Protocol of the Session on September 19, 2001

(Zuruf von der CDU: Sagen Sie doch endlich einmal, was Sie gemacht haben!)

Nach diesem Antrag von SPD und FDP ist es folgerichtig, dass die Koalitionsvereinbarung Fördermittel des Landes für Destillationsmaßnahmen künftig ausschließt. Vom Markt her ist es beispielsweise genauso folgerichtig, dass es auch nach der klaren Aussage des Bauernund Winzerverbandes in diesem Jahr keine Tafelweinaufkaufaktion geben wird.

Meine Damen und Herren, der deutsche Weinbau ist mitten in einer Umstrukturierung. Sie ist schmerzhaft, aber absolut notwendig. Herr Schmitt, hören Sie sich bitte auch das an. Ich möchte den Blick einmal von außen auf unseren Weinmarkt werfen. Im September hat das Wirtschaftsmagazin „Business Week“ geschrieben: “Die Produzenten der neuen Welt erobern die Weltmärkte und jagen europäische Produzenten aus ihrer jahrzehntelang staatlich aufgespannten Hängematte hoch. Die Auseinandersetzung hat klare Fronten, auf der einen Seite flexible Unternehmen, die mit modernen Management- und Produktionsmethoden in rentablen Größenordnungen marktfähige Weinprodukte erzeugen, auf der anderen Seite gewachsene, oft verkrustete Strukturen, die rare Spitzenprodukte und jede Menge namenlose Massenweine für einen unbestimmten Markt erzeugen.“ Meine Damen und Herren, Weinbaupolitik in Rheinland-Pfalz machen heißt nicht, so wie es die CDU

vorhat, mit der Gießkanne das Geld der Steuerzahler ausgeben. (Billen, CDU: Das hat die CDU nicht gefordert!)

Wir müssen uns daran messen lassen, ob wir mit uns eren Entscheidungen die rheinland-pfälzische Weinwirtschaft langfristig erhalten und ausbauen. Wer den Weinpreis mit dem Geld der Steuerzahler stabilisieren will, denkt kurzfristig. Erfolg wird er damit keinen haben.

Warum wir von der SPD nicht für eine direkte Weinpreisintervention sind, mache ich einmal an einem Zitat deutlich. (Zuruf des Abg. Schmitt, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

All Ihre Reden deuten darauf hin. Sie sagen es nicht offen, aber Ihre Reden deuten darauf hin. Deswegen will ich es auch so aussprechen.

(Zurufe von der CDU)

In der aktuellen „Weinwirtschaft“ können Sie lesen,

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

dass zahlreiche Keller noch mit der alternden Ware gut gefüllt sind. Diese Ware kann qualitativ überhaupt nicht überzeugen. Es ist also nicht nur die Weinmenge, die das große Problem ist, sondern auch die Qualität.

Ich will noch einmal von einem Herrn erzählen, der unterwegs ist und versucht, die Fassweine zu bündeln. Er macht selbst die Aussage, dass von der von ihm zu bündelnden Menge ein Drittel gute Qualität hat. Den Rest überlasse ich Ihrer Fantasie.

(Glocke des Präsidenten)

Ich denke, wenn wir auf diesem Niveau weiter diskutieren, tun wir niemandem einen Gefallen.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Ich begrüße Gäste im Landtag, und zwar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstätten für Behinderte Saffig sowie den Betriebsrat der Firma Winkler & Dünnebier Neuwied. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Kollegin Kiltz das Wort.

Herr Geisen, es ist auch ein alljährliches Ritual, dass der Weinbauminister durch seine Fraktionsfreunde gelobt wird. Das ist auch in diesem Jahr wieder so.

(Staatsminister Bauckhage: Die Wahr- heit darf man noch sagen!)

Nur die Person war in diesem Jahr neu, weil Sie neu im Parlament sind.

Ich habe eben damit aufgehört, dass ich die Politik der Landesregierung in der Vergangenheit kritisiert habe, bei der die CDU an entscheidender Stelle mitbeteiligt war. Aber auch die Landesregierung aus SPD und FDP hat da keine entscheidenden Impulse gesetzt? Der Vorgänger des jetzigen Weinbauministers hat sich gerade noch rechtzeitig aus dem Staub gemacht, bevor die Keller überliefen. Sie erinnern sich noch an Herrn Brüderle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Man kann auch sagen, er ist aus dem Keller geflüchtet, bevor er überlief. Danke, Herr Mertes.

Er muss die Folgen seiner verfehlten Politik nicht ausbaden. Sein Nachfolger hat bis heute nicht die Kraft gefunden, neue zukunftsweisende Wege einzuschlagen.

Wenn man mich nicht richtig versteht, muss da hinten der Regler ein bisschen geändert werden.

(Billen, CDU: Wir hören alles, aber wir verstehen...)

Frau Kollegin Schneider, ich komme zu Ihnen. Sie wollen aus dem Teufelskreis der Preisabwärtsspirale herauskommen. Mit welchen Mitteln? Wenden wir uns Ihrem Antrag zu. Im zweiten Teil fordern Sie jetzt mit Blick auf die neue Ernte neue Wege und Förderungen. Es ist ein bisschen spät, in zwei Wochen beginnt die Lese. Was ist daran neu? Sie sprechen von finanziellen Anreizen zur Zeichnung von Geschäftsanteilen als einem Weg, vagabundierende Fassweinmengen an Kellereien und Erzeugergemeinschaften zu binden.

Das gibt es, wie Sie wissen. Es wird nicht so angenommen, wie es wünschenswert wäre. Fragen Sie sich einmal, warum das so ist. Meinen Sie nicht auch, Erzeugergemeinschaften müssten eigentlich auch aus eigener Kraft so attraktiv sein, dass sie neue Mitglieder gewinnen können?

(Frau Schneider, CDU: Denen fehlen doch die Mittel!)

Sie haben doch schon ziemlich viele Vergünstigungen. Ich rede jetzt nur von den Erntebergungskrediten.

Ich komme zum nächsten Punkt. Sie wollen die Aufgabe der eigenen Kellerwirtschaft fördern. Was ist daran neu? Auch das wird nicht so angenommen, wie es wünschenswert wäre. Warum denn? Sie wollen die ca. 8 Millionen DM Landesmittel, die beim Destillationsprogramm nicht abgerufen wurden, jetzt mehr oder weniger mit Gewalt in die Förderung von Kooperationsverträgen stopfen. Wollen Sie die Menschen mit Ihrem Schnellschuss zwingen, wiederum Schnellschüsse zu machen? Mich erinnert das eher an einen Vorgang, der in ein Fass ohne Boden weitere Hektoliter schütten will, in der Hoffnung, der Boden des Fasses schließe sich auf wundersame Weise von selbst.

Sie wollen – das ist an Aktualität wirklich nicht mehr zu überbieten – die Dringlichkeitsdestillation für die Verwertung der Altweine nutzen. Dazu habe ich vorhin schon etwas gesagt. Das wiederhole ich nicht.

Sie wollen qualitätsverbessernde kellerwirtschaftliche Innovationen fördern. Wie wegweisend und neu! Lassen Sie sich doch einmal über die Möglichkeiten aufklären, die das Agrarinvestitionsprogramm für solche Investitionen bietet. Da werden sie auch nutzbringend angewendet.

Herr Kollege Schmitt, fragen Sie bitte in der Winzerschaft, warum das Interesse an solchen Investitionen nicht größer ist, als es derzeit ist. Sie wollen wieder eine Debatte über die Saisonarbeitskräfte anleiern. Werte Kolleginnen und Kollegen, ich höre, dass mit der jetzigen Lösung eigentlich alle gut leben können. Also lassen Sie es.

Ich komme zum dritten Abschnitt Ihres Antrags. Sie fordern eine Vermarktungs- und Qualitätsoffensive. Es ist schön, dass Sie zumindest schon einmal akzeptiert haben, dass Qualitätssteigerungen in Rheinland-Pfalz möglich und notwendig sind. Aber keine Qualitätssteigerungs- und Vermarktungsoffensive kann greifen, wenn das Grundproblem der zu großen Mengen nicht angegangen wird. Ich will Ihnen das Beispiel aus der Champagne noch einmal vor Augen führen.

(Staatsminister Bauckhage: Hat keinen Zweck! – Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Herr Schmitt, da gingen vor einigen Jahren die Preise herunter. Daraufhin hat man zunächst die Menge ziemlich deutlich reduziert und dann im zweiten Schritt eine Vermarktungsoffensive gestartet. Das ist die richtige Reihenfolge, Herr Schmitt.

(Beifall der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber Sie denken noch nicht einmal das Wort „Mengenreduzierung“. Sie haben irgendetwas im Kopf, das verhindert, dass Sie diesen Begriff denken können.

(Schmitt, CDU: Irgendwo ist bei Ihnen das Brett!)

Eine sehr gute Möglichkeit zur Mengenreduzierung – das geht jetzt auch ganz deutlich an die Adresse der Landesregierung – ist im Übrigen die Ökologisierung der Anbauweise. Ich habe vom Verband der Ökowinzer im letzten Jahr keine Klagen gehört.

(Glocke des Präsidenten)

Lassen Sie mich den letzten Satz noch zu Ende führen.

Es wurde kein ökologisch erzeugter Fassweißwein im letzten Jahr unter 2 DM netto verkauft. Manche lagen sogar bei 2,50 DM.

Meine Damen und Herren, das ist bedingt durch die verfügbare Menge, durch die erreichte Qualität und durch die Disziplin der Branche. Diese drei Punkte sind ganz wesentlich dafür, dass der Weinmarkt in Rheinland-Pfalz wieder in Ordnung kommt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Geisen das Wort.

Meine Damen und Herren Kollegen von der CDU, mit Ihrem Antrag – das sagte ich bereits – erweisen Sie unseren in allen Weinbauregionen unserer Heimat hart arbeitenden Winzerinnen und Winzern keinen Dienst, sondern eher einen Bärendienst.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD – Schmitt, CDU: Das sehen die Winzer ein bisschen anders! – Frau Baumann, SPD: Das sehen die Winzer auch nicht anders! – Schmitt, CDU: Wann haben Sie zum letzten Mal mit den Winzern ge- sprochen, Frau Baumann?)

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, noch einmal sachlich zu analysieren. Trotz mancher Schwierigkeiten in bestimmten Segmenten – so bei Weißwein mit Fassweinvermarktung – finden wir allgemein ein sehr positives Konsumklima für Wein vor. Wein ist im Gegensatz zu Bier und Spirituosen „in“. Seit 1995 haben sich laut der Gesellschaft für Konsumforschung die Ausgaben der privaten deutschen Haushalte für alkoholische Getränke deutlich verschoben. Wurden im Jahr 1995 nur 23,6 % aller Ausgaben für alkoholische Getränke für Wein getätigt, so waren es im Jahr 2000 31,2 % trotz leichtem Anstieg der Gesamtausgaben um 4 % auf 20,8 Milliarden DM. Der Anteil der Ausgaben für den Kauf von Bier sank dagegen von 36,5 % auf 31,7 %.