setzt, kann man erleben, dass das nicht mehr stimmt. Sie setzen die Steuerquote zum Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis. Beim Steigen des Bruttoinlandsprodukts sinkt die Steuerquote, wenn die Steuerbelastung die Gleiche ist. Das ist doch nicht die entscheidende Größe. Die entscheidende Größe ist doch die Steuerbelastung des Steuerbürgers. Diese ist in Deutschland zu hoch.

(Beifall bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, ich gebe Ihnen recht, es gibt immer Konjunkturzyklen. Alle fünf bis sechs Jahre gibt es einen Konjunkturzyklus. Wir müssen wissen, dass wir gebrannte Kinder sind, weil der Staat nicht in der Lage war, Geld zurückzulegen, um dann, wenn investiert werden muss, entsprechend zu investieren. Der Staat verhält sich immer prozyklisch. Deshalb muss man aufpassen, dass man dann, wenn die Möglichkeiten bestehen, dem Steuerbürger eine Entlastung zukommen lässt.

Wenn ich sage Verbrauchssteuer, so sehen wir das einmal deutlich bei der Mehrwertsteuer, aber auch der Mineralölsteuer. Ich habe vorhin bewusst nicht dazwischengerufen. Auch der Staat partizipiert und profitiert von den hohen Energie- und Ölpreisen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich meine schon, es wäre an der Zeit zu überlegen, wie man das wieder entsprechend absenken kann. Das ist eine Frage der Transparenz und der Infrastruktur. Natürlich bin ich mit Ihnen der Meinung, dass der Staat Beweglichkeit und Flexibilität für die Infrastruktur, nämlich Bildung, Verkehr, Technologie und Forschung braucht. Man muss auch wissen, dass wir rund 50 Milliarden Euro Kfz-gebundene Steuern einnehmen und rund 13 Milliarden Euro ausgeben. Das ist der richtige Tatbestand.

(Beifall der FDP – Glocke des Präsidenten)

Von daher gesehen müssen wir auch darüber diskutieren. Die Diskussion lohnt nur, wenn wir auch über die Quersubventionierung sprechen. Wir müssen Klarheit

schaffen und den Steuerbürger entlasten. Das ist die entscheidende Frage. Gerade die Mittelschicht ist diejenige, die die Last trägt.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Licht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Ministerpräsident, wer 27 Milliarden Euro Schulden im Rücken hat und offensichtlich im Bund ein Steuerkonzept vorlegen will, das ihm seine Parteikollegen wieder aus der Hand schlagen, hat wohl Probleme, selbst dafür Sorge zu tragen, ein transparentes Konzept vorzulegen, wie man Schulden abbaut.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Präsident, lassen Sie mich einen ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokraten zitieren, der darauf stolz war, immer wieder zu sagen, was die Politik der SPD ist. Dieser hat wörtlich gesagt: Sparen bedeutet für die Sozialdemokraten, das Geld nur mit einer Hand aus dem Fenster zu werfen. –

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Ministerpräsident, wenn Ihnen offensichtlich die Bundes-SPD aus dieser Erfahrung heraus nicht zutraut, ein Steuerkonzept vorzulegen, müssen Sie nicht die Vorwürfe an die Christdemokraten in Rheinland-Pfalz richten, sondern fragen, wo Sie selber in dieser Aufgabe seriös unterwegs sind.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, keiner will das Konsolidieren aufgeben. Das will die FDP nicht. Das wollen auch die Christdemokraten nicht. Hören Sie einmal genau hin, was beispielsweise seriöse Institute zu dieser Frage sagen. Diese sagen, für diese Argumentation gibt es eigentlich keinen Raum. Irreführend ist die Diskussion, weil es lediglich darum geht, eine Zunahme der Steuerbelastung zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, es wird darüber diskutiert – das ist keine Zahl, die irgendwo geboren wurde –, dass in den nächsten Jahren 100 Milliarden Euro zusätzlich an Steuereinnahmen fließen. Die Haupteinnahmequellen sind die Lohnsteuer, die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer (31 Milliarden Euro).

Meine Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Zahlen, die deutlich machen, dass beispielsweise die Mittelschicht von 62,3 % im Jahr 2000 auf 54,1 % im Jahr 2006 abgesunken ist.

(Pörksen, SPD: In der Steuer?)

Wenn man also denjenigen, die die Hauptlast in der Steuerschuld tragen, also dieser Mitte wiederum etwas zurückgeben muss, nicht alles – das verlangt keiner, weder die FDP noch die Christdemokraten und das CSU-Steuerkonzept auch nicht, in keiner Weise –, sondern teilweise etwas zurückgeben muss, dann hat das etwas mit Gerechtigkeit zu tun.

Meine Damen und Herren, wenn nur noch 15 % der Meinung sind, in Deutschland geht es gerecht zu, also 85 % anderer Meinung sind, dann ist das von uns als Volksvertreter aufzunehmen: Woher kommt denn das,

(Pörksen, SPD: Keinen Quatsch erzählen!)

dass gerade dieser Mittelblock, der die Steuern zahlt, dafür geradestehen muss, dass mehr Steuern einfließen? – Die kalte Progression ist von allen angesprochen worden. Herr Hartloff, auch Sie haben sie angesprochen.

Wir sind uns alle einig, dass wir etwas tun müssen, dass die Lohnerhöhungen nicht im gleichen Maße steigen wie beispielsweise die Steuerlast im gleichen Satz und sie am Ende weniger haben, weil sie sich in andere Steuerstufen hineinsteigern und dadurch höheren Steuern unterworfen werden.

(Keller, CDU: So ist es!)

Meine Damen und Herren, es geht um Gerechtigkeit.

Ich will den Satz eines Ihnen sicher sehr bekannten Menschen zitieren. Schon Aristoteles sagte einmal: Ein Volk, ein Staat muss dafür sorgen, „dass die Menge nicht gar zu unbemittelt sei; denn das hat zur Folge, dass die Demokratie herunterkommt.“ Das wollen wir nicht. Es ist unser Ziel, dass die Demokratie nicht herunterkommt, sondern dass es gerecht in diesem Staat zugeht.

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, das ist das Ziel der Union. Dieses Ziel werden wir nicht aus den Augen verlieren, dieses Ziel werden wir im Auge behalten, wieder der Mitte einen Teil zurückzugeben, weil die Mitte dafür Verantwortung trägt, dass sich dieser Staat überhaupt in dieser Weise gestaltet.

Meine Damen und Herren, an den Belastungen festzuhalten, ist dabei der falsche Weg.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, lassen Sie mich zum Schluss noch einmal deutlich machen – das hat Ihre Rede noch einmal gezeigt –, die SPD ist für die Senkung der Sozialabgaben, wir, die CDU, sind eher für die Senkung von Steuern. Hier wird noch einmal im Grundsatz deutlich, dass Sie immer dafür sind, über den Staat zu verteilen, und wir im Grundsatz dafür sind, dem Bürger mehr zu geben, weil sich dort ein Mehrwert entwickelt.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hartloff.

Herr Licht. Viel Schatten, auch wenn ich philosophisch gesehen Aristoteles sehr schätze, Sie sollten bedenken, bei dieser Demokratie gab es Sklaven und andere, die viel Arbeit übernommen haben und in dem Denkmodell nicht auftauchen. Das ist nicht die Demokratie, die wir heute haben. Das nur am Rande.

(Licht, CDU: Deswegen hat er nicht unrecht!)

Lieber Hans-Artur Bauckhage – er ist im Moment nicht anwesend –, ich weiß, dass in seiner Verantwortung das Wirtschaftsministerium ein Hort des Subventionsabbaus bei Haushaltsdebatten und bei Haushaltsvorberatungen, ein Hort der Vorschläge, wie man einspart, und immer zugänglich für solche Vorschläge war.

(Pörksen, SPD: Ein Vorreiter!)

Ein Vorreiter in dieser Beziehung.

Insofern meine ich, bleiben wir bei unseren Leisten. Die Leisten heißen, dass wir als Staat viel stemmen und Prioritäten setzen müssen. Das geschieht mithilfe des Geldes.

Lassen Sie sich bei einer solchen Diskussion nicht von solch vollmundigen Aussagen anstecken, wie man sie beispielsweise in der „WirtschaftsWoche“ letzte Woche vom Chefredakteur lesen konnte.

(Pörksen, SPD: Tolle Zeitschrift!)

Er sagte: „Nun also lehnt dieser finanzpolitische … Steuersenkungen ab. … Die Wahrheit ist: Sie haben es längst ausgegeben. Schlimmer noch: Sie haben, siehe Rentenerhöhung, auch das schon ausgegeben, das sie noch gar nicht haben. Was ist zu tun? Die Antwort klingt paradox. Gerade deswegen brauchen wir schnellstmögliche Steuersenkungen. Damit diese Regierung gar nicht erst in den Genuss von Steuermitteln kommt, die sie ohnehin nur verschludert und verschleudert.“ Wenn man diesen Auguren folgt, die einen solchen vollmundigen Unsinn quatschen, dann lässt sich seriöse Politik nicht mehr gestalten.

(Beifall der SPD)

Ja, ich bin nahe bei denen, die sagen, lassen Sie uns diskutieren, wie wir am Steuersystem Verbesserungen finden. Das ist eine Diskussion, die so alt wie die Steuersysteme selbst ist.

Herr Licht, aber wenn uns, wie Sie dies tun, weisgemacht werden soll, jeder wolle Konsolidierung, aber gleichzeitig dann vorgeschlagen wird, wie man Steuern ohne Gegenfinanzierung senkt, und sich noch – wie auch der Ministerpräsident noch einmal deutlich dargelegt hat – beim Gesundheitsfonds auf dem vollkommenen Holzweg befindet, wenn es um Finanzen geht, dann

wollen Sie doch wohl nicht den Mehrheiten in den Parlamenten zumuten, dass man solche Holzwege beschreitet und die Bevölkerung verdummt?

(Licht, CDU: Das machen Sie doch!)

Das kann kein erfolgreicher Weg sein.

(Beifall der SPD)