Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss doch nicht Ihre Meinung teilen, und alle anderen, die das nicht machen, sind uneinsichtig. Das behaupte ich noch nicht einmal von Ihren Argumenten, die Sie vortragen.
Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Realschule plus aus Mendig. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hartloff, Sie haben eben Herrn Ministerpräsiden
ten Vogel zitiert. Ich weiß nicht, ob das der Misstrauensantrag von 1979 – ich glaube, da gab es einen – oder von 1985 war.
Ich bestätige Ihnen, dass nach dieser Legislaturperiode die CDU damals keine absolute Mehrheit mehr hatte.
Ich wollte nur den Erfolg relativieren, den Herr Kollege Hartloff meinte, mit dem Zitat von Herrn Vogel hier erzielen zu können. So einfach ist es nicht. Sie haben damals den Antrag gestellt. Die CDU hat ihn zurückgewiesen. Aber die CDU hatte danach keine absolute Mehrheit.
Herr Kollege Hartloff, ich will heute nur feststellen, es gibt gewisse Parallelitäten. Das werden wir dann nächstes Jahr im März sehen.
Herr Kollege Hartloff, Sie sagten, wieso werfen Sie nicht dem OVG und dem Verwaltungsgericht Verfassungsbruch vor. Nach den Feststellungen der Gerichte ist die Verfassung an einer Stelle gebrochen worden, als die Urkunde übergeben wurde.
Das kann nicht das Verwaltungsgericht, und das kann auch nicht das Oberverwaltungsgericht. Deswegen kann man gegen die auch nicht einen solchen Vorwurf erheben. Aber nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts steht doch fest, dass erkennbarerweise und vorhersehbarerweise die Urkunde zu früh überreicht worden ist.
Wenn Sie rote Ampeln und Warnleuchten übersehen und sich aufs Glatteis begeben, können Sie doch nicht, wenn Sie ins Eis eingebrochen sind, sagen: Das konnte ich aber jetzt nicht vorhersehen. – Das können Sie doch allen Ernstes nicht behaupten, und auch Sie nicht, Herr Kollege Bamberger.
Ich sage noch einmal, die Mitarbeiter meines damaligen Hauses sind von sich aus zu mir gekommen und haben mir gesagt: Sollen wir so verfahren wie bisher auch, nämlich die Urkunde jetzt übergeben, oder müssen wir unsere Verfahrensweise ändern? – Wir haben das nicht nur für das Notarwesen besprochen, und wir haben uns sehr lange darüber unterhalten. Deswegen stimmt einfach das, was das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass es erkennbar war, dass es hier zu einem Verfassungsbruch kommen würde, wenn die Urkunde übergeben wird, ohne ausreichend Zeit zu lassen, damit der
Herr Kollege Bamberger, ich kann diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts damals zum Notarwesen und auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2003 sehr gut verstehen. Was hatte sich nämlich nach der Praxis entwickelt? – Wenn die Urkunde übergeben ist, gilt Ämterstabilität, und dann bleibt das Amt bei dem, dem es übergeben wurde, und der andere hat allenfalls Anspruch auf Schadenersatz. Irgendwann einmal haben die Gerichte gemerkt, dass manchmal welche unterwegs sind, die es darauf ankommen lassen: Hauptsache die Urkunde ist übergeben, wenn wir danach Schadenersatz bezahlen müssen, dann zahlen wir halt, aber die Urkunde ist übergeben. –
Da hat das Bundesverfassungsgericht gemerkt – und auch das Bundesverwaltungsgericht –, dass vielleicht verfassungsrechtlicher Rechtschutz nicht mehr ordnungsgemäß in Deutschland gewährt wird, wenn der nicht ausgewählte Bewerber gar keine Chance mehr hat, verfassungsrechtlichen Schutz in Anspruch zu nehmen, weil die Urkunde schon übergeben worden ist.
Also musste das Bundesverfassungsgericht doch sagen: Verfassungsrechtlicher Rechtschutz muss auch überprüft und gewährt werden können, bevor die Urkunde übergeben wird. – Das ist doch der springende Punkt. Das ist keine dritte Tatsacheninstanz. Das Bundesverfassungsgericht will lediglich prüfen, ob die Verfassung eingehalten worden ist. Das muss doch in einem Rechtsstaat wohl noch möglich sein.
Herr Kollege Hartloff, diese Überlegungen waren bei dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und auch bei den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts, wo diese Änderung der Rechtsprechung angelegt worden ist, mit Händen zu greifen. Es war mit Händen zu greifen, dass dieser missbräuchliche Wettlauf der Übergabe der Urkunde, bevor die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ist, endlich beendet werden sollte.
Ich finde es gut, dass es beendet worden ist. Ich fände es auch gut, wenn es endlich akzeptiert würde, aber ich fände es auch gut, wenn die Verantwortung dafür übernommen würde.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht, weil ich das Gefühl habe, dass auch ein Nichtjurist jetzt in dieser Debatte reden sollte,
sondern weil ich meine Bewertung noch einmal begründen möchte, und dies bewusst nach den Argumenten, die auch hier noch einmal ausgetauscht worden sind, möchte ich das Wort ergreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will zunächst deutlich machen, dass Herr Kollege Dr. Bamberger ein erfahrener Jurist ist, der selbst einer der höchsten Richter dieses Landes über ganz viele Jahre gewesen ist und der sich in den Dienst dieses Landes als Justizminister gestellt hat. Ich bin froh darüber, dass er es getan hat. Ich sehe auch am heutigen Tag überhaupt keinen Grund für eine Bewertung, wie sie von den Oppositionsfraktionen hier abgegeben worden ist.
Ich sehe keinen Grund, weil das, was an Abläufen in diesem Verfahren stattgefunden hat – ich habe die Liste mit den einzelnen Schritten hier noch einmal vor mir –, für die Vorwürfe keinerlei Begründung ergibt. Das galt auch zu dem Zeitpunkt – – –
Lieber Herr Kollege Eymael, wenn solche Forderungen an andere erhoben worden wären bei vergleichbarer politischer Verantwortung, dann wäre die Bundesrepublik öde und leer.
(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU und FDP: Oh! – Licht, CDU: Trotzdem haben Sie von einem Bundes- minister den Rücktritt gefordert!)
Ich verstehe, dass Sie besorgt sind, dass Ihr Vorwahlkampfinstrumentarium sich heute verschleißen könnte, aber ich wäre doch dankbar, wenn Sie mir einem Moment zuhören. Das habe ich bei Ihnen auch getan.
Ich sage noch einmal, diese Ablaufbewertung in den einzelnen Schritten hat mir – mit Ausnahme damals der Entscheidung des OVG – auch vorgelegen, und ich konnte damals nach den Schilderungen des Ministers davon ausgehen, dass eine sorgfältige und sachkundige Entscheidung in der Abwägung getroffen worden ist. Zu dem Zeitpunkt hatte ein Verwaltungsgericht in Rheinland-Pfalz diese Entscheidung bereits bestätigt, und es konnte erwartet werden – das waren die Einschätzungen –, dass auch das Oberverwaltungsgericht das so bestätigt. Das ist dann auch geschehen.
Vor diesem Hintergrund habe ich die Urkunde mit der Vorgabe unterzeichnet, dass selbstverständlich diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abzuwarten sei und im Lichte dieser Entscheidung die Urkunde über- geben werden kann oder eben nicht. Sie konnte übergeben werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird jetzt heute hier eingewandt, dass auf der Grundlage dieser Entscheidung vom 21. August 2003 des Bundesverwaltungsgerichtes man hätte eine Veränderung in der Rechtsprechung wahrnehmen können. Ich habe mir dazu noch einmal eine Bewertung – jetzt aus unserem Hause – geben lassen. Die kommt zum gleichen Schluss wie auch der Justizminister unseres Landes.
Wir können immer dann, wenn Leute sich ernsthaft mit einer Sache auseinandersetzen, anfangen, in Gelächter auszubrechen. Warum sollte denn Ihre Rechtsmeinung besser sein als diejenige der Juristen, die ich befragt habe, meine Damen und Herren?
(Beifall der SPD – Licht, CDU: Weil die beim Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde! – Weitere Zurufe von der CDU)