Die Mehrheit der Anzuhörenden äußerte sich ablehnend, kritisch oder mindestens skeptisch zum Einsatz der Agrogentechnik. Ich zähle nur beispielhaft die Vertreterin der Kirchen, die Verbraucherzentrale, die Umwelt- und Ökoanbauverbände sowie den Landfrauenverband auf. Nur die drei Wissenschaftler, zwei davon von BASFFirmen, hielten die Agrogentechnik für uneingeschränkt nützlich, sinnvoll und wünschenswert.
Der Ausschussvorsitzende – jetzt ist er nicht im Raum – hat den Vorsitz auch schon unparteiischer geführt als bei der Anhörung. Das muss ich an dieser Stelle einmal sagen.
Nun zum Alternativantrag der Regierungsfraktionen, der gestern vorgelegt wurde: Meine Damen und Herren, Sie sind mit dem Antrag neun Monate schwanger gegangen. Vor fünf Monaten war die Anhörung. Gestern wurde er verteilt. Jetzt könnte man nach so langer Bedenk- und Beratungszeit annehmen, es wären Erkenntnisse eingeflossen, zum Beispiel aus der Anhörung. Ich kann davon nicht viel erkennen.
Ein paar Worte dazu: Sie reden im ersten Absatz von zu erwartenden Vorteilen für die Landwirtschaft. Ich sehe keine. Sie werden auch nicht näher erörtert.
Sie haben im dritten Absatz gesagt, das Ziel sei, ein verträgliches Nebeneinander der verschiedenen Produktionsformen mit Gentechnik ohne konventionell und ökologisch zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, ich habe eben schon ausgeführt, es geht nicht, nicht in unseren kleinräumigen Strukturen. Auch Sie sagen, dass man keine gentechnikfreien Zonen verordnen kann. Das haben wir auch nicht gefordert. Wir setzen auf etwas ganz anderes. Sie gehen allerdings mit der Option Selbstverpflichtung sehr defensiv um. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten offensiv denselben Weg beschritten wie das Land Brandenburg, das ein Institut beauftragt hat, die Landwirtschaft bei dem Vorhaben, gentechnikfreie Zonen einzurichten, zu unterstützen.
Sie haben auf der zweiten Seite ungefähr in der Mitte angeführt, dass bereits heute ganz viel gentechnikverändertes Soja in Futtermitteln vorkäme. Da kann ich nur sagen, da haben die Globalplayer der Gentechbranche Fakten geschaffen, weil in den Zeiten, als noch nicht gekennzeichnet wurde, einfach alles vermischt wurde. Sie haben uns sozusagen dieses Gentechmaterial untergeschoben. Nun ist es da, und damit haben Sie Fakten geschaffen. Darauf ziehen Sie sich auch immer wieder zurück. Ist das ein Grund für uns, das als naturgegeben hinzunehmen? Ich denke, nein.
Wir müssen darauf drängen, dass getrennte Handelsund Vermarktungswege eingerichtet werden und es streng kontrolliert wird.
Wir alle, die es wissen wollen, wissen, dass es in den Ländern, wo großflächiger Genanbau betrieben wird, es zum Teil wieder zurückgefahren wird, weil es Absatzschwierigkeiten und andere Schwierigkeiten gibt.
Ich will nur noch auf ein Argument eingehen, weil mir sonst die Zeit davonläuft. Sie haben in Ihrem letzten Satz der Einleitung des Antrags noch einmal Bezug auf den Hunger in der Welt genommen. Nun ist es so, dass die Gentechbranche immer wieder mit dem Hunger in der Welt agiert. (Glocke des Präsidenten – Billen, CDU: Gott sei Dank!)
Herr Abgeordneter Billen, Sie können hier gleich so lange reden, wie Sie wollen. Ich werde nicht „Gott sei Dank“ sagen, wenn Sie fertig sind.
Misereor ist nun wirklich eine Organisation, die sich mit dem Hunger in der Welt gut auskennt, wahrscheinlich besser als jeder Einzelne im Saal. Die sind absolut gegen den Einsatz von Gentechnik, um die Hungerprobleme zu lösen, und sie wissen, wovon sie reden.
Ich würde es begrüßen, wenn die Gentechnikbranche nicht die rund 800 Millionen unterernährten Menschen auf der Welt für die Durchsetzung ihrer Methoden instrumentalisieren würde.
Ich fordere Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen und damit verantwortungsbewusst für künftige Generationen zu handeln.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen heute zwei Anträge zur Gentechnologie im Agrarbereich vor. Darüber sind wir sicher unterschiedlicher Auffassung. Seit Mitte der 80er-Jahre gibt es bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein verstärktes Bewusstsein für die Ernährung. Nicht zuletzt auch die Tatsache, dass jedes dritte Kind Allergien aufweist, die gegebenenfalls auf die Ernährung zurückzuführen sind, macht deutlich, dass die Forschung in diesem Bereich weitergehen muss. Frau Kollegin Kiltz, an dieser Stelle muss ich Ihrem Antrag widersprechen, da damit der Eindruck erweckt wird, dass die Gentechnologie in Verbindung mit Futtermitteln den Hauptanteil daran hat. Das ist genau unser Anliegen. Dabei will ich die Problematik nicht herunterspielen.
Die SPD-Fraktion will erstens weitere Forschungsmöglichkeiten, da unsere Anhörung eindeutig ergeben hat, dass weltweit die Erforschung der grünen Gentechnologie nicht mehr aufzuhalten ist. Zweitens müssen wir technologisch über den gleichen Wissensstand verfügen wie die Länder weltweit, die diese Technologie seit langem – unter anderem bei Mais und Soja – einsetzen. Drittens benötigen wir eine größtmögliche Aufklärung der Verbraucher, das heißt, eine vollständige Auszeichnung der Lebensmittel. Dies ist im April auf europäischer Ebene beschlossen worden.
Nach unserer Anhörung im Juni stellten sich folgende Problembereiche dar: Erstens Haftungsregelung bei eventuell kontaminierten Anbaugebieten. Dies gilt für die Öko- genauso wie für die herkömmliche Landwirtschaft. Zweitens ein Standortregister, wo eine Freilandforschung stattfindet. Drittens Weiterverarbeitung für Tierfutter oder Lebensmittel. Zu Punkt drei muss allerdings
festgehalten werden, dass es schon seit langem Futtermittel gibt, die gentechnisch erzeugte Produkte enthalten. Das wissen auch Sie.
Die Europäische Kommission hat am 26. Oktober die Einführung von Lebensmittelzusätzen genehmigt, die durch gentechnisch veränderten Mais gewonnen werden. Was die Haftungsregelung betrifft, so zeichnet sich eine Lösung durch die Vorschläge des Landes Rheinland-Pfalz im Bundesrat ab. Es zeichnet sich nämlich ab, dass die Hersteller freiwillig in einen Fonds einzahlen und somit auch für die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe eine größtmögliche Sicherheit gegeben ist. Außerdem werden die Vorschläge einen sehr hohen Schutz der Verbraucher bewirken, indem wir uns an der Forschung beteiligen und damit diesen Prozess kritisch begleiten können, um gegebenenfalls falsche Entwicklungen verhindern zu können. Es darf nicht eine Situation entstehen, dass wir uns in der Bundesrepublik und damit auch in Rheinland-Pfalz von allen Forschungen ausklinken.
In diesem Zusammenhang bitte ich den Ministerpräs identen bzw. das Kabinett, die Gespräche in Bezug auf den Kompromiss fortzusetzen, der mit Berlin geschlossen worden ist, damit das weiterhin nachdrücklich verfolgt wird. Frau Kiltz, mit Ihrer Haltung, dass wir es nicht dürften und es krank machend sei, kommen wir keinen Schritt weiter.
Unsere Haltung hierzu ist eindeutig. Wir wollen ein Mitspracherecht im Hinblick auf diese Technologie im Sinn der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das geht nur, wenn wir entsprechend forschen können.
Unbestritten ist sicherlich, dass bei einem solch wichtigen Thema, das die Menschen unmittelbar in ihrem Lebensbereich betrifft, es Befürworter und Gegner gibt. Diese müssen alle ernst genommen werden. Verunsichern ist aber auf jeden Fall nicht der richtige Weg.
Unser Ziel ist, nicht den Menschen zu sagen, dass alles nicht schlimm sei und nur Vorteile entstünden. Uns geht es nachdrücklich um Aufklärung und um die freie Produktwahl, sprich Auszeichnung von Lebensmitteln. Dies gelingt uns allerdings nur dann, wenn wir um Vertrauen werben, die Vor- und Nachteile deutlich machen und – ich sage es nochmals – die Forschung kritisch begleiten können.
Wenn wir die im Antrag dargestellten Vorstellungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN umsetzen, heißt das letztlich für uns, dass wir weder Mitwirkungs- noch Gestaltungsmöglichkeiten mehr haben. Das ist aufgrund der realistischen Situation im Hinblick auf den Stand der Genforschung nicht zeitgemäß. Ich denke, die Mehrheit in diesem hohen Hause wird dem nicht zustimmen. Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich sage es vorneweg: Wir lehnen den Antrag der GRÜNEN-Fraktion – oder soll ich Sie jetzt Agro-Fraktion nennen? – ab und stimmen dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP zu.
Zumindest in der Darstellung sollten wir doch bei den Begriffen bleiben, Frau Kiltz. Wir sollten bei dem Begriff der grünen Gentechnik bleiben, auch wenn Sie mit Gewalt versuchen, den Begriff wegzubekommen und von Agrogentechnik sprechen, oder wenn – wie auch Ihre Leute vor Ort – Sie immer nur von genmanipulierten Produkten reden.
Es ist schon schlimm, wie Sie versuchen, statt aufzuklären, dieses Thema benutzen, um den Verbraucher zu verunsichern. Beispielsweise bitten Sie in einem Brief an den Stadtrat der Stadt Worms, in Krankenhäusern und in Alten- und Pflegeheimen bestimmtes Essen nicht mehr zu verteilen, weil unter Umständen Sojaschrot darin enthalten ist. Davon könnten Ihrer Meinung nach große Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen. Lassen Sie das doch sein. Wenn Sie ehrlich sind, dann klären Sie doch mit auf.
Insofern ist der Antrag der Fraktionen der SPD und FDP vollkommen in Ordnung. Er drückt sich aber in zwei entscheidenden Fragen. Ich war sehr beruhigt zu lesen, dass man das europäische Recht akzeptiert und sagt, dass aus der Sicht europäischen Rechts etwas nicht möglich ist. Meine Bitte ist, das etwas deutlicher zu formulieren und zu sagen: Wir wollen in der Bundesrepublik Deutschland nicht über das europäische Recht hinausgehen. – Frau Künast will darüber hinausgehen.
Diese Frage ist entscheidend: Stimmt das Land Rheinland-Pfalz in dieser Frage dem europäischen Recht zu, auch im Interesse von Arbeitsplätzen und Forschung sowie im Interesse der Wahlfreiheit von Bauern, oder will man über das europäische Recht hinaus, wo die GRÜNEN hinwollen, nämlich in eine gentechnikfreie Zone? Ich denke, wir sollten uns an das europäische Recht halten. Vielleicht sind Sie bereit, dazu gleich etwas zu sagen.
Ein zweiter Punkt in Ihrem Antrag bezieht sich auf die Frage der Verbraucherinformation. Ich begrüße es, die Landesregierung aufzufordern, die Verbraucher sachgerecht zu informieren. Das hätte man bereits tun können; denn wir reden schon länger über das Thema. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung gleich darstellen wird, dass man das schon alles getan habe und eigentlich schon fertig mit der Aufklärung sei. Ich halte es für wichtig, dass wir gemeinsam zu einer sachlichen Diskussion in der Frage kommen. Wenn man zu einer
sachlichen Diskussion und einer sachlichen Information kommen will, dann muss man die von den GRÜNEN und anderen geschürten Ängste abbauen. Wenn man Ängste abbauen will, dann muss man dafür sorgen, dass in Zukunft, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, diese nicht von Radikalen einfach herausgerissen werden oder – wie es Winzern bereits ergangen ist – Rebstöcke einfach abgeschnitten werden, damit kein Versuch stattfinden kann.
Herr Dr. Braun, bleiben wir doch einmal ganz ehrlich. Wenn man Genveränderungen immer als große Gefahr bezeichnet, dann muss man sich nicht wundern, wenn das, was man anzettelt, irgendwann Früchte trägt.
Insofern wäre meiner Meinung nach eine sachliche Diskussion sehr angebracht. Frau Kiltz, ich finde in Ihrem Antrag auch keinen Ansatz für eine sachliche Diskussion. Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie, um was es Ihnen geht. Ihnen geht es doch darum zu sagen, keine grüne Gentechnik mehr in Rheinland-Pfalz.
Nein, das sagen Sie nicht offen. Sie verstecken das hinter der Verbraucherinformation und hinter schön geschriebenen Sätzen.