Protocol of the Session on May 14, 2008

Hin und wieder kommen Häftlinge mit Handys zum Haftantritt, oder Besucher haben Handys bei sich. Die Geräte werden dann direkt bei der ersten scharfen Kontrolle in Obhut genommen. Illegal eingeschmuggelte Handys in einer größeren Zahl zu unterstellen, ist daher schon sehr dreist.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: In Rheinland-Pfalz gibt es immer keine Probleme! Komischerweise! Ich kann Ihnen die Fälle aufzählen!)

Unsere JVAs sind insbesondere auch nach dem Fall Agovic in Trier, was die Einbringung von Gegenständen angeht, sensibilisiert. Viel Geld ist in neue Technik und in mehr Personal und deren Schulung investiert worden. Intensive Kontrollen sind in Rheinland-Pfalz Standard, so beim Einlass, auch bei wiederholten Zellenkontrollen, die sehr erfolgreich sind und abschreckend wirken.

In den Besuchsregelungen der JVAs steht klar nachzulesen: Vor jedem Besuch findet eine Personenkontrolle mithilfe eines Detektorrahmens, einer Handsonde und durch Abtasten statt. Es dürfen keinerlei Gegenstände, insbesondere keine Schriftstücke, Zigaretten, Taschen, Handys usw.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Und keine Drogen!)

in die Anstalt gebracht werden.

Regelungen greifen nicht immer, da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen selbst, wie es beispielsweise mit dem Handyverbot im Parlament oder auch in den Ausschussräumen bestellt ist. Die Realität sieht leider manchmal etwas anders aus.

Aber beim Einsatz von Störsendern in JVAs sind Bau- und auch Sicherheitsfragen für uns noch offen.

(Unruhe im Hause)

So hat sich bei Versuchen in drei JVAs in der Schweiz gezeigt, dass dies durch die Nähe zur Wohnbebauung nur in zwei JVAs komplett realisiert werden konnte. Betrachten wir beispielsweise die Situation in der jetzigen JVA Wittlich mit relativ verwinkelten Baukörpern und der nahen Wohnbebauung bzw. der Justizvollzugsschule mit Internat, so sind sicherlich Probleme zu erwarten. Gleiches gilt auch für funkgesteuerte Rufanlagen.

Sicherlich müssen in einem nächsten Schritt Fachleute, Sicherheitstechniker und die Bundesnetzagentur Auskunft geben, und die Beratungen im Rechtsausschuss sollten gründlich geführt werden. Das wohl wirksamste Stören, das durch dauerhafte Unterdrückung durch permanente Funkbestrahlung zu erreichen ist, ist nur beschränkt praktikabel und nicht immer angemessen. Hohe Kosten von mehreren 100.000 Euro pro Haftanstalt bedürfen auch einer besonderen Prüfung, ob die Anwendung dieser Technik sinnvoll ist.

Dass die CDU einen Gesetzentwurf zum Einsatz von Störsendern in JVAs ins Parlament einbringt, wie er bereits im Bundesrat vor drei Jahren behandelt wurde, aber dann der Föderalismusreform zum Opfer gefallen ist, ist für uns keine Überraschung. So sprachen Sie schon vor fünf Monaten im Rechtsausschuss über die Situation. Sie fordern jetzt wieder mehr Eile. Sie wollen ein Hopplahopp-Verfahren, ein eigenes Gesetz, ein Justizvollzugsmobilfunkverhinderungsgesetz – insgesamt 42 Buchstaben –, ohne dieses Gesetz in ein neues Justizvollzugsgesetz einzubetten.

In Ihrer Gesetzesbegründung wird aber ausdrücklich als Möglichkeit die Übernahme in ein Justizvollzugsgesetz genannt. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf der zahlenmäßig größten Oppositionspartei scheint mir doch ein wenig ein eifriges Nachrennen nach dem Gesetzentwurf von Baden-Württemberg zu sein, als dass es im Konzert mit den meisten Bundesländern oder im Zusammenhang mit einem kompletten neuen Justizvollzugsgesetz gesehen werden kann. Sie verweisen auf BadenWürttemberg und wissen genau, dass nach einer ersten Beratung im dortigen Parlament am 30. April, also gerade einmal vor zwei Wochen, noch keine genauen technischen und juristischen Einschätzungen vorliegen. Die SPD-Fraktion fordert Sie auf: Lassen Sie uns gemeinsam in den folgenden Beratungen das Thema „Störsender für den Mobilfunkverkehr in JVAs“ nüchtern bearbeiten, ohne unnötige Hetze und ohne Panikmache.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Dr. Lejeune.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeiten der 70er-Jahre, in denen man von einer freundlichen Stimme in der Fernsehwerbung der Bundespost – wie sie damals noch hieß – aufgefordert wurde, „Ruf doch mal an! Wenn Du Zeit hat, ruf an!“, sind lange vorbei. Heute ist für die meisten Menschen ein Leben ohne Telefon undenkbar. Dies gilt zum Leidwesen der Justizvollzugsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter auch für Strafgegangene, die immer wieder gern und unerlaubterweise auf die Nutzung von Mobiltelefonen zurückgreifen.

Mobiltelefone sind in Justizvollzugseinrichtungen selbstverständlich nicht erlaubt, und es wird für alle Bediensteten eine ständige Herausforderung bleiben, die Strafgefangenen daran zu hindern, ein Mobiltelefon in die Anstalt zu schmuggeln oder schmuggeln zu lassen. Vor diesem Hintergrund ist der Gedanke, durch den Einsatz den illegalen Mobilfunkverkehr störender Geräte die Freude am Besitz eines Mobilfunkgerätes bei den Strafgefangenen einzudämmen, sicherlich konsequent.

Inzwischen soll die Technik solcher Geräte wohl auch so ausgereift sein, dass sie den zulässigen Funkverkehr der Mitarbeiter untereinander nicht beeinträchtigt und wohl auch tatsächlich auf die Anstalt räumlich beschränkt werden kann, sodass keine außerhalb der Anstalt stattfindenden Funkverkehre gestört werden. Zudem ist es sicherlich wünschenswert, innerhalb der Vollzugsanstalten Geräte zum Einsatz bringen zu können, die ein leichteres Entdecken illegaler Mobiltelefone durch die Mitarbeiter gewährleisten, so es diese Geräte denn schon geben würde. Insoweit ist gegen die Intention des Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion, der einem Gesetzentwurf der baden-württembergischen Landesregierung vom April dieses Jahres entspricht, kein Einwand zu erheben.

Gleichwohl begegnet die Umsetzung dieses Entwurfs doch einigen Bedenken, die im weiteren Gesetzgebungsverfahren ausgeräumt werden sollten und auch müssen. So sollte schon jetzt der Name des Gesetzes deutlich machen, dass nicht erst durch dieses Gesetz der Gebrauch von Mobiltelefonen durch Strafgefangene verboten ist, sondern dass es um eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme geht. Auch Baden-Württemberg hat eine sehr verunglückte Bezeichnung des Gesetzes gewählt.

Darüber hinaus sollte man so ehrlich sein und sagen, dass sich mit dem Gesetz selbstverständlich, wenn es denn umgesetzt wird, zusätzliche Kosten verbinden. Dieses Gemauschel im Abschnitt D „Kosten“, nur um das Gesetz beim Steuerzahler und auch vor diesem Hause gefälliger aussehen zu lassen, ist unaufrichtig und des Parlaments nicht würdig. Hier gilt entweder/oder.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob und inwieweit schon jetzt Geräte zur Detektion gesetzlich erfasst werden sollen, die es technisch noch nicht gibt. Die Gesetzesbegründung verstehe ich zumindest so, dass hier schon

weit in die Zukunft gedacht wird, und ich muss gestehen, ich und auch die FDP-Fraktion halte mich lieber an die Dinge, die schon real existieren.

Ein weiterer Punkt scheint mir dringend klärungsbedürftig zu sein, nämlich jener nach dem Zusammenspiel dieses Gesetzentwurfs mit den Kompetenzen des Bundesgesetzgebers und insbesondere der Bundesnetzagentur, die für die Umsetzung des Telekommunikationsgesetzes zuständig ist. Zwar geht es nicht um die Zuteilung von Frequenzen, aber um deren partielle Unterdrückung. Ob dafür wirklich allein das Land im Rahmen des § 55 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 des Telekommunikationsgesetzes die Gesetzgebungskompetenz hat, wage ich zu bezweifeln. Ein Gesetzentwurf des Bundesrates aus dem Jahr 2006 – damals fiel der Strafvollzug noch in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes –, der von meinem Vorredner ebenfalls angesprochen wurde, lässt etwas anderes vermuten als der vorliegende Gesetzentwurf. Über diese Frage ist doch sehr schnell hinweggegangen worden, und dies muss dringend geklärt werden.

Wie Sie sehen – ich habe nur vier Punkte angesprochen –, haben wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einiges zu prüfen und zu diskutieren, und dies werden wir auch tun.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Vielen Dank.

Für die Landesregierung hat Herr Justizminister Dr. Bamberger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat ist eine Gesetzesinitiative dieser Art in Rheinland-Pfalz nicht neu. Bereits vor der Föderalismusreform – Frau Meurer hat darauf hingewiesen – gab es eine entsprechende Bundesratsinitiative. Sie wurde von Rheinland-Pfalz nachhaltig unterstützt, fiel jedoch dann der Föderalismusreform zum Opfer.

Die derzeitige Rechtslage wird von den Ländern unterschiedlich beurteilt.

Das gilt auch für die Frage, ob es überhaupt einer Ermächtigungsgrundlage bedarf. Berlin, Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen haben eine solche Grundlage in ihrem Landesgesetz zum Strafvollzug und Jugendstrafvollzug integriert. BadenWürttemberg beabsichtigt hingegen ein eigenständiges Gesetz zur Verhinderung des Mobilfunks für die dortigen Justizvollzugseinrichtungen. Das Saarland strebt ebenfalls ein eigenständiges Gesetz an.

Die für die Telekommunikation zuständige Bundesnetzagentur vertritt dagegen die Auffassung, dass es für die

Errichtung entsprechender Anlagen eines Verbots von Mobiltelefonen in Justizvollzugsanstalten für alle Personen bedürfe. Meine Damen und Herren, alle Personen sind die Gefangenen, daneben aber auch die Bediensteten wie auch sämtliche anstaltsfremden Personen, die sich in der Anstalt aufhalten. Eine Beschränkung auf die Gruppe der Gefangenen greife zu kurz und würde nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechen.

Meine Damen und Herren, die Bundesnetzagentur begründet das damit, dass die gesetzliche Verpflichtung der Mobilfunkbetreiber, das Absenden von Notrufen grundsätzlich zu gewährleisten, nur durch ein entsprechendes gesetzliches Verbot des Mobiltelefonierens für die entsprechende Einrichtung aufgehoben werden könne.

In der Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Untersuchungshaftgesetzes, an der auch Rheinland-Pfalz teilnimmt, wurde die Unterdrückung des Mobilfunkverkehrs zunächst im Hinblick auf die noch nicht abschließend geklärte Rechtslage zurückgestellt. Allerdings neigt die überwiegende Anzahl der Mitglieder zu der Auffassung, dass das Untersuchungshaftgesetz nicht der richtige Ort für eine solche Regelung sei. In den meisten Ländern, so auch in Rheinland-Pfalz, gibt es keine reinen Untersuchungshaftanstalten. Wir haben aber noch kein eigenes Landesstrafvollzugsgesetz, in das eine Regelung sowohl für Strafgefangene als auch für die Bediensteten und sämtliche anstaltsfremden Personen aufgenommen werden könnte.

Das würde bedeuten, dass zunächst einzelne Gebäudeteile einer Gesamtanstalt mit entsprechenden technischen Einrichtungen ausgestattet werden müssten. Es ist fraglich, ob die Technik eine solche räumliche Abgrenzung überhaupt zulässt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist schon angesprochen worden, man muss zudem deutlich sagen, dass die derzeitigen technischen Möglichkeiten, Mobiltelefone aufzuspüren, noch nicht ausgereift sind. Herkömmliche Handysuchgeräte entfalten nur dann eine Wirkung, wenn mit einem Handy gerade telefoniert wird. Auch der Versand einer SMS wird von einem solchen Suchgerät nicht ohne Weiteres erfasst. Die technische Unterdrückung des Mobilfunkverkehrs durch den Einsatz von Störsendern erscheint daher derzeit als der einzig geeignete gangbare Weg.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Gesetzentwurf der CDU-Fraktion kommen. Eine allgemeine Ermächtigungsgrundlage wäre meines Erachtens aber wohl auch nur dann sinnvoll, wenn sie nicht nur die Gefangenen aller Haftarten, sondern daneben auch die oben genannten anderen Personen erfassen würde. So sieht es wohl der Gesetzentwurf des Saarlands vor.

Die Formulierung der Vorschrift in § 1 des Entwurfs greift nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion zu kurz. Es handelt sich dabei um eine Handlungsbeschränkung nur für Gefangene. Diese besteht nach den derzeit bestehenden gesetzlichen Regelungen im Strafvollzug bereits jetzt.

Zwar ist auch Bediensteten und anstaltsfremden Personen das Einbringen und Benutzen von Mobiltelefonen auf der Grundlage von Dienstanweisungen, also Verwaltungsvorschriften und Anstaltsordnungen, untersagt, eine Genehmigung für den Betrieb von Störsendern dürfte aber wohl nur dann erteilt werden, wenn das Mobiltelefonieren für alle Personen, die sich in einer Justizvollzugsanstalt aufhalten, gleichermaßen durch Gesetz untersagt ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, es gibt Probleme. Herr Burgard und Frau Dr. Lejeune haben auf Probleme und Fragen anderer Art hingewiesen. Das alles sollte geprüft werden.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Licht?

Bitte.

Herr Minister, verstehe ich Sie richtig, dass Sie die Intention des Antrages der CDU um die Komponente des Saarlandes erweitern möchten und dann dem Ansinnen durchaus Rechnung tragen könnten?

Herr Abgeordneter Licht, ich bin der Meinung, das sollte geprüft werden. Wenn wir ein Gesetz machen, bedarf es

rechtlich eines Gesetzes, das alle, die sich in der Anstalt aufhalten, betrifft, also nicht nur die Gefangenen. Ihr Gesetzentwurf stellt auf Gefangene ab. Ich meine aber, diese Frage, die mir eine wesentliche Frage zu sein scheint, sowie auch andere Fragen sollte man im Rechtsausschuss diskutieren und gegebenenfalls klären.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)