Protocol of the Session on December 12, 2007

(Beifall der CDU)

Wenn wir redlich miteinander umgehen, wissen wir doch, dass wir dann, wenn wir die Differenzierung von der äußeren auf die innere Differenzierung verlagern, zusätzliche Ressourcen benötigen, sofern wir bei der neuen Organisationsform unser Ziel einer möglichst individuellen und optimalen Förderung nicht aus dem Blick verlieren wollen. Wenn Sie einen Schritt von der äußeren Differenzierung weg hin zur inneren Differenzierung gehen, benötigen Sie also ein viel größeres Maß an Ressourcen. Sie brauchen mehr Lehrer, und Sie brauchen noch kleinere Gruppen als bisher.

(Beifall der CDU und der FDP)

Vorausgesetzt, Sie nehmen das alles ernst – das unterstelle ich Ihnen bis zum Beweis des Gegenteils –, brauchen Sie mehr Lehrer, kleinere Gruppen, spezielle Fördergruppen, spezielle Unterrichtsangebote, spezielle Formen der Didaktik und Methodik im Unterricht

(Glocke des Präsidenten)

ich komme zum Schluss, Herr Präsident –, und Sie brauchen eine viel stärkere Vernetzung von Lehrern und Lehrerinnen, von Sozialpädagogen, von Schulpsychologen, von der Sozialhilfe, von der Familienhilfe und von der Jugendhilfe als das bisher der Fall ist.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Weiland, hätten Sie uns nicht vorher vollmundig und mit

Leidenschaft erklärt, dass Sie diesen Weg überhaupt nicht mitgehen würden, würde ich jetzt mit einer gewissen Form der Erleichterung sagen: Sieh mal an, es gibt zwar kein CDU-Konzept, aber Herr Kollege Weiland versucht, sich mit Fragen an das Thema heranzuarbeiten, und ist bereit, an einem konstruktiven Dialog teilzunehmen. Prima, ich freue mich; denn das wird unseren Schulen und unseren Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften, den Eltern und auch uns helfen.

Sie haben es vorhin anders erzählt. Sie wollen nicht mitgehen. Was also sollte dieser Versuch, uns zu erklären, Sie würden sich an einzelne didaktische und pädagogische Fragen heranarbeiten? Sie haben recht. Die Fragestellungen, die Sie aufgeworfen haben, sind zum großen Teil in dem Konzept längst beantwortet – Sie hätten zuhören müssen –, aber zu einem kleinen Teil noch nicht beantwortet.

(Bracht, CDU: Das ist doch das Problem!)

Herr Kollege Bracht, genau diese Fragen – das habe ich am Anfang meiner Rede auch schon ausgeführt – werden wir im Dialog mit den an der Schule Beteiligten so lösen, dass wir diese auf den Weg mitnehmen können. Das ist nämlich das Prinzip, wie wir seit Jahren Bildungspolitik machen. Das ist übrigens auch der Grund, warum die Beteiligten an der Schule bis jetzt zu all den vielen Projekten geklatscht haben, die Sie immer am Anfang nicht wollten, weil wir sie mit ihnen zusammen im Detail entwickelt haben.

Das werden wir auch jetzt tun. Wir werden uns nicht von Ihnen zu irgendwelchen vorschnellen „Hudellösungen“ zwingen lassen, sondern weiterhin mit dem Prinzip Freiwilligkeit, Vertrauen und Offenheit mit den Lehrerinnen und Lehren, den Eltern, den Schülerinnen und Schülern und den Verbandsvertretern die einzelnen Details erörtern und erst dann die Festlegungen treffen, wenn wir sie mit ihnen erörtert haben.

Herr Kollege, auf diesem Weg – das mag Sie ärgern; ich verstehe es – haben wir bis jetzt Erfolg gehabt.

Dieses wahnsinnig wichtige Projekt „Realschule plus“ werden wir auch genau so weiterentwickeln, und zwar in einem offenen und guten Dialog. Wir laden Sie immer wieder ein, an diesem Dialog teilzunehmen und Ihre eigenen Vorschläge und nicht Ihre ideologischen Phrasen einzubringen, die wir seit 15 Jahren kennen und auswendig mitsprechen können. Sie sind übrigens schrecklich langweilig.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Mertin.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, im ersten Teil Ihrer Ausführungen

haben Sie vieles vorgetragen, was sicherlich im Hause niemand anders sieht als Sie. Ich glaube, dass wir alle darum ringen und streiten, den richtigen Weg zu finden, damit unsere Kinder möglichst optimal gefördert werden, ist Allgemeingut von uns allen im Hause.

Sie haben auf Studien und insbesondere auf das Ausland hingewiesen, das uns immer wieder sagt, wir würden zu früh selektieren. Man muss nur sehen, aus welcher Blickrichtung heraus das Ausland das macht.

Eine solche duale Ausbildung, wie wir sie kennen, gibt es vielerorts im Ausland nicht. Dort gibt es tatsächlich nur die einzige Chance, nämlich eine gute schulische Ausbildung, und zwar bis hin zur Hochschulausbildung. Es gibt keine darunterliegende duale Ausbildung, wie wir sie haben.

Das ist in Deutschland im Vergleich zu vielen Ländern, insbesondere auch das Land desjenigen, der uns im Rahmen einer internationalen Organisation Ratschläge geben wollte, anders. Hier gibt es ein sehr gut ausgebautes duales Ausbildungssystem. Aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich, dass dort am Schluss im Ergebnis nicht weniger verdient wird, als wenn man eine akademische Ausbildung gemacht hat. Das ist so.

Das kann man, wenn man zum Beispiel Scheidungsverfahren zu bearbeiten hat, manchmal feststellen. Ein Industriemeister verdient etwa so viel wie ein Oberstudienrat. Das ist im dualen System möglich. Darauf sollten wir in Deutschland stolz sein. Deswegen sollten wir auch diesen Bereich aus unserer Sicht fördern.

(Beifall der FDP – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Ich komme dazu, weshalb das so wichtig ist. Mit der Realschule plus werden Schüler aus dem berufsbildenden Bereich herausgezogen. Dort können sie nämlich je nach ihrer fachlichen Begabung jeweils fachlich orientiert auch das Fachabitur machen, nämlich am Wirtschaftsgymnasium, dem Technischen Gymnasium und Ähnlichem. Diese haben natürlich jetzt Befürchtungen, weniger Schüler in diesem Bereich zu bekommen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wir haben fünf neu eingerichtet!)

Frau Kollegin, ich habe Ihnen auch zugehört, ohne Sie unterbrechen zu wollen. Es ist nun einmal so, dass diese Schulen zu Recht Sorgen haben, dass Schüler, die diese Bereiche bei ihnen abdecken, zukünftig nicht mehr kommen, weil sie in der Realschule plus bleiben, ohne die duale fachliche Schwerpunktsetzung zu haben. Das ist etwas, was man in diesem Parlament zumindest vortragen können sollte.

(Beifall der FDP)

Herr Ministerpräsident, auch wir haben mit Pädagogen gesprochen. Es gibt Pädagogen, die sagen uns, dass es Schüler gibt, die nicht den gleichen Unterricht und das gleiche Unterrichtsangebot wie jemand haben können, der auf das Abitur hin ausgerichtet ist. Man muss ihnen

ab einem bestimmten Zeitpunkt ein anderes Angebot machen.

Deswegen ist dies ab einem bestimmten Zeitpunkt in einem nicht gegliederten System nur mit erheblich mehr Mitteln möglich, als das bisher der Fall ist. Nur das habe ich vorhin vorgetragen. Ich bin auch auf das eingegangen, was der Herr Finanzminister vorgetragen hat. Ich kann nicht erkennen, dass zusätzlich etwas zur Verfügung gestellt wird, um es im nicht gegliederten System hinzubekommen. Ich meine, deswegen lohnt es sich, hierüber zu streiten.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, Sie prophezeien uns, wir würden in drei Jahren isoliert dastehen. Das mag Ihre Einschätzung sein. Sie ist auch von dem Wunsch getragen, wir mögen doch Ihrem System zustimmen. Wir haben auch ein System vorgeschlagen und lassen uns gern auf eine Debatte über unser System ein. Wir sehen durchaus, dass Änderungsbedarf vorhanden ist.

Ich habe in meinem Redebeitrag nur das vorgetragen, was mir an vielen Schulen seitens der Lehrer und Eltern gesagt wird. Solange die FDP das im Hause so macht, wird sie in drei Jahren auch nicht einsam dastehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP)

Eine weitere Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dr. Weiland.

Ich möchte die Chance, die uns der Herr Ministerpräsident eröffnet hat, doch nutzen.

Frau Kollegin Brede-Hoffmann, ich glaube, Sie sind mit Ihrem letzten Redebeitrag und dem erneuten Ideologievorwurf wieder hinter das zurückgefallen, was wir eigentlich in dieser Debatte gemeinsam bereits erreicht hatten.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das ist doch überhaupt nicht wahr!)

Man kann die Einheitsschule wollen. Das ist nichts Ehrenrühriges.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie wollen die Einheitsschule!)

Ich will die Einheitsschule nicht, weil ich glaube, dass es mehr Argumente dagegen als dafür gibt. Wenn von der Landesregierung erklärt wird, dass sie die Einheitsschule auch nicht will, dann glaube ich das bis zum Beweis des Gegenteils auch.

Solange Sie es bei den Organisationsvorschlägen belassen, die Sie unter der Überschrift „Realschule plus“ vorgelegt haben, und diese nicht durch entsprechende

inhaltliche Antworten auf inhaltliche Fragen ergänzen, zum Beispiel auf die Frage, wie wollen Sie in der neuen Schulstruktur die Hauptschülerinnen und Hauptschüler speziell und besser fördern als bisher, ist die Befürchtung im Land, dass Sie auf dem Weg in die Einheitsschule sind, nicht unberechtigt.

(Beifall der CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Gebhart hat sich zu einer persönlichen Bemerkung am Ende der Debatte gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte eine Sache richtigstellen. Ich habe die Reform der Landesregierung in dieser Frage nicht begrüßt. Ich habe von einer Diskussionsbasis gesprochen. Die Überschrift bzw. der Vorspann, den Sie zitiert und erwähnt haben, ist insofern nicht korrekt.

(Ministerpräsident Beck: Habe ich unkorrekt zitiert?)

Ich habe dies im Nachgang zu diesem Pressebeitrag extra noch einmal in einer eigenen Pressemitteilung klargestellt.

(Ministerpräsident Beck: Aber ich habe nicht unkorrekt zitiert, Herr Dr. Gebhart, oder?)