Meine Damen und Herren, wir sollten aber noch mehr darauf achten, dass es zwischenzeitlich nicht schon so weit ist, dass jemand, der keiner Partei angehört, unterstellt bekommt, er wäre deshalb, weil die SPD hier mit absoluter Mehrheit regiert, SPD-nah und dass ihn dann dies schon disqualifiziert gegenüber einem Bewerber, der in diesem Fall der Union nahesteht, was ich überhaupt nicht zu kritisieren habe und was bei diesem Bewerbungsverfahren auch überhaupt keine Rolle gespielt hat.
Ich rate, darüber nachzudenken. Ich will aufgrund des Debattenbeitrags des Herrn Kollegen Mertin zu dieser Frage der Ämterstabilität nicht verschweigen, dass mich diese Entscheidung sehr überrascht hat. Ich bin kein Jurist, aber ich bin immer davon ausgegangen, dass wir ein Interesse daran haben, dass dieses Thema, Stellen auch zeitnah zu besetzen, im Interesse der Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens hohe Bedeutung hat. Dass jetzt eine öffnende Rechtsprechung ergangen ist, macht mich besorgt. Das will ich sehr offen sagen. Wenn der Justizminister diese Rechtsprechung gekannt hatte, hätte er sie natürlich befolgt. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Das gilt für die gesamte Landesregierung.
Aber es muss einen in gewisser Weise besorgt machen, dass uns solche Konkurrentenklagen, die immer subjektive Interessen ausdrücken, denen vielleicht recht gegeben wird – dann ist das auch zu respektieren, aber sie drücken subjektive Interessen aus –, in Zukunft in erheblicher Weise hindern, wichtige Funktionen in der Landesverwaltung und natürlich dann mit dieser Rechtsprechung auch in der Bundesverwaltung oder Kommunalverwaltung zu besetzen. Ich wäre sehr dankbar, wenn Parlament und Regierung sich mit dieser Frage und dieser Rechtsprechung und den Folgen, die sich daraus ergeben, so auseinandersetzen, dass wir für uns einen Maßstab entwickeln, wie wir mit dieser Interessenkonfliktlage umgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich die beiden vorgetragenen angeblichen Fehlverhalten bewer
te, dann kann ich in keiner Weise erkennen, dass ein Grund für einen Rücktritt oder gar eine Entlassung besteht.
(Starker Beifall der SPD – Licht, CDU: Für ein „angebliches“ braucht man sich nicht zu entschuldigen!)
Mein volles Vertrauen zum Innenminister habe ich bekundet. Mein volles Vertrauen zum Justizminister Dr. Bamberger will ich dem hinzufügen. Ich habe es so empfunden, dass es ein Glücksfall gewesen ist, nachdem wir in der Vergangenheit hervorragende Justizminister hatten, bei der Neubildung meiner Regierung einen so herausragenden Juristen, einen Mann, der eines der wichtigsten Gerichte unseres Landes geleitet hat, für dieses Amt gewinnen zu können. Das sollte uns auch Anlass sein, mit der Wortwahl untereinander so vorsichtig umzugehen, dass wir am Ende nicht Menschen, die eine große Karriere vor sich haben könnten – in diesem Fall in der Justiz, aber das könnte auch aus der Wirtschaft sein, das könnte aus den Gewerkschaften sein, das könnte aus anderen gesellschaftlichen Gruppen sein –, geradezu davor abschrecken, eine politische Aufgabe zu übernehmen.
Werte Damen und Herren, ich will noch ein Wort zu dem sagen, was man politische Verantwortung nennt, die – darüber sind wir uns sicher einig – auch bedeuten kann, dass man sich dort persönlich in die Verantwortung begibt und Schlussfolgerungen daraus zieht, wo es kein persönliches Versäumnis gibt. Mit diesem Instrumentarium ist in dieser Bundesrepublik Deutschland sehr unterschiedlich umgegangen worden.
Es hat Persönlichkeiten auf Bundes- und Länderebene gegeben, die für schwerwiegende Vorgänge die Verantwortung übernommen haben, obwohl sie eher Betroffene der Vorgänge denn Veranlasser gewesen sind. Es hat andere, auch Regierungschefs von Ländern und Ministerinnen und Minister auf Länderebene gegeben, die bei schwersten Vorgängen, die sie selbst mit zu verantworten hatten, die sie selbst ausgelöst haben, keinen Grund gesehen haben, eine solche politische Verantwortung wahrzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich finde, wir sollten dieses Instrumentarium nicht dadurch geradezu „verunmöglichen“, dass wegen Vorgängen, wie sie heute debattiert worden sind, aus parteitaktischen Gründen Rücktrittsforderungen gestellt werden,
von denen selbst die – davon bin ich überzeugt –, die sie stellen, wissen, dass sie überhaupt keine Tragfähigkeit haben werden.
Ich will nicht zynisch sein. Aber man könnte auch sagen, wohl dem Land, dessen Parlament eine Sondersitzung wegen solcher Bagatellfragen beantragt.
Ich warte gerne, bis sich Herr Keller abgeregt hat, weil es nicht verantwortlich wäre, wenn ich ihn stören würde.
Wohl dem Land, das wirtschaftlich, was den Arbeitsmarkt und alle wichtigen Indikatoren angeht, so dasteht,
dass die Opposition ihre Angriffslinien auf eine offensichtliche Skandalisierungsstrategie stützt, weil es inhaltlich nichts ausreichend zu kritisieren gibt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie dies für eine Behauptung halten, dann will ich Ihnen einen Beweis für meine These liefern.
Herr Kollege Baldauf hat im Frühjahr dieses Jahres – es war der 16. Februar – folgendes Politikverständnis in der „Rheinpfalz“ – in der Ausgabe des nächsten Tages wiedergegeben – wörtlich zur Kenntnis gebracht: „Wenn ich Politik transportieren will, muss ich es mit Übertreibungen und Polarisierung tun.“
Meine Damen und Herren, wenn das kein Beweis dafür ist, welche Strategie seit diesem Zeitpunkt von der Union geführt wird, dann weiß ich nicht.
Ach, Herr Licht, Sie sind doch in diesem Zusammenhang mit Herrn Baldauf so weit auseinander, wie der Mond von der Sonne entfernt ist. Warum mischen Sie sich hier ein?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Baldauf hat diese durchsichtige Bemerkung für die CDU
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte die Neigung, nach dem hervorragenden Beitrag des Herrn Kollegen Mertin, der die rechtlichen Fragen auf den Punkt gebracht hatte, mich nicht noch einmal zu melden. Aber wir haben ein Beispiel erlebt, wie es eigentlich hätte erwartet werden können: Arroganz, wie sie nicht schlimmer vorgetragen werden könnte durch Sie, Herr Ministerpräsident, wie Sie mit Ihrer absoluten Mehrheit auch in einer solchen Debatte umgehen.
„Angebliche“ Verstöße Ihrer beiden Minister. Ich bin zumindest Herrn Minister Bruch dankbar, dass er diesen „angeblichen“ Verstoß erklärt und sich dafür entschuldigt hat. Aber der Justizminister stellt sich ebenfalls an dieses Rednerpult und verteidigt sein Verhalten.
Herr Dr. Bamberger, spätestens seit diesem Vortrag heute halte ich das, was Sie gesagt haben, und vielleicht Sie selbst für die Justiz und dieses Land untragbar.
Herr Kollege Mertin hatte in seiner Zurückhaltung als ehemaliger Justizminister die Dinge auf den Punkt gebracht.
Vielleicht erlauben Sie mir in der kurzen verbleibenden Zeit, die Dinge doch etwas drastischer deutlich zu machen.
Sie sagen, Sie haben keinen Verfassungsbruch begangen. „Die Frage ist zu verneinen“. Ich denke, wenn ein Professor Lobinger als Rechtsgelehrter eine solche Mindermeinung vertritt, muss man damit leben. Das haben wir in der Lehre häufiger. Aber wenn das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung klipp und klar formuliert, dass aus Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes eine Verpflichtung des Dienstherrn folgt, vor Aushändigung der Ernennungsurkunde einen ausreichenden Zeitraum abzuwarten, um dem unterlegenen Mitbewerber die Gelegenheit zu geben, Eilantrag, Beschwerde oder Verfassungsbeschwerde zu erheben, wenn nur so die Möglichkeit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes besteht und in der Tatsache, dass dies nicht geschehen ist, die Aushändigung der Ernennungsurkunde den Beschwerdeführer daher in eben diesen seinen Rechten aus Artikel 33 und Artikel 19 verletzt, dann ist das ein ganz klarer Ausspruch des Bundesver