Protocol of the Session on June 28, 2007

1. Warum hat die Landesregierung die kommunalen Körperschaften und die örtlichen Flächeneigentümer nicht von vornherein an der Suche nachzumeldender Vogelschutzgebiete beteiligt, sondern im Nachhinein und zudem sehr kurzfristig eine festgelegte Suchkulisse präsentiert, wo doch ein frühes gemeinsames Vorgehen die Chance geboten hätte, Konfliktpoten

zial zu vermeiden und den Zuschnitt der Vogelschutzgebiete an den örtlichen Gegebenheiten zu orientieren?

2. Wie rechtfertigt die Landesregierung die weitreichende Einbeziehung von Flächen landwirtschaftlicher und weinbaulicher Nutzung und kommunaler Flächen mit wirtschaftlichem Entwicklungspotenzial und struktureller Entwicklungsbedeutung?

3. Wie soll das weitere Vorgehen gestaltet sein, um sicherzustellen, dass die Belange der Flächeneigentümer im Einklang mit den Anforderungen des Vogelschutzes zur Geltung kommen?

Das Wort hat Staatsministerin Frau Conrad.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Europäische Kommission macht in einem Vertragsverletzungsverfahren geltend, dass Deutschland noch nicht in ausreichendem Maß Vogelschutzgebiete gemeldet habe. Hiervon sind neun Länder betroffen.

Für Rheinland-Pfalz sieht die Kommission Meldebedarf für neun Vogelarten vor. Für diese Arten seien zum Teil nicht die fünf besten Gebiete gemeldet worden, zum Teil sei der Erfüllungsgrad noch zu niedrig. Für weitere drei Arten empfiehlt die Kommission, weitere Prüfungen vorzunehmen.

Räumlich konzentriert sich die Kommission insbesondere auf den Westerwald und die Pfalz. Ich füge ganz aktuell hinzu: Die Kommission hat gestern beschlossen, Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland zu erheben.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: Den Ländern steht bei der Auswahl und Abgrenzung der Vogelschutzgebiete nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz nur ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Wirtschaftliche, soziale, kulturelle und regionale oder kommunale Belange können erst in einem weiteren Schritt bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Tragen kommen.

Das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht hat auf dieser Grundlage eine naturschutzfachliche Suchkulisse entworfen, die sich auf die von der Kommission angesprochenen Arten und die genannten Räume konzentriert.

Unmittelbar nach der internen Abstimmung mit den betroffenen Ressorts haben wir ein umfangreiches Be

teiligungsverfahren gestartet. Die betroffenen Kommunen, Kammern und Verbände wurden informiert, und es wurde ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hierzu wurde die Gebietskulisse in das Internet gestellt.

Die Frist zur Stellungnahme von ursprünglich sechs Wochen wurde um weitere zwei Wochen aktuell verlängert. Zusätzlich wurden zwei Informationsveranstaltungen am 29. Mai in Bad Dürkheim und am 5. Juni in Montabaur durchgeführt. Bei der Suchkulisse handelt es sich, wie der Name sagt, noch nicht um einen festgelegten Gebietsvorschlag. Vielmehr besteht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit, Anregungen und Bedenken geltend zu machen.

Wie bereits ausgeführt, erlaubt die Richtlinie in dieser Phase allerdings nicht die Berücksichtigung anderer, sondern nur naturschutzfachlicher Argumente.

Der in der Fragestellung enthaltene Vorschlag, der von Herrn Gebhart vorgetragen worden ist, nämlich einer früheren Beteiligung und eventuell sogar Abstimmung der Flächenauswahl mit anderen Interessenten wie der Kommunen oder privaten Grundstückseigentümer wäre rechtlich angreifbar und wird in keinem Land praktiziert.

Zu Frage 3: Erst die Meldung und Ausweisung der Vogelschutzgebiete schafft Planungs- und Investitionssicherheit für Kommunen und Wirtschaft. Erst danach ist die Möglichkeit einer Verträglichkeitsprüfung für solche Projekte eröffnet, die zu erheblichen Beeinträchtigungen, so die rechtliche Formulierung, führen können.

Die Verträglichkeitsprüfung ist kein zusätzliches Verfahren, sondern Bestandteil der ohnehin durchzuführenden Genehmigungs- oder Anzeigeverfahren. Insofern werden die mit der Meldung der Gebiete bestehenden Unsicherheiten oder die früheren Unsicherheiten im Zusammenhang mit sogenannten faktischen Vogelschutzgebieten beseitigt.

Nachdem das Thema mehrmals Gegenstand der Erörterung im Parlament und seinen Ausschüssen war, sollte Ihnen hinlänglich bekannt sein, dass die Belange der Land- und Forstwirtschaft bereits im rheinlandpfälzischen Naturschutzgesetz berücksichtigt werden. So sieht § 26 des Landesnaturschutzgesetzes vor, dass die land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken nach der guten fachlichen Praxis in der Regel den Erhaltungszielen entspricht.

Nach § 25 des Landesnaturschutzgesetzes stellen die oberen Naturschutzbehörden generelle Bewirtschaftungspläne für Natura-2000-Gebiete im Benehmen mit den kommunalen Planungsträgern auf. Dabei werden auch die Betroffenen, insbesondere Land- und Forstwirtschaft, einbezogen. Dies wird vom Europarecht nicht verlangt, entspricht aber dem Modell eines kooperativen Naturschutzes in Rheinland-Pfalz.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hannelore Klamm und Margit Mohr (SPD), Öffnung des deutschen Briefmarktes und mögliche Auswirkungen auf Beschäftigte und Postversorgung – Nummer 5 der Drucksache 15/1258 – betreffend, auf.

Bitte schön, Frau Mohr.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Teilt die Landesregierung Befürchtungen, dass es durch einseitige Öffnung des deutschen Briefmarktes zu europäischen Wettbewerbsverzerrungen kommt?

2. Welche Auswirkungen könnten derartige Wettbewerbsverzerrungen möglicherweise auf Postversorgung und Beschäftigte in Rheinland-Pfalz haben?

3. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund Äußerungen von Ministerin Christa Thoben aus Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2006, die sich, wie zuvor die SPD, gegen einen deutschen Alleingang bei der Liberalisierung des Briefmarktes ausgesprochen hat?

Herr Staatsminister Hering, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Entwurf der Europäischen Kommission für eine neue Postrichtlinie war ursprünglich das Jahr 2009 als Liberalisierungsdatum für die europäischen Postmärkte vorgeschlagen worden. Unter dieser Voraussetzung wäre eine um ein Jahr frühere Öffnung des deutschen Briefmarktes zum 1. Januar 2008 vertretbar gewesen. Hierauf habe ich bereits im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Hannelore Klamm, Dieter Klöckner und Margit Mohr am 30. März dieses Jahres hingewiesen.

Inzwischen ist jedoch insofern eine veränderte Situation eingetreten, als dass sich das Europäische Parlament für eine Briefmarktöffnung 2011 ausgesprochen hat. Aus den Arbeitsgruppen des Europäischen Rates ist zu vernehmen, dass es auch Mitgliedstaaten gibt, denen selbst dieses Datum als zu früh erscheint.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3: Ob es auf dem deutschen Postmarkt zu Wettbewerbsnachteilen führen wird, wenn einzelne europäische Länder ihren Briefmarkt nicht zeitgleich mit Deutschland öffnen, kann nach Auffassung

der Landesregierung pauschal nicht beantwortet werden.

Ein zeitlich nicht harmonisierter Liberalisierungspfad darf allerdings keinesfalls dazu führen, dass Postunternehmen auf weiterhin abgeschotteten Monopolmärkten ihre Gewinne dazu verwenden, um auf dem deutschen Postmarkt wesentliche Marktanteile durch kostenunterdeckende Preise oder durch Lohndumping zu erzielen. Dies wäre eine keinesfalls zu akzeptierende Wettbewerbsverzerrung und ein deutlicher Nachteil für die deutschen Postunternehmen.

Aus diesem Grund sollte die vollständige Liberalisierung des deutschen Briefmarkts zum Januar 2008 nach Auffassung der Landesregierung noch einmal verschoben werden. Dass die rheinland-pfälzische Landesregierung und die SPD-Fraktion im Bundestag mit dieser Auffassung nicht alleine stehen, zeigen nicht zuletzt die Äußerungen von Frau Wirtschaftsministerin Thoben aus Nordrhein-Westfalen, die ähnliche Forderungen aufgestellt hat. Sofern eine Verschiebung des Öffnungstermins in Deutschland nicht gelingen sollte, müssten die Beschäftigungsverhältnisse im Postmarkt zumindest durch zusätzliche soziale Absicherungsmaßnahmen gefestigt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass durch die in der Berliner Koalition beschlossene Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Postdienstleistungsmärkte in naher Zukunft tarifliche Vereinbarungen zu erwarten sind, die geeignet sind, ein Lohndumping auf dem Briefmarkt zu verhindern.

Positiv zu bewerten sind vor diesem Hintergrund auch die inzwischen begonnenen Tarifverhandlungen zwischen privaten Postdienstleitern, wie der PIN AG oder der TNT-Gruppe, mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstellen.

Unter der Voraussetzung, dass es zu sozial tragbaren Abschlüssen kommt, müssten sich negative Auswirkungen der Briefmarktliberalisierung auf die Beschäftigten der Deutschen Post und die Beschäftigten ihrer Wettbewerbsunternehmen im überschaubaren Rahmen halten lassen.

So weit zur Beantwortung.

Vielen Dank.

Gibt es weitere Fragen? – Frau Kollegin Mohr, bitte schön.

Herr Minister, woher kommt denn Ihrer Meinung nach dieser zeitlich aufgebaute Druck, der gerade in Deutschland gemacht wird?

Die Regelung ist ursprünglich getroffen worden und gesetzlich noch in Kraft, dass zum 1. Januar 2008 der Postmarkt in Deutschland liberalisiert wird. Dies ist – ich habe es ausgeführt – in dem Vertrauen darauf geschehen, dass auch die europäischen Märkte ab dem 1. Januar 2009 liberalisiert werden.

Das Hinauszögern der Liberalisierung auf europäischen Märkten erfordert ein Umdenken. Mit Sicherheit wäre, bei Erkenntnis der Tatsache, dass 2009 nicht gehalten werden kann, die Entscheidung 1. Januar 2008 so nicht gefallen. Deswegen verstehe ich auch die Hektik nicht, die gemacht wird, es müsse zwingend zum 1. Januar 2008 liberalisiert werden. Diejenigen verkennen die negativen Folgen auf die bestehenden deutschen Unternehmen, nicht nur der Post AG.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Wirz.

Herr Minister, ist Ihnen der Beschluss des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments vom 18. Juni bekannt, nach dem noch im Juli dieses Jahres im Europäischen Parlament endgültig über die Postrichtlinie mit dem Ziel abgestimmt werden soll, dass diese am 31. Dezember 2010 für alle Mitgliedsländer in Kraft treten soll?

Ich habe Ihnen die Positionierung des Europäischen Parlaments genannt und auch gesagt, dass es Äußerungen von Mitgliedstaaten gibt, selbst das Datum 2011 sei ihnen zu früh.

Deshalb ist die Tendenz klar absehbar, dass wir im Jahr 2009 nicht die Liberalisierung haben werden, die Grundlage der Entscheidung in Deutschland gewesen war, zum 1. Januar 2008 die Liberalisierung vorzunehmen. Es wird auf europäischer Ebene deutlich später sein. Das hat die negativen Konsequenzen für deutsche Unternehmen, die ich ausgeführt habe.