Lieber Herr Dr. Braun, ich habe nicht gesagt, dass es sich um einen grünen Entwurf handelte, sondern um einen grün beeinflussten und von grün sehr stark vertretenen Anfangsentwurf, und das wäre fatal gewesen.
Wenn Sie kritisieren, dass wir andere nicht kritisieren: Wir haben sehr wohl wahrgenommen, was Herr Dr. Gebhart aus dem Lack-Brief zitiert hat. Das hat jeder gemerkt. Deswegen müssen wir nicht länger darüber reden.
Aber mit KPMG-Studien ist es so wie mit allen Studien. Jeder versucht es, für seine Ziele richtig zu interpretieren, meine Damen und Herren.
Nur eins steht fest, und da bin ich Frau Ministerin Conrad sehr dankbar, dass sie es gesagt hat: Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es besteht noch Diskussionsbedarf und Änderungsbedarf.
Ich sage gar nicht, dass Sie es nicht gesagt haben. Aber es muss doch noch einmal wiederholt werden. Hören Sie doch einmal ein bisschen zu, und bleiben Sie ganz ruhig.
Uns geht es darum, dass europaweit ein flexibles und marktwirtschaftliches Instrument installiert wird, das einen erkennbaren ökologischen Nutzen hat und natürlich von kleineren und mittleren Unternehmen getragen werden kann sowie hoch qualifizierte Arbeitsplätze nicht in Gefahr bringt.
Meine Damen und Herren, das ist gerade im Land Rheinland-Pfalz wichtig. Dazu werden wir weiterhin mit der Unterstützung der Landes- und Bundesregierung und in Partnerschaft mit der IG BCE und dem VCI arbeiten.
Dass es ganz deutlich ist: Die SPD arbeitet an dem Schutz der Arbeitsplätze bei uns im Land RheinlandPfalz und an dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Beides – da haben Sie Recht – muss zusammengebracht werden.
Meine Damen und Herren, aber erlauben Sie mir an dieser Stelle noch einmal einen Appell an die Industrie.
Ich formuliere diesen Appell bewusst, weil – dafür sind wir sehr dankbar – heute der Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände, VCI, Herr Dr. Lendle, auf der Besuchertribüne sitzt. Herzlich willkommen!
Erlauben Sie mir einen Appell an die Chemische Industrie auch in diesem Land: In den beiden letzten Jahrzehnten haben Sie, bedingt durch den Prozess der Globalisierung und durch den Druck des Markts, rationalisieren müssen und zehntausende Arbeitsplätze abgebaut. Meine Damen und Herren, das führte aber andererseits auch zu exzellenten Betriebsergebnissen, die sich lesen wie die Hitliste von Erfolgsleiter. Das ist auch gut so. Das brauchen wir auch in diesem Land.
Aber ich appelliere noch einmal an die Industrie, insbesondere an die Großindustrie: In Anbetracht dieser Tatsache und in Anbetracht der Tatsache, dass, wenn es jetzt zu einer handhabbaren Chemikalienpolitik kommt, Sie noch einmal darüber nachdenken, ob es wirklich notwendig ist, die schon geplante Zahl von Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren abzubauen.
Meine Damen und Herren, ich will nicht kleinlich erscheinen, aber die Begrüßung von Gästen obliegt dem Präsidenten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Braun, ich möchte nur einen Satz zu Ihrer Bemerkung sagen: Ich glaube, Sachverstand hat einem Parlament noch nie geschadet.
Wir haben über die Kosten und über die Arbeitsplätze gesprochen. Ich kann nur noch einmal sagen, mehrere Studien haben nun einmal belegt, dass REACH Arbeitsplätze in Europa, Deutschland und Rheinland-Pfalz gefährden könnte. Das kann man in einer solchen Situation, in der sich Deutschland derzeit befindet, nicht einfach so vom Tisch wischen.
Meine Damen und Herren, wir sollten in einer solchen Debatte auch einmal der Frage nachgehen, worin der Nutzen von REACH liegt.
Worin liegt der Nutzen einer REACH-Verordnung, wenn sie beschlossen werden würde, so, wie sie heute nach wie vor auf dem Tisch liegt? – Wenn im Ergebnis REACH dazu führt, dass Arbeitsplätze teilweise verlagert werden, Produktionsverlagerungen stattfinden und Produktion zum Teil in China stattfindet, Fertigerzeugnisse dann nach Europa exportiert werden – – –
Es ist nämlich die Crux an dieser Verordnung, dass Fertigerzeugnisse nicht in der Art und Weise dieser Regulierung unterliegen wie Stoffe, die hierzulande produziert werden. Wenn das das Ergebnis ist, haben wir am Ende nichts gewonnen.
Meine Damen und Herren, wenn das das Ergebnis ist, dann haben wir weder in ökonomischer Hinsicht etwas gewonnen, weil die Arbeitsplätze weg sind, noch haben wir in ökologischer Hinsicht irgendetwas gewonnen; denn Sie können davon ausgehen, dass in China oder sonstwo auf der Welt mit Sicherheit nicht an allen Standorten nach jenen strengen Umweltstandards produziert wird, wie das heute in Europa und Deutschland schon lang der Fall ist.
(Beifall der CDU – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben einen weiteren Schwarzmaler im Parlament!)
Meine Damen und Herren, wir sollten noch einen Punkt klar sehen und ein Stück weit klarstellen: Es wird häufig
vorgeworfen, wir wüssten faktisch nichts oder beinahe nichts über die Chemikalien, die wir handhaben. Das stimmt so nicht.
Es waren vor allem deutsche, auch rheinland-pfälzische Unternehmen, die in der Vergangenheit sehr verantwortungsbewusst gehandelt haben. Sie gelten heute international als Vorbild. Zum Beispiel war es die Deutsche Chemieindustrie, die sich 1997 verpflichtet hat, für alle gehandhabten Chemikalien Gefährdungsmöglichkeiten anhand bestimmter Grunddatensätze abzuschätzen.
Es bleibt am Ende: REACH so, wie es heute auf dem Tisch liegt, können wir uns nicht leisten. Es bleibt ein bürokratisches Monster. Es gefährdet vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen. Was wir brauchen, ist ein besseres REACH. Wir brauchen Gesetze, die Arbeitsplätze schaffen, und nicht Gesetze, die weiter Arbeitsplätze vernichten und ins Ausland treiben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird eine Chemikalienrichtlinie geben. Sie muss aber vernünftig gestaltet sein. Zudem muss sie dem wahren Interesse der Verbraucher und den wahren Umweltinteressen gerecht werden. Auf diesem Weg befinden wir uns. Das Ziel ist noch nicht ganz erreicht. Es ist aber möglich, dieses Ziel zu erreichen. Dazu bedarf es besonderer Anstrengungen.