Protocol of the Session on September 19, 2001

Deutsche Weine haben beispielsweise in Großbritannien, das 50 % unseres Exports abnimmt, noch immer den Ruf von sweet and cheap. Cheap bedeutet für England ein Preissegment von 2,10 oder 2,12 DM pro Liter. Dies ist extrem niedrig und kann nicht von Qualitätsbewusstsein sprechen.

Wenn Sie vergleichsweise aus den neuen Weinländern aus Übersee die Einstiegspreise sehen, beginnt die Skala bei 5 DM und reicht über 10 DM hinaus. Das sind noch nicht einmal die Premiumweine, sondern die Weine im Mittelpreissegment.

Kurzum: Massenware wie sweet and cheap sind bei der internationalen Weißweinkonkurrenz, von der wir reden, einfach mega-out. Gute und qualitätsvolle deutsche und insbesondere rheinland-pfälzische Weine haben gute Chancen auf dem internationalen Weißweinmarkt.

(Glocke des Präsidenten)

Damit meine ich eine ganz besondere Sorte, nämlich den Riesling.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Kiltz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss sagen, es ist mir dieses Mal schwerer gefallen als in den vergangenen Jahren, mich auf die alljährliche Aktuelle

Stunde der CDU zum Thema „Weinbau“ zu konzentrieren.

(Staatsminister Bauckhage: Das haben Sie gerade schön gesagt! Das ist wahr!)

Wir hörten vom Präsidenten, nach dieser Aktuellen Stunde solle auch über den Antrag abgestimmt werden. Das freut mich; denn dann kann ich mich jetzt über diesen Antrag auslassen.

(Kuhn, FDP: Das ist gut!)

Ich habe ihn gelesen, und ich wurde nicht überrascht. Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie beklagen wie immer in den letzten Jahren den Verfall der Fassweinpreise. Sie stellen fest, dass fast noch das Doppelte der vermarktbaren Menge in den Kellern liegt, und Sie bringen es fertig, zweieinhalb Seiten Anforderungen an die Landesregierung zu formulieren, ohne das Wort „Mengenreduzierung“ auch nur einmal zu erwähnen.

Herr Schmitt, das macht mich ehrlich gesagt fassungslos und fast sprachlos.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie viel Realitätsverlust ist eigentlich notwendig, um eine Weinbaupolitik zu betreiben, wie Sie es tun?

Gehen wir den Antrag einfach einmal gemeinsam durch. Woher haben Sie eigentlich Ihre Zahlen? Soweit ich weiß, hat der Weinbauverband nun gefordert, dass die Landwirtschaftskammer vierteljährliche Bestandsrechnungen vorlegt, damit man überhaupt einen Überblick bekommt. Auch die jährliche Augustbestandsmeldung wird doch zurzeit nur EU-weit und nicht nach Regionen ausgewertet. Ich hoffe, in der zweiten Runde klären Sie uns über die Herkunft Ihrer Zahlen auf.

Im nächsten Punkt stellen Sie fest, dass Weinbau und Kulturlandschaft etwas miteinander zu tun haben. Das hat noch nie jemand bestritten. Weiter kritisieren Sie, dass das Zwölf-Punkte-Programm der Landesregierung nur teilweise umgesetzt wurde und keinen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Situation im Bereich des Weinbaus gebracht hat. Meine Damen und Herren, das Zwölf-Punkte-Programm war doch bis auf ganz wenige Punkte eine Mogelpackung, weil es Selbstverständlichkeiten wie Beratung usw. auflistete. Die darin enthaltenen Destillationsmaßnahmen und die Beihilfen wurden nicht in erwartetem Umfang abgerufen. Warum denn eigentlich nicht? Darüber rätselt doch die Branche selbst.

(Zurufe des Abg. Schmitt, CDU, und des Abg. Mertes, SPD)

Herr Schmitt, es wäre schön, wenn Sie den Dialog nachher draußen führen würden.

Wir haben schon damals gesagt, dass das der falsche Weg ist.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu der einzig richtigen Forderung in dem gesamten Antrag. Sie fordern ein langfristig angelegtes Gesamtkonzept für den Weinbau. Richtig, das würden wir brauchen. Wir brauchen ein langfristiges Konzept der Landesregierung, in dem die Mittel, die die Politik zur Marktregulierung zur Verfügung hat, vernünftig und klug zur Anwendung kommen.

Meine Damen und Herren von der CDU, das wollen Sie aber doch gar nicht. Sie unterstützen die Winzer, die sich daran gewöhnt haben, Übermengen zu produzieren, um dann die Augen in Richtung Vater Staat zu lenken, der es dann schon richten wird, und zwar mit dicken Abflussrohren nach Brüssel und Ähnlichem.

Sie schaden im Übrigen dem rheinland-pfälzischen Weinbau mit dieser Haltung. Viele junge Winzerinnen und Winzer sind längst auf einem ganz anderen Stern. Ich zitiere Ihnen gern aus einer Rede, die ein junger Winzer aus Leiwen an der Mosel letztes Jahr beim Bremmer-Calmont-Symposium gehalten hat. Er sagte wörtlich – ich zitiere –: „Nach Vater Staat zu rufen reicht irgendwann nicht mehr, denn eines hat uns die Vergangenheit gelehrt: Der sich selbst regulierende Mechanismus der freien Marktwirtschaft ist stärker als die Politik und Vater Staat. Wir müssen uns selbst helfen, bis die Weine des Bremmer Calmont und die so vieler anderer hervorragender Lagen so gefragt sind, dass die bebaute Fläche nicht weiter wie beim Bremmer Calmont von ehemals 28 Hektar auf 11 Hektar sinkt, sondern es sich wieder rentiert, die ganzen 28 Hektar zu bebauen.“

Meine Damen und Herren, das hat etwas mit Marktorientierung, mit Qualität und Kundenorientierung zu tun und wenig mit Vater Staat. Der Jungwinzer hat es uns in das Stammbuch geschrieben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat im Übrigen – egal unter welcher Konstellation, das wollen wir doch nicht vergessen – immer nur das umgesetzt, was die Weinbauverbände gefordert haben, und auf eigene weitsichtige Gestaltung verzichtet.

(Staatsminister Bauckhage: Das ist nicht wahr!)

Sie trägt damit genauso ihren Teil Verantwortung für die Misere, wie auch die Branche selbst die Verantwortung für die Folgen ihrer Lobbypolitik übernehmen muss.

(Glocke des Präsidenten)

Sind meine ersten fünf Minuten Redezeit abgelaufen?

Ich setze mich in der zweiten Runde mit dem CDUAntrag mit Freuden auseinander.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Geisen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde der CDU-Fraktion zur aktuellen Weinmarkt- und Weinpreissituation gibt mir und meiner Fraktion die Gelegenheit, das Thema sachlich zu beleuchten.

(Staatsminister Bauckhage: Das ist wichtig!)

Dem Weinbau in Rheinland-Pfalz als dem größten Weinbau treibenden Bundesland kommt eine herausragende Bedeutung zu. In unserem Land werden von mehr als 16.000 Betrieben rund 70 % des deutschen Weins erzeugt, der für seine hervorragende Qualität weltweit bekannt ist.

Meine Damen und Herren, Weinbau ist allerdings nicht nur Weinerzeugung, sondern auch ein Stück Kultur. Unser Weinbau beinhaltet die Pflege unserer Kulturlandschaft bis hin zur Denkmalpflege. Die flächendeckende Bewirtschaftung der Weinbergslagen hat sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile für die ganze Region. Dies muss besonders vor der großen Bedeutung betont werden, die dem Tourismus in unserem Bundesland zukommt.

Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle für die FDP-Fraktion betonen, dass der Weinbau für uns einen wesentlichen Bestandteil des pulsierenden Lebens des ländlichen Raums darstellt.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für alle!)

Deshalb ist für uns auch klar, dass der mittelständisch strukturierte Weinbau, der entscheidend zur Erhaltung geschlossener Weinbergsareale in unserer Heimat beiträgt, erhalten werden muss. Diese Aufgabe bewältigt das FDP-geführte Wirtschafts- und Weinbauministerium in vorbildlicher Weise, wofür ich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich Herrn Minister Bauckhage danken möchte.

(Beifall bei FDP und SPD – Mertes, SPD: Das muss aber jetzt einmal gesagt werden!)

Meine Damen und Herren, aus diesem Grunde kann ich das, was die CDU heute thematisiert, nur als durchsichtiges politisches Ablenkungsmanöver zulasten unserer Winzer bezeichnen.

(Beifall bei FDP und SPD – Schmitt, CDU: Wovon denn ablenken?)

Meine Damen und Herren, wenn Sie den Koalitionsvertrag sowie das Zwölf-Punkte-Programm für die Weinwirtschaft gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass man selten mehr Abgeschriebenes gesehen hat als in dem vorliegenden CDU-Antrag.

(Beifall bei FDP und SPD)

Alle Forderungen des Antrags sind – von wenigen Abweichungen abgesehen – im Zwölf-Punkte-Programm des Weinbauministeriums sowie in der Koalitionsvereinbarung enthalten.

(Bischel, CDU: Das war doch von der CDU abgeschrieben!)

Das Einzige, was momentan noch nicht realisiert wurde, ist der vorletzte Punkt des Programms, der Marketingberatung in den Weingütern vorsieht.

(Schmitt, CDU: Also dann nennt einmal die Punkte, die Ihr realisiert habt!)

Meine Damen und Herren, diese mittelfristige Maßnahme setzt die Landesregierung mit der Einrichtung des Kompetenzzentrums Weinmarkt und Weinmarketing in Oppenheim bereits um.