Frau Ministerin, prognostizieren Sie mit dem Wirksamwerden der von Ihnen angesprochenen Pflegeversicherungsreform ein ausgeglichenes Geschäftsergebnis in der Pflegeversicherung, oder gehen Sie davon aus, dass die defizitären Abschlüsse Bestand haben?
Ich gehe davon aus, dass durch die Beitragserhöhungen und die Leistungserhöhungen das kompensiert wird, was derzeit nicht ausreichend ist.
An dieser Stelle möchte ich zurückblicken. Herr Blüm hat bei der Erfindung der Pflegeversicherung prognostiziert, dass wir im Jahr 2007 bei einem Beitragssatz von 1,9 % liegen werden. Wir liegen jetzt mit der Leistungserhöhung bei 1,95 %. Wenn es also bei uns in Deutschland einen Sozialversicherungszweig gibt, dessen Entwicklung einigermaßen vorhersehbar und planbar ist, dann ist das ganz klar die Pflegeversicherung. Deshalb bin ich
mir sehr sicher, dass die Berechnungen in den nächsten Jahren Bestand haben werden, sofern es bei dem Leistungskatalog bleibt.
Die Prognose geht bis zum Jahr 2014. Ich würde nie den Fehler machen, mich auf genau ein Jahr festzulegen. Man kann aber davon ausgehen, dass dies mehrere Jahre trägt.
Bei der Erfindung der Pflegeversicherung konnte natürlich nicht berücksichtigt werden, dass wir irgendwann einmal ein massives Problem im Zusammenhang mit Demenz bekommen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass sich in den nächsten zehn Jahren die Struktur und die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen so grundlegend verändern, dass man nachsteuern muss. Das entspricht jedoch der Natur eines Sozialversicherungszweigs, in dem sich – auch medizinisch – sehr viel tut.
Frau Ministerin, wie steht die Landesregierung zur Idee einer kapitalgedeckten Pflegeversicherung, die alle Probleme der Finanzierung lösen würde?
Wir wissen alle, dass die kapitalgedeckte Pflegeversicherung nicht alle Probleme lösen würde. Um die Kapitaldeckung aufzubauen, wird Geld benötigt. Wir wären als Landesregierung bereit gewesen, in dem Gesetzgebungsverfahren diesen gemeinsamen Kompromiss, der im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden ist, mitzutragen, nämlich einerseits einen gewissen Transfer von der privaten an die soziale Versicherung zu leisten und andererseits den Aufbau einer Rücklage voranzutreiben, die kapitalgedeckt ist und im Jahr 2030 abgeschmolzen werden kann. Das war aus meiner Sicht ein durchaus vernünftiger Kompromiss.
Dieser ist deshalb gekippt, weil sich die Union verweigert hat, über einen möglichen Transfer zwischen der privaten und der gesetzlichen Versicherung auch nur annährungsweise nachzudenken. Deshalb ist dieses Junktim nicht zum Zuge gekommen.
Es war ein sehr ungewöhnliches Vorgehen in dieser Sache. Normalerweise beurteilt das Justizministerium die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines geplanten Gesetzgebungsverfahrens. Bevor das Gutachten des Justizministeriums vorgelegt worden ist, gab es bereits die Aussage des Innenministeriums, dies sei auf jeden Fall verfassungswidrig. Man hat von Anfang an eine rechtliche Barriere aufgebaut, die aus meiner Sicht in vielen Punkten nicht nachvollziehbar ist.
Meiner Meinung nach hat der Spielraum darin bestanden, dass der Gesetzgeber vor zwölf Jahren davon ausgegangen ist, dass sich sowohl in der sozialen als auch in der privaten Pflegeversicherung die Versicherten gleichermaßen entwickeln werden und sich auch der Leistungsbezug gleichermaßen entwickeln wird. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind ja genau dieselben wie die Leistungen der Krankenversicherung. Die private Pflegeversicherung kann nicht einen Cent mehr an Leistungen erbringen als die gesetzliche Pflegeversicherung. Damals ist man davon ausgegangen, dass sich dementsprechend auch die Ausgaben nicht unterschiedlich entwickeln werden.
In der Realität zeichnet sich das jedoch völlig anders ab. Das Klientel in der privaten Pflegeversicherung ist tendenziell sehr viel gesünder und nimmt weniger Pflegeleistungen in Anspruch. Die soziale Versicherung hat Schulden gemacht, während die private Pflegeversicherung Rücklagen aufbauen konnte.
Es ist also kein Verdienst der privaten Pflegeversicherung, dass sie jetzt über mehr Geld verfügt. Sie hat immer Geld übrig gehabt und dieses Geld gut angelegt.
Vor diesem Hintergrund bin ich mir sehr sicher, dass man es juristisch hätte sehr gut begründen können, einen Transfer zwischen der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung in gewisser Höhe zu ermöglichen.
Frau Ministerin, trifft es zu, dass Rentner durch diese Reform doppelt belastet werden, zum einen, weil die Erhöhung der Beiträge bei ihnen nicht hälftig vom Arbeitgeber getragen wird, und zum anderen, weil sie von der geplanten Kompensation durch die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als Rentner nicht profitieren? Wenn ja, wie bewerten Sie dies?
Die Rentnerinnen und Rentner können natürlich nicht von der Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung profitieren, weil sie keine Beiträge mehr leisten. Der zusätzliche Beitrag in die Pflegeversicherung wird paritätisch finanziert. Auch davon profitieren Rentnerinnen und Rentner nicht.
Meine Bewertung lautet wir folgt: Wir haben es zum ersten Mal seit langer Zeit in einem sozial sehr wichtigen Bereich gemeinsam geschafft, eine notwendige Leistungserweitung zu stemmen. Wir berücksichtigen jetzt, dass wir in der häuslichen Pflege Unterstützung benötigen. Wir berücksichtigen die demenziell Erkrankten. Wir berücksichtigen viele andere inhaltliche Punkte.
Meines Erachtens kann man es auch Rentnerinnen und Rentnern sehr gut vermitteln, dass eine Beitragserhöhung in dieser minimalen Höhe – 2,50 Euro pro 1.000 Euro – vertretbar ist; denn viele Rentnerinnen und Rentner profitieren davon.
Es wird immer wieder Klage insbesondere aus dem Bereich der Rentnerinnen und Rentner erhoben, dass demenziell erkrankte Menschen überhaupt keine Unterstützung von der Pflegeversicherung bekommen. Das wird jetzt geändert, selbst bei der Pflegestufe 0. Diese Leistungsausweitung rechtfertigt meines Erachtens die sehr geringe Beitragserhöhung.
Sehr geehrte Frau Ministerin, Ihnen ist doch sicherlich bekannt, dass von den privat Versicherten ein um etwa 100 % höherer Beitrag in die private Versicherung selbst eingezahlt wird. Teilen Sie meine Auffassung, dass aufgrund dessen die dort angesammelte Rücklage nicht ohne Weiteres zur Disposition stehen kann? Der doppelte Beitrag kommt dadurch zustande, dass es keinen hälftigen Arbeitgeberanteil gibt.
Ich teile diese Meinung überhaupt nicht. Die private Versicherung war in der Vergangenheit in der Lage, im Durchschnitt die Beiträge zu senken, weil sie Rücklagen bilden konnte.
Das hatte damit zu tun, dass sie immer wieder Rücklagen hatte, Geld in Millionenhöhe, das nicht verbraucht wurde, weil die entsprechenden Ausgaben nicht angefallen sind, und damit auf dem Kapitalmarkt angelegt werden konnte.
Man kann darüber streiten, sind dies individuelle oder kollektive Rücklagen. Man hätte Wege finden können, um einen Transfer zwischen der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung sicherzustellen. Das haben andere Länder vorgemacht.
Ich sage an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Die Beitragserhöhung wäre nicht erforderlich gewesen, wenn man sich an dieser Stelle hätte einigen können. Die PKV hätte in keiner Weise darunter gelitten. Es wäre wirklich solidarisch gewesen zu sagen, man nimmt einen bestimmten Betrag als Transferleistung dafür, dass sie aufgrund der Versichertenstruktur nicht die gleichen Ausgaben hat wie die gesetzliche Versicherung. Man hätte sich die ganze Debatte um die Beitragserhöhung sparen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute zwei Geburtstagskinder. Es sind Herr Kollege Michael Hüttner und Herr Kollege Matthias Lammert. Herzlichen Glückwunsch von hier oben und auch vom ganzen Hause!
Ich darf Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule III aus Mainz und Schülerinnen und Schüler der 12. Jahrgangsstufe der Hildegardisschule in Bingen. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Michael Billen (CDU), Ausbau der Bahnverbindung Trier – Luxemburg – Nummer 2 der Drucksache 15/1258 – betreffend, auf.
Da die mündliche Anfrage Nummer 7 fast des gleichen Inhalts ist, rufe ich auch die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Günter Eymael (FDP), Forderungen des luxemburgischen Verkehrsminister nach einer schnellen Entscheidung hinsichtlich des Ausbaus der Bahnverbindung zwischen Wasserbillig – Trier – Koblenz – Nummer 7 der Drucksache 15/1258 – betreffend, auf.
2. Welche Ergebnisse wurden beim jüngsten Gespräch der Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz und Luxemburg in dieser Sache erzielt?
3. Welche Forderungen wird die Landesregierung beim angekündigten Gespräch in Trier an den Bundesverkehrsminister richten?
4. Welche Art und Häufigkeit von Zugverbindungen auf einer ausgebauten Strecke nach Luxemburg hält die Landesregierung für notwendig und tragfähig?