Protocol of the Session on May 24, 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren und Herren! Herr Pörksen, Sie haben die Frage

aufgeworfen, warum es eine Aktuelle Stunde und nicht nur eine Behandlung im Ausschuss gibt. Ich denke, Ihr Beitrag, genauso wie der von Frau Kohnle-Gros und Herrn Minister Bruch hat gezeigt, warum das so wichtig ist. Sie haben sich die Frage selbst beantwortet und haben gesagt, wir müssten täglich dagegen angehen.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Pörksen, FDP: Sie haben es nicht verstanden, was ich meinte!)

Ich glaube, aktueller und mehr an den Themen der Zeit kann man eigentlich nicht sein.

Ich komme aber zu den zwei Gesichtspunkten, die ich Ihnen noch versprochen habe, die für uns wichtig sind. Sie sind auch von Ihnen, Herr Minister Bruch, angesprochen worden. Es dreht sich um die Frage der neuen Sicherheitsgesetze und warum man sie kritisch sehen sollte. Dafür sind zwei Gesichtspunkte sehr entscheidend. Zum einen wird durch die zunehmende Verlagerung polizeilicher Befugnisse aus dem Bereich der Gefahrenabwehr in den Bereich der Gefahrenvorsorge oder zum Teil sogar auch Risikovorsorge die klare Kompetenzabgrenzung zwischen Polizei und Verfassungsschutz zunehmend verwischt. Das ist so meine Wahrnehmung.

Die Polizei – gleich, ob auf Bundes- oder Landese- bene – ist für die Gefahrenabwehr zuständig und nicht für die Risikovorsorge. Dafür haben wir nämlich den Verfassungsschutz. Das kann man nicht oft genug sagen; denn der Begriff der Gefahrenabwehr und damit die polizeilichen Kompetenzen werden – wie gesagt – beständig ausgeweitet, insbesondere vom Ansinnen des Bundes her.

Zum anderen mag die Praxis von Bund-LänderKooperationen – wie etwa von der gemeinsamen zentralen Antiterrordatei aller Sicherheitsbehörden – profitieren, aber auch hier muss klar sein, dass dadurch der Föderalismus und die dadurch begründete Trennung zwischen den Sicherheitsbehörden des Bundes einerseits und den Sicherheitsbehörden des Landes andererseits nicht unterlaufen werden darf.

Wir sehen hier auch die zentralistischen Bestrebungen des Bundesinnenministers, der da nicht anders ist wie sein Vorgänger im Amt – der hat immer auch die gleichen Ideen gehabt –, sehr kritisch. Es hat nämlich auch die Fußballweltmeisterschaft gezeigt, dass es gar nicht nötig ist, alle Sicherheitsbehörden unter einem Dach mit zentralistischen Überlegungen zusammenzufassen. Das hat auch so hervorragend geklappt. Das heißt, auch in einem föderalistischen System kann man sehr gut zusammenarbeiten, ohne dass das gleich alles von Berlin aus geregelt wird.

Also noch einmal, nach all dem bleibt mir nur, dem Verfassungsschutz auch im Namen der FDP für die sehr gute Arbeit zu danken und an Sie, Herr Innenminister, zu appellieren, dass Sie hinsichtlich der Bestrebungen Ihres Kollegen aus dem Bund zweimal hinschauen und gegebenenfalls auch politischen Widerstand leisten, wenn er da Tendenzen hat, die mit der Verfassung wohl eher nicht in Einklang stehen.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Pörksen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst zwei Vorbemerkungen:

Einmal danken wir natürlich auch recht herzlich dem Verfassungsschutz. Das tue ich auch in meiner Funktion als G-10- und PKK-Vorsitzender. Wir werden immer sehr gut informiert. Ich denke, es ist ein gutes Miteinander – Verfassungsschutz und Parlamentarier.

Zweite Bemerkung: Ich gebe Frau Kollegin Kohnle-Gros in ihrer Presseerklärung recht, dass wir, die demokratischen Parteien, noch stärker zusammenarbeiten müssen beim Kampf gegen Rechts. Ich glaube, das ist unsere Aufgabe, die wir gemeinsam zu erledigen haben.

Noch einmal zurück zu Bundesinnenminister Schäuble. Ich habe ihn einerseits gelobt. Wo ich ihn nicht loben kann, das ist hinsichtlich seiner Äußerung – wie hat er noch so schön gesagt –, die selbstverordnete Blindheit derjenigen, die nicht auf das, was er uns laufend vorschlägt, sofort anspringen und sagen, wir müssen das und das noch alles an Gesetzes- und Verfassungsänderungen haben. Wir stehen der Sache durchaus kritisch gegenüber, und das lassen wir uns dann nicht als selbstverordnete Blindheit unterstellen. Ich denke, das ist nicht korrekt

Eine Bemerkung zum G-8-Gipfel und zum Linksextremismus: Wir teilen die Auffassung des Ministers in dieser Frage. Ich denke aber, man muss auch ein bisschen überlegen, ob all das, was dort gemacht wird oder was man vorhat, nicht genau zur Gegenreaktion führt, dass man durch bestimmte Handlungsweisen, wie diese Geschichte mit den Geruchsproben, die zur Identifizierung genommen werden sollen, den Protest provoziert.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich denke, da kommt man in Grenzbereiche. Da treibt man auch diejenigen in die falsche Richtung, die aus nachvollziehbaren Gründen beim G-8-Gipfel protestieren wollen. Ich denke, das ist unser Recht. Das Recht, gegen Dinge zu demonstrieren, die man selbst vielleicht anders empfindet als diejenigen, die dort tagen, wollen wir auch schützen. Von daher müssen wir aufpassen, dass wir nicht falsche Entscheidungen treffen, die dann Personen in die Richtung drängen, wo wir sie weiß Gott nicht haben wollen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich glaube, der Bereich „Islamismus“ ist vom Minister hinreichend dargelegt worden. Wir kennen aus den Kommissionen die Probleme, die wir mit dieser Art von religiösem Fanatismus haben. Die nur aus Zufall nicht

hochgegangenen Kofferbomben haben gezeigt, welches Gewaltpotenzial dort schlummert. Dass wir uns nicht gegenseitig den Eindruck vermitteln können, wir leben in absoluter Sicherheit, ist eine Binsenweisheit.

Ich denke aber, der Bericht ist so geschrieben, dass man ihn auch lesen kann. Das ist nicht bei jedem Bericht so. Auch vom Umfang her ist man sonst geneigt, 200 Seiten beiseite zu legen und zu sagen, das soll ein anderer lesen. Ich glaube, er ist in einer Form geschrieben, die ihn lesenswert macht, nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch wegen der Form.

Dieser Bericht zeigt uns, wie wachsam unser Verfassungsschutz ist und wie stark er unserer Unterstützung bedarf, damit wir das Menschenmögliche tun können, um das, was hätte passieren können, zu verhindern.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kohnle-Gros das Wort.

Ich will nur etwas zu den Geruchsproben sagen. Ich habe das gestern auch gesehen. Frau Zypries hat sich da noch einmal eindeutig geäußert. Sie hat gesagt, dass man beim ersten Blick an bestimmte Dinge erinnert wird. Das wollen wir sicher alle nicht. Aber sie hat deutlich gemacht, dass diese Geruchsproben nur zur Strafverfolgung eingesetzt werden und nicht, wie das in der DDR der Fall war, zur Ausspionierung von Menschen und auch nicht zur Prävention, sondern rein zur Strafverfolgung. Man hat in dem kleinen Bericht die Hunde gesehen, die dann diese Spur aufgenommen haben. Ich denke, dass das klargestellt und nur ein aktueller Touch ist.

Ich will noch einmal auf das eingehen, was Frau Lejeune gesagt hat. Ich hatte das vorher auch schon so ein bisschen erwähnt.

Im Verfassungsschutzbericht steht noch einmal: „Der Verfassungsschutz als Element der wehrhaften Demokratie“ – ich denke, den Begriff sollte man ruhig noch einmal mit einführen – „dient dem Schutz unserer freiheitlichen Staats- und Gesellschaftsordnung. Als Nachrichtendienst beschafft er auf der Grundlage des Landesverfassungsschutzgesetzes Informationen über Bestrebungen, die auf eine Beeinträchtigung oder gar Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abzielen, und wertet diese aus.“ Weitergehende Aufgaben hat er nicht. Da müssen die Instrumentarien zur Verfügung stehen. Sie sind auch vorhanden, hier im Land und auch auf Bundesebene.

Dann geht es wie folgt weiter: „Seine Analysen und Erkenntnisse sind eine wichtige Grundlage für die politische Auseinandersetzung“ – der Fokus ist nicht so sehr

auf die strafprozessuale gelegt; das kommt auch – „mit den Verfassungsfeinden jedweder Couleur bzw. Herkunft und Ausgangspunkt für exekutive Maßnahmen,…“

Wir haben eben gehört, dass die Regierung ihre Maßnahmen über die Polizei oder andere Maßnahmen darauf abstellt. Dann kommen als Beispiele die Vereinigungsverbote – die Diskussion hatten wir auch schon – und die Einleitung strafprozessualer Ermittlungsverfahren.

Ich denke, die Aufgabe ist hier wunderbar beschrieben, und zu der sollten wir auch alle stehen. Natürlich müssen dann die entsprechenden Instrumentarien in diesem Rahmen und im verfassungsrechtlichen Rahmen überhaupt zur Verfügung stehen. Der Rest ist dann politische Auseinandersetzung. Da gebe ich Ihnen recht.

(Beifall der CDU)

Frau Kollegin, vielen Dank.

Ich rufe nun das zweite Thema der

AKTUELLEN STUNDE

auf:

„Vorgehen der Landesregierung bei der Planung der Verwaltungs- und Gebietsreform“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 15/1113/1136 –

Für die antragstellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Schnabel.

Liebe Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Pörksen, SPD: Schmeichler!)

Nach 40 Jahren wird die Verwaltungsreform in unserem Land sicherlich notwendig. Es ist unstrittig: Alle drei Parteien haben sich schon dazu geäußert. Wenn auch manchmal in etwas unterschiedlicher Zielrichtung, so ist doch wohl klar, dass die Demografie, die Aufgaben und die Kommunikationstechniken sich geändert haben und deswegen darüber nicht nur nachgedacht, sondern es auch angepackt werden muss.

Wir haben vor rund einem Jahr ein sehr umfangreiches Papier vorgelegt, wie wir uns das vorstellen. Auch in der Regierungserklärung hat der Herr Ministerpräsident eine Aussage zur Verwaltungsreform gemacht. Jetzt stellen wir fest, dass nach einem Jahr eigentlich noch nicht allzu viel passiert ist.

Es sind drei Arbeitsgruppen gebildet worden. Zunächst einmal die Lenkungsgruppe, bei der im Lenkungsforum das Parlament beteiligt werden soll. Sie wurde am 5. November 2006 konstituiert.

Die Lenkungsgruppe, in der die kommunalen Spitzenverbände mitarbeiten, wird in Kürze, am 30. Mai, erstmals tagen.

Dann gab es die Projektgruppe, und die Ministerien arbeiten. Es sind zunächst einmal 29 Vorschläge bzw. Punkte auf den Tisch gekommen – recht dürftig, nicht allzu weitreichend. Ich will gar nicht alle vorlesen. Ich will vielleicht zwei Punkte nennen: Ernennung der Kreisjagdmeister künftig durch den Landrat oder durch die Oberbürgermeister und nicht mehr durch die ADD oder die SGD. Dann die Ernennung des Kreiswahlleiters künftig durch den Landeswahlleiter. Es sind also einige Vorschläge, die jetzt noch fortzusetzen wären, und zwar von oben nach unten.

Was mich im Grunde genommen ein bisschen geärgert hat, war, dass man Aufgaben auf der kommunalen Ebene schon angesprochen hat, bevor man in die eigentliche Aufgabenkritik eingetreten ist. Der Weg muss deswegen völlig umgekehrt gegangen werden. Ministerien, Mittelbehörden oder Landesämter müssen zunächst einmal begründen, warum sie Aufgaben nicht abgeben können, nicht abgeben wollen oder auch berechtigterweise nicht weitergeben können.