Protocol of the Session on October 7, 2004

(Schweitzer, SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zur Sache! Mein Gott!)

Selbstverständlich, Herr Schweitzer. Dazu komme ich noch. Das ist schließlich meine Redezeit.

Ich danke zunächst einmal Frau Kollegin Thelen dafür, dass sie das Wort „verfassungswidrig“ im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf heute nicht in den Mund genommen hat. Dies steht im Gegensatz zu einer Pressemitteilung der CDU in den vergangenen Tagen.

(Schneiders, CDU: Darin steht auch nicht „verfassungswidrig“, sondern „rechtswidrig“!)

Na gut, rechtswidrig. Das ist etwas abgemildert. Ich bin der Meinung, dass auch das nicht angemessen ist, es aber gleichwohl richtig ist, das in Frageform zu fassen.

Es ist die Rede davon gewesen, dass es sich bei dem Bundesgesetz um ein sehr großes Reformwerk handelt. Das unterstreiche ich. Wir reden heute über einen Teil der Umsetzung, die von der Landesebene zu erledigen ist.

Ich will an dieser Stelle einige wenige Bemerkungen machen, auf die es meiner Meinung nach ankommt.

Marianne Grosse hat gesagt, es kommt auf die Umsetzung vor Ort an. Das ist zweifellos richtig. Dort wird tatsächlich die Musik spielen. Vor allem kommt es auf die reibungslose Umsetzung vor Ort an. Wir befinden uns im Moment in einem Stadium, in dem es nicht deshalb auf eine reibungslose Umsetzung ankommt, weil damit die eine oder die andere Seite Recht behält, wenn das reibungslos umgesetzt wird, sondern es kommt im Interesse der Betroffenen darauf an, dass es reibungslos umgesetzt wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang sollten wir im Moment überall dort, wo wir stehen, beispielsweise dafür sorgen, dass die Betroffenen, die in einem viel zu kleinen Ausmaß bisher ihre Anträge abgegeben haben, diese Anträge abgeben und abgeben können. Wenn in einem relevanten Ausmaß am 1. Januar die Anträge nicht bearbeitet sind, werden nicht nur die Betroffenen, sondern auch wir, die Kommunen und diese Gesellschaft ein großes Problem haben. Deshalb müssen unsere Bemühungen jetzt darauf ausgerichtet sein, dass es in diesem Bereich zu einer reibungslosen Umsetzung kommt.

Wir müssen vor Ort auch dafür sorgen, dass die entsprechende Beratung geleistet wird. Wer die Anträge schon einmal gesehen hat, weiß, dass sie nicht so ohne weiteres auszufüllen sind. Ich will damit nicht sagen, dass man dazu ein Hochschulstudium braucht, und wenn ja, welches. Es sind auch eine ganze Reihe von Bescheinigungen beizubringen. Es gibt Kommunen, die im Bereich der Beratung vorbildlich vorangehen. Sie gehen auch vorbildlich im Hinblick auf die Beschaffung von notwendigen Bescheinigungen voran. Das Ministerium hat meiner Meinung nach die Aufgabe, diese Beispiele in die anderen Kommunen zu transportieren, damit wir die verbleibende Zeit, die nicht mehr sehr lang ist, sinnvoll nutzen können.

Auf die düstere Rede des Herrn Kollegen Dr. Schmitz will ich am Schluss noch einmal zurückkommen. Die düstere Rede war natürlich gespickt mit Befürchtungen zu Schwierigkeiten, die es geben könnte. Ich bin auch der Meinung, dass man natürlich wachsam sein muss, da es Schwierigkeiten geben wird. Das ist völlig normal, wenn man ein solch großes Reformwerk, das Ihre Partei auf der Bundesebene gern noch verschoben hätte, Herr Dr. Schmitz, umsetzen will. Solche Schwierigkeiten wird es immer geben. Deshalb wird es wichtig sein, dass wir in den ersten Monaten des nächsten Jahres sehr wachsam sind, damit es keine schlimmeren Verwerfungen gerade im Sinne der Betroffenen gibt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Staatsministerin Malu Dreyer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich bedanke mich zunächst einmal bei der SPDFraktion und der FDP-Fraktion herzlich für die Einbringung des Gesetzentwurfs.

(Beifall bei SPD und FDP)

Frau Abgeordnete Thelen, Sie wissen, wie lange es gedauert hat, bis auf Bundesebene das Gesetz gestanden hat. Deshalb war es der Landesregierung nicht möglich, ein Ausführungsgesetz in der entsprechenden Zeitabfolge auf den Weg zu bringen. Daher war es notwendig, dass die Fraktionen diese Aufgabe übernommen haben. Vielen Dank dafür. Wir alle tragen die Verpflichtung dafür, dass wir rechtzeitig die Umsetzung dieses Gesetzes auf Landesebene hinbekommen.

Ferner ist gesagt worden, dass das die weitreichendste Sozialreform in der Geschichte überhaupt ist. Das bedeutet, dass wir alle eine Verpflichtung dafür tragen, dass die Umsetzung einigermaßen reibungslos läuft. Wir versuchen mit diesem Ausführungsgesetz von den Inhalten her auch in Rheinland-Pfalz Rechtsklarheit zu schaffen. Dieses Ausführungsgesetz enthält also nur die notwendigen Regelungen, um eine reibungslose Umsetzung tatsächlich zu gewährleisten. Das begrüße ich natürlich als Ministerin, weil ich nicht davon ausgehe, dass es vonseiten der Kommunen gewünscht ist, ein umfassenderes und detaillierteres Gesetz vorzulegen.

Frau Thelen, ich darf noch auf Ihre inhaltliche Kritik eingehen. Natürlich ist der Versuch, einen Gleichklang zu den anderen Ausführungsgesetzen des Sozialrechts herzustellen, ein richtiger Versuch; denn derzeit haben wir Leistungsbereiche, die demnächst auf die Arbeitsgemeinschaften oder in die Option übergehen. Es handelt sich derzeit um klare Leistungen des Sozialrechts nach dem BSHG. Insofern handelt es sich um kommunale Aufgaben, die dann übertragen werden, sodass es naheliegend ist, die Ausführung entsprechend zu gestalten.

Vielleicht auch noch ein Satz zur Interessenquote. Wir haben diese Frage auch als Landesregierung vielfältig diskutiert. Wir sind – genauso, wie das jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen ist – zu dem Ergebnis gekommen, dass die Interessenquote durchaus berechtigt ist. Dies zum einen deshalb, weil die übergehenden Leistungen den jetzigen BSHG-Leistungen entsprechen. Auch da gilt die Interessenquote. Zum anderen kann es auch nicht unser Ziel sein, dass die Verbandsgemeinden und Landkreise, die sich in diesem Bereich betätigen, einen Nachteil dadurch erleiden, dass sie im Vergleich zu anderen Verbandsgemeinden, deren Bürgerinnen und Bürger über Dritte im Rahmen dieses Ausführungsgesetzes versorgt und unterstützt werden, auch noch allein die Kosten tragen.

Ich möchte auch noch etwas zu den Heranziehungsmöglichkeiten sagen, zu denen im Vorfeld schon eine große Debatte geführt wurde. Ich halte es für richtig, dass der Gesetzentwurf dies sehr weit fasst. Das kann eigentlich nur im Interesse der Kommunen sein. Es ist

aber schon gesagt worden, dass es im Ausschuss eine Anhörung geben wird. Man muss sorgfältig darauf achten, was die kommunalen Vertreter sagen. Es wäre sehr leicht, eindeutige Entscheidungen zu treffen, wenn sowohl bei der Interessenquote als auch bei der Heranziehung die Kommunen eine identische Meinung hätten. Das ist aber nicht der Fall. Das wird man wahrscheinlich auch in der Anhörung erleben. Das bedeutet, dass man am Schluss eine Entscheidung treffen muss, die nicht allen gerecht wird.

Ich halte es für wichtig, noch ein oder zwei Sätze zum Umsetzungsstand zu sagen. Auch dieser Bereich ist angesprochen worden. In Rheinland-Pfalz befinden sich die Kommunen schon eine ganze Weile auf dem Weg. Dennoch ist es natürlich so, dass es nach wie vor in sehr vielen Gebietskörperschaften Probleme auszuräumen gibt. Da viele Landtagsabgeordnete auch Mitglied von Kreistagen und Stadträten sind, möchte ich in diesem Kreis erwähnen, dass es sehr wichtig wäre, wenn man jetzt zügiger zu Vertragsabschlüssen käme,

(Beifall bei SPD und FDP)

auch wenn die eine oder andere Frage noch nicht abschließend geklärt ist. Ich möchte auch noch ein kleines Plädoyer für die BA halten. Die hiesige Regionaldirektion ist inzwischen sehr beweglich geworden. Sie hat sehr deutlich erklärt, dass sie unbedingt möchte, dass die Verträge vor Ort zustande kommen. Ich bin der Meinung, dass man sich teilweise auf kommunaler Seite auch auf die berechtigten Interessen der Regionaldirektion ein Stück zubewegen muss.

(Beifall der SPD)

Wenn ich mir die Probleme anschaue, über die man sich teilweise wochenlang streitet, weiß ich auch, dass es etliche Gebietskörperschaften gibt, in denen es nur eines kleinen Sprungs von beiden Seiten bedürfte, um diesen Vertrag zur Abschlussreife zu bringen. Dafür bitte ich Sie herzlich, Ihren Einfluss auf der kommunalen Ebene geltend zu machen.

Ein letztes Wort zu Herrn Marz. Natürlich haben wir die Verpflichtung, daran mitzuwirken, dass die Anträge ausgefüllt werden. Wir liegen in Rheinland-Pfalz mit der Quote nicht schlecht. Wir liegen inzwischen bei weit über 50 %. Wir müssen natürlich zu 100 % kommen, und zwar abzüglich derer, die keine Ansprüche haben. Auch hier ist es wichtig, dass jeder die Verantwortung wahrnimmt, immer wieder zu appellieren und zu werben.

Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Menschen es teilweise nicht kapieren, dass sie, wenn sie heute Leistungen erhalten, ab Januar kein Geld sehen, wenn sie ihren Antrag nicht abgeben. Das muss man immer wieder sehr deutlich in der eigenen Kommune kommunizieren, um klar zu machen, dass es wichtig ist, den Antrag abzugeben, auch wenn man nicht richtig weiß, wie er auszufüllen ist.

Ich denke, bei einer solch riesigen Reform kann man nicht erwarten, dass es am 1. Januar 2005 genauso läuft, wie es das Gesetz vorgesehen hat. Es wird vor Ort den einen oder anderen kleinen Punkt geben, wo es vielleicht nicht optimal läuft. Ich glaube, auch hier muss man die Gelassenheit haben, das nicht zu überhöhen. Wir befinden uns in einer großen Umwälzung. Kleine Probleme kann man beheben.

Wir versuchen als Land, unserer Verpflichtung nachzukommen und diejenigen, die die Verantwortung tragen, nämlich die Kommunen und die Bundesagentur für Arbeit, vielfältig zu unterstützen und zu beraten, dass in der Umsetzung alles so läuft, wie wir es uns vorstellen. Im Übrigen sollten wir auch als Politiker und Politikerinnen die Gelassenheit haben, am 1. Januar 2005 über das eine oder andere Problem hinwegzusehen, wenn es nicht so läuft, wie es das Gesetz dezidiert vorsieht.

Im Übrigen bin ich nach wie vor optimistisch, dass wir das ganze Regelwerk auch von der Umsetzung her hinbekommen. Wir werden weiterhin als Landesregierung alles tun, um diese Umsetzung zu befördern.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf – Drucksache 14/3435 – an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend –, an den Innenausschuss und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Bedenken? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Wir sind am Ende der heutigen Sitzung. Ich lade Sie zur nächsten Plenarsitzung am Mittwoch, dem 10. November 2004, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.