Protocol of the Session on June 28, 2007

Vielleicht zunächst etwas zur Geschichte: RheinlandPfalz hatte zunächst einmal in der ersten Tranche 8,34 % der Fläche als Vogelschutzgebiete gegenüber dem Bund und der EU-Kommission gemeldet. Die EU-Kommission hatte Bedenken angemeldet, dass Deutschland insgesamt zu wenig Flächen als Vogelschutzgebiete gemeldet hatte. Sie hat eine entsprechende Kritik geäußert. Dabei muss man allerdings feststellen, dass der gemeldete Prozentanteil von Rheinland-Pfalz im Verhältnis relativ hoch ist. Nordrhein-Westfalen hat beispielsweise nur 4,5 % gemeldet. Baden-Württemberg hat 4,9 % der Flächen gemeldet. Wie gesagt, wir haben 8,3 % gemeldet. Es ist auch richtig, dass Hessen mehr gemeldet hat.

Frau Ministerin, zunächst einmal stellen sich folgende Fragen: Wie kommt die Kommission an die Daten von Rheinland-Pfalz? Wer hat die Daten aus RheinlandPfalz der Kommission zugänglich gemacht? Welche Kriterien lagen zugrunde, damit die Kommission in Richtung auf das Bundesland Rheinland-Pfalz Kritik üben konnte? Durch wen sind diese Daten letztlich bekannt geworden?

Sie haben dann das Thema angepackt und haben, so wie die EU das gewollt hat, versucht, neue Gebiete zu finden. Bei der Suche nach diesen Gebieten haben Sie naturschutzfachliche Suchkulissen eingerichtet. Hierzu stellen sich für mich folgende weitere Fragen: Wer hat die Daten für diese naturschutzfachliche Suchkulisse geliefert? Waren das hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes oder waren das Hobbyornithologen, wie das vom Bauernverband behauptet wird? Wer hat also welche Brut- und Vogelnester beobachtet und gezählt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese und jene Fläche als Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden müsse?

Ergebnis war dann, dass im Westerwald, in Rheinhessen, in Baumholder im Donnersbergkreis, im Hornbachtal, im Pfälzerwald, in Teilen des Ahrtals und der Eifel sowie an der Mittelhaardt Flächen sehr unterschiedlicher Art ausgewiesen worden sind. Es sind Waldflächen dabei, aber es sind auch hochwertige landwirtschaftliche Nutzflächen dabei. Das sind zum Beispiel Flächen, auf denen Sonderkulturen, wie der Wein, angebaut werden.

Wir wissen, dass damals bei der ersten Tranche bereits fast alle Weinbaugebiete in der Suchkulisse einbegriffen waren. Mit Recht wurden meines Erachtens nachher aber keine gemeldet. In einem zweiten Anlauf geht man jetzt wieder dazu über, in Rheinhessen im Bereich Höllenbrand und in der Pfalz im Be

reich Mittelhaardt zusätzliche Weinbauflächen als Vogelschutzgebiete auszuweisen.

Es ist interessant, wie die Abgrenzung erfolgt. Im Landkreis Bad Dürkheim in der Mittelhaardt endet die Abgrenzung abrupt bei der Stadt Neustadt. Ob es an der Südlichen Weinstraße wohl keine Vögel gibt? Ich weiß das nicht, weil ich sie nicht selbst gezählt habe. Es ist aber hochinteressant, wie da eine Abgrenzung vorgenommen worden ist. Ich sage einmal, ein Stück Willkür ist dabei.

(Beifall der FDP)

Ich sage auch, ich war enttäuscht von der Informationsveranstaltung, die in Bad Dürkheim stattfand. Ich bin selbst hingegangen. Die Fragen, die dort gestellt wurden und die ich eben gestellt habe, wurden nicht ausreichend beantwortet. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, welche Nutzungsauflagen damit verbunden sind, wenn Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden. Wie sehen die Bewirtschaftungspläne aus? Für diejenigen, die von diesen Flächen leben, nämlich die Landwirte und Winzer, ist es ganz entscheidend, dass sie darüber Einnahmen erzielen können. Jegliche Belastung führt natürlich zu Wertverlusten auch im Hinblick auf den Wert des Grundstücks.

(Beifall bei der FDP)

Es ist wohl bekannt, dass Bewirtschaftungspläne vorhanden sind. Sie werden aber nicht veröffentlicht, und sie werden auch nicht denjenigen zugänglich gemacht, die davon betroffen sind. Das bedauern wir sehr.

Es geht aber nicht nur um die Landwirte und Winzer bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten, sondern es geht natürlich auch um die kommunale Weiterentwicklung vor Ort. Ich darf nur daran erinnern, dass neuerdings in der Suchkulisse Gebiete dabei sind,

(Glocke des Präsidenten)

die von aktuellen Straßenbaumaßnahmen betroffen sind – die B 271 an der Mittelhaardt – und die Vorrangflächen für Windkrafträder im Westerwald betreffen. Es gibt also viele Fragen, die beantwortet werden müssen.

Ich habe nur die Bitte, lassen Sie möglichst viel landwirtschaftliche Nutzfläche außen vor; denn sonst werden Sie Probleme bekommen, Frau Ministerin. Gerade heute ist erst wieder eine Resolution aus der Verbandsgemeinde Freinsheim bekannt geworden. Nächste Woche wird sich der Kreistag damit beschäftigen. Sie haben entsprechende Erfahrungen an der Ahr damit gesammelt. Ich weiß, dass auch wieder juristische Schritte eingeleitet werden, und das mit Recht; denn die Landwirte und Winzer benötigen schon eine gewisse Zukunft.

(Glocke des Präsidenten)

Sie müssen vor allem wissen, welche Auflagen damit verbunden sind und ob sie weiter ihrer Existenz nachgehen können.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Seekatz.

(Pörksen, SPD: Seekatz ist gefährlich für Vögel!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich ist es wichtig und auch sinnvoll, Schutzgebiete für Vögel auszuweisen. Wenn jedoch von 76.000 Hektar auszuweisender Fläche rund 30.000 Hektar allein im Westerwald ausgewiesen werden sollen, kann man sich die Frage stellen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde.

Im Verhältnis zur gesamten Vogelschutzfläche in Rheinland-Pfalz bedeutet dies allein im Westerwald eine Steigerung von 0,9 % auf über 12 %. Diese massive Flächenausweisung allein im Westerwald wird sicherlich schwerwiegende Folgen für die Landwirtschaft, die wirtschaftliche Entwicklung und den Gestaltungsfreiraum der Kommunen vor Ort haben.

Jedes Unternehmen, das in oder an solch einer Fläche liegt, muss künftig teure Umweltverträglichkeitsprüfungen vornehmen, wenn zum Beispiel eine Erweiterung geplant wird. Neben den Verzögerungen, die sich hierdurch ergeben, kommen weitere Kosten auf die Unternehmen zu.

Vogelschutz ist wichtig, jedoch kann er nicht so extrem auf eine Region fixiert werden, dass der Handlungsspielraum der Gemeinden und der Unternehmen derart eingeschränkt wird, dass die künftige Entwicklung nur noch sehr schwer möglich bzw. mit enormen Kosten verbunden ist.

Die infrastrukturelle, kommunale und wirtschaftliche Entwicklung kann durch die zusätzlichen Flächenausweisungen insgesamt gehemmt, aber auch geschwächt werden. In Rheinland-Pfalz sind derzeit 8,4 % der Landesfläche als Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Insgesamt hat das Land ca. 18 % der Landesfläche für die Erhaltung der Artenvielfalt reserviert. Damit liegen wir im bundesweiten Vergleich in der Spitzengruppe.

In Deutschland wurden bisher durchschnittlich nur 10 % der Flächen ausgewiesen. Durch die Neuausweisung von zusätzlichen 3,7 % der Landesflächen summiert sich die gesamte für den Biotopverbund „Natura 2000“ reservierte Fläche auf ein Fünftel des Bundeslandes. Ob wir in diesem Bereich unbedingt zu den Spitzenreitern zählen sollten, halte ich für fraglich.

Frau Conrad hat auf die Mündliche Anfrage schon ausgeführt, dass diese Argumente sicherlich nicht gelten können. Vogelschutzgebiete sind dort auszuweisen, wo

sich die zu schützenden Arten niedergelassen haben. Artenschutzfachliche Gründe – Sie haben es ausgeführt – sind die Hauptargumente.

Dies ist sicherlich richtig, jedoch vermissen auch die Kammern Erläuterungen, warum die geplanten Schutzgebietsausweisungen in ihrer Lage und Größe für die nachhaltige Erhaltung der jeweiligen Vogelart notwendig sind. Insbesondere im Hinblick auf die stetigen natürlichen Veränderungen, wie zum Beispiel die Artenwanderung, wo die verschiedenen Nester sind und ob diese alle auch belegt sind, fehlen entsprechende Aussagen.

Meine Damen und Herren, beachtlich ist die Art und Weise, wie die Landesregierung mit den Betroffenen vor Ort umgeht. Naturschutz lässt sich nur mit den Menschen und nicht über ihre Köpfe hinweg betreiben. Je stärker die Einbindung, desto größer die Akzeptanz. Da es im Vorfeld überhaupt keine Einbindung gab, können Sie sich vorstellen, wie hoch die Akzeptanz vor Ort ist.

Bereits zum vierten Mal finden Ausweisungen ohne eine frühzeitige Beteiligung der Betroffenen vor Ort statt, und zwar zweimal in der Vergangenheit bei FFH-Gebieten und nun zum zweiten Mal bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten.

Meine Damen und Herren, die Regierung legt eine Arroganz an den Tag, die nicht in Ordnung ist.

(Beifall der CDU – Zuruf von der SPD: Buh!)

Sie können soviel „Buh“ rufen, wie Sie wollen. Das ist ganz einfach so. Im Saarland werden die Betroffenen im Vorfeld eingebunden. In Rheinland-Pfalz pflegt man wohl andere Verfahren.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, blöken Sie ruhig herum. Das interessiert sowieso keinen.

Eine Art Geheimverfahren, bei dem die örtlichen Betroffenen am Schluss vor vollendete Tatsachen gestellt werden, so bezeichnen viele Verantwortliche auf kommunaler Ebene die Vorgehensweise der Landesregierung.

Mitte März wurden wir im Westerwald von der IHK informiert, dass ein Verfahren im Gang ist, das schon weit fortgeschritten sei. Anfang Juni fand eine Informationsveranstaltung durch Vertreter der zuständigen Landesbehörden in Montabaur statt. Bei dieser Informationsveranstaltung ging es neben der allgemeinen Informationen um die Optimierung der Suchkulisse. Nur artenschutzfachliche Gründe konnten eingebracht werden. Eine Fristverlängerung über den 22. Juni hinaus wurde abgelehnt.

Die Landwirte und – ich denke – auch die Winzer bekennen sich zum nachhaltigen Natur- und Umweltschutz. Warum werden sie nicht früher eingebunden? Die Wertminderung des Bodens treffen in erster Linie die Bauern. Fachleute rechnen mit einer Minderung des Wertes von gut 20 %. Auch die Waldbauern vor Ort

vermissen das partnerschaftliche Zusammenarbeiten zwischen den Behörden und den Eigentümern.

Frau Conrad, so geht man nicht mit den Betroffenen vor Ort um. Naturschutz geht nur mit den Menschen und nicht über ihre Köpfe hinweg. Wenn sich die Landesregierung diesen Satz zu eigen machen würde, blieben ihr sicherlich auch peinliche Pannen wie im Kreis Altenkirchen erspart. Hier verläuft nämlich die Grenze des Vogelschutzgebietes mitten durch einen Kuhstall.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Langner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Eymael, sicherlich wünscht man sich die Welt manchmal anders, als sie ist.

Herr Seekatz, wenn Sie von Arroganz der Regierung sprechen, möchte ich in dem Zusammenhang von einer Arroganz gegenüber den Rahmenbedingungen sprechen, mit denen wir es zu tun haben.

Bei der Nachmeldung der Vogelschutzgebiete handelt es sich schlicht und ergreifend um eine Vorgabe der EU. Das muss man einmal festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Das bedeutet, dass unserem Land eine Klage auf Zwangsgeld droht. Die Ministerin hat heute Morgen in der Fragestunde bereits angekündigt, dass ein entsprechendes Verfahren läuft. Das heißt, unser Land muss finanziell etwas leisten, wenn die Forderungen der EU nicht erfüllt werden.

Insofern befinden wir uns in einem sehr eng gefassten Rahmen, den die Landesregierung aus meiner Sicht allerdings im Interesse der Menschen mit großer Sorgfalt ausfüllt. Es geht darum, den richtigen Ausgleich zwischen Artenschutz auf der einen und den Interessen der Kommunen oder der Wirtschaft auf der anderen Seite zu finden.

Ich fand im Übrigen bemerkenswert, dass heute die Mündliche Anfrage des Kollegen Gebhart, der gleichzeitig umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, auf diesen Hintergrund überhaupt nicht eingegangen ist und sehr einseitig dieses Thema beleuchtet hat.