Jetzt bin ich bei der kleinen Antwort, die Sie geben. Wir warten in Rheinland-Pfalz darauf, dass die Landesregierung uns sagt, wie es insbesondere mit den rheinlandpfälzischen Hauptschulen weitergehen soll und welches Schulsystem sie sich für die Zukunft unserer jungen Menschen vorstellt. In der zweiten Runde werde ich auf Ihre winzige Antwort des Praxistags an zwei Standorten zu sprechen kommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Morsblech, Sie finden mich jetzt im Zustand einer leichten Verwirrung. Die von Ihnen beantragte Aktuelle Stunde hat den Titel – ich lese es noch einmal vor, weil es so schön ist –: „Praxistag für Schülerinnen und Schüler in Betrieben vor dem Hintergrund der Studie von Ernst & Young – Mittelstand bewertet die rheinland-pfälzische Bildungspolitik deutlich schlechter als im Vorjahr“.
Hätten Sie einen Aufsatz geschrieben, hätte der Lehrer daruntergeschrieben: Thema verfehlt. Was wolltest Du uns eigentlich sagen?
Das habe ich mich am Ende Ihrer Rede unentwegt gefragt. Ich freue mich, dass auch Sie festgestellt haben, dass das Mittelstandsbarometer Rheinland-Pfalz in der Tat ein dickes Kompliment macht. Allerdings hat Ihre studienmäßig erworbene Fähigkeit, statistische Daten zu bewerten und hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit einzuschätzen, versagt. Bei 168 befragten Unternehmen haben wir bei einer Skala von 1,0 bis 4,0 einen Unterschied von 0,04 zwischen dem ersten Land NordrheinWestfalen – bisher waren Sie der Meinung, dass dies das Land mit den meisten Gesamtschulen sei und bil
dungspolitisch ganz unten sei; die Unternehmer sehen das offenbar anders – und Rheinland-Pfalz. Im Abstand von 0,01 bzw. platzgleich mit uns liegen das Saarland, Hessen, Niedersachsen und Bayern.
Frau Kollegin Morsblech, die Einschätzung der Wirtschaft hinsichtlich der Qualität der Bildungspolitik zwischen Rheinland-Pfalz und Bayern – Sie haben uns immer erzählt, wie groß der Unterschied ist – beträgt 0,01. Machen Sie sich das bitte einmal klar.
Überlegen Sie doch einmal, was Ihnen Ihr Statistikprofessor sagen würde zur Verlässlichkeit der Berechnung eines Unterschieds von 0,01 bei 168 Befragten. Er würde Ihnen sagen: Tut mir leid. Das ist leider nicht berechenbar, und verlässlich ist das auch nicht. – Das ist das eine.
Es wird nicht richtiger, dass unsere Wirtschaft mit den bildungspolitischen Leistungen dieses Landes und der Qualität der Schülerinnen und Schüler zufrieden ist, wenn Sie uns erzählen, welche Maßnahmen die FDP gern umgesetzt hätte. Die Wirtschaft schreibt uns in Form des BDA und des LVU ganz andere Dinge ins Stammbuch. Die Wirtschaft schreibt uns nämlich kein Abitur nach zwölf Jahren und keine Abschlussprüfungen ins Stammbuch, weil sie bei ihren Auswahlverfahren selbst Prüfungen durchführen und sich ein Bild darüber machen, ob die Bewerber die spezifischen Qualifikationen, die vor Ort erforderlich sind, tatsächlich erfüllen.
Jetzt will ich anders als Sie versuchen, auf das Thema einzugehen. Deswegen, und genau deswegen, steigt dieses Land in eine verstärkte Berufsorientierung in der Hauptschule ein. Deswegen, und genau deswegen, entwickelt dieses Land Praxistage, einen Tag pro Woche – und zwar ein ganzes Schuljahr lang – für unsere Hauptschülerinnen und Hauptschüler.
Wir beginnen an zwei Orten, aber nicht mit zwei Schulen, Frau Kollegin. Wir beginnen in Trier und in Koblenz. Dort gibt es nicht wenige Hauptschulen und vor allen Dingen Hauptschulen, an denen es Probleme gibt. Dort erhalten Schülerinnen und Schüler ab dem kommenden Schuljahr die Chance, sich bei Praxistagen, die zusammen mit den Kammern, der Stadtverwaltung, der Bundesagentur, dem Ministerium und der Schulaufsicht entwickelt worden sind, für ihren künftigen Beruf zu orientieren. Das hat die Handwerkskammer in Koblenz mit einem eigenen kleinen Programm in den Ferien bereits einmal ausprobiert. Deswegen macht sie mit großer Begeisterung mit und unterstützt dieses Projekt. Das hat Frau Morsblech aber leider verpasst zu sagen, Herr Kollege Eymael.
Wir wollen dieses Programm auf das ganze Land ausbreiten – Frau Kollegin, hören Sie bitte genau zu –, und zwar in alle Städte, aber erst ab dem übernächsten Jahr. Manchmal benötigt man zur Entwicklung eines Programms im ganzen Land in einer ganzen Schulart ein klein wenig längere Zeit. Wenn man es in zwei Städten erprobt und die verschiedensten und vielfältigsten Mög
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf die angeführte Studie von Ernst & Young lässt sich sagen, dass Rheinland-Pfalz wieder einmal bildungspolitisch nicht nur im Mittelfeld herumdümpelt, sondern sich auch noch verschlechtert hat. In dieser Hinsicht reiht sich diese Studie in die Reihe zahlreicher negativer Studien ein, die zum Beispiel von der Bertelsmann-Stiftung und der Stiftung „Soziale Marktwirtschaft“ erstellt worden sind.
Das ist die negative Botschaft dieser Studie. Frau Kollegin Brede-Hoffmann, wenn Sie mit Größen von 0,3, 0,2 oder 0,1 operieren,
aber nicht die Bezugsgröße nennen, dann ist das unfair. Es ist aber klar – deshalb reagieren Sie auch so –, dass diese Landesregierung mit ihrer Bildungspolitik nicht nur stagniert, sondern es abwärts geht.
Dies steht im Gegensatz zu den anderen Ländern – Frau Kollegin Morsblech hat einige genannt –, bei denen Dynamik vorhanden ist, weil auch mehr Ideen vorhanden sind. Es verwundert mich bei dieser Landesregierung nicht. Man sieht an den politischen Taten bzw. Nichttaten, diese Landesregierung ist in die Jahre gekommen.
Ich komme deshalb zu dem Praxistag, zu dem Frau Kollegin Frau Brede-Hoffmann eine halbe Erweckungsrede gehalten hat: „Jetzt machen wir Praxistage.“
Ich lese die „StaatsZeitung“. Als ich die „StaatsZeitung“ vom 23. April aufgeschlagen habe und den Bericht mit der Überschrift gelesen habe – ich zitiere –: „Künftig Praxistag für Schüler“, dann die Unterüberschrift: „Ministerrat und IHK: Früh Erfahrungen in Betrieben sammeln“,
fiel mir spontan ein: Spät darauf gekommen, dass Schüler früh Praxiserfahrung sammeln müssen, aber lieber spät als nie.
Es war in der Vergangenheit vor allem die CDU, die auf mehr Praxisbedarf, vor allem im Hauptschulbereich, hingewiesen und auch entsprechende Anträge gestellt hat. Wie es der Zufall will, haben wir am 15. März in diesem Haus unser Sofortprogramm für die Hauptschulen vorgestellt.
Frau Kollegin Brigitte Hayn hat vorgetragen – ich zitiere auszugsweise –: Eine zentrale Stellung des Faches Arbeitslehre, in dem neben den theoretischen Anforderungen eben auch die praktischen Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt unterrichtet und aufgezeigt werden, verstärkte praktische Angebote in und außerhalb der Schule gehören dazu. Durch feste Kooperationen mit der Wirtschaft soll dies erreicht und intensiviert werden. –
Wir sind es zwar gewohnt, dass viele unserer Vorschläge von der Regierung nach einer Schamfrist von drei bis vier Monaten oder einem halben Jahr etwas recycelt als eigene Anträge kommen, aber dass es jetzt nur fünf Wochen gedauert hat bis zu dem Spitzengespräch mit der IHK in Trier, das spricht für uns.
Das machen wir natürlich gern, weil es uns um die Hauptschüler geht, die Sie bisher sträflich vernachlässigt haben. Sie haben es immer noch nicht kapiert, wie man eigentlich Politik für die Hauptschulen machen muss.
An den zwei Schulstandorten wird jetzt das Experiment gemacht, in Trier und in Koblenz. Wir haben etwa 180 Hauptschulen. Beide Städte zusammen haben elf Hauptschulen.
Vorhin hat Frau Kollegin Brede-Hoffmann begründet, warum gerade dort: weil es dort Hauptschulen mit Problemen gibt. – Das ist ja etwas ganz Neues.
Vor vier Wochen, als wir über die Hauptschulen diskutiert haben, gab es noch keine Problemhauptschulen. Da war noch alles in Butter.
An elf von 180 Hauptschulen wird experimentiert, wird versucht. Man merkt, es ist noch kein Konzept vorhanden. Dabei gibt es Bundesländer, die Konzepte für wöchentliche Praxistage an den Hauptschulen haben.