Protocol of the Session on March 16, 2007

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1 – „Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Entwicklung in Gonzerath?“ –: Abweichend von den bisher in Rheinland-Pfalz bekannten Fällen möglicher Motive der Immobilienverkäufer versucht der Vermieter der ehemaligen Dorfschule in Gonzerath, sich offensichtlich und öffentlich an der Gemeinde zu rächen, nachdem diese ihm einen bissigen Hund wegen persönlicher Unzuverlässigkeit entzogen hat. Die Entscheidung wurde durch das Oberverwaltungsgericht RheinlandPfalz bestätigt.

Wenn dieser Eigentümer auf Anfrage in den Medien nunmehr freimütig erklärt, „nicht für zwei Cent mit der NPD etwas am Hut zu haben“, so zeigt dies das Ausmaß der Irrationalität seiner Handlungsweise. Gleichwohl geht die Landesregierung gegenwärtig von erkannten Lösungsansätzen aus, die in Gesprächen mit den örtlich Verantwortlichen auf ihre Erfolgsaussichten geprüft werden.

Unabhängig davon stelle ich fest, dass das von der NPD großspurig titulierte „Schinderhannes-Zentrum“ – den Begriff „Schinderhannes-Zentrum“ muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen; man müsste sich einmal die Geschichte von Schinderhannes vergegenwärtigen und vortragen lassen – bislang bestenfalls die Qualität einer Luft- oder Seifenblase erreicht hat.

Meine Damen und Herren, dazu hat sicherlich auch die sehr eindrucksvolle Demonstration vom 3. März beigetragen, bei der über 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten demokratischen Spektrum deutlich gemacht haben, dass weder in Gonzerath noch an anderer Stelle in Rheinland-Pfalz Rechtsextremisten erwünscht sind.

(Beifall der SPD)

Zu Frage 2 – „Wie ordnet die Landesregierung die Geschehnisse in Gonzerath vor dem Hintergrund einer zunehmenden bundesweiten Aktivität der rechtsextremistischen Szene in tatsächliche oder geplante Immobiliengeschäfte ein?“ –: Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Erwerb von Immobilien wurde bereits vor Jahresfrist im Internet den Parteigliederungen der NPD öffentlich als Geldschöpfungsquelle empfohlen. Ein solches Scheingeschäft sollte in Gonzerath nicht eingefädelt werden. Auch gibt es keinerlei ernst zu nehmende Hinweise, dass die NPD das Gebäude kaufen möchte, zumal ihr hierzu aufgrund finanzieller Probleme derzeit das Geld fehlt.

Die NPD sucht zur Verbreiterung ihrer Basis die lokale Verankerung, die Präsenz vor Ort. Sie trachtet nach Räumlichkeiten, in denen Schulungen durchgeführt und sich Parteimitglieder und andere Rechtsextremisten ungestört treffen können. Die durchgeführten Veranstaltungen haben eine ideologisierende Funktion und dienen der Rekrutierung neuer Mitglieder. Es ist deshalb erklärtes Ziel der Landesregierung, Strukturen und Anlaufstellen für Rechtsextremisten durch Immobilienbesitz im Rahmen des Rechts so weit wie möglich zu verhindern. Dies tun wir ganz entschieden.

Den dennoch betroffenen Kommunen steht die Landesregierung mit vielfältigen Präventionsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus tatkräftig zur Seite.

Zu Frage 3 – „Welche Ziele verfolgt die rechtsextremistische Szene mit diesem Vorgehen nach Ansicht der Landesregierung?“ –: Mit der inzwischen hinlänglich bekannten Vorgehensweise insbesondere im ländlichen Raum soll ganz offensichtlich der Eindruck erweckt werden, es handele sich bei der NPD um eine große organisations- und leistungsstarke Partei mit vielfältigen Aktivitäten zugunsten schwacher und in der Gesellschaft zu kurz gekommener Mitbürgerinnen und Mitbürger, vornehmlich aber Jugendlicher. Dabei versucht die NPD, ihre Präsenz in den Medien positiv zu nutzen.

Anders als beispielsweise in einigen neuen Bundesländern sind diese Bemühungen in Rheinland-Pfalz bislang erfreulicherweise erfolglos geblieben. Auch das damit einhergehende Medienecho hat den Rechtsextremisten in unserem Lande ausweislich der Wahlergebnisse der Bundestags- und Landtagswahl keine Erfolge gebracht.

Gleichwohl wird die Landesregierung auch zukünftig alles daransetzen, dass dies so bleibt. Schon in Kürze wird das Innenministerium dem Kabinett weitergehende Vorschläge zur Bekämpfung des Rechtsextremismus zuleiten. Ich habe schon mehrfach gesagt, es bleibt für uns dabei: Null Toleranz für Verfassungsfeinde.

(Beifall der SPD)

Alle gesellschaftlichen Gruppen sind deshalb aufgefordert, sich daran zu beteiligen.

Darüber hinaus hat die Innenministerkonferenz auf meine Initiative hin eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich derzeit mit den Finanzquellen der Rechtsextremisten und der NPD befasst. Ich gehe davon aus, dass die Ergebnisse den demokratischen Parteien weitere Hinweise im Kampf gegen die verfassungsfeindlichen Bestrebungen geben werden.

So weit meine Antwort.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hüttner.

Herr Minister, Sie sprachen davon, dass die NPD die lokale Basis und die Präsenz vor Ort sucht. Wir wissen auch, dass die Zielgruppe der Jugendlichen, insbesondere die 12- bis 16-Jährigen, in der Regel zielgerichtet oder strategisch angesprochen werden, weil diese jungen Menschen noch kein gefestigtes Weltbild haben.

Ich frage daher: Mit welchen Ansätzen wird im Bereich der Schulen versucht, dem Thema „Werteerziehung“ Rechnung zu tragen?

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man dem Rechtsextremismus begegnen kann. Wir sind in den Schulen besonders gut aufgestellt. Dies hängt damit zusammen, dass wir eine enge Verbindung zu Staatsministerin Frau Ahnen in dieser Frage haben, und es hängt auch damit zusammen, dass sich viele Schulen an der Bekämpfung des Rechtsextremismus beteiligen.

Wir haben gemeinsam eine Initiative gegründet, die sich nicht vordergründig mit dem Rechtsextremismus selbst, sondern mit dem Ausfluss von Rechtsextremismus beschäftigt. Die Initiative heißt „Null Toleranz gegen Gewalt“. Wir haben einen Wettbewerb gestartet, der die Schulen aufgefordert hat, sich an der Frage „Rechtsextremismus und Gewalt“ zu beteiligen. Mittlerweile haben sich über 140 Schulen an dieser Initiative beteiligt.

Das heißt, wir gehen – wenn man so will – nicht den direkten Weg, bei dem wir die Menschen nach pro und

kontra Rechtsextremismus kategorisieren, sondern wir gehen einen anderen Weg, um die Schülerinnen und Schüler auf das Problem hinzuweisen. Darüber hinaus finden vielfältige Bemühungen dieses Landtags statt, zum Beispiel Besuche von Abgeordneten in Schulen, bei denen diese Frage im Hinblick auf den 27. Januar und andere Entwicklungen der Geschichte erörtert werden. Das hat Wirkung.

Wir gehen darüber hinaus weiter vor. Wir haben Präventionsprogramme, mit denen wir in die Schulen gehen, „Midnight“-Programme, bei denen wir die Schulen mitnehmen und ihnen sagen: Wir bieten euch an, mit der Polizei und mit vielfältigen Kräften der Gesellschaft zu reden und Fragen zu erörtern.

Im Übrigen haben wir auch nicht mehr die Situation, die früher einmal üblich war, dass sich der Verfassungsschutz überhaupt nicht beteiligt. Im Gegenteil, der Verfassungsschutz geht heute offen in Veranstaltungen, auch in Schulen, und erklärt, was Rechts ist, welche Gefahr davon ausgeht und wie die Entwicklung aussieht.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Licht.

Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass in der Region und der Gemeinde keine rechtsextremen Entwicklungen festzustellen sind und gerade das Engagement der Gemeinde und der Region über alle Gruppen und Parteien hinweg genau das auch in dieser Demonstration bestätigt hat?

Herr Abgeordneter Licht, ich bestätige Ihnen das gerne. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass die NPD, was die Beteiligungen an Wahlen und Wahlergebnissen eingeht, dort überhaupt keinen Fuß, noch nicht einmal einen Zeh im politischen Geschäft hat.

Die Bemühungen der Verbandsgemeinde – es ist dort eine Einheitsgemeinde –, die Bemühungen der Gemeinde und aller politischen Kräfte – in diesem Zusammenhang bedanke ich mich ausdrücklich bei dem Veranstalter, der damals die Initiative am 5. März ergriffen hat, eine Demonstration zu machen – zeigen ganz deutlich, NPD und Rechtsextremismus sind dort nicht erwünscht und haben dort auch keine Möglichkeit, sich auszubreiten, weil die Menschen dagegen stehen.

Herr Abgeordneter Licht, ich sage auch noch dazu, mein Problem ist ein anderes. Das Problem ist so – ich rede mit Journalistinnen und Journalisten zurzeit darüber –, die NPD lebt natürlich davon, dass sie eine solche Geschichte hochzieht, dann in die Medien bringt und die Medienpräsenz dann eine entsprechende Illusion – so sage ich es einmal – erweckt, dass dort zum Beispiel in Gonzerath etwas ganz Tolles geschieht.

Wir wissen über die inneren Verbindungen in der NPD, dass dort überhaupt nicht viel geschieht, sich dort ganz wenige NPD-Aktivisten, die nicht aus dem Ort kommen, überhaupt nur darstellen können und das dann auch nutzen. Insofern müssen wir auch einmal überlegen, wie wir mit solchen Phänomenen umgehen und was wir in der Medienpräsenz dort richtig machen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei CDU und FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pörksen.

Herr Minister, sind Ihnen noch andere Fälle aktueller Art im Land bekannt, bei denen die NPD versucht, solche Grundstücksgeschäfte zu machen?

Ich habe noch eine zweite Frage, die etwas darüber hinausgeht. Ist Ihnen bekannt, dass Vertreter der NPD zunehmend auf Veranstaltungen allgemeiner Art auftauchen und sich dort zu Wort melden?

Im Moment haben wir nach wie vor die Situation, dass Altleiningen/Kirchheim immer noch Anlaufstellen der NPD sind, obwohl die Immobilie dort nicht NPDEigentum ist.

Weitere Bestrebungen zum Ankauf gibt es immer wieder einmal. Sie tauchen wie das Ungeheuer aus dem Loch Ness auf. Wenn irgendjemand heute eine alte Immobilie hat – ich sage es einmal salopp und barsch dahin –, die er möglicherweise nicht los wird, dann bringt er einmal die NPD ins Spiel, und schon gibt es eine entsprechende Aufgeregtheit in den Gemeinden und in der Öffentlichkeit.

Ausschließen, dass es weitere Initiativen gibt, kann ich nicht. Wir wissen aber auch, dass die NPD finanziell nicht in der Lage ist, überhaupt eine Immobilie zu erwerben. Es gibt aber im Hintergrund immer Menschen, die die NPD dort unterstützen und möglicherweise Gelder geben.

Bei einer der letzten vier oder fünf Veranstaltungen habe ich festgestellt, dass es tatsächlich so ist, wie Sie es angefragt haben. Wir haben mittlerweile eine andere Entwicklung. Es kommen Veranstaltungsteilnehmer im Alter von 30 bis 40 Jahren, normal gekleidet, bei denen sie nicht sehen, ob dort irgendein rechtsextremistischer Hintergrund vorhanden ist. Sie haben also weder Tätowierungen noch entsprechende Kleidung, Sie kennen das, Kahlköpfe, Tätowierung am Kopf oder was auch immer. Sie versuchen, in eine Versammlung hineinzugehen und unverfängliche Fragen nach dem Motto zu stellen: Naja, Gewalt gibt es doch auch heute. Heute gibt es auch Mord. Naja, mit den Juden, das ist ja schlimm, aber so viele waren es doch gar nicht. –

Diese Geschichte wird verstärkt kommen und fordert uns, alle Parteien, weil wir alle in die Situation kommen. Es war eine überparteiliche Veranstaltung, in der ich über Rechtsextremismus gefragt worden bin. Ich habe dort vier bis fünf Mitdiskutanten festgestellt, die versucht haben, rechtsextremistisches Gedankengut herüberzubringen. Man muss diesen sofort klar gegenübertreten und klar fragen, was sie meinen. Dann geht es meistens rückwärts. Es gibt dieses Bestreben. Wir stellen es bundesweit fest. Es ist keine Tendenz, die nur im Land Rheinland-Pfalz vorhanden ist.

Es ist in der Innenministerkonferenz ein stehendes Thema. Alle Kolleginnen und Kollegen berichten von ähnlichen Entwicklungen, die uns zurzeit Sorge bereiten.

Entschuldigen Sie, wenn ich das noch dazusage, es gibt noch eine weitere Entwicklung, dass wir nämlich im Osten die Situation haben, dass sie sich wie Linksradikale kleiden und auftreten. Von daher gibt es auch für den Verfassungsschutz eine Gemengelage, die immer schwieriger wird. Man muss sich fragen, wie man das greifen kann. Wir haben natürlich auch Linksradikale, anarchische Problemgruppen und auch diese Gruppe. Wenn dies auf einmal in einer Entwicklung zusammenkommt, dann wird es auch für die Verwaltungen und Bürgerinnen und Bürger sowie die Versammlungsleiter dort sehr schwierig, die eine Versammlung leiten müssen.

Ich habe deswegen gesagt, wir werden eine Handlungsanleitung auflegen. Der Ministerrat wird diese Anfang April zugeleitet bekommen. In dieser geben wir auch Hilfen für diejenigen, die Versammlungen leiten müssen und die vor Ort in Gemeindeverwaltungen und Verbandsgemeindeverwaltungen sowie in größeren Behörden tätig sind, damit sie etwas in der Hand haben, wie sie damit umgehen können und was sie machen können. Wir können da nur Hilfestellung leisten.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Hüttner.

Herr Minister, Sie sprachen eben davon, dass man oftmals auch mit Parolen agiert und das Ganze quasi wie am Stammtisch stattfindet. Von daher stellt sich für mich folgende Frage: Mit welchen Hilfestellungen, die Sie auch angekündigt haben, kann man denn Multiplikatoren helfen, dass man also genau diesen Parolen, die angesprochen werden, entsprechend entgegnen kann, um den Rechten keine Chance zu lassen, diese zu transportieren?

Ich möchte jetzt nicht den Leitfaden vorwegnehmen. Er wird mit Sicherheit auch noch in diesem Haus diskutiert werden.

Es gibt eine Initiative, die ich herausstellen möchte und die wir auch unterstützen, und zwar über die Ressorts

hinweg. Das ist die Initiative des DGB, bei der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, also junge Leute – mittlerweile über 100 – in Schulen auftreten und mit den Jugendlichen über diese Fragen reden. Wir – also die Staatskanzlei, das Innenministerium und das Schulministerium – unterstützen das finanziell. Wir unterstützen das über die Parteien und Ressorts hinweg. Ich denke, alle Parteien sind daran interessiert, dass so etwas vor Ort geschieht. Ein Älterer wie ich ist natürlich nicht mehr so nahe an den Jugendlichen dran wie Jugendliche oder Heranwachsende selbst, die zwischen 18 und 22 Jahre alt sind.