Protocol of the Session on March 16, 2005

Jetzt noch etwas zum Stand. Wir haben täglich mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Das ist die schlichte Wahrheit. Das war von Anfang an so der Fall, und das wird uns auch noch eine ganze Weile begleiten. Jeder, der etwas anderes erzählt, hat meiner Meinung nach noch nicht richtig hineingeschaut. Wir haben uns deshalb überlegt – das haben Sie auch der Presse entnehmen können –, dass mein Ministerium – der Herr Staatssekretär und ich – eine Art Rundreise macht und wir uns einzelne Arbeitsgemeinschaften von innen anschauen.

Ich möchte Ihnen etwas zu meinem persönlichen Eindruck und zu den Problemen sagen, die wir in einem Gespräch mit Herrn Weise inzwischen auch gelöst haben.

Das Hauptproblem, mit dem sich die Arbeitsgemeinschaften befassen, ist das Thema „Personal“. Die Fallzahlen sind höher ausgefallen als erwartet. Daher stimmen die Personalschlüssel, so wie man sie ursprünglich angedacht hat, nicht.

Wir haben vereinbart, dass bis Ende des Monats bei den Jugendlichen der Schlüssel 1 zu 75 in allen Arbeitsgemeinschaften umgesetzt werden soll. Das ist das Ziel. Die Voraussetzungen dafür sind bis dahin auch geschaffen. Daher richte ich an die Arbeitsgemeinschaften auch die Bitte, diese Möglichkeiten wahrzunehmen.

(Frau Thelen, CDU: Das war eben eine aktuelle Information, Frau Dreyer!)

Das sage ich gerade. Mein Gespräch mit Herrn Weise und Herrn Schade in Nürnberg hat vor einigen Tagen stattgefunden. Ich bringe jetzt ein, worauf wir uns verständigt haben.

Der Schlüssel 1 zu 75 soll also kurzfristig umgesetzt werden. Der Schlüssel für die übrige Gruppe mit 1 zu 150 soll bis spätestens Juni umgesetzt werden, wobei heute schon klar ist, dass bestimmte Stellen nicht zur Verfügung stehen werden, sodass die Arbeitsgemeinschaften Dritte beauftragen sollen und ein bestimmtes Volumen nach außen vergeben sollen, um die Aufgabe bewältigen zu können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte gern noch etwas zu den Fallzahlen sagen. Die Fallzahlen haben sich aus den unterschiedlichsten

Gründen höher entwickelt als ursprünglich angenommen. Ich möchte die Gründe nicht alle beleuchten. Ein Grund lag sicherlich darin, dass die zugrunde gelegte Sozialhilfestatistik aus dem Jahr 2002 stammt und in der Zwischenzeit die Sozialhilfe angestiegen war.

Ein anderer Punkt ist aber, dass in der Sozialhilfe die Bedarfsgemeinschaft ganz anders als bei der Arbeitslosenstatistik gezählt wurde. Wenn Sie eine Familie mit drei Kindern haben, die erwerbsfähig sind, war das früher eine Zahl, weil die Personen als Zählgröße nicht aufgeteilt waren, während es sich heute um vier Zählfälle handelt. Demzufolge haben wir eine Steigerung, die im Vorfeld nicht entsprechend einkalkuliert worden war. Das bedeutet aber für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort, dass sie mit diesem hohen Potenzial sinnvoll umgehen müssen.

Wir müssen aus meiner Sicht alles daran setzen, dass die personelle Verstärkung derzeit so schnell geht, dass sie sich nicht wie ein Hamster im Rad drehen, sondern sie tatsächlich die Leute „in den Griff bekommen“, um sie möglichst schnell in Integrationsmaßnahmen zu bringen.

Mit der Vereinbarung, jetzt den Schlüssel 1 zu 75 und spätestens im Juni die andere Quote für die übrige Gruppe zu erfüllen, befinden wir uns meiner Meinung nach auf einem ganz guten Weg.

Als zweitletzten Punkt in diesem Zusammenhang möchte ich noch das Thema „Integrationsmaßnahmen“ ansprechen. Natürlich war das Thema „Integrationsmaßnahmen“ Inhalt des Gesprächs in Nürnberg und in allen Arbeitsgemeinschaften. Wir haben die Rückmeldung, dass wir in Rheinland-Pfalz – so wie bundesweit – zwar noch nicht supergut sind, aber dass wir im Begriff sind, wirklich anständige Zahlen auf den Weg zu bringen. Wir haben bei den Zusatzjobs in der vergangenen Woche bei rund 3.000 gelegen, wobei täglich ein Ansteigen zu verzeichnen ist.

Die Arbeitsgemeinschaften geben uns die Rückmeldung, dass es zwar schwierig ist, aber dass sie dabei sind, ihre Integrationsmaßnahmen umzusetzen. Bei der Mittelbindung auf der Bundesebene nimmt Rheinland-Pfalz eine Vorreiterrolle ein. Wir sind in diesem Bereich sehr weit. Das heißt nicht, dass wir nicht noch mehr Druck ausüben müssen, damit im Bereich der Integration noch mehr passiert. Da müssen wir ermutigen; denn in den Arbeitsgemeinschaften hat sich aus meiner Sicht die Ansicht breit gemacht, dass mit eher gebremstem Schaum besser gearbeitet werden kann, weil die Budgets zu hundert Prozent verplant werden, anstatt zu sagen, wir vermitteln jetzt, geben die Leute in Maßnahmen und verschaffen uns dann erst einen klaren Überblick darüber; erst Mitte des Jahres sehen wir uns an, wie sich unser Budget entwickelt.

Das ist die Richtung, die wir jetzt versuchen, den Arbeitsgemeinschaften mitzugeben, was das Thema Integration betrifft.

(Beifall bei SPD und FDP)

Der vorletzte Punkt war es deshalb, weil ich gern noch sagen möchte, dass wir das Thema auch seitens der Arbeitsmarktpolitik flankieren und wir für die Arbeitsgemeinschaften regionale Budgets gegründet haben, die sich maßgeblich auf das Thema „Jugendliche“, aber natürlich auch auf die übrige Gruppe beziehen.

Wir haben auch festgestellt, dass dieses Budget vor Ort sehr willkommen ist. Die Arbeitsgemeinschaften haben jeweils ein Budget zwischen 200.000 Euro und 1,3 Millionen Euro, je nach Größe, und können dieses Geld eigentlich auch relativ schnell abfragen für zusätzliche Maßnahmen, die die Agentur nicht aus ihren Mitteln zur Verfügung stellen kann. Ich nenne ein Beispiel: qualifizierende Flankierung bei den Zusatzjobs. Diese werden zurzeit bei uns sehr hoch abgefragt. Deshalb wissen wir auch, dass es echte Bewegung im Land RheinlandPfalz gibt.

Wir sind unentwegt mit den Arbeitsgemeinschaften im Gespräch. Herr Schade und ich haben verabredet, da das Thema „Rechtsaufsicht“ nicht geklärt ist und auch aus meiner Sicht mittelfristig nicht geklärt sein wird, dass wir in Rheinland-Pfalz einen sehr pragmatischen Weg weitergehen werden, nämlich dass immer dann, wenn es ein Problem gibt, das lokal nicht gelöst werden kann, es sowohl an das Ministerium oder an die Regionaldirektion herangetragen wird und wir gemeinsam versuchen, dieses Problem zu lösen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich glaube, das ist auch die einzige Möglichkeit, an dieser Stelle weiterzukommen. Anerkennend möchte ich noch sagen, weil die Mitarbeiter das in den Arbeitsgemeinschaften beklagen, vor Ort gibt es trotz aller Klagen eigentlich ein sehr gutes Klima. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind unheimlich engagiert. Sie wünschen sich eigentlich in der öffentlichen Debatte auch ein bisschen Luft, weil es die Arbeitsgemeinschaften seit zweieinhalb Monaten gibt und weil sie seitdem mit einer unglaublich großen Gruppe von Menschen zu tun haben, die sie nach besten Mitteln zu unterstützen versuchen. Es wäre sehr schön, wenn man das SGB II und die Reform nicht jetzt schon für gescheitert erklären würde, sondern auch den sich gründenden Arbeitsgemeinschaften vor Ort die Luft und den Freiraum geben würde und auch das Zutrauen, dass sie für die Menschen das Beste wollen und jetzt auch dabei sind, das in Bewegung zu setzen.

Vielen Dank. (Beifall bei SPD und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Grosse das Wort.

Ihnen stehen noch drei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe drei wesentliche Punkte, auf die ich gern noch eingehen wollte.

Frau Thelen, ich glaube, Sie haben schon wieder einen Beweis geliefert, wie Sie sich in die Büsche schlagen, weil Sie einfach sagen: Wir tragen das Gesetz mit, für die Umsetzung sind wir nicht zuständig, das machen andere. Sie sind von vornherein darauf aus, das große historische Reformprojekt schlechtzureden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich habe doch überhaupt nicht verneint, dass es zu Problemen kommt. Ich verneine aber, dass diese Probleme nicht lösbar seien. Wenn ich mir vorstelle, was wir uns haben anhören müssen, insbesondere aus den Reihen der CDU, bevor Hartz IV in Kraft getreten ist: „Das schaffen wir nie“, „Das ist unlösbar“, Anfragen wurden gestellt, die ich jetzt nicht zitieren möchte – ich habe sie aber schon noch im Kopf –, mit einem solch negativen Beigeschmack, den wir dann rund um die Uhr versucht haben aufzufangen und zu sagen: Wir werden das schon hinbekommen. Dafür, dass das eine solch große Reform ist, finde ich, ist die Umsetzung bisher sehr gut gelaufen.

(Beifall bei der SPD)

Noch etwas zum Betreuungsschlüssel 1 zu 75 bei den unter 25-Jährigen: Es hindert Sie, Frau Thelen, und Ihre Fraktion niemand daran, mit Ihrer zuständigen Agentur für Arbeit zu sprechen. Ich habe gewusst, dass ab April der Schlüssel so sein wird. Vielleicht kann man das auch, wenn es jemand weiß, in der Fraktion so kommunizieren, ohne dass man vorher mit Informationen an die Öffentlichkeit tritt, die einfach derzeit schon nicht mehr stimmen. (Zurufe von der CDU)

Die Ministerin hat eben von den regionalen Budgets gesprochen, die das Land einsetzen will, um Maßnahmen zu flankieren und die auch aus guten Gründen bei den Arbeitsgemeinschaften sehr beliebt sind. Diese regionalen Budgets sollen dafür da sein, denjenigen Menschen, die nicht sofort in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können, durch Qualifikation und andere Maßnahmen zu helfen.

Vielleicht können Sie mir in der zweiten Runde erläutern, wie Sie es zustande bringen, hier von den großen Problemen bei der Umsetzung von Hartz IV zu reden, gleichzeitig aber in jeder Haushaltsdebatte den Ansatz für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen derart streichen zu wollen, dass alle Netze und alle Maßnahmen in Rheinland-Pfalz zusammenbrechen würden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, insgesamt – das ist die Botschaft – läuft diese Reform gut. Es gibt Probleme – keine Frage –, aber diese werden wir hoffentlich lösen können. Dabei möchte ich zum Schluss noch positiv erwähnen, dass die Ministerin und der Herr Staatssekretär eine Tour zu den einzelnen Arbeitsgemeinschaften machen, um dort zu sehen, wo Probleme sind und wie sie gelöst werden können.

Herzlichen Dank. (Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer das Wort. Ihnen stehen noch vier Minuten Redezeit zur Verfügung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Grosse, Sie haben mehrmals das Wort „wir“ gebraucht. Wenn ich richtig informiert bin, waren Sie früher im Ministerium oder bei der Staatskanzlei tätig. Sie haben hier eine andere Rolle. Sie sollten vielleicht einmal einen Grundkurs „Parlamentarismus“ besuchen, der Ihnen klar macht, wer für Umsetzungen von Gesetzen tätig werden muss.

(Widerspruch bei der SPD)

Die Opposition hat nicht die Rolle, Gesetze umzusetzen, sie wird auch nicht beteiligt. Das ist Fakt, das ist ganz einfaches Einmaleins in der Politik.

Wir haben uns gefragt, warum Sie überhaupt diese Aktuelle Stunde eingebracht haben. Das waren doch nicht wir, Frau Dreyer, das war Ihre Mehrheitsfraktion, die diesen Antrag gestellt hat. Wir wollten das in Ruhe im Ausschuss besprechen. Ihre eigene Fraktion hat diesen Antrag eingebracht.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal zurück zu den Fakten. Frau Dreyer, Sie müssen der CDU-Fraktion nicht erklären, dass Hartz IV keine Arbeitsplätze schafft. Wir – insbesondere unser Fraktionschef Christoph Böhr – haben immer gesagt, Hartz IV macht auf der einen Seite etwas, und auf der anderen Seite müssen dringend Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir waren es doch, die dieses Thema immer wieder besetzt haben. Es wurde hier immer so getan, als wenn dies nicht der Fall gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch zwei Dinge sagen. Man kann natürlich schön an dem Problem vorbeireden. Frau Dreyer, wir alle waren zu Besuch bei den Arbeitsgemeinschaften. Wir wissen ganz genau, der Dank gilt vor allen den Mitarbeitern dort, die zum Teil Überstunden ohne Ende machen und die sich einiges anhören müssen.

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Herr Schwarz, sind Sie doch einfach einmal still.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir wissen aber auch, dass diese Arbeitsgemeinschaften Anträge auf mehr Personal gestellt haben und dass die BA diese Anträge bis zum heutigen Tag abgelehnt hat. Auch das ist ein Stück Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Diese Wahrheiten sind letzte Woche oder vorletzte Woche allen vorgetragen worden.