Protocol of the Session on October 7, 2004

Ich darf zwei Beispiele nennen. Bad Kreuznach hat gerade den Vertrag zur Arbeitsgemeinschaft unterzeichnet; im Übrigen parteiübergreifend.

(Pörksen, SPD: Gute Stadt!)

Das ist etwas, was ich für sehr wichtig halte. Bad Kreuznach – übrigens die Stadt Kaiserslautern auch – hat uns etwas vorgemacht, das wir uns in den Kommunen abschauen können, damit wir den bundesweiten Kompromiss, der zwischen SPD, GRÜNEN und der CDU erzielt worden ist, möglichst im Land wie auch in den kommunalen Gebietskörperschaften durch ein möglichst einstimmiges Votum weitertragen.

Ich glaube, es macht wenig Sinn, sich vor Ort darüber zu streiten um wessen Spielförmchen es sich gerade handelt, das im Sandkasten ist, sondern es geht darum, dass die Leistungen für diejenigen ausgezahlt werden können, die am 1. Januar Leistungsempfänger sein werden. Es geht einzig darum, den Menschen zu helfen, die am 1. Januar Anspruch auf ihr Geld haben, und geordnete Verhältnisse vorweisen zu können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich darf sagen, im Landkreis Mainz-Bingen werden wir morgen darüber beraten. Ich hoffe, dass wir auch fraktionsübergreifend verabschieden können. Die Unterschrift für eine Arbeitsgemeinschaft soll dann am Montag erfolgen, wenn alles nach Plan verläuft.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Land zu danken. Es ist vorhin schon angeklungen, das Land, insbesondere Ministerin Dreyer, hat die Kommunen bzw. die Landkreise und kreisfreien Städte bei dieser sehr schwierigen Prozedur, Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammenzulegen, sehr intensiv begleitet. Meinen herzlichen Dank noch einmal an das Land.

(Beifall der SPD)

Ich glaube, diese intensive Begleitung und dieser intensive Kontakt mit den Kommunen ist, wenn ich das richtig beurteile, bundesweit einmalig.

Lassen Sie mich noch etwas zu den Kosten sagen. Das Land wird jeden Cent, der vom Bund über das Land weitergegeben wird, an die Kommunen weitergeben. Insgesamt sind es 18 Millionen Euro auf Landesseite, die durch die Revision bzw. Änderung des ehemaligen Wohngelds zustande kommen. Das wird direkt an die Kommunen weitergegeben.

Ein Wort noch zu den 25 %, die die Verbandsgemeinden für die Leistungen nach den §§ 22 und 23 zahlen sollen. Das lehnt sich an die bisherige Sozialhilfepraxis an. Ähnlich wie das gesamte Gesetz entspricht dies den Strukturen der jetzigen Sozialhilfepraxis, ist also überhaupt nichts Neues und darum auch völlig legitim. Ich glaube auch, dass insgesamt bei der Umsetzung des Pakets Hartz IV sich herausstellen wird, wenn wir vernünftig miteinander umgehen – von daher mein Appell an die CDU und an alle Fraktionen –, werden die Probleme, die es vielleicht vor Ort noch gibt, zu einem guten Schluss kommen; denn es gibt viele Probleme, die sich

inzwischen auch gelöst haben – siehe Bad Kreuznach –, und zwar sehr gut gelöst haben.

Ich bin fest überzeugt, dass wir die Umsetzung von Hartz IV gemeinsam und erfolgreich zu Ende bringen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thelen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben mit Hartz IV eine der weitgehendsten Sozialreformen der vergangenen Jahrzehnte im Rahmen eines schwierigen Vermittlungsverfahrens und eines daraufhin zustande gekommenen Kompromisses mitgetragen. Es wird für viele Menschen erhebliche Veränderungen im Alltag mit sich bringen, neue Ansprechpartner in Behörden bzw. Arbeitsgemeinschaften, aber auch neue Leistungsgewährer. Das sind für die Kolleginnen und Kollegen der BA völlig neue Aufgabenstellungen, sodass eine Situation, die sich schon vom Bundesgesetz her als schwierig darstellen wird, durch ein gutes Landesausführungsgesetz so begleitet werden muss, damit es nicht noch zu weiteren Schwierigkeiten kommt.

Deshalb hat es uns gewundert, dass in solch einer schwierigen Situation nicht ein Entwurf der Regierung mit dem entsprechenden Vorlauf vorgelegt wurde, sondern ein Entwurf der SPD- und der FDP-Fraktion, der quasi in einer Art verkürztem Verfahren zustande kommt.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Sie hätten doch keinen Referentenentwurf erarbeiten müssen. Das alles hätte dem Entwurf gutgetan. Allein an der Zeit kann es nicht gelegen haben, Frau Ministerin. Andere Länder waren in der Lage, einen Regierungsentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Für umso wichtiger halten wir es, dass wir eine sehr intensive Debatte im Ausschuss und eine sehr intensive Debatte mit den Experten führen, um festzustellen, ob die Bestimmungen, die im Entwurf vorliegen, für Rheinland-Pfalz dazu beitragen – wie es bereits meine Vorrednerin gesagt hat –, dass die Dinge vor Ort möglichst reibungslos, bürgernah und möglichst effizient durchgeführt werden können.

Im Rahmen der ersten groben Bewertung haben wir einige Punkte festgestellt, bei denen es sicherlich einen verstärkten Diskussionsbedarf geben wird. Ich nenne beispielhaft die so genannte 25%ige Interessenquote der Kommunen, die durch die Kommunen oder kreisfreien Städte herangezogen werden kann. Dabei hat man sich sehr stark an dem Ausführungsgesetz zum BSHG orientiert, was vielleicht sogar nahe liegend war. Die Situation unterscheidet sich aber meines Erachtens sehr

deutlich von dem, was bisher durch das BSHG geregelt war.

Wir haben Arbeitsgemeinschaften und einen Bürger, der nur Teilleistungen von den Kommunen erhält. Er erhält gleichzeitig wesentliche andere Leistungen von den Agenturen. Die Kommunen haben vergleichsweise nur noch wenig Einfluss darauf, diesem Bürger beim Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu helfen. Das war aber damals die Begründung für die 25%ige Interessenquote bei der Ausführung des BSHG. Man hat damals gesagt, dass damit dazu motiviert wird, die Menschen aus der Sozialhilfe herauszubringen. Ich mache ein Fragezeichen daran, ob das Sinn macht.

Hinzu kommt, dass im Prinzip das Geld von der einen kommunalen Kasse in die andere kommunale Kasse geschoben wird, und zwar mit einem relativ hohen bürokratischen Aufwand, den man sicherlich in heutigen Zeiten, in denen man kein Geld hat, vermeiden sollte.

Darüber hinaus wird der Delegationsrahmen zu überprüfen sein. Wir sind froh, dass es in diesem Zusammenhang ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes geben wird. Unseres Erachtens wird der Delegationsrahmen, der durch das Bundesgesetz vorgegeben wird, durch unser Ausführungsgesetz überschritten, weil es Aufgaben umfasst, die eigentlich der BA obliegen und in der Ermächtigungsgrundlage nicht vorgesehen sind.

Ferner kommt hinzu, dass wir eine andere Motivation aufseiten der Kommunen hinsichtlich ihrer Beteiligung haben werden. Als es um die Grundsicherung ging, waren viele Kommunen bereit, diese Aufgabe vor Ort wahrzunehmen, weil es ihnen wichtig war, bürgernah und den Menschen ein Ansprechpartner vor Ort zu sein. In diesem Fall ist es etwas anderes. Es werden Arbeitsgemeinschaften gebildet, die in anderen Räumlichkeiten tagen werden. Das heißt, das sind nicht mehr die Aufgaben, die im Rathaus erfüllt werden. Damit ist die Motivation der Kommunen eine andere. Deshalb muss man ihnen weitgehend entgegenkommen, weil sie für die Umsetzung ihre Erfahrungen mitbringen.

Frau Grosse, ich hoffe, dass sich Ihr Optimismus bewahrheitet. Ich habe in den vergangenen Stunden einige Gespräche geführt. Heute Morgen fand beim Landkreistag ein Workshop zum derzeitigen Umsetzungsstand von Hartz IV in Bezug auf die Gründung von Arbeitsgemeinschaften statt. Ich rate all denen, die jetzt Verträge schließen: Lassen Sie die Sektkorken erst dann knallen, wenn die Genehmigungen von der Regionaldirektion vorliegen.

(Beifall der CDU)

Viele Verträge drohen zurzeit zu platzen, weil sich eine sehr zentralistische Monsterbehörde wie diese Bundesagentur nicht vorstellen kann, dass die Welt in Mainz eine andere als in Hintertupfingen ist. Daran krankt dieses System. Wir haben bis heute noch nicht die Software, die es ermöglicht, die Angaben in die EDV einzugeben. Sie wird voraussichtlich erst Ende Oktober zur Verfügung stehen. Wir werden uns alle also sehr anstrengen müssen, um dafür zu sorgen, dass die Menschen zum 1. Januar nicht im Regen stehen. Lassen Sie

uns daran arbeiten. Dabei wünsche ich Ihnen viel Glück, Frau Ministerin.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP ist für Hartz IV. Wir verstecken uns nicht. Wir haben auch kein Verständnis für diejenigen, die sich verstecken. Selbstverständlich sind wir als Fraktion auch für dieses Landesausführungsgesetz. Wir sind auch deshalb für Hartz IV, weil wir einen wesentlichen Teil der Vaterschaft für uns reklamieren. Trotz des Namens „Hartz“ steht dahinter die alte liberale Forderung, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzufassen. Jetzt haben wir das.

Ich will nicht verhehlen – daher gibt es bei der Bewertung keinen Dissens mit unserer Bundestagsfraktion –, dass wir durchaus andere organisatorische Vorstellungen hatten. Wir hatten Vorstellungen, die subsidiärer waren. Wir haben ein Grundmisstrauen der Bundesagentur gegenüber, die in der Vergangenheit nicht unbedingt durch sprühende Aufgabenerfüllung auf sich aufmerksam gemacht hat. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Gesetz nur dann von den Betroffenen, die zum Teil wirklich harte Nachteile hinnehmen müssen, akzeptiert wird, wenn es auf Dauer durch die Vielzahl entschlossener Reformen zu einem Erfolg, insbesondere im Bereich der niedrig qualifizierten Arbeitslosen, kommt. Nur dann wird dieses Gesetz mit den Härten, die es mit sich bringt, in der Bevölkerung akzeptiert werden.

In diesem Zusammenhang sind wir der Meinung, dass dieses Gesetz leider Gottes zu spät kommt. Wir bedauern ausdrücklich, dass im Jahr 1998 Dinge abgeschafft wurden, mit denen man damals schon auf dem richtigen Weg war und die nun mühevoll wieder aufgebaut werden mussten. Wenn wir in das Lob der 400-Euro-Jobs einstimmen, dann ist es umso bedauerlicher, dass es die 630-Mark-Jobs damals für eine längere Zeit nicht mehr gab. Das ist aber Schnee von gestern.

Nach unserem Dafürhalten müssen wir soziale Leistungen nicht statisch, sondern dynamisch sehen. Soziale Leistungen in einer sozialen Marktwirtschaft sind immer nur das, was in der Wirtschaft in der jeweiligen Situation erwirtschaftet werden kann. Für uns spricht nichts dagegen, das soziale Füllhorn wieder stärker als jetzt auszugießen, wenn die Wirtschaft wieder anders Fuß gefasst hat, als sie das zurzeit tut.

Frau Kollegin Thelen, wir teilen Ihre Befürchtungen, dass es zum 1. Januar 2005 bei diesem ambitionierten Gesetzeswerk zu Friktionen kommt. Es würde mich wundern, wenn es anders wäre. Ich bitte aber alle – auch diejenigen in diesem Saal –, die Anstrengungen und die Grundskepsis nicht so zusammenzuführen, dass man auf den Misserfolg wartet. Wir müssen alle gemeinsam

auf den Erfolg warten; denn die gesamte Gesellschaft ist zu diesem Erfolg verpflichtet.

(Beifall der FDP)

Das Zeitfenster für Reformen wird immer kleiner. Hartz IV ist ein wichtiger Schritt. Ich sage es noch einmal: wir unterstützen das.

Danke sehr.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder interessant zu bemerken, wie Reden des Kollegen Dr. Schmitz fast schon körperliche Schmerzen bei der SPD im Haus hervorrufen. (Pörksen, SPD: Was?)

Inzwischen sieht man Ihren Gesichtszügen an – – –

(Dr. Schmitz, FDP: Gestatten Sie einen kurzen Einwurf?)

Nein, Sie können eine Kurzintervention machen.

Inzwischen sehe ich an Ihren Gesichtern, dass es ein wunderschönes Gefühl ist, wenn der Schmerz nachlässt. Das kann man an Ihrer Entspannung ablesen.

(Schweitzer, SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zur Sache! Mein Gott!)