Protocol of the Session on May 24, 2007

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Eymael.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ein Thema, mit dem sich der Landtag schon mehrfach beschäftigt hat, zuletzt in der Aktuellen Stunde im März dieses Jahres, als das EU-Parlament seine Vorstellungen zur Reform der EU-Weinmarktordnung vorgelegt hat.

Es gibt eigentlich nichts Neues mit der Ausnahme, dass die EU-Agrarkommissarin erklärt hat, dass nicht 400.000 Hektar, sondern nur 200.000 Hektar gerodet werden sollen. Ansonsten könnte man schließen und sagen, man liest im Protokoll nach, was im März zu dieser Thematik besprochen worden ist.

Ich will aber deutlich machen, dass es in diesem Haus keinen Dissens über die Vorstellung gibt, wie die rhein

land-pfälzische Politik für den Weinbau sich entwickelt hat.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Darüber gibt es Einverständnis.

Frau Kollegin Baumann, Sie haben massiv die Anreicherung von Saccharose verteidigt. Ich glaube, einmal sagen zu können, dass der Klimawandel seine Auswirkungen auf die Qualität und Reife des Weines und der Trauben in diesem Land hat. Die Mostgewichte sind in den letzten Jahren erheblich höher geworden.

Eine Missernte in dem Sinne, wie wir sie in den 60er- und 70er-Jahren erlebt haben, gibt es seit Anfang der 80er-Jahre nicht mehr. Insofern ist die Bedeutung nicht mehr ganz so gewaltig, wie Sie sie jetzt zum Ausdruck bringen. Gute Betriebe versuchen, solche Qualitäten zu erzeugen, dass sie ohne Anreicherung auskommen.

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich neben der Anreicherung mit Saccharose eine weitere Möglichkeit der Anreicherung, nämlich mit RTK, also mit rektifiziertem Traubenmostkonzentrat. Dies ist auch bei uns zugelassen bis hin zum Qualitätswein, sollte aber dort angewandt werden, wo auch die Überschüsse anfallen; denn das RTK wird aus Überschüssen in Italien, Frankreich und Spanien hergestellt. Dort sollte man es auch entsprechend verwenden. Aber es besteht auch die Möglichkeit, es in Deutschland anzuwenden. Im Übrigen gibt es keinen qualitativen Unterschied, ob ein Wein mit Saccharose oder mit RTK angereichert ist. Das ist genau das Gleiche.

De facto war in dem Pressebericht, den Sie soeben angesprochen haben, ein Fehler enthalten. Dass mit Zucker nachgesüßt wird, ist legalerweise nicht erlaubt. Ob diese Methode illegal hie und da angewandt wird, weiß ich nicht; dazu kenne ich mich auch zu wenig in diesem Bereich aus. Aber nichtsdestotrotz müssen die Perspektiven für die nördlichen Weinbaugebiete bei dieser Weinmarktreform vorgegeben werden. Dazu gehört auch dieser Bereich, der soeben angesprochen worden ist.

Als weiterer wichtiger Bereich gehört für mich dazu, dass die Steillagen in der Zukunft eine Chance haben und sie besonders unterstützt werden. Es ist nun gelungen, dass es einen Stillstand bei den Flächenstilllegungen im Bereich des Steillagenweinbaus in den Gebieten MoselSaar-Ruwer, Mittelrhein und Nahe gegeben hat und es durch Umstrukturierungs- und Umstellungsmaßnahmen dort neue Perspektiven gibt, die seitens der Europäischen Union unterstützt werden. Es ist sehr wichtig, dass auch der Steillagenweinbau und damit insbesondere die Kulturlandschaften erhalten bleiben.

Die Mittel dazu könnten freigesetzt werden, indem man auf die Destillation verzichtet und die 500 Millionen Euro, die dafür anstehen, für Zwecke nützt, um damit eine Weiterentwicklung insbesondere auch im Steillagenweinbau zu erreichen. Investitionen in die Umstrukturierung, Investitionen in die Absatzmärkte sowie Investitionen in eine moderne Kellerwirtschaft sind Investitionen für die Zukunft.

Meine Damen und Herren, die Zulassung von Rebsorten sowie Jahrgangsangaben für Weine, die keine geografische Angabe tragen, ist ebenfalls ein wichtiges Thema der Weinmarktreform. Dies trifft auf unseren Widerstand. Ich kann die Presseerklärung von Staatsminister Hering voll und ganz unterschreiben. Es gibt in keinem einzigen Satz einen Dissens. Die Presseerklärung gibt genau das wieder, was die Linie des Landes Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre sein soll, wenn es darum geht, dem Weinbau in Rheinland-Pfalz entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit er sich so weiterentwickeln kann, wie er sich in den letzten zehn bis 15 Jahren entwickelt hat.

Ich glaube, dass die Sonderkultur Wein derzeit gut dasteht, der Wein ein gutes Image hat und die Winzer ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften können, wenn sie sich persönlich als landwirtschaftliche oder weinbauliche Unternehmer sehen und neben dem Anbau und der Kellerwirtschaft auch die Vermarktung beherrschen. Wenn die Ausbildung – von Fachhochschulstudien über die Meisterprüfung bis hin zur Technikerausbildung – auch weiterhin so gut ist wie bisher, sehe ich eigentlich positiv in die Zukunft.

Insbesondere Spaß macht die junge Generation; das möchte ich ausdrücklich betonen. Die jungen Winzerinnen und Winzer sind heute sehr innovativ und kreativ.

(Glocke des Präsidenten)

Sie sehen sich selbst gar nicht im Wettbewerb, sondern sie stehen zusammen, um gemeinsam den Wettbewerb zu gewinnen. Dazu bedarf es einer vernünftigen EUWeinmarktordnung.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir den aktuellen Konjunkturbericht der Weinbranche betrachten, kann man in der Tat mit der Entwicklung in der Weinwirtschaft und der Entwicklung der Winzer in unserem Land sehr zufrieden sein; denn der Absatz von deutschen Rotweinen auf dem deutschen Markt ist in den vergangenen Jahren um 11,4 % und von deutschen Weißweinen um über 4 % bei einem Marktanteil von bereits über 50 % gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil von französischen und italienischen Weinen um 8 % zurückgegangen. Dies ist eine positive Entwicklung, die seit Jahren anhält.

Dies zeigt auch, was im Konsens der Weinbaupolitik gestaltet worden ist, nämlich dass wir in Rheinland-Pfalz gerade in den letzten zehn bis 15 Jahren deutlich vorangekommen sind und sich die Situation heute generell anders darstellt, als dies noch Ende der 80er-Jahre der Fall gewesen ist.

Damit wird auch klar, was wir im Rahmen der aktuellen Diskussion um die Weinmarktordnung in Europa erwarten. Wir erwarten schlicht und ergreifend, dass uns Europa in dieser guten Entwicklung unterstützt und hilft und nicht mit einer neuen Weinmarktordnung behindert. Das ist die Kernforderung, um die es geht.

Wir als Land Rheinland-Pfalz haben unangefochten die Meinungsführerschaft in der Diskussion um die Weinbaupolitik in Deutschland. Wir haben daher diese Forderung in einer gemeinsamen Position zusammengefasst. Erfreulicherweise ist dieser gemeinsame Konsens deutschlandweit in einer Entschließung in den Bundesrat eingebracht worden und enthält vier Kernforderungen:

1. Traditionelle Behandlungsmethoden müssen auch zukünftig möglich sein.

2. Wir brauchen ein nationales Budget, das wir eigenverantwortlich einsetzen können.

3. Die Qualitätsweinstruktur muss erhalten bleiben.

4. Unsinnige Programme, wie beispielsweise die Zwangsrodung, dürfen nicht umgesetzt werden.

Wir sind in diesem Bereich gemeinsam engagiert tätig gewesen. Wir haben bei einer Veranstaltung in Brüssel mit Unterstützung der Weinbauregionen Europas unsere Position deutlich gemacht, und wir haben sehr viele Gespräche mit Mitgliedern des Europäischen Parlamentes geführt. Erfreulicherweise hat das Europäische Parlament in seiner Stellungnahme, die wir im März diskutiert haben, viele der Grundpositionen in Bezug auf die Anreicherungsmethoden, das Rodungsprogramm und das nationale Budget, die wir in Rheinland-Pfalz formuliert haben, übernommen.

Das, was die Landwirtschaftskommissarin Frau Fischer Boel bei der INTERVITIS und erneut während der Agrartage in Mainz kommuniziert hat, ist sehr bedauerlich; denn es bringt klar zum Ausdruck, dass man die traditionellen Behandlungsmethoden mit Saccharose zukünftig nicht mehr gestatten will und man am Rodungsprogramm festhalten will. Zwar ist die Reduzierung des Rodungsprogramms um 50 % ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir halten dieses Programm insgesamt für eine Fehlentwicklung.

Wenn man die internen Papiere, soweit sie einem zur Verfügung stehen, auswertet, wird deutlich, dass man mit dem Entwurf der Weinmarktreform auch den Ausstieg aus dem Qualitätsweinsystem, wie wir es in Deutschland etabliert haben, erreichen will. Man geht nicht konsequent den Schritt hin zu einem nationalen Budget.

Das nationale Budget aber muss die Grundforderung sein, die wir brauchen; denn wir wollen unsere Winzer und insbesondere die jungen und engagierten Winzer unterstützen und fördern. Deswegen möchten wir, dass das Umstrukturierungsprogramm um Investitionen in die Kellerwirtschaft ergänzt wird, damit wir die Winzer, die in diesen Bereich investieren, unterstützen, begleiten und fördern können. Unsere Zielsetzung ist auch, eine Steillagenförderung zu gestalten, die das honoriert, was

Winzer leisten, nämlich einen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Wir gestalten derzeit eine Steillagenförderung, die allerdings sehr kompliziert ist, da sie zwangsweise als Umweltprogramm gestaltet werden muss, da anderweitig europäische Mittel nicht eingesetzt werden können. Unsere Zielsetzung besteht schlicht und ergreifend darin, das zu honorieren, was wir an der Leistung der Winzer schätzen, nämlich den Erhalt einer Kulturlandschaft in einer faszinierenden Landschaft. Wir brauchen das nationale Budget, um dies mit einem unbürokratischen Programm zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. All dies sind Ansätze der Weinmarktpolitik, wie sie von der europäischen Ebene eigentlich gestaltet werden sollte.

Wenn man genau nach Brüssel schaut, sind in der Tat Spanier, Portugiesen und viele andere intensiv in der Lobbyarbeit. Wir werden diesem Trend entgegensteuern; denn wenn man zu nationalen Budgets kommt, möchte man sie daran festmachen, wie die finanzielle Ausstattung bisher gewesen ist. Dies werden wir nicht akzeptieren; denn bisher haben die Regionen in Europa von der Förderung am meisten profitiert, die sich nicht wettbewerbsfähig verhalten haben. 800 Millionen Euro im Jahr für die Destillation von Wein!

Es kann nicht sein, dass diese Regionen auch zukünftig zu den Profiteuren der europäischen Förderung gehören. Deswegen fordern wir eine Aufteilung nach nachvollziehbaren, sinnvollen und effizienten Kriterien. Dann werden wir den Winzern in Rheinland-Pfalz mit vielen Fördermöglichkeiten helfen können.

Wir werden im nächsten Jahr daran arbeiten – nach meiner Überzeugung wird es noch ein Jahr dauern, bis die Weinmarktordnung verabschiedet wird –, Verbündete in Europa zu bekommen.

Ich habe mich mit dem deutschen Weinbaupräsidenten Weber verständigt, dass wir in den nächsten Tagen gemeinsam mit wichtigen Akteuren ein Strategiegespräch führen werden: Wie werden wir den Prozess weitergestalten, um für diese sinnvollen Positionen zu werben?

Eines muss klar sein: Frau Schneider, wir müssen auch den Bundesminister als Verbündeten haben. Wir wünschen uns, dass er auch zunehmend in der Wortwahl zum Ausdruck bringt, dass er klar zu den Positionen steht. Notfalls muss klar sein, dieser Entwurf, wie er sich jetzt abzeichnet, wird nicht die Zustimmung von Deutschland im Ministerrat erhalten. Das muss als Position klar sein. Nur dann werden wir auch die notwendigen Argumente und den Nachhalt haben, um nachhaltig etwas zu verändern.

Wir wollen noch zukünftig bilanzieren: Die gute Entwicklung in Rheinland-Pfalz hat ihre Fortsetzung wegen einer guten Weinmarktordnung gefunden. Ich möchte nicht darüber diskutieren, dass wir wegen einer Weinmarktordnung Probleme in Rheinland-Pfalz bekommen haben. Ich finde es gut, dass wir gemeinsam im großen Konsens dieses Ziel verfolgen. Da bin ich auch guter Dinge, dass wir in diesem Bereich einiges bewegen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Baumann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Eymael, ich bin schon etwas erstaunt, dass Sie sagen: Es gibt nichts Neues.

(Eymael, FDP: Es gibt doch auch nichts Neues!)

Wenn wir bei dieser Geschichte nicht am Ball bleiben und uns nicht gemeinsam als Lobbyisten für die rheinland-pfälzische Weinwirtschaft verstehen und immer wieder insistieren, dann verschenken wir etwas, was ganz schön stark ist.

(Frau Schneider, CDU: Wir waren doch einig, Frau Kollegin!)

Sie haben mir quasi süffisant gesagt: Jetzt stellt sie sich vorne hin und erklärt den Kollegen, wie das mit der Anreicherung ist. Ich denke, das war schon notwendig, denn viele wissen es nicht. Ich habe das auch draußen im Land gemerkt.

Wenn Sie sagen, liebe Zeit, wir haben den Klimawandel, und dann brauchen wir das nicht,

(Eymael, FDP: Das habe ich nicht gesagt!)

dann sagen Sie das bitte einmal irgendwann unseren Winzerinnen und Winzern, dass wir das nicht brauchen. Erklären Sie bitte auch einmal, warum und wieso. Ich glaube, Sie werden einen Sturm der Entrüstung ernten. Ich finde, das ist so auch nicht in Ordnung.