Protocol of the Session on January 18, 2007

Sie wissen, dass es für uns ein Herzensanliegen ist. Wir müssen nicht herumeiern, ob wir es jetzt als gesetzliche Verpflichtung bezeichnen oder auf eine andere Art und Weise eine besondere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen herstellen, aber es muss uns doch gelingen, mithilfe dieser Früherkennungsuntersuchungen und einem sehr verbindlichen System wirklich die Chancen zu nutzen, möglichst viele Kinder zu erreichen. Ich hoffe sehr, dass wir im Ausschuss – das ist auch unsere Bitte, wir kommen nachher unter Punkt 11 der Tagesordnung noch einmal differenzierter auf den Antrag zu sprechen –

(Pörksen, SPD: So ist es!)

noch einmal hinreichend Gelegenheit haben, uns gegebenenfalls auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Wir denken, die Sache wäre es wert. Wir bitten daher herzlich um Ihre Unterstützung.

(Pörksen, SPD: Das hätten Sie auch vorher haben können!)

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Dr. Schmitz, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich dem hohen moralischen Druck, den man jetzt aufgebaut hat, gerecht werden kann, und muss sagen, die Versuche, meine Vorwürfe zu entkräften, kann ich so nicht stehen lassen. Frau Kollegin Grosse, Angriff ist die beste Verteidigung, aber zu behaupten, die FDP habe zu diesem Thema noch nichts gesagt, wirft kein besonders gutes Licht auf die Erinnerungsfähigkeit. Wir waren die erste Fraktion, die dieses Thema im Sozialpolitischen Ausschuss zur Aussprache gestellt hat. Wir haben uns in der letzten Aussprache zu diesem Thema umfangreich mit diesem Thema befasst und beschäftigt. Sie können das gern nachlesen. Ich erspare es Ihnen heute.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Auch der Vorwurf, mein Vorwurf laufe ins Leere, wenn Sie innerhalb von zwei Monaten die gleichen Fragen stellen, fällt auf Sie zurück.

November 2006 – ich verkürze –: „Welche Ziele beinhaltet das von Rheinland-Pfalz initiierte Projekt, das mit einer Pilotphase in Ludwigshafen startet?“

18. Januar 2007, also heute: „Welche Ziele sind mit dem rheinland-pfälzischen Projekt ,Guter Start ins Kinderleben’ mit den Standorten Ludwigshafen und Trier verbunden?“

Frau Grosse, ich bitte Sie.

Frau Thelen, der zweite Punkt ist, dass Sie mir den Vorwurf machen, dieses Thema der Lächerlichkeit auszusetzen. Wenn jemand den Vorwurf macht, dass dieses Verfahren dem Thema nicht gerecht wird, dann sage ich mit allem Ernst, das sind wir. Wenn Sie glauben, es veralbern zu können, dass Sie in 16 Bundesländern ein Datennetz für jedes Kind bei neun Kinderuntersuchungsterminen aufbauen wollen und Sie nicht selbst sehen, dass Sie Gefahr laufen, da in bester Absicht Ihre Ziele aus dem Auge zu verlieren, weil Sie die Treffsicherheit gefährden, dann sollten wir das einer vertieften Diskussion vorbehalten, die wir gleich noch führen werden. Mir mangelnden Ernst in dieser Frage zu unterstellen, muss ich in beide Richtungen weit zurückweisen.

Danke schön.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Dreyer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen! Das Wohl der Kinder liegt uns sehr am Herzen. Ich glaube, da gibt es eine große Einigkeit hier in diesem Hause. Wir wollen gute Lebenschancen für alle Kinder. Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass die Landesregierung diesbezüglich auch sehr viel unternimmt. Ich komme darauf zu sprechen, aber ich möchte zunächst auch noch einmal betonen, was eigentlich von allen Parlamentariern betont worden ist, die allermeisten Eltern nehmen ihre Verantwortung für ihre Kinder ernst.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Das ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir das alle betonen und hier sehr laut sagen. – Da könnte man auch noch einmal klatschen.

(Beifall der SPD)

Ich habe die Shell-Studie auch gelesen und mich über die hohe Zufriedenheit der Jugendlichen mit ihren Eltern gefreut. Ich habe gedacht, es ist vielleicht auch eine neue Generation, wo Eltern und Kinder wirklich auch noch einmal sehr viel anders miteinander umgehen. Trotzdem ist dieses Ergebnis wirklich ein sehr schönes.

Ich möchte an der Stelle als Familienministerin aber auch sagen, dass wir zunehmend Eltern haben, die zu Recht Unterstützung reklamieren und sagen: Die Welt ist sehr komplex geworden, wir brauchen auch Unterstützung durch unterschiedlichste Organisationen an unterschiedlichen Stellen. – Selbstverständlich stehen hier Staat und Gesellschaft in der Verantwortung. Das ist gar keine Frage. Uns geht es als Landesregierung darum, die individuelle Förderung der Kinder von Anfang an sicherzustellen. Wir wollen Hilfeunterstützung natürlich auch für die Eltern im Bereich ihrer Familien- und Erziehungskompetenz anbieten, wo immer sie Unterstützung brauchen. Natürlich geht es uns auch um den Schutz für gefährdete Kinder.

Die Landesregierung hat deshalb nicht umsonst das Schwerpunktprogramm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ in der Verantwortung meiner Kollegin Doris Ahnen initiiert, weil es tatsächlich an der Wurzel dieser unterschiedlichen Gründe, die ich jetzt genannt habe, ansetzt und wir dadurch sicherstellen können, dass im Land eine sehr frühzeitige Unterstützung, Hilfe und Förderung von Kindern, aber auch ihrer Eltern sichergestellt ist.

Natürlich versuchen wir über „Viva Familia“ vor allem genau das Thema „Familienkompetenz“ zu stärken. Ich erinnere mich daran, als wir die Initiative begonnen haben, haben viele auch noch einmal mit großem Fragezeichen diesem Programm gegenübergestanden. Ich glaube, jetzt sind wir in der Zeit, dass klar wird, wie relevant diese einzelnen Maßnahmen tatsächlich sind.

(Beifall der SPD)

Es geht uns um ganz einfache Unterstützung von Familien. Frau Thelen, natürlich sind die Akteure vor Ort eingebunden. Das ist eigentlich Kern dieses Projekts „Viva Familia“, dass wir die Kompetenzen vor Ort aufgreifen und damit Unterstützung sozusagen organisieren.

Die Hebammen sind inzwischen in aller Munde. Sie waren ein Novum in unserem Programm. Wir haben damals mit der Fortbildung der Hebammen begonnen und werden sie auch weiter fortführen, weil wir wissen, dass gerade in sozial schwächeren Familien die Hebammen einen unglaublich niedrigschwelligen Eingang in diese Familien finden. Man muss sich vorstellen, dass sie eigentlich auch Einblick in die intimste Situation einer Familie haben und sie damit sehr gute Unterstützer und Unterstützerinnen sein können, um diese Familien zu stärken und zu fördern. Das ist auch in solchen Dingen der Fall, die banal klingen, die Sie angesprochen haben, aber auch, wenn die Themen „Ernährung“, „Wie gehe ich mit einem Kind um?“, „Was mache ich, wenn das Baby schreit?“ usw. anstehen. Für all diese Dinge sind die Hebammen sehr gut qualifiziert.

Es sind aber auch die Elternkurse. Das ist von Frau Grosse und von Frau Sahler-Fesel angesprochen worden. Sie sind so konzipiert, dass wir sie nicht losgelöst machen, sondern die Elternkurse werden durchgeführt in Familienzentren, auch im Jugendamt. Es gibt sogar einen Extrakurs, der auf die Familien zugeschnitten worden ist, die Hilfen zur Erziehung durch die Jugendämter erhalten, um gerade die besonders unterstützungswürdigen Familien tatsächlich auch erreichen zu können.

Es gibt viele Beispiele. Ich muss sie hier nicht alle nennen. Aber für uns ist es selbstverständlich, dass wir sowohl grenzüberschreitend schauen als auch schauen, was es lokal für Angebote gibt und wie wir die und auch die Erfahrung von anderen stärker nutzen können. Wir haben nicht den Anspruch, alles neu zu erfinden.

Ich möchte noch einmal auf das Thema „Schutz für gefährdete Kinder“ zu sprechen kommen, weil dies im Mittelpunkt der heutigen Diskussion steht. Es ist schon oftmals gesagt worden, dass an allererster Stelle natürlich die Jugendämter stehen. Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann gibt es über 1.000 Einzelfälle, bei denen bei Kindern unter drei Jahren Hilfen zur Erziehung gewährt werden. Diese Zahl macht deutlich, dass unsere Jugendämter schon sehr früh in den Familien aktiv sind, wenn man dabei berücksichtigt, wie viele Kinder in Rheinland-Pfalz auf die Welt kommen. Deshalb ist es meines Erachtens unsere allergrößte Aufgabe, die Jugendämter vor Ort in ihren Aktivitäten zu unterstützen.

Das tun wir beispielsweise durch die Erziehungshilfeoffensive, die ich an dieser Stelle nicht beschreiben muss. Außerdem greifen wir aktuelle Themen, wie zum Beispiel die Umsetzung des § 8 a SGB VIII, auf und erörtern diese in Tagungen mit den Jugendämtern und geben ihnen Hilfen an die Hand, wie sie dieses neue Instrument des KJHG sinnvoll einsetzen und nutzen können. Außerdem leisten wir Unterstützung durch Modellprojekte.

Es müsste eigentlich normal sein, dass ein Jugendamt mit der Familienbildungsstätte, mit der Gesundheitshilfe und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst vor Ort zusammenarbeitet. Leider ist das aber nicht normal. Deshalb hat das Land die Initiative ergriffen, in Modellprojekten diese Vernetzungsarbeit voranzutreiben. Dies ist kein Vorwurf an die Verantwortlichen. Ich möchte das nur einmal klarstellen. Es gibt natürlich Jugendämter, die Kontakt zu den Krankenhäusern, zum Öffentlichen Gesundheitsdienst und zu den unterschiedlichen Initiativen haben. Das trifft aber leider nicht für alle zu. Deshalb liegen wir meines Erachtens richtig mit dem Projekt „Guter Start ins Kinderleben“ und mit allen Modulen, die ich heute Morgen bereits genannt habe.

Noch ein Wort zu den gewählten Standorten Ludwigshafen und Trier. Das heißt nicht, dass die anderen abgehängt werden. Wir haben alle Jugendämter aufgefordert, bei uns ihr Interesse anzumelden. Außerdem haben wir zugesichert, dass alle in diesem Modellprojekt gewonnenen Erkenntnisse an diese Jugendämter weitergegeben werden. Insofern setzen wir das, was wir erkennen, durchaus sofort in der Fläche um.

Dann obliegt es den Akteuren vor Ort, das schwierige Vernetzungsprojekt gemeinsam hinzubekommen. Das ist nicht ganz einfach. In Modellregionen findet dies eine stärkere Unterstützung. Wir wissen, wie weit der Gesundheitssektor manchmal vom Jugendhilfesektor entfernt ist. Beginnend bei der Sprache bis dahin, dass man berufständische Probleme überwinden muss, ist das eine sehr schwierige und komplizierte Aufgabe. Dennoch bin ich der Auffassung, dass die Sensibilität höher als jemals zuvor in Rheinland-Pfalz ist. Das gibt den Beteiligten einen echten Push, in diesem Sinne weiterzumachen.

Da wir die Früherkennung entweder im Plenum oder im Ausschuss noch vertiefend erörtern werden, spare ich diesen Bereich jetzt aus. Ich glaube, dass wir mit unseren Projekten, die wir in Rheinland-Pfalz initiieren, auf dem richtigen Weg sind, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, bevor ich die zweite Aussprache aufrufe, möchte ich klären, wie wir den weiteren Verlauf der Sitzung organisieren. Wir haben für heute Mittag um 12:30 Uhr zu einer Ausstellungseröffnung eingeladen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Aus

stellung wie jede andere, sondern um eine Ausstellung zum Thema „Wir können nur vorwärts, denn hinter uns ist der Tod“. Menschen aus unserer Region, die das erlebt haben, werden dabei anwesend sein. Konkret werden Betroffene aus Koblenz und deren Nachfahren anwesend sein. Es wäre sicherlich grob unhöflich, wenn wir unseren Parlamentsbetrieb zeitlich nicht darauf einstellen würden.

Wenn wir die zweite Aussprache zu einer Mündlichen Anfrage durchgeführt haben, kann es sein, dass der dann amtierende Präsident Ihnen vorschlagen wird, in die Mittagspause einzutreten, die bis 13:15 Uhr dauern soll. Außerdem findet eine zweite, etwas erfreulichere Veranstaltung heute Abend im Staatstheater Mainz statt, an der auch einige Abgeordnete teilnehmen werden.

Findet das Ihre Zustimmung? – Ich bedanke mich. Dann können wir der Höflichkeit gegenüber unseren Gästen Genüge tun. Herzlichen Dank.

Ich rufe nun die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Anke Beilstein und Josef Keller (CDU), Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz – Nummer 2 der Drucksache 15/710 – betreffend, auf.

Das Wort hat Herr Kollege Keller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute geht es wieder einmal

(Pörksen, SPD: Richtig! Wieder einmal!)

und wieder auf Antrag der CDU-Fraktion um das absolute bildungspolitische Stiefkind dieser Landesregierung, um die berufsbildenden Schulen.

(Beifall bei der CDU)

Eine entscheidende Voraussetzung für gute Schule und guten Unterricht ist, dass dieser Unterricht stattfinden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dabei gibt es bei den berufsbildenden Schulen aufgrund der miserablen Unterrichtsversorgung große Probleme. Zum Erhebungsstichtag für die amtliche Schulstatistik betrug der so genannte strukturelle Unterrichtsausfall – also die Differenz zwischen Soll und Ist – 6,5 %. Das entspricht 310 Vollzeitlehrerstellen. Wöchentlich sind das über 7.400 Stunden, jährlich fast 300.000 Stunden, die nicht gehalten werden können, weil diese Landesregierung sie den Schulen vorenthält.