Aus diesem Grund wurden Ehrenamtliche, die natürlich eine Vergütung erhalten, also Menschen aus den Vereinen und Verbänden, in die Schulen geholt. Aus diesem Grund wurden Rahmenverträge mit dem Landessportbund, den kirchlichen und größeren Verbänden abgeschlossen. Es sind – Sie haben das angedeutet – gute und schlechte Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt worden. Manches hat hervorragend funktioniert, aber an anderen Stellen gab es auch Reibungspunkte, weil sozusagen zwei verschiedene Welten aufeinandergeprallt sind.
Die Ganztagsschule in Angebotsform ist sehr konsequent ausgeweitet worden. Mittlerweile haben wir eine gesellschaftliche Diskussion, die sogar eher in die Richtung geht, man sollte so etwas vielleicht teilweise verpflichtend machen. Wir haben viele rhythmisierte Angebote, bei denen Kinder und Jugendliche im Klassenverband den ganzen Tag abwechselnd lernen und andere Angebote wahrnehmen. Diese Diskussion hat sich gesellschaftlich weiterentwickelt.
Ich sage noch einmal: Das birgt auf der einen Seite große Chancen; denn Vereine und Verbände haben ganz andere Zugangsmöglichkeiten zu Kindern und Jugendlichen in diesem Bereich, aber es birgt auf der anderen Seite auch das Problem in sich, dass die Qualität derjenigen, die an diesen Angeboten teilnehmen, eine andere ist. Dies nicht deshalb, weil die Kinder und Jugendlichen andere sind, sondern weil der Zugang ein anderer ist.
Es ist etwas anderes, ob ich mich bewusst für einen Sport entscheide und den dann möglicherweise mehrfach in der Woche bewusst selbst aufsuche und mich in dieses Angebot mit Herz und Seele einbringe, und es ist etwas anderes, ob ich bewusst in einem kirchlichen Jugendverband eine ehrenamtliche Position bekleide und das wirklich mit all meiner Leidenschaft in meiner Freizeit mache, oder ob ich über die Schule einen solchen Zugang finde, der dann in der Qualität andersartig ist.
Wir müssen diesen Dialog weiterführen. Der Landesjugendring hat sich beispielsweise über diesen Bereich Gedanken gemacht und gesagt, wir müssen eigentlich dahin, dass wir die Partner noch gleichberechtigter betrachten und wir von der Kommstruktur – sie kommen in die Ganztagsschule – hin zu sogenannten regionalen und kommunalen Bildungslandschaften kommen, bei denen alle gleichberechtigt an einem Tisch sitzen und bei denen man noch besser dahin gehend zusammenarbeitet, dass Jugendliche die Möglichkeit haben, etwas, was sie vielleicht über die Ganztagsschule kennengelernt haben und für das ihr Herz schlägt, in einem anderen Rahmen im Verband in Kombination mit dem Ganztagsschulangebot ausüben können. Das ist schon einige Schritte weitergedacht, aber ich meine, in diese Richtung könnte man miteinander weiter ins Gespräch kommen.
Ich bin gerne bereit, mich in der zweiten Runde mit Ihren Ideen auseinanderzusetzen, wenn sie konkret kämen. Das wäre sehr schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Als ich die Aktuelle Stunde gesehen habe, ist mir ein Interview aus dem Jahre 2003 in Erinnerung gekommen. Das ist kein Interview, das ich gegeben habe, sondern eines, das der damalige Fraktionsvorsitzende der CDULandtagsfraktion, Herr Christoph Böhr, gegeben hat.
Es ist unter folgender Überschrift in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienen – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident –: Unsere Partei muss endlich in der Wirklichkeit ankommen. – Die „Süddeutsche Zeitung“ fragt ihn – es geht um die Ganztagsschule –: Wie viel Widerstand müssen Sie bei dem Thema in der CDU überwinden? – Seine Antwort lautete: Einen gewaltigen. – Herr Ernst, ob er Sie damals dabei vor Augen hatte, weiß ich nicht,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ganztagsschule in Rheinland-Pfalz ist und bleibt ein Erfolgsmodell. Sie ist und bleibt ein Erfolgsmodell – es ist bereits von Frau Abgeordneter Raab und von Frau Abgeordneter Morsblech darauf hingewiesen worden –, weil wir, als wir uns im Jahr 2001 auf den Weg gemacht haben, nicht gesagt haben, wir schauen einmal, wie international die Ganztagsschule ist und übertragen das auf Deutschland, das wird schon passen, sondern weil wir gesagt haben, wir wollen ein Modell, das unseren gesellschaftlichen Realitäten entspricht. Zu den gesellschaftlichen Realitäten in Deutschland, die ich ausdrücklich begrüße, gehört, dass wir gute Vereine, viel ehrenamtliches und viel gesellschaftspolitisches Engagement haben. Deshalb ist es kein Zufall, dass der Weg der Integration der Vereine in die Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz erfunden worden ist und bundesweit Schule gemacht hat. Wir haben mit diesem Ansatz Bildungsgeschichte geschrieben.
Jetzt sagen Sie, das solle alles viel flexibler werden. Das ist die einzige Antwort, die ich überhaupt gehört habe. Ich sage Ihnen: Bei uns ist Ganztagsschule ein pädagogisches Konzept. – Ein pädagogisches Konzept lebt von Verlässlichkeit, und es lebt auch von Verbindlichkeiten. Die Ganztagsschule lebt davon, dass Vereine und andere ihren festen Platz dort haben; dies übrigens mit steigender Tendenz, weil Sie gesagt haben, man müsse sich einmal die Zahlen ansehen. Die Zahlen liegen alle vor.
Im Schuljahr 2002/2003 gab es bei den Vereinskooperationen noch eine gewisse Zurückhaltung bei den Ganztagsschulen. Es bestand sehr stark die Vorstellung, das geht nur mit Lehrerinnen und Lehrern. Deshalb wurden damals nur 12 % des Personalbudgets für Vereine genutzt. Im Schuljahr 2004/2005 waren es bereits 25 %. Im laufenden Schuljahr sind es sogar 40 %. Die Spitzenposition unter den außerschulischen Partnern nahm und nimmt nach wie vor der Sport mit den meisten Personaleinsätzen ein. Das ist die Erfolgsgeschichte, die hier geschrieben worden ist. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir auch fortsetzen.
Herr Abgeordneter Ernst, es geht um 76.456 Schulstunden. Ein Viertel des der Ganztagsschule zur Verfügung gestellten zusätzlichen Zeitkontingents wird mit sportlichen Angeboten ausgefüllt. Diese 25 % entsprechen 1.384 Verträgen, die die 537 Ganztagsschulen mit dem organisierten Sport abgeschlossen haben. Das ist auch nicht uninteressant.
Wissen Sie, was das am Ende an finanzieller Unterstützung für die Menschen aus den Vereinen bedeutet, die in unseren Ganztagsschulen zum Einsatz kommen? Das sind allein für den Sport über 1 Million Euro.
Herr Abgeordneter Ernst, an Zahlen und Analysen fehlt es nicht. Was wollen Sie eigentlich? Welche Vorstellung haben Sie von einer Ganztagsschule? Ich denke, wir in diesem Hohen Hause haben ein Recht darauf, es zu erfahren. Die Menschen draußen wird es auch interessieren.
Der Sport ist übrigens auch der Kooperationspartner der ersten Stunde. Noch vor dem Start der Ganztagsschule wurde die Rahmenvereinbarung unterschrieben, und zwar auch von den Kirchen, vom Landesmusikrat und vom Musikschulverband. Diese Organisationen haben sich zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und zu ihrer Bereitschaft bekannt, in den Ganztagsschulen aktiv mitzuarbeiten.
Die Ganztagsschule – das sage ich mit aller Klarheit – ist kein Problem für den organisierten Sport, sondern eine Chance für beide Seiten.
Eines gestehe ich gern zu. Das ist auch mit der Ganztagsschule auf den Weg gekommen. Es ist eine herausfordernde Aufgabe, mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, und sicherlich eine ganz besondere Herausforderung, mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, die
wir vielleicht sonst nicht in den Vereinen finden. Das sind Schülerinnen und Schüler, die den Sport nicht ganz oben auf der eigenen Prioritätenliste stehen haben. Das ist auch eine Herausforderung für die außerschulischen Partner.
Nicht wenige Übungsleiterinnen und Übungsleiter haben mir voller Anerkennung gesagt, wir verstehen jetzt viel besser, warum der Lehrerinnen- und Lehrerberuf so anstrengend ist. Es ist anstrengend, solche Schülerinnen und Schüler immer wieder zu motivieren, die vielleicht von sich aus nicht direkt solche Angebote wahrnehmen.
Das ist doch genau das, was wir wollen. Wir wollen, dass alle Kinder an unseren Angeboten teilhaben und die Möglichkeit haben, Sport zu machen, ein Musikinstrument zu erlernen, soziale Erfahrungen machen zu können und Unterstützung zu erfahren. Sie kennen vielleicht das schöne Sprichwort, dass sich ein ganzes Dorf um die Erziehung und Bildung von Kindern kümmern kann. Genau das geschieht in unseren Ganztagsschulen.
Wenn das alles so wäre, wie Sie das sagen, frage ich mich, warum wir 25 Rahmenvereinbarungen haben. Warum engagieren sich auch die Kirchen in besonderer Art und Weise und helfen jungen Menschen bei der Persönlichkeitsentwicklung, bei ihrem sozialen Engagement und bringen Ältere und Jüngere in Projekten in den Ganztagsschulen zusammen? Sie tun das, weil sie bereit sind, uns an dieser Stelle in der gemeinsamen Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu helfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die nächste Rahmenvereinbarung, die wir abschließen wollen – darüber freue ich mich ganz besonders – ist zugunsten der Bambini-Feuerwehren. Das wäre eine wunderbare Bereicherung der Ganztagsschulen.
Wir wollen diesen Weg gehen, weil wir es schätzen, dass Menschen von außen kommen, Lebenswelt in die Schule bringen und eine Öffnung zur Region vornehmen. Diese Zusammenarbeit ist eine echte Erweiterung des Angebotsspektrums.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der sportpolitische Sprecher der Fraktion der CDU fordert heute und auch in seiner Presseerklärung die Überprüfung des gesamten Konzepts der Ganztagsschule. Mich würde sehr interessieren, was Sie damit meinen. Mich würde auch interessieren, ob Sie sich mit Ihrer bildungspolitischen Sprecherin in dieser Frage abgestimmt oder gar als Fraktion insgesamt eine Meinung zu dem Thema haben. Ich glaube, die Antwort werden Sie schon heute geben müssen.
Ich verspreche auf jeden Fall eines: Mit dieser Landesregierung bleibt es bei verlässlichen Rahmenbedingun
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, offensichtlich gibt es zwei Realitäten. Das eine ist die Ihre. Das andere ist die Realität, die wir mit den Kirchen, dem Sportbund und den Feuerwehren teilen.
Ich möchte diese Realität mit einem Satz zusammenfassen, den neulich ein Mitarbeiter der Evangelischen Jugend zu mir sagte. Er sagte, die Jugendverbände tragen dafür die Verantwortung, den nächsten Bundeskanzler zu stellen. Es ist sicherlich sinnvoll, wenn der nächste Bundeskanzler sportlich, musikalisch geschult, der Brandbekämpfung mächtig und bibelfest ist.
Das alles können Vereine auch in den Schulen leisten. Das, worauf es bei Menschen ankommt, die sich in unserer Gesellschaft einmal als Führungskräfte in der Wirtschaft oder im politischen Leben engagieren wollen, können nur Vereine leisten. In einem solchen Rahmen lernt man, Verantwortung zu übernehmen und sich miteinander zu engagieren.
Dort lernt man die Führungsqualitäten, aber auch – das ist gerade im Bereich der Jugendfeuerwehren sehr wichtig – zum Beispiel Selbstbewusstsein an einer Stelle, an der man vielleicht in der Schule nicht den Erfolg hat.
Vor diesem Hintergrund und vor der so wichtigen Aufgabe im sozialen Bereich, die unsere Vereine tätigen, können wir uns einen Niedergang des Ehrenamts in der Gesellschaft nicht leisten.
Deswegen müssen wir die Ganztagsschulen, die ein sinnvolles Angebot sind, um Familien und Kinder zu unterstützen, so weiterentwickeln, dass sie nicht Strukturen zerstören, die wir dringend brauchen.
(Hartloff, SPD: Glauben Sie allen Ernstes, dass die Probleme der Vereine von der Ganztagsschule kommen?)