Protocol of the Session on June 3, 2005

Eines werden wir dabei allerdings nicht tun, nämlich uns an irgendwelchen Spekulationen beteiligen, wo, und falls ja, wie viele Nuklearwaffen es in Deutschland und speziell in Rheinland-Pfalz gibt.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wir sind sehr für Transparenz. Diese Transparenz sollte aber dort ihre Grenzen haben, wo die berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie unseres staatlichen Gemeinwesens tangiert werden.

(Dr. Altherr, CDU: Sehr gut!)

Wir halten es für wichtig, dass durch eine entsprechende Infrastruktur, Ausstattung und Bewachung eventueller Standorte ein Optimum an Sicherheit erreicht wird. Hierzu zählt auch die Geheimhaltung dieser eventuellen Standorte. Dies einfach deshalb, weil damit eventuellen

terroristischen oder sonstigen Angriffen vorgebeugt werden kann.

(Beifall bei der SPD – Dr. Altherr, CDU: So ist es!)

Deshalb bekräftige ich an dieser Stelle noch einmal, dass wir uns an irgendwie gearteten Spekulationen in diesem Zusammenhang nicht beteiligen werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Grützmacher, die Zahlen, die Sie genannt haben, sind keine authentischen Zahlen. Das sind Zahlen von irgendwelchen Instituten und Vereinigungen, die aber nirgendwo verbrieft sind.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das können Sie nicht sagen! Das ist ein sehr renommiertes Institut!)

Für die Gesamtthematik ist im Übrigen der Bund und nicht die Länder zuständig. Wir sind also quasi außen vor.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger nehmen wir allerdings sehr ernst. Alle Nationen, vor allem die Nuklearmächte, sind aufgerufen, alle Möglichkeiten, die sie haben, zu ergreifen und zu unterstützen, um die Nuklearwaffen weltweit weiter abzubauen.

Wir unterstützen daher alle Bemühungen der Bundesregierung und der Landesregierung, die Nuklearwaffenpotenziale in Europa und in Deutschland abzubauen. Wir bitten Sie um Zustimmung zum Antrag der Regierungskoalition.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Altherr das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen der SPD dankbar, dass er auf diese unterschiedliche Haltung hingewiesen hat. Genau das ist der entscheidende Punkt.

Frau Kollegin Grützmacher, ich kann Ihre Argumentation verstehen. Ich weiß auch, dass Sie das glaubwürdig in Ihrer Person vertreten. Dazu muss man natürlich auch die Identität der Grünen, das heißt die Gründungsgeschichte und Genese der Grünen, kennen. Wir erinnern uns an die Jahre 1979 und 1980 mit dem NATODoppelbeschluss und den Pershing-II-Raketen. Das war mit eine der entscheidenden Grundlagen für das Entstehen der GRÜNEN-Partei. Daher kann ich Ihre Argumen

tation heute auch verstehen. Ich will Sie aber auch an den Mannheimer Parteitagsbeschluss erinnern, in dem die Abschaffung der Bundeswehr und der Austritt aus der NATO gefordert wurde.

Ich will aber auch nicht verschweigen, dass Winfried Nachtwei, GRÜNER und Mitglied des Deutschen Bundestags, gesagt hat, dass es eine weise und gute Entscheidung war, die NATO zu gründen. Herr Nachtwei ist schließlich Ihr Sicherheits- und Verteidigungsexperte. So viel zu dem Ganzen.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Sie haben doch keine Ahnung. Halten Sie sich doch zurück. Reden Sie zu den Dingen, bei denen Sie mitreden können.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Man muss Aussagen immer vor ihrer Zeit bewerten, Herr Kollege Schweitzer. Das sollten Sie einmal beherzigen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da Frau Grützmacher so sehr auf den Antrag der CDU-Fraktion rekurriert hat, will ich Ihnen den entscheidenden Passus unseres Antrags vorlesen: „Der Landtag begrüßt die weltweiten Bemühungen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen und die alle fünf Jahre stattfindende Überprüfungskonferenz des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV)“– auch kurz Atomwaffensperrvertrag genannt –. „Die gegenwärtige Krise um NuklearwaffenAmbitionen des Iran und Nordkoreas,

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber auch die Befürchtungen, dass künftig möglicherweise weitere Staaten oder sogar internationale Terroristen Zugriff auf Nuklearwaffen erhalten könnten, machen das nukleare Nichtverbreitungsregime zu einem zentralen Element der Sicherheit und des Friedens weltweit. Das NVV-Regime beruht auf drei Säulen: der Verpflichtung der Mitglieder zur Nichtverbreitung, der Verpflichtung der Nuklearwaffenstaaten auf Abrüstung ihrer Nuklearwaffenarsenale und der Berechtigung aller Staaten zum Zugang zur friedlichen und zivilen Nutzung.“ So lautet genau unser Antrag.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was sind Ihre Forderungen?)

Frau Grützmacher, Sie machen Politik mit den Ängsten der Bevölkerung. Ich lebe zeitlebens in der Region Ramstein/Kaiserslautern. Ich wäre am ehesten von einer Bedrohung betroffen. Es ist doch nicht so, dass die mutmaßlich dort irgendwo gelagerten Atomwaffen uns bedrohen. Vielmehr geht die Bedrohung doch von ganz anderen Ländern aus, nämlich von Schurkenstaaten, von terroristischen Regimen sowie von verbrecherischen Organisationen. Sie können doch nicht die USA als

verantwortungslosen Staat hinstellen und sagen, die Atomwaffen würden für uns eine Bedrohung darstellen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitaus wichtiger wäre es, dass wir einen Grundkonsens finden und wir die Proliferation dieser Waffen in nicht berechtigte Hände verhindern. Das muss die Aufgabe sein, und das stellt die größte Bedrohung für den Weltfrieden derzeit dar.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Grützmacher, nun noch einmal zur NATO.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können nachher noch einmal reden.

Nun zur NATO: Die NATO ist untrennbar mit der Entwicklung der beiden deutschen Staaten zu einer friedlichen Wiedervereinigung verbunden. Die NATO ist eng gekoppelt an die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland. Es sind seit 50 Jahren Atomwaffen in Deutschland stationiert. Die Amerikaner verfügten in Hochzeiten über 70.000 atomare Gefechtsköpfe. Zu dieser Zeit wurden ungefähr 7.000 in Europa gelagert. Es wird gemutmaßt, dass derzeit davon noch fünf Prozent in Europa gelagert werden. Keiner weiß aber etwas Genaues.

Damit sind wir an dem entscheidenden Punkt angekommen. Der Kollege von der SPD hat das dankenswerterweise schon gesagt. Man kann militärisch sensible Waffen nicht auf dem Jahrmarkt zur Schau tragen. Das untergräbt das Sicherheitsbedürfnis aller Menschen in Rheinland-Pfalz und in Deutschland.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das tun Sie mit Ihrem Antrag.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Grützmacher, ich will Sie an die Diskussion über den Abzug der Giftgasgranaten im Jahr 1990 erinnern. Was haben damals Ihre Partei und die so genannte Linke alles gemutmaßt? Welche Zahlen sind in der Gegend herumgereicht worden? Wie hat man die Leute verunsichert? Das ist keine seriöse Politik.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sollten einmal sagen, was wir damit erreicht haben, nämlich dass sie verschwunden sind!)

Frau Kollegin, ich verstehe das, Sie haben die Nominierung am Samstag. Da müssen Sie noch ein bisschen um Ihren Platz kämpfen. Lassen wir das doch.

(Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kehren wir zum Thema zurück. Die Stationierung von Atomwaffen ist mit der NATO untrennbar verbunden. Sie basiert auf internationalen Verträgen. Wenn Sie nun auf die nukleare Teilhabe anspielen, nämlich auf die Fähigkeit der deutschen Tornadobomber, Atomwaffen zu transportieren, und zwar substrategische, so genannte taktische Atomwaffen zu transportieren, frage ich Sie: Ist denn dieser Einsatz jemals erfolgt?

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Grützmacher, anders gefragt: Wer hat denn die Sicherheit des freien Europas sichergestellt, als der Warschauer Pakt existent war? Das waren die verschiedenen NATO-Strategien, beginnend mit „New Look“ über „Forward“ und „Force Attack“ und „Flexible Response“ bis hin zu „Last Resort“. Die „Last Resort“Doktrin, die heute Gültigkeit hat, besagt, dass Nuklearwaffen nur das letzte Mittel entweder zur Abschreckung oder zur schnellen Beendigung eines Krieges sein können. Das ist die derzeit gültige Doktrin der NATO.