Protocol of the Session on December 6, 2006

Wir erwarten Vorschläge von der Landesregierung, damit es sich nicht zufällig ergibt, welches Krankenhaus als erstes Pleite macht. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass wir irgendwann einmal keine richtige, ordentliche und flächendeckende Krankenhausversorgung mehr haben. Dem Zufall der Pleite eines Krankenhauses sollten wir dies nicht überlassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der FDP – Hartloff, SPD: In der Schlussfolgerung sind wir uns einig!)

Ja, aber es wird nicht leicht werden. Ich weiß, wie das ist. Es wird nicht leicht, aber es wird eine Folge dieser Gesundheitsreform sein.

Herr Ministerpräsident, ich will gern zugestehen, dass bei Hartz IV ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt worden ist, das den Kommunen unseres Landes gut tut. Ich hoffe, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken, die aufseiten der Bundesebene in diesem Zusammenhang geäußert wurden, geklärt werden können. Es wäre schade, wenn dieses gute Verhandlungsergebnis aus verfassungsrechtlichen Gründen letztlich nicht zum Tragen käme. Ich habe nicht die Gelegenheit gehabt, dies zu überprüfen, möchte aber schon festhalten, dass das Finanzergebnis für die Kommunen unseres Landes bei dem erzielten Kompromiss ein gutes Kompromissergebnis ist, das ihnen hilft. Insofern hoffe ich, dass dieser Kompromiss auch hält.

Herr Kollege Baldauf, Sie haben vorhin die Verfassung bemüht, als es um den Haushalt ging. Aber Ihre Fraktion wird morgen einem Gesetz zustimmen, das aus meiner Sicht verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist. Auch dort gilt die Verfassung. Auch dort müssen Sie sie beachten, Herr Kollege.

(Beifall der FDP – Baldauf, CDU: Das ist Ihre Meinung!)

Das ist nicht nur meine Meinung. Herr Kollege Baldauf, es ist bezeichnend, dass Sie zu der Anhörung keine Verfassungsrechtler geladen haben, sondern nur die kommunalen Spitzenverbände. Das ist klar. Die kommunalen Spitzenverbände haben natürlich bestätigt, was Sie wollten. Wir haben einen Verfassungsrechtler benannt, der sehr überzeugend dargelegt hat, dass das, was vorgenommen werden soll, verfassungsrechtlich hoch problematisch ist und dies die Maßstäbe unserer Finanzverfassung verrückt. Er hat dargelegt, dass die Maßstäbe, nach denen Steuern und Beiträge erhoben werden, in sehr problematischer Form verwischt werden und letztlich die Kommunen dadurch auch keine Rechtssicherheit erhalten werden, Herr Kollege Baldauf.

(Beifall der FDP)

In dem Ziel, den Kommunen in diesem Fall Rechtssicherheit zu geben, sind wir uns einig. Aber wenn in dem Gesetz steht, dass es in einigen Fällen mit der allgemeinen, flächendeckenden Einführung des wiederkehrenden Beitrages ein Problem geben kann und die Kommune dies in ihrer Satzung berücksichtigen soll, ohne ihr zu sagen, wie sie dies tun soll, ist sie genauso der Klagewut ausgesetzt wie vorher auch.

(Beifall der FDP)

Sie hat kein bisschen Rechtssicherheit erhalten, und ich meine, es wäre schon vernünftig, darüber nachzudenken, ob das Gesetz in dieser Form überhaupt verabschiedet werden soll.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Wenn das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz zu unserem POG vorliegt, sollte aus unserer Sicht auch das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz insoweit novelliert werden und an die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden. Ich weiß, dass derzeit eine Klage beim Verfassungsgerichtshof anhängig ist, und es macht wenig Sinn, eine solche Novellierung anzugehen, bevor der Verfassungsgerichtshof nicht entschieden hat. Ich meine aber, wenn dies geschehen ist, sollten wir eine entsprechende Novelle anstreben,

(Beifall der FDP)

nicht zuletzt, um auch verfassungsrechtlich klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen in Rheinland-Pfalz Rasterfahndung und Lauschangriff möglich sind. Es besteht Handlungsbedarf, und ich meine, wenn der Verfassungsgerichtshof zu den anstehenden Klagen über unser Polizeirecht entschieden hat, sollten wir dies im Land in aller Ruhe, aber doch zügig angehen.

Herr Staatsminister Bruch, ich habe mit großer Zustimmung den Beschlüssen folgen können, die die Innenministerkonferenz zum Bleiberecht gefasst hat. Ich bin fast durchweg mit allem einverstanden. Aber irritiert hat mich das, was danach in der Presse zu lesen war. Ich weiß nämlich jetzt immer noch nicht, was gelten soll, weil urplötzlich auf Bundesebene – oder wo auch immer – etwas ganz anderes gewollt wird. Das ist nicht das, was wir an Rechtssicherheit an dieser Stelle brauchen. An dieser Stelle wünschte man sich schon mehr Klarheit, ohne dass ich Ihnen einen Vorwurf machen kann. Ich habe nicht gelesen, dass Sie ausgebüxt wären. Aber nachdem ein Teil wieder ausgebüchst ist, ist das, was eigentlich notwendig und gewollt ist, leider nicht erreicht worden. Wir haben immer noch Unsicherheiten, was ein vernünftiges Bleiberecht für langjährig Geduldete angeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich eine Anmerkung zu einem Fall machen, der in meiner Heimatstadt vorgekommen ist und der deutlich macht, dass es durchaus sehr schwer ist, die richtigen und notwendigen Entscheidungen zu treffen. Ich möchte in aller Klarheit sagen, wenn jemand nach Deutschland kommt und mit falschen Angaben Asyl beantragt, kann uns die Tatsache, dass zwischenzeitlich drei Kinder in Deutschland geboren wurden, nicht daran hindern, eine Ausweisung vorzunehmen, wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden sind.

Wenn wir das nicht machen, spielen wir denjenigen in die Hände, die jeden Tag draußen den Rattenfänger für braune Politik spielen, weil sie uns vorwerfen, wir würden nicht konsequent abschieben, wenn rechtskräftig feststeht, dass jemand kein Asyl hat.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich meine, deswegen ist dies eine richtige Entscheidung. Ich möchte Sie ausdrücklich unterstützen und weiß auch aus Gesprächen mit Polizeibeamten sehr wohl, dass es sich niemand leicht macht, in einem solchen Fall eine Abschiebung vorzunehmen, auch ich nicht. Ich habe es mir wohl überlegt, bevor ich diese Äußerungen gemacht

habe. Aber ich meine, es ist auch richtig und konsequent, in einem solchen Fall eine Abschiebung vorzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden den Haushalt in den nächsten zwei Tagen weiter beraten. Nach dem, was ich ausgeführt habe, wird es Sie nicht überraschen, dass die FDP-Fraktion dem Haushalt letztlich nicht wird zustimmen können. Wir werden dies nicht machen, Herr Kollege Baldauf, nein, Herr Kollege Hartloff

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

der Herr Kollege Baldauf hat heute schon in Sachen Verfassung von mir Ansprachen erhalten, ich wende mich jetzt wieder dem Herrn Kollegen Hartloff zu –,

(Baldauf, CDU: Das war jetzt ein Kompliment!)

weil die Nettoneuverschuldung ansteigt. Das können wir in dieser Form so nicht mittragen, da es die Zukunftsfähigkeit unseres Landes ein wenig gefährdet, weil aus unserer Sicht im Hinblick auf die Chancengerechtigkeit andere Schwerpunkte gesetzt werden sollten und wir deshalb eine etwas andere Vorstellung davon haben, wie die Politik im Land entwickelt werden soll.

Wir werden aber auch in den nächsten fünf Jahren genauso wie heute konstruktiv über den richtigen Weg mit Ihnen streiten.

(Beifall der FDP)

Ich erteile Herrn Ministerpräsident Beck das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich ein herzliches Dankeschön an all diejenigen sagen, die ihre Positionen bisher grundsätzlich eingebracht haben, nämlich die Herren Fraktionsvorsitzenden. Ich bedanke mich natürlich in besonderer Weise bei Herrn Kollegen Hartloff dafür, dass er signalisiert hat, wie es während der gesamten Haushaltsberatungen der Fall gewesen ist, dass mit den entsprechenden Ergänzungen und Veränderungen, die das Parlament zur Beschlussfassung positiv vorgeschlagen hat, die Linie der Landesregierung getragen wird.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir vor wichtigen politischen Herausforderungen stehen. Das gilt für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt. Das gilt europaweit, ja es gilt weltweit. Wir wissen, dass wir parallel dazu eine europäische Entwicklung in unsere Überlegungen einzubeziehen haben, die von Erweiterung und Stabilisierung, aber zugleich von einem notwendigen inneren Reformprozess dieser europäischen Gemeinschaft geprägt sein muss. Das hat für ein Land wie Rheinland-Pfalz, das viele europäische Nachbarn

hat – die Belgier, die Luxemburger und Franzosen –, das aber auch eine so hohe Exportquote hat, natürlich eine ganz große Bedeutung.

Es geht darum, Rheinland-Pfalz, das sich gut entwickelt hat – wir werden im nächsten Jahr sechs Jahrzehnte Bestehen dieses Landes miteinander feiern –, weiterzuentwickeln. Es gilt, die Weichen so zu stellen, dass das, was man landläufig Globalisierung nennt, was in diesen europäischen Prozess eingebunden werden muss, aber auch das, was die innere Entwicklung Deutschlands, und damit auch von Rheinland-Pfalz angeht, richtig zu begleiten, damit wir an vielen Stellen Vorreiterpositionen einnehmen können, wie dies zuvor bereits gelungen ist.

Das wird nie in allen Politikfeldern gelingen; denn andere bemühen sich auch. Insoweit wollen wir dort, wo andere gute Zeichen setzen, auch davon lernen. Wir wollen an der Solidarität in Deutschland auch partizipieren. Es ist alles andere als eine Schande, wenn man aus dem Länderfinanzausgleich noch eine Summe bezieht. Sie ist im Übrigen in Rheinland-Pfalz viel kleiner als das, was an andere Länder, beispielsweise nach Bayern, an anderen Transfers in Wissenschaft und Hochschule oder in betriebliche Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten geflossen ist. Insoweit stehen wir dazu. Das lasse ich auch mir nicht vorhalten.

Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit, unter dem Strich würde dieses Land auf jeglichen Finanzausgleich sofort verzichten können, wenn wir über ein Jahrzehnt hinweg zuverlässig die gleichen Zuwendungen in Bereichen wie der genannten Wissenschaft, der Hochschulen, aber auch den Transfers, die in den Bereich der Kultur fließen, und vieles andere mehr bekämen.

Ich bejammere das nicht, dass ich nicht missverstanden werde. Wir werden das aus eigener Kraft heraus miteinander schaffen. Es ist aber überhaupt kein Grund vorhanden, ständig so zu tun, als müssten wir uns bei irgendjemand dafür entschuldigen, dass das, was in der deutschen Verfassung steht, auch für Rheinland-Pfalz gilt.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, es kommt selbstverständlich auch darauf an, dass wir uns auf die demografische Entwicklung einstellen. Ich bin froh darüber, dass es zumindest bei dieser Haushaltsdebatte von niemanden so eingeführt worden ist, als müssten wir ein Horrorszenario miteinander beschreiben. Das ist zum Glück nicht so. Wir werden mehr ältere Menschen in unseren Reihen haben. Darauf müssen wir uns einstellen. Das bedeutet, dass das Ziel, für Familien mit Kindern, für junge Menschen, besonders viel zu tun, ein prioritäres Ziel bleibt. Das heißt aber auch, dass wir für die älteren Menschen eine Gesellschaft vorbereiten wollen, in der sie ihre Kraft und ihre Kreativität in einer bürgergesellschaftlichen Art und Weise einbringen können.

Wir wollen eine Gesellschaft schaffen, in der alten Menschen, die der Hilfe und Unterstützung bedürfen, die Würde gegeben wird, die ihnen zusteht. Auch das ist

jetzt als Weichenstellung vorzunehmen. Auch dazu zeigt dieser Landeshaushalt in klare Richtungen.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wohl wahr, es wird keine so gravierenden Veränderungen in der Bevölkerungszahl geben. Als ich vor etwas mehr als zwölf Jahren durch dieses Parlament zum Ministerpräsident dieses Landes gewählt worden bin, hatten wir knapp 3,6 Millionen Einwohner. Wenn wir das mittlere Szenario unseres Statistischen Landesamtes zugrunde legen, wovon wir allgemein bei unseren Prognosen ausgehen, dann werden wir rund 3,7 oder 3,8 Millionen in 25 bis 30 Jahren haben werden. Es ist also nicht so, dass wir ein entvölkertes Land haben. Aber es ist schon so, dass wir uns darauf einzustellen haben.

Mit dem Landesentwicklungsplan IV wird das Land Rheinland-Pfalz als erstes deutsches Land eine Landesplanung vorlegen, die auch die Frage der demografischen Entwicklung heruntergebrochen auf die einzelnen Teilregionen mit als Planungsgrundlage entwirft und vorgibt. Darauf müssen Regional- und städtebauliche Planungen, Dorfentwicklungsplanungen und unsere Förderpolitik eingestellt werden.

Wenn wir das mit diesem Gedanken der Bürgerschaftlichkeit koppeln, dann glaube ich, sind wir auf einem richtigen Weg hinsichtlich der Bewältigung dieser Veränderungen, verbunden damit, dass wir froh darüber sein können, dass Menschen im Schnitt älter, und zwar gesund älter werden können. Das ist kein Horror, sondern ein Segen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht natürlich darum, dass wir heute eine Entwicklung einleiten, die der ohne Zweifel geringeren Zahl von jüngeren Menschen, die in den Jahren 2025/2030 dann als Arbeitnehmer, als Hochschullehrer, als Selbstständige, als Unternehmerinnen und Unternehmer, also in all den Funktionen, die eine Gesellschaft braucht, Verantwortung haben, gerecht wird. Es werden weniger Menschen in dieser Altersgruppierung sein, auch wenn wir die Lebensaltersstufe nach oben erweitern, als notwendig sein wird.

Wir müssen deshalb Personen, die diese Verantwortung haben werden, jetzt so gut wie immer nur möglich vorbereiten, das heißt, so gut wie möglich alle Fähigkeiten, die in den Menschen angelegt sind, zu fördern. Auch dazu finden Sie in diesem Landeshaushalt, in diesem Doppelhaushalt und in der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung für diese Legislaturperiode eine klare Orientierung und eine klare Positionierung. Auch darauf möchte ich hinweisen.

Es kommt uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in besonderer Weise darauf an – ich möchte andere nicht ausschließen –, dass diese Gesellschaft von einer Klammer der sozialen Gerechtigkeit, der Freiheitlichkeit und der Solidarität umgeben ist.

Diejenigen, die diese Hilfe nicht brauchen, wollen wir gewinnen, ihren Beitrag aus eigener Überzeugung zu leisten und möglichst viele mitzunehmen, möglichst

gerecht die Chancen zu verteilen. Auf dieser Grundlage wollen wir am Ende ein in sich gesundes Füreinander als Individuum und ein Verantwortung empfindendes Gesellschaftssystem erhalten und, wenn notwendig, weiterentwickeln oder wieder stärker entstehen lassen. Das ist unsere Vorstellung einer sozialen und gerechten Gesellschaft.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)