Protocol of the Session on April 27, 2005

Sie haben die Gelegenheit, in die Offensive zu gehen und nicht so zu tun, als wäre alles ohnehin schon in Ordnung. Natürlich hat der Finanzminister die Möglichkeit zu sagen: Wir werden uns selbst verpflichten, nach Prüfung jeder Rechnung – man kann das darum ergänzen, dass sie schneller geprüft werden – schneller zu überweisen.

Dann wird diese Umfrage – auch wenn es nur 55 Betriebe sind, Herr Ramsauer – anders aussehen. Es hat im Durchschnitt 102 Tage gedauert, bis das Land an diese 55 Betriebe gezahlt hat. Dieser Wert liegt über dem Bundesdurchschnitt. Wenn es beispielsweise einmal 102 Tage gewesen sind, dann ist das für die kleinen und mittelständischen Betriebe existenzgefährdend. Daran kommt man nicht vorbei. Das sind drei Monate Zinszahlungen. Das ist genau das, was sonst an Gewinn abfällt. Wenn es länger als drei Monate dauert – es waren nur durchschnittlich drei Monate –, dann ist diese Firma eventuell schon insolvent. Dann nützt uns der Rest auch nichts mehr.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Lelle, CDU: Genauso!)

Daher ist es verständlich, dass die Landesregierung bzw. das Ministerium versucht hat, ein Notprogramm über die ISB zu starten. Ich will gar nicht sagen, dass dieses Programm nur schlecht ist. Es hat natürlich seine positiven Seiten. Von Herrn Wirz wurden bereits die 6,5 % angesprochen. Hinzu kommt noch eine Bearbeitungsgebühr. Dann sind wir schon bei einem Prozent zusätzlich. Das ist natürlich nicht kostengünstig, sondern ein teures Programm. Es kann allerdings Firmen retten. Deswegen ist das Programm gut. Daher ist es gut, dass die ISB das Programm aufgelegt hat.

Meine Damen und Herren, es muss aber gefragt werden, ob dieses Programm nicht am Problem vorbeigeht. Erst ab 50.000 Euro kann dieser Aufkauf erfolgen. Was

machen aber kleine Firmen, die vorher keinen Generalunternehmer beauftragt haben und unter 50.000 Euro liegen? Sie werden in diesem Programm nicht berücksichtigt, meine Damen und Herren. Was macht man denn bei 70 %? Weshalb gibt es keine anderen Bedingungen, zum Beispiel bei mehr als 70 % zu zahlen? Es gibt andere Länder, die mehr zahlen.

Deshalb kann man nicht behaupten, man habe ein Superprogramm entwickelt, so wie es Herr Creutzmann in letzter Zeit immer wieder getan hat. Dieses Programm hat seine Schwächen. Es muss eine geringere Summe umfassen können, und es muss kostengünstiger sein, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem bietet das Programm kein DebitorenManagement an. Es gibt Banken, die das tun. Viele kleine und Kleinstbetriebe haben die Schwierigkeit, rechtzeitig Rechnungen zu stellen. Sie brauchen natürlich Unterstützung.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Herr Creutzmann, ich sage doch nur, dass kleine und mittelständische Betriebe Unterstützung brauchen. Das wird Sie doch wohl freuen können. Dagegen müssen Sie doch nicht protestieren.

Sie brauchen Unterstützung dabei, dass sie ihr Management gegenüber den Schuldnern richtig umsetzen, damit sie keine Verluste machen.

(Glocke des Präsidenten)

Viele Rechnungen müssen am Ende ohnehin abgeschrieben werden, weil die Forderungen zu spät oder gar nicht mehr eingetrieben werden können. In dieser Hinsicht brauchen sie Beratung und Unterstützung. Dabei kann das Land etwas tun.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Abgeordneter Creutzmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Braun, hören Sie doch auf, laufend zu fabulieren. Informieren Sie sich doch einmal. Wer soll denn die kleinen Unternehmen unterstützen? Der Staat? Unternehmen sind dazu da, dass sie unternehmerisch handeln und ihre Forderungen eintreiben. Sie sind doch nicht dafür da, dass man sie an der Hand führt in einer sozialen Marktwirtschaft.

Ich bin froh, dass die CDU-Fraktion mir Gelegenheit gibt, ihre Arbeitsweise an dem Thema „Zahlungsmoral des Landes Rheinland-Pfalz“ einmal darzustellen. Nach

einem Bericht der „Rheinpfalz“ vom 18. April 2005 hat der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Christoph Böhr die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand in Rheinland-Pfalz ins Visier genommen. Er bezieht sich dabei auf eine Unters uchung – – –

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Ihr Fraktions- und Landesvorsitzender Christoph Böhr bezieht sich bei seiner Klage auf eine Untersuchung des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Bauindustrie für das Jahr 2004. So dauere es in Rheinland-Pfalz – Herr Kollege Wirz hat es wiederholt – vom Rechnungsempfang bis zum Geldeingang bei den Firmen 102 Tage. Dies sind 22 Tage über dem Bundesdurchschnitt.

Weiter schreibt die „Rheinpfalz“: „Eine solche Zahlungsmoral sei beschämend, meinte Böhr. Er forderte die Landesregierung auf, die Zahlungsfristen umgehend mindestens zu halbieren.“ Dieses Beispiel zeigt, wie man nicht Politik betreiben soll.

Herr Wirz, erst grübeln, dann dübeln, erst informieren, dann schimpfen.

(Beifall bei der FDP)

Der Umfrage des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Bauindustrie liegen Beiträge von lediglich 55 rheinlandpfälzischen Betrieben zugrunde. Danach stellt sich die Frage, ob diese Untersuchung überhaupt repräsentativ ist, wenn man weiß, dass die Bauwirtschaft in Rheinland-Pfalz aus rund 3.700 Betrieben besteht.

Der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung hat eine Erhebung über die Einhaltung der Zahlungsfristen für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 30. September 2004 erstellt. Dabei kommt er nach Auswertung von 27.425 Zahlungen zu folgendem Ergebnis: Rund 81 % aller Zahlungen aus Bundes- und Landesbaumaßnahmen erfolgten innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist.

(Schwarz, SPD: Und jetzt?)

Jetzt reden wir noch über 19 %. Darüber hinaus war eine Fristüberschreitung bei Landesbaumaßnahmen von bis zu zehn Tagen lediglich bei etwa 7 %, von 11 bis 30 Tagen bei etwa 8 % und von mehr als 31 Tagen bei ca. 4 % zu verzeichnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie reichen von der Vorlage einer nicht prüffähigen Rechnung über die Aufnahme nicht beauftragter Nachtragsleistungen – ein großes Problem, das immer wieder auftritt – bis zur Fristüberschreitung durch rechnungsprüfende Ingenieurbüros sowie – dies ist zu bedauern – dem Zahlungsverfahren der Gaststreitkräfte. LBB und Ministerium versuchen immer wieder, das zu verbessern. Sie können sie aber nicht dazu zwingen.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Die FDP-Fraktion begrüßt deshalb, dass der LBB durch Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anstrebt, eine weitere Verbesserung der Zahlungen gegenüber den Baufirmen zu erreichen. Ob dies dann zu einer Halbierung der Zahlungsfristen – wir re

den von nur 19 %, aber nicht wie die Union von 50 % – auf nur noch 10 % erreicht werden kann, ist zweifelhaft, wenn man die angeführten Gründe für eine Fristüberschreitung ernst nimmt.

Herr Kollege Wirz, es muss doch klar sein, dass Rechnungen erst dann bezahlt werden können, wenn deren Höhe geprüft und ordnungsgemäß festgestellt wurde.

(Wirz, CDU: Genau darum geht es!)

Das hat sogar Herr Kollege Dr. Braun vorhin eingeräumt. Deshalb macht das Land einen weiteren Schritt zur Unterstützung unserer Bauwirtschaft. Zusätzlich zu dem Ziel der Verbesserung der Zahlungen durch das Land hat die ISB ein Finanzierungsprogramm „Forderungsankauf an die Bauwirtschaft“ aufgelegt, das die FDPFraktion ausdrücklich begrüßt. Das eine hat mit dem anderen doch nichts zu tun. Natürlich müssen wir uns aber noch verbessern, damit die Bauwirtschaft noch mehr Geld erhält. (Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Braun, das Hauptproblem ist, dass die Bauwirtschaft die niedrigsten Eigenkapitalquoten hat. Das kann man nicht dadurch auflösen, indem man versucht, noch schneller zu bezahlen. Dazu werden andere Instrumente benötigt. Ich komme im zweiten Teil noch darauf zu sprechen.

Vielen Dank. (Beifall bei FDP und SPD)

Es spricht der Herr Finanzminister.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tagesordnungspunkt geht auf einen Antrag der CDU-Fraktion zurück. Ihm liegt die bereits erwähnte Umfrage des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Bauindustrie (BWI) und eine entsprechende Pressekonferenz des Sprechers der rheinland-pfälzischen Bauwirtschaftsverbände am 31. Januar 2005 zugrunde.

Zunächst ist die Frage zu stellen, inwieweit die Unters uchung, die das BWI durchgeführt hat, repräsentativ ist. Insgesamt wurden 565 Unternehmen befragt, davon 55 in Rheinland-Pfalz. Das entspricht gerade einmal 1,5 % aller rheinland-pfälzischen Unternehmen.

Zur Repräsentationskraft, zur Aussagekraft ist zu bemerken, dass in Rheinland-Pfalz 55 Unternehmen untersucht wurden. Im Land Nordrhein-Westfalen, das viereinhalbmal so groß ist wie Rheinland-Pfalz, waren es 93 Unternehmen. In Bayern, das dreimal so groß ist wie Rheinland-Pfalz, waren es 41 Unternehmen. In Hessen, das eineinhalbmal so groß ist wie Rheinland-Pfalz, wurden 33 Unternehmen untersucht. Repräsentativ kann die Aussage also nicht sein, und das ist sie auch nicht.

(Schwarz, SPD: Stimmungsmache!)

Zum Zweiten will ich darauf hinweisen, dass der Präs ident der Bauwirtschaft in Rheinland-Pfalz in der besagten Pressekonferenz deutlich gemacht hat, dass in Rheinland-Pfalz 40 % der Aufträge der Bauwirtschaft von der öffentlichen Hand kommen. Rund 54 % gehen an Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern. Meine Damen und Herren, statt bei 40 % und 54 % liegt dieser Wert bundesweit nur bei 31 %. Er sagte dann – ich zitiere –: „Rheinland-Pfalz weist somit eine wesentlich höhere Quote des öffentlichen Bauens aus.“

Damit bin ich bei einem ganz wichtigen Punkt angekommen. In Rheinland-Pfalz sind die Ausgaben für den öffentlichen Hochbau durch Bund, Land und Gemeinden im vergangenen Jahr um 12,1 % gewachsen. Bundesweit waren sie um 7,6 % rückläufig. Im Straßenbau ist in Rheinland-Pfalz das Auftragsvolumen um 3,3 % gewachsen, während es bundesweit um 4,7 % rückläufig war.

Meine Damen und Herren, damit wird deutlich, dass Rheinland-Pfalz ein in Bezug auf die Bauwirtschaft vergabefreundliches Land ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das ist die erste Feststellung.

Ich weiß auch aus meiner früheren Tätigkeit, dass die Unternehmen, insbesondere die mittelständischen – je kleiner, umso mehr –, nicht selten über die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand Klage führen.

(Wirz, CDU: Die saugen sich das alles aus den Fingern!)

Jedes Mal, wenn ich einen solchen Hinweis erhalten habe, bekomme ich ganz lange Ohren, weil ich weiß, dass wir dieses Problem sehr ernst nehmen müssen. Allerdings ist der Zahlungsvorgang nur ein Aspekt in der Vertragsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

Ich will beispielsweise darauf hinweisen, dass Rheinland-Pfalz ein mittelstandsfreundliches Land ist. Seit mehr als zehn Jahren werden bei uns alle Aufträge gewerkeweise und fachlosbezogen und nicht an Generalunternehmer und an Generalübernehmer vergeben. Diese mittelstandsfreundliche Auftragsvergabe bringt uns seit vielen Jahren insbesondere den Applaus der Baugewerbeverbände in unserem Land ein.