Protocol of the Session on January 26, 2011

(Beifall des Abg. Hartloff, SPD)

Ich werde in dieser Angelegenheit einen schriftlichen Vorschlag an die betroffenen kommunalen Spitzenverbände richten.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU – Hartloff, SPD: Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie auch geklatscht!)

Herr Schreiner, dies ist ein Hinweis darauf, wie die Landesregierung mit dieser Frage umgeht.

Neuwied hat gegen den Bescheid 2007 geklagt. Wir haben die Bescheide für 2010 herausgeschickt. Ich möchte nicht, dass eine Klage gegen diese Bescheide veranlasst wird, weil sie unnötig wäre, wenn wir diese Zusicherung geben. Wir geben diese Zusicherung.

In der politischen Bewertung ist vor allem eines festzustellen: Das Oberverwaltungsgericht hat in seinen Ausführungen neuerlich die große Bedeutung der weit überwiegend bundesrechtlich geregelten kommunalen Sozialleistungen für die schwierige Finanzsituation der Gemeinden und Gemeindeverbände herausgestellt. In diesem Fall wäre dann der Bund gefordert, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Er muss Standards absenken oder in stärkerem Maße finanzielle Lasten übernehmen, die von ihm verursacht wurden. Herr Mertin hat

es bereits angesprochen: Wir brauchen dringend eine Gemeindefinanzreform.

Nachdem ich einmal recherchiert habe, frage ich mich natürlich, wo es denn hakt, dass es in Berlin in der Koalition offensichtlich kein weiteres Fortkommen mehr gibt, nachdem Herr Bundesfinanzminister Schäuble Vorschläge gemacht hat und die FDP diesen Vorschlägen nicht folgt. Wir brauchen aber dringend eine Gemeindefinanzreform, die eine nachhaltige Entlastung der Kommunalfinanzen sicherstellt.

(Beifall der SPD)

Es kann nicht richtig sein, dass das Land – im Sinne der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts – mindestens 50 % der kommunalen Kosten von Sozialleistungen ausgleichen soll, obwohl diese Belastungen vom Land höchstens mit 10 % verursacht worden sind. Das würde jedes Land auf Dauer überfordern.

Aber ungeachtet der Erfordernisse einer verursachungsgerechten Lastenverteilung – das möchte ich der guten Ordnung halber auch sagen – haben wir einiges auf den Weg gebracht, und ich bitte herzlich um Verständnis, dass ich dies zumindest in Schlagworten wiederhole: Konnexitätsprinzip, Beistandspakt und Stabilisierungsfonds. Die Finanzausgleichsleistungen haben in der Zeit von 2007 bis 2010 in Rheinland-Pfalz um 107 Millionen Euro zugenommen und nehmen im Jahr 2011 noch einmal um 42 Millionen Euro zu, obwohl die Steuereinnahmen zurückgegangen sind.

Über die Kosten der Unterkunft gab es eine breite Diskussion, wenn Sie sich daran erinnern. Ich nenne den Vollzug des Zukunftsinvestitionsgesetzes und die Reformagenda zur Verbesserung der kommunalen Finanzen. Das sind die berühmten fünf Punkte, die Herr Ministerpräsident Beck vorgeschlagen hat. Das waren die Sofortmaßnahmen. Es gab ein Beratungsangebot des Finanzministers bei kommunalen Kreditaufnahmen, eine Zinsgarantie des Landes und eine Verlängerung der Laufzeit von Liquiditätskrediten. Die kurzfristigen Maßnahmen haben – wenn man so will – eine kleine Reform des Landesfinanzausgleichsgesetzes hervorgebracht. Wir haben die Landkreise und die kreisfreien Städte mit 19 Millionen Euro und die Städte noch einmal mit 10,4 Millionen Euro mehr Schlüsselzuweisungen ausgestattet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir befinden uns im Plan. Natürlich ist es richtig, dass die Kassenkredite in Rheinland-Pfalz sehr hoch sind, aber das trifft auch auf andere Länder zu. Es kommt immer darauf an, wie man sie genau definiert und analysiert. – Allein die Maßnahmen im Bereich des Entschuldungsfonds bedeuten, dass das Land Rheinland-Pfalz jährlich 85 Millionen Euro mehr im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs bereitstellen wird.

(Beifall der SPD)

Ich möchte jetzt gar nicht formulieren, was passieren würde, wenn die Städte, die keine Soziallasten, aber eine Kreisumlage zahlen, überlegen, was sie mit einer

anderen Kreisumlage tun, wenn sie neu festgesetzt wird. Mehr möchte ich dazu überhaupt nicht ausführen.

Ich will nur sagen, wir befinden uns im Plan. Wir haben die Ausschreibung für die große Veränderung des kommunalen Finanzausgleichs auf den Weg gebracht. Wir werden den Verfassungsgerichtshof in aller Ruhe beraten lassen, sein Urteil abwarten und das umsetzen, was er uns aufgibt. Ich denke, damit sind wir auf einem guten Weg.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Henter. Ich bitte die Kollegen, die gerade auf der rechten Seite vom Präsidium eine neue Sitzordnung eingenommen haben, die alte wieder zu akzeptieren. – Bitte schön!

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, selbstverständlich ist es zutreffend, dass der Beschluss des OVG das Jahr 2007 betroffen hat. Aber, meine Damen und Herren, seitdem ist die Situation nicht besser geworden, im Gegenteil, sie ist bei den Landkreisen und kreisfreien Städten noch dramatisch schlechter geworden.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, ich finde es richtig, dass Sie sich bei den aktuellen Bescheiden nicht auf ihre Bestandskraft berufen werden. Aber ich denke auch, es bleibt dem Land doch gar nichts anderes übrig. Man stelle sich einmal vor, die weit überwiegende Anzahl der Landkreise und kreisfreien Städte würde gegen Bescheide der Landesregierung vorgehen! Das wäre ein bundesweit einmaliger Vorgang. Er würde das Desaster der kommunalen Finanzen in Rheinland-Pfalz in einem Maße zum Ausdruck bringen, wie es dies in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben hat.

(Beifall der CDU)

Auch wir waren immer der Meinung, der Bund muss, wenn er Gesetze erlässt, auch das Geld dazu geben. Aber es muss doch die Frage gestellt werden, die auch Herr Kollege Mertin schon thematisiert hat: Warum sind die kommunalen Defizite und die Kassenkredite in Rheinland-Pfalz höher als im Bundesdurchschnitt? – Die Bundesgesetze gelten doch – der Wortlaut besagt es schon – im gesamten Bundesgebiet, aber die negativen Auswirkungen bei den Kommunen sind bei uns wesentlich drastischer als in allen anderen Flächenländern.

(Pörksen, SPD: Schauen Sie einmal nach Nordrhein-Westfalen!)

Sie sind drastischer als in allen anderen Flächenländern, Herr Pörksen. Es laufen 5,5 Milliarden Euro Liqui

ditätskredite auf. Diese Kredite, die eigentlich zur Abdeckung der laufenden Verwaltung gedacht sind, übersteigen sogar die Investitionskredite. Wir haben noch Glück, dass der Zinssatz derzeit niedrig ist. Stellen Sie sich doch einmal vor, die Zinsen steigen an, was dann mit den Kommunen und ihrer Haushaltslage passiert.

(Glocke des Präsidenten)

Die CDU-Fraktion wiederholt, der kommunale Finanzausgleich im Land Rheinland-Pfalz ist dringend reformbedürftig. Wir müssen unseren Kommunen helfen. Die Landesregierung darf sie nicht länger im Regen stehen lassen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteilte das Wort Herr Abgeordneten Noss.

(Pörksen, SPD: Wenn Herr Noss spricht, scheint die Sonne!)

Ich möchte noch zunächst in aller Kürze ein bis zwei Antworten auf Herrn Mertin geben. Sie haben recht, das Konnexitätsprinzip auf Bundesebene war schon seit vielen Jahren ein Thema. Es ist allerdings leider immer von der jeweils herrschenden Koalition – jetzt sind Sie das und die CDU – abgelehnt worden. Das ist bedauerlich. Von daher müssen wir wirklich versuchen, dieses Konnexitätsprinzip einzubringen. Das ist ganz wichtig.

Wenn tatsächlich, wie es das Oberverwaltungsgericht darstellt, aus Artikel 49 der Landesverfassung eine Art Garantenstellung des Landes für die Kommunen bezüglich der Ausgaben des Bundes, eventuell später auch der EU herzuleiten ist, dann ist das natürlich eine Sache, die uns keinerlei Möglichkeit bietet, die Gesetzesflut aus Berlin oder Brüssel einzudämmen. Damit ist das Land so wie alle anderen Länder auch überfordert. Es ist wirklich das Problem, es dorthin zu verlagern, wo es hingehört, nämlich auf die Bundesebene. Hier wäre das Bundesverfassungsgericht gefordert, dann unter Umständen entsprechende Klarstellungen zu treffen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich glaube, bei allen Parteien ist unumstritten, dass es eine Gemeindefinanzreform geben muss. Das wird auch von allen so gesehen. Wir sind uns bloß uneinig, wie sie aussehen sollte.

Was die Frage der finanziellen Situation in RheinlandPfalz betrifft, seien vielleicht nur zwei Zahlen genannt. Wir haben in Rheinland-Pfalz bei den Kommunen je Einwohner ungefähr 450 Euro weniger an Einnahmen, 200 Euro weniger an Ausgaben als auf Bundesebene. Das heißt, wir sparen also. Dennoch fehlen uns pro

Einwohner etwa 250 Euro. Das ist ein Betrag, der aufwächst.

Von daher gesehen ist festzustellen, wir wirtschaften sparsam. Wir lassen die Kommunen nicht im Regen stehen. Die Kommunen können sich auf uns verlassen. Wir haben dies bereits vielfach bewiesen. Das werden auch Sie konstatieren müssen, Herr Mertin, wenn Sie in sich gehen. Von daher gesehen sind wir auf einem guten Weg.

(Beifall bei der SPD – Schweitzer, SPD: Es ist doch alles gesagt!)

Ich erteile Herrn Kollegen Mertin das Wort.

Herr Kollege Schweitzer, wenn Herr Kollege Noss eine bestimmte Bemerkung nicht gemacht hätte, wäre ich auch nicht hierhingekommen.

(Schweitzer, SPD: Er ist schuld!)

Aber er hat mir offensichtlich nicht genau zugehört, weil er gesagt hat, auf Bundesebene sei die dort jeweils regierende Koalition immer dagegen gewesen, den Konnexitätsgrundsatz in der Verfassung festzuschreiben. Ich hatte hier dargelegt, dass ich an Verhandlungen teilgenommen habe, in denen es die Länder selbst nicht wollten.

(Noss, SPD: Mag sein!)

Die Länder selbst wollten es nicht. Insofern habe ich gesagt, – – –

(Hartloff, SPD: Sozusagen eine sehr große Koalition, die es auf Bundesebene nicht will!)