Protocol of the Session on June 3, 2005

Gut. Dann lassen Sie uns noch einmal ein paar andere Dinge anschauen.

Wie haben sich die Gesellschaft und die Krankheitsbilder verändert? – Die Ärzte haben heute außer der kurativen Medizin beratende Funktionen. Wo ist vor 20 Jahren jemand zum Arzt gegangen, um sich beraten zu lassen und Krankheiten zu verhindern? – Das hat sich alles verschoben. Wenn wir die Zunahme der alternden Gesellschaft sehen: Alter heißt nicht einfach krank. Aber die Mobilität in diesem Bereich nimmt zu. Auch da verschiebt sich einiges.

Ich denke, wichtig ist das, was Frau Ministerin auch noch einmal gesagt hat. Den Sicherstellungsauftrag haben die Kassenärztlichen Vereinigungen. An uns liegt es, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Da ist auch einiges passiert.

Was Herr Dr. Rosenbauer, das Krankenhaus betreffend, angesprochen hat: Mit der Einführung des Fallpauschalenentgeltsystems ist auch etwas Wichtiges passiert, das Veränderungen in den Arbeitszeiten zulässt, weil Abrechnungen nicht nach Zeitaufwand, sondern nach Leistung erfolgen.

Wichtig bleibt, Sie waren nicht anwesend, als ich gesprochen habe. Das, was Sie zu dem Anteil der ausländischen Ärztinnen und Ärzten gesagt haben, war auch eine klare Forderung von mir, nämlich dass die Qualität stimmen muss. Sie muss mit unserem Anspruch vergleichbar sei. Die deutsche Sprache muss ein absolutes Muss sein.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer das Wort.

Frau Ebli, genau das ist das, wenn man über die Dinge redet, ohne diese genau zu betrachten. Gerade das Fallpauschalenentgeltgesetz erschwert in zunehmendem Maß die Ausbildung, weil die Entgelte für die Leistungen so knapp bemessen sind, dass sie möglichst zügig ihre Arbeiten erledigen müssen. Dies gilt insbesondere für das ambulante Operieren, das man fördern will.

Sie können zu dem Entgelt die Leistung nur noch erbringen, indem sie einen Facharzt und keinen Assistenzarzt mehr hinstellen, der von morgens bis abends die Sachen „durchoperiert“, damit die Kosten gedeckt werden. Genau dort entstehen zurzeit die Probleme in den Krankenhäusern und auch bei den niedergelassenen Kollegen, weil die Ausbildung durch die ganze Gesetzgebung nicht verbessert, sondern verschärft wird, da kaum noch Zeit für Ausbildung bleibt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das führt letztendlich zu einer Qualitätsverschlechterung.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage beendet.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüße ich noch weitere Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder des 1. FCK-Fanclub „Hornbacher Klosterteufel, die Herolder Brunnensänger sowie Bürgerinnen aus Weilerbach. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Punkte 13 und 14 der Tagesordnung in verbundener Debatte auf:

Atomar abrüsten – Abzug aller Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4152 –

Abzug von Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/4159 –

dazu: Nordatlantisches Verteidigungsbündnis (NATO) und Reduktion von Atomwaffen Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 14/4192 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart.

Ich erteile Frau Abgeordneter Grützmacher das Wort.

Meine Damen und Herren! In der heutigen Debatte geht es im Kern um die entsetzlichsten Waffen, die die Menschen je erfunden haben. Es geht um Atomwaffen, deren furchtbare Wirkung sich beim Abwurf der Atombombe in Hiroschima gezeigt hat – der Abwurf jährt sich in rund zwei Monaten zum 60. Mal – und von denen wir annehmen müssen, dass immer noch mehr als rund 150 jetzt auch 15 Jahre nach Ende des Kalten Kriegs bei uns in Rheinland-Pfalz lagern.

Bis vor zwei Tagen lagen dem Landtag hierzu zwei Anträge vor, ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ein Antrag der Fraktionen der SPD und FDP. Beide stimmen in der grundsätzlichen Forderung überein, wie es auch im Antrag der Fraktionen der SPD und FDP formuliert wird: Abzug von Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, Anfang Mai ist in einem Report des Natural Resources Defense Council darauf hingewiesen worden, dass höchstwahrscheinlich noch rund 480 Atombomben in Europa lagern, davon etwa 150 in Deutschland, und zwar ausschließlich in Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir uns im rheinland-pfälzischen Landtag mit dieser Problematik beschäftigen, und zwar in öffentlicher Diskussion.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ziel ist klar und wird von allen geteilt: Atomwaffen müssen international geächtet werden. Die Verbreitung von Atomwaffen muss dauerhaft gestoppt werden. Zur Erreichung dieses Ziels kann der rheinland-pfälzische Landtag beitragen, indem er in großer Übereinstimmung deutlich macht, dass er die Lagerung von Atomwaffen in Ramstein und Büchel nicht länger hinnehmen will und er die Bundesregierung in ihren Bestrebungen unterstützt,

durch Konsultationen mit den NATO-Staaten darauf hinzuwirken, dass die in Rheinland-Pfalz stationierten Atomwaffen mit einer klaren Perspektive und innerhalb eines verbindlichen zeitlichen Rahmens abgezogen werden. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das muss ich in Richtung der CDU-Fraktion einmal deutlich aussprechen. Das hat nichts mit Anti-Amerikanismus zu tun. Hierbei geht es wirklich nicht um subjektive Gefühle oder irrationale Emotionen. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Atombomben völkerrechtswidrig sind; denn als solche wurden sie vom Internationalen Gerichtshof eingestuft. Dieser kam in seinem Urteil vom 9. Juli 1996 zu dem Ergebnis, dass nicht nur der Einsatz von Atomwaffen, sondern bereits die Androhung des Einsatzes grundsätzlich gegen Völkerrecht verstößt.

Meine Damen und Herren, auf dieser Grundlage ist unser Antrag zu sehen, der auf einer Reihe vorhergehender Anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus den Jahren 1995, 1997 und 1999 fußt, in denen wir eindringlich den Abzug der Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz gefordert haben.

Meine Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Wochen die große Hoffnung geschöpft, dass es der rotgrünen Bundesregierung gelingen wird, in dieser Frage einen entscheidenden Schritt voranzukommen. Mit Freude haben wir die Aussage von Verteidigungsminister Struck gehört, dass er sich zusammen mit Außenminister Fischer einig ist, dass sie in den Gremien der NATO das Thema „Abzug von Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz“ ansprechen und in Absprache mit den europäischen Verbündeten klären wollen.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hierbei mit einem klaren Votum des rheinland-pfälzischen Landtags zu unterstützen, das schien uns wichtig und auch möglich auf der Grundlage der Anträge von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einerseits und den Koalitionsfraktionen andererseits.

Nun liegt ein dritter Antrag vor, nämlich der Antrag der Fraktion der CDU. In diesem Antrag wird die klare Botschaft, die von den beiden Anträgen ausging, leider verwässert. Auf ihre ziemlich rückwärts gewandte Rhetorik will ich nicht eingehen, meine Damen und Herren von der CDU. Wie können Sie sich aber als Parlamentarier sozusagen selbst den Mund verbieten und uns verbieten, über das wirklich sehr brisante Thema wie den Abzug der Atomwaffen aus unserem Land im Parlament zu reden? Aus Angst, irgendeine Position in dieser konkreten Frage zu beziehen, winden Sie sich mit den Worten: Bei einer öffentlichen und parlamentarischen Diskussion außerhalb der zuständigen Gremien ist stets die Gefahr von kontraproduktiven Wirkungen gegeben. – Mit dieser windelweichen Formulierung winden Sie sich um jegliche klare Stellungnahme herum, meine Damen und Herren. Wer so hasenfüßig ist und ohne jegliches Selbstbewusstsein als Parlamentarier daherkommt, der hat sich in dieser Diskussion disqualifiziert. Der hat eben nichts mehr zu sagen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auch wenn wir den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP auch wegen seiner Überschrift sehr begrüßen, sehen wir doch in unserem Antrag die weitergehenden Forderungen. Wir stellen den Abzug der Atomwaffen von Ramstein und Büchel in einen großen Zusammenhang der vollständigen Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen. Wir fordern darüber hinaus die Bundesregierung auf, schon jetzt in den Bereichen aktiv zu werden, in denen sie aktiv werden kann. Sie sollte ihre Bereitschaft erklären, auf die technische Fähigkeit zum Einsatz US-amerikanischer Nuklearwaffen zu verzichten.

Meine Damen und Herren, mit dieser Forderung wollen wir Verteidigungsminister Struck und Außenminister Fischer in ihren Bemühungen um einen schnellen Abzug der Atomwaffen aus unserem Land unterstützen. Wir hoffen dabei auf die breite Unterstützung des Landtags. Deshalb sollten wir die Anträge an den Ausschuss überweisen, um zu einer breiten Unterstützung für diese Form zu kommen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Noss.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die weitere Reduzierung der Zahl der weltweit vorhandenen Nuklearwaffen, die immer noch ausreichend sind, um die Erde um ein Zigfaches zu vernichten, ist eine der wichtigsten Aufgaben der internationalen Staatengemeinschaft. Es ist anzustreben, dass nicht noch mehr Länder oder gar terroristische Gruppen in den Besitz von Nuklearwaffen kommen. So fand vom 2. bis zum 27. Mai dieses Jahres in New York die alle fünf Jahre stattfindende Konferenz zur Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrags von Atomwaffen – oder auch Atomwaffensperrvertrag genannt – statt. Ziel dieses Vertrags, der zwischenzeitlich von 188 Staaten unterzeichnet worden ist, ist die Reduzierung der Zahl der weltweiten nuklearen Waffenpotenziale. Der Vertrag baut auf zwei inhaltlichen Grundpfeilern auf. Der eine Pfeiler ist die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen, der andere Pfeiler ist die Abrüstung der vorhandenen Nuklearwaffenpotenziale. Gleichzeitig gilt der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten des Atomwaffensperrvertrags unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde Zugang und Berechtigung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie haben.

In den 35 Jahren seines Bestehens hat der Atomwaffensperrvertrag dazu beigetragen, entsprechend seiner Zielsetzung die Zahl der Nuklearwaffen zu reduzieren und ein gewachsenes Bewusstsein bezüglich der Gefahren dieser Waffen zu schaffen. Die diesjährige Konferenz in New York hat in seiner vierwöchigen Beratung leider nicht die erhofften Ergebnisse gebracht. Dies führte dazu, dass der UN-Generalsekretär Kofi Annan die Konferenz als verpasste Chance bezeichnete, als

verpasste Chance dahin gehend, dass die Sicherheit der Welt vor den vielen nuklearen Bedrohungen nach wie vor nicht geschützt ist. Bezeichnend dürfte es auch sein, dass es über eine Woche dauerte, bis sich die Versammlung auf eine einheitlich getragene Tagesordnung einigen konnte.

Deutschland und insbesondere Rheinland-Pfalz war während der Zeit des Kalten Krieges eines der weltweiten Hauptstationierungsgebiete von taktischen Nuklearwaffen, und zwar in Ost und West, von NATO und Warschauer Pakt gleichermaßen. Nach dem Fall der Berliner Mauer, dem Aufweichen der Machtblöcke und dem Ende des Kalten Krieges wurden die vorhandenen nuklearen Drohpotenziale in Deutschland abgebaut. Nur noch ein geringer Bruchteil der ehemaligen Nuklearwaffen der NATO sind heute noch in Deutschland stationiert. Aufgrund der weltweit erheblich veränderten Bedrohungs- und Sicherheitslage – die ehemalige NATO-Grenze, die nur 300 Kilometer bis 400 Kilometer von uns entfernt lag, ist zwischenzeitlich weiter nach Osten gerückt – sollte die Stationierung von Nuklearwaffen in Deutschland nicht mehr erforderlich sein. Sie macht auch keinen Sinn mehr.

(Beifall bei SPD und FDP)

Daher ist es nur folgerichtig und richtig nachgedacht, dass die Bundesregierung in vertrauensvollen Gesprächen mit den USA und den übrigen NATO-Partnern versucht, die noch vorhandenen Restbestände einvernehmlich aus Deutschland abzuziehen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ministerpräsident Kurt Beck hat erst kürzlich gemeinsam mit Verteidigungsminister Peter Struck dieses Ziel nochmals bekräftigt. Die SPD-Fraktion und die FDPFraktion begrüßen und unterstützen diese Bestrebungen ausdrücklich und hoffen, dass diese baldmöglichst erfolgreich abgeschlossen werden können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Eines werden wir dabei allerdings nicht tun, nämlich uns an irgendwelchen Spekulationen beteiligen, wo, und falls ja, wie viele Nuklearwaffen es in Deutschland und speziell in Rheinland-Pfalz gibt.