Protocol of the Session on November 15, 2006

(Beifall der SPD)

und diese nicht noch populistisch aufgreifen und damit quasi den Rechtsextremen das Wort führen. Diese nutzen zwischenzeitlich jedes Thema, das sie gerade transportieren können. Im Gegensatz zu früher, als ihre eigenen Ideologien vertreten wurden, geht es für sie heute auch darum, im Hinblick auf Sozialaspekte alle Arten von Ängsten zu transportieren. Dem müssen wir entgegentreten.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen alle zusammenstehen, um auch die Geldquellen der Rechtsextremen zum Versiegen zu bringen, wie dies zuletzt mit dem vermeintlichen Kauf von Häusern versucht und erfolgreich verhindert wurde. Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, daran zu arbeiten, dass diesen

Parteien und Gruppierungen, voran die NPD, die finanzielle Basis entzogen wird, damit sie, wie der Vorsitzende selbst sagt, den Gürtel enger schnallen müssen.

Deswegen baue ich nicht allein auf ein Verbot der NPD; denn damit bekommt man die Köpfe auch nicht frei. In den letzten Jahren haben wir viele Verbote von Gruppierungen und Zusammenschlüssen erlebt. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir insgesamt Gutes erhalten, Neues schaffen, gemeinsam alle demokratisch zusammenstehen und konsequent mit harter Linie gegen den Rechtsextremismus vorgehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Das war die erste Rede des Kollegen Hüttner. Herzlichen Glückwunsch!

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Schnabel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns in diesem Haus alle einig, dass Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, egal von welcher Seite, ob von links oder von rechts, in unserem Land nicht geduldet werden können und dürfen.

(Beifall der CDU und der FDP)

Ich kann mit Zufriedenheit feststellen, dass es in diesem Parlament keine wesentlichen Unterschiede in dieser Frage gibt. Alle demokratischen Parteien müssen an einem Strang ziehen und gemeinsam nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten dafür sorgen, dass unsere Demokratie in Deutschland nicht gefährdet wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die jüngsten Aktivitäten rechtsextremistischer Gruppen schrecken auf. Die Erfolge der NPD in den Länderparlamenten in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin bereiten uns allen mehr als Sorge.

Im Bundesdurchschnitt sind die rechtsextremistischen Straftaten um mehr als 20 % gestiegen. Wir in Rheinland-Pfalz und in Hessen haben zum Glück nicht diese Steigerungsraten. Hier stagnieren die Straftaten. Trotzdem ist allerhöchste Vorsicht geboten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von uns waren am 9. November 2006 in den Schulen. Ich denke, wir haben alle an diesem besonderen Tag sehr viel interessierte und ausgesprochen disziplinierte Schülerinnen und Schüler erlebt. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall der CDU und der FDP und vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich bin zehn Jahre dabei und habe wenig so fundamentiert diskutieren können wie in diesem Jahr. Die Schülerinnen und Schüler haben alle sehr deutlich kundgetan, weshalb sie meinen, dass mittlerweile die rechtsextremen Ideen in den Köpfen wieder blühen und als Gründe dafür zum einen die wirtschaftliche Situation und zum anderen die Arbeitslosigkeit sowie insbesondere die fehlenden Ausbildungsplätze angegeben. Sie haben die Meinung vertreten, dass diese Gründe dafür verantwortlich sind und jeder, der diesen Rattenfängern auf den Leim geht, einer zu viel sei.

Sie haben aber auch den Bildungsstand mit herausgestellt und – das finde ich auch interessant – die fremdenfeindlichen Texte auf CDs und den Vertrieb in den Schulhöfen skandalös gefunden. Des Weiteren haben sie darauf hingewiesen, dass verschiedene Gruppierungen sehr anfällig sind.

Es ist also nicht gesagt worden: „Das gibt es bei uns nicht.“ Sie waren vielmehr sehr kritisch in der Frage.

Es ist meines Erachtens sehr begrüßenswert, dass die Bundesfamilienministerin von der Leyen auf Bundesebene – sicher auch auf Landesebene – in gemeinsamer Zusammenarbeit mit Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen maßgeschneiderte Programme für Einzelprojekte in unterschiedlicher Form gegen den Rechtsextremismus erarbeitet hat und diese Projekte auch verzahnt, was meines Erachtens ganz besonders wichtig ist.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Jugendliche, die sich mit dem Thema „Drittes Reich“ ernsthaft und gründlich beschäftigen, sind gegen jegliche menschenverachtende Thesen der Neonazis gefeit.

Ich will ein Beispiel aus meiner Heimatgemeinde nennen. Dort gibt es eine junge Gruppe, die sich „Geschichtswerkstatt“ nennt. Sie hat sich in den letzten Monaten damit beschäftigt, die Schicksale der Juden im Dritten Reich aufzuarbeiten. Wenn ich mit ihnen diskutiere, stellen die jungen Leute immer wieder die Frage: „Wie konnte das alles geschehen?“

Ich glaube, deshalb ist es ganz besonders notwendig, dass wir, die wir alle im Grunde genommen diese schreckliche Zeit nicht erlebt haben, sondern nur aus der Geschichte und aus Erzählungen kennen, konkrete Maßnahmen ergreifen und uns dieser extremistischen Übergriffe erwehren.

Meine Damen und Herren, deshalb kann ich das Vorgehen der Polizei in Oberflörsheim – Oberflörsheim liegt in meinem Wahlkreis – in der Nacht vom 11. auf den 12. November nur als notwendig und geradezu zwingend erforderlich ansehen.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP – Glocke des Präsidenten)

Unser Rechtsstaat muss sich in dieser Frage wehren und mit allen Rechtsmitteln, die zur Verfügung stehen, konsequent und in aller Härte Recht durchsetzen. Ich werde im weiteren Verlauf noch einmal auf die Frage des Verbots der NPD zurückkommen.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Auler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hätte des Ereignisses vor wenigen Tagen in der Universität Mainz während einer Informationsveranstaltung gar nicht bedurft, um sich der Gefahr rechtsextremer Gruppierungen bewusst zu werden. So aber stellt dieses Vorkommnis, dass nämlich Rechtsextreme eine Universitätsveranstaltung zu stören versuchten, die Situation in das grelle Licht der Wirklichkeit unseres täglichen Lebens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rechtsextreme haben nicht nur Professoren und Studenten provoziert. Das Verhalten der Rechtsextremen hat uns alle provoziert. Mainz ist überall, täglich und jederzeit.

Wir aber wollten und wollen deutlich machen, auch mit dem entschlossenen Einsatz der Polizei, dass wir uns so etwas nicht bieten lassen, heute nicht und in Zukunft auch nicht.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Wir stehen hinter unserer Polizei. Wir sollten auch festhalten, dass die eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten mit Augenmaß und trotzdem mit allem Nachdruck eingeschritten sind. Der Polizei dafür unseren herzlichsten Dank, ich glaube, unser aller Dank.

(Beifall der FDP und bei SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit großem Unbehagen registrieren wir, dass sich die rechtsextreme Front verstärkt. Sie verbreitert sich. Bedauerlicherweise gewinnt sie auch an Einfluss, nicht überall, regional durchaus unterschiedlich, wenn wir die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen und die Zusammensetzungen der Länderparlamente betrachten.

Umso mehr muss es parteiübergreifend unser aller Ziel sein, die Gefahren von Rechts zu sehen und geschlossen dagegen vorzugehen.

(Beifall der FDP und bei SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, RheinlandPfalz kann auf eine erfolgreiche Sicherheitspolitik dank unserer gut ausgebildeten und ausgerüsteten Polizei verweisen.

Für die FDP-Fraktion habe ich das von dieser Stelle aus mehrfach hervorgehoben. Es gibt keine bessere Gelegenheit als die heutige, um zu wiederholen und zu betonen, dass Rheinland-Pfalz ein sicheres Land ist.

Unsere Fraktion wird nicht müde werden, sich auch in Zukunft immer wieder für eine leistungsstarke Polizei einzusetzen, die dann eine reale Chance hat, mit Bedrohungen jeder Art – sei es von Links oder von Rechts – fertig zu werden.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, besondere Vorsicht ist allerdings meiner Ansicht nach in den Schulen angebracht. Die Rechtsextremen kommen heutzutage in moderner Label-Kleidung, in feinem Zwirn mit Nadelstreifen, also ganz typische Wölfe im Schafspelz. Sie verteilen CDs an Schülerinnen und Schüler und versuchen so, mit Speck Mäuse zu fangen.

Meine Damen und Herren, hier sehe ich das größte Gefahrenpotenzial. Hier bedarf es allergrößter Vorsicht. Alle Demokraten müssen so eng beieinander sein, dass nicht einmal das sprichwörtliche Stückchen Papier dazwischen passt.

Die Landesregierung ist – das will ich gern deutlich machen – auf diesem Feld durch die Kriminalprävention gut aufgestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Aufklärung, Prävention und entschlossenem Vorgehen wird es gelingen, das in viele Richtungen wuchernde Geflecht des Rechtsextremismus aufzureißen und auszureißen, bevor es sich ausbreitet und außer Kontrolle gerät.

In der letzten Zeit ist aus aktuellem Anlass immer wieder die Frage eines NPD-Verbots diskutiert worden. Ich gebe zu, dass dies eine zunächst naheliegende und einleuchtende Idee ist. Allerdings glaube ich nicht, dass es der Königsweg ist.

Man muss bedenken, dass als Voraussetzung eines Verbotsverfahrens unsere Quellen aus dem Milieu herausgezogen werden müssten. Das Gesetz schreibt zwei Jahre vor.

Das hätte zur Folge, dass das rechtsextreme Milieu sich dann für zwei Jahre ohne unsere eigenen Quellen selbst überlassen wäre, ohne dass uns noch Einblicke möglich wären. In dieser Abwägung halte ich die Gefahr für viel zu groß und für unkalkulierbar, sodass ich zu dem Ergebnis komme, wir sollten von einem NPDVerbotsverfahren Abstand nehmen.

Wir müssen diese ideologisch verbohrten Menschen mit guter Politik bekämpfen. Ich bin dieser festen Überzeugung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle sehen die Entwicklung des Rechtsextremismus mit Sorge. Ich denke, dass Parlament und Regierung an einem Strang ziehen. Dieser Strang wird stark genug sein, um der Bedrohung von Rechts Herr zu werden. Davon bin ich zutiefst überzeugt.