Protocol of the Session on September 9, 2004

Zu Frage 1: Es ist unter anderem mit folgenden Auswirkungen zu rechnen: Als positives Signal erwarten wir eine größere Rechtssicherheit beim Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Es werden wahrscheinlich auch neue Vollzugsaufgaben auf das Land zukommen. Inwieweit das Gesetz Auswirkungen auf Anbaumöglichkeiten, Koexistenz, Forschung sowie die Dynamik der weiteren Entwicklung der Gentechnik in unserem Land haben wird, hängt entscheidend von der Ausgestaltung der strittigen Punkte im Vermittlungsverfahren ab.

Zu Frage 2: Inwieweit das Gesetz ein Innovationshemmnis darstellt, wird – wie bereits erwähnt – von der Ausgestaltung im Vermittlungsverfahren abhängen. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass durch die Umsetzung der EG-Freisetzungsrichtlinie, die grundsätzlich die Zulassung und Nutzung gentechnisch veränderter Organismen ermöglichen soll, zusätzliche Regelungen im Bereich der grünen Gentechnik unvermeidlich sind. Davon ist zunächst die Agrarbiotechnologie betroffen. Zum Beispiel wird es neben Auflagen für den Anbau – eine entsprechende Verordnung dazu steht allerdings noch aus – auch eine Dokumentationspflicht geben. Dies sollte aber nicht zu einem Ausstieg aus dieser Technik führen. Freisetzungen und In-VerkehrBringen von gentechnisch veränderten Organismen sollten weiterhin möglich sein. Die Forschung im Labor oder im Gewächshaus ist insofern nicht betroffen.

Der für die Koexistenz des GVO-Anbaus mit den herkömmlichen Anbauformen zu betreibende Aufwand wird nicht zuletzt von den Eigenschaften der jeweiligen Pflanzenarten abhängen. Bei Kartoffeln zum Beispiel wird das weniger Probleme geben als etwa bei Mais. Ohne Schutzmaßnahmen wäre eine Getrennthaltung der Produkte oft nicht möglich. Ohne diese Schutzmaßnahmen gäbe es kein geordnetes Nebeneinander der verschiedenen Anbauformen.

Zu Frage 3: Die Landesregierung steht der Novellierung des Gentechnikgesetzes zur Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie grundsätzlich positiv gegenüber. Die Details des vorliegenden Gesetzentwurfs müssen jedoch im Vermittlungsausschuss im Hinblick auf Korrekturmöglichkeiten diskutiert werden. Dabei lässt sich die Landesregierung von dem Grundsatz leiten, den verschiedenen Interessen in möglichst ausgewogener Form gerecht zu werden. So gilt es einerseits, die Belange der Gentechnik nutzenden Firmen und Landwirte an der Wahrnehmung der Chancen dieser Technologie zu berücksichtigen, andererseits gilt es, dem Interesse der konventionell und ökologisch wirtschaftenden Landwirte am Erhalt bisher bestehender Vermarktungsmöglichkeiten für ihre Produkte Rechnung zu tragen, und last but not least kommt es darauf an, die Wahlfreiheit der Verbraucher und Verbraucherinnen zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung folgende Aspekte in den Mittelpunkt stellen:

1. die Frage der Haftung,

2. die Ausgestaltung des Standortregisters,

3. die Regelung für Auskreuzungsprodukte aus Freisetzungen und

4. die Standards der „Guten fachlichen Praxis“.

Im Übrigen geht die Landesregierung davon aus, dass die Stellungnahme der Europäischen Kommission im weiteren Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung finden wird.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Gibt es Zusatzfragen? – Bitte schön, Herr Abgeordneter Billen.

Frau Ministerin, Sie sprechen von Schutzmaßnahmen und dem Schützen von Ökobauern und dem Schützen von Freisetzungsversuchen. Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?

Ich habe eine zweite Frage. Wenn Sie Kartoffeln als weniger problematisch als Mais darstellen, meinen Sie wohl, dass Sie sagen, die Kartoffeln sind im Boden, da

gibt es keinen direkten Pollenflug – es gibt ihn zwar sehr wohl –, während der Mais einen anderen Pollenflug hat? Diese beiden Unterschiede hätte ich gern von Ihnen dargestellt, wie Sie sich das in der Praxis vorstellen.

Vielen Dank, Herr Billen. Das wäre natürlich eine Grundlage für eine sehr ausreißende Debatte. Aber kurz: Sie wissen, dass es zwingend geboten ist; denn Sie sind selbst Landwirt. Sie wissen auch, dass gerade die Interessenverbände der Landwirte auch verlangen, dass sie einfache einigermaßen verlässliche Regelungen erhalten. Sie wissen auch, dass diejenigen, die ihre Produkte in Vermarktungsschienen halten wollen und damit natürlich ihre Existenz absichern, bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten dürfen, was den Anteil so genannter transgener Produkte in den einzelnen Produkten betrifft – ob das Saatgut ist oder ob das jetzt direkte Lebensmittel oder Grundnahrungsstoffe sind. Wir müssen deswegen klare Regelungen haben. Das ist der Hintergrund der Diskussion.

Das Zweite ist, dass wir natürlich diese Regelungen abhängig machen müssen – das wird zum Beispiel eine Debatte über die Ausgestaltung der „Guten fachlichen Praxis“ sein – von dem jeweiligen Vermehrungsverhalten der Pflanzen.

Es gibt Pflanzen, die sich über den Boden vegetativ vermehren – die Kartoffel ist eine solche Pflanze –, und es gibt Pflanzen, die unterschiedliche Arten von Pollenflug kennen. Von vielen Untersuchungen wissen wir, dass die Pollen unterschiedlich weit tragen. Verstehen Sie? Deswegen geht es nicht darum, Regelungen zu treffen, die irgendwelche starren Abstände vorsehen, sondern die Rücksicht auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Pflanzenarten und ihres Vermehrungsverhaltens nehmen, um auf der einen Seite eine mögliche Sicherheit zu gewährleisten und auf der anderen Seite dem Gebot des Übermaßes gerecht zu werden.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Billen.

Frau Ministerin, ich habe noch eine Frage. Sie haben von der Wahlfreiheit der Verbraucher gesprochen. Ich gehe davon aus, dass Sie auch von der Wahlfreiheit der Bauern reden, dass sie sich entscheiden können, was und wie sie anbauen wollen.

Gehen Sie davon aus, dass man weit in das EU-Recht eingreift, also weit darüber hinaus geht, oder gehen Sie davon aus – als Stellungnahme der Landesregierung –, dass man es im Rahmen der fachlichen Praxis – wie von Ihnen geschildert – vielleicht ein Stück zusätzlich regelt?

Zunächst einmal will ich jetzt nicht der Stellungnahme der Bundesregierung vorgreifen, die sich zu den Einlassungen der Europäischen Kommission äußern muss.

Mir fällt in dieser Debatte nur auf, dass die Europäische Kommission den Gesetzentwurf vom April 2004 zugrunde gelegt hat, der nicht mehr dem Gesetzentwurf entspricht, der momentan zur Beratung und Abstimmung im Bundesrat vorliegt. Es gibt gewisse Diskrepanzen. Die Europäische Kommission hat sich – soweit mir bekannt – auf verschiedene allgemeine Äußerungen eingelassen, zum Beispiel dass es keine nationalen Schwellenwerte für die Verunreinigung mit gentechnisch veränderten Organismen geben darf, die über denjenigen liegen, die die Europäische Kommission vorgibt. Das ist vom Grundsatz her richtig. Aber mir sind andererseits aus dem Gesetz keine Schwellenwerte bekannt, die darüber liegen würden. Das wäre zum Beispiel eine Frage, die unter Umständen in Verordnungen eine Rolle spielt.

Es sind auch Anforderungen gestellt worden, was Haftungs- und Ausgleichsregelungen betrifft, dass sie keine prohibitive Wirkung haben sollen.

Ich gehe davon aus, dass auch die Bundesregierung auf diese Punkte eingehen wird, eingehen muss. Deswegen kann ich es nicht abschließend sagen.

Sie sind jetzt schon der Meinung, dass der jetzige Gesetzentwurf über EU-Recht hinausgeht. Das sehe ich nicht automatisch so. Andererseits sind wir noch nicht am Ende des Verfahrens, das heißt, wir werden diese Vorgaben der Europäischen Kommission, die schon sinnvoll sind, im weiteren Verfahren zu berücksichtigen haben.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kiltz.

Einen Teil hat Frau Ministerin Conrad schon beantwortet. Ich wollte wissen, was die EU in ihrem Schreiben angemahnt hat.

Ich habe es akustisch nicht verstanden.

Sie haben, bevor ich gefragt habe, schon darauf geantwortet, was die EU in ihrem Schreiben m oniert hat.

Frau Ministerin, jetzt wüsste ich von Ihnen gern, wie Sie das weitere Verfahren im Bundesrat einschätzen. Wird es zu einer Lösung kommen, die mit dem, was Sie als

Wünsche der Landesregierung bezeichnet haben, übereinstimmen wird?

Frau Abgeordnete Kiltz, das hieße, dass man einen Blick in die Zukunft wirft. Bei dem, was man momentan so allgemein als politische Gemengelage zwischen Bundestag, seinen Mehrheiten und dem Bundesrat bezeichnen könnte, kann ich mir kein abschließendes oder sicheres Urteil erlauben.

Eines ist bedauerlich! Der erste Gesetzentwurf hatte Formulierungen enthalten, die ich für wesentlich besser befunden hätte. Ich halte manche Verschärfungen, die jetzt hineingekommen sind, für nicht adäquat. Deswegen stehen diese Fragen jetzt auch noch einmal im Vermittlungsverfahren an. Andererseits hat die Bundesregierung bereits einige Punkte aufgenommen, die in dem ersten Bundesratsverfahren im April vom Bundesrat gewünscht worden sind. Ich hatte aber bei über 80 Anträgen den Eindruck gehabt, dass wir uns in einer ziemlichen Blockadesituation, insbesondere der unionsregierten Länder, befunden haben.

Ich darf anmerken, die Landesregierung hat deswegen damals in dem Umfang nicht mitgemacht, weil wir wirklich ein Interesse an vernünftigen Regelungen haben. Deswegen kann ich nur wünschen – ich will es einmal so formulieren –, dass im weiteren Verfahren von beiden Seiten, auch von den Mehrheiten im Bundesrat – Sie wissen, bei welchen Parteien die liegen –, ein echtes Interesse an einer Vermittlung besteht, damit wir für die vier Punkte, die ich für wichtig erachtet habe und die die Landesregierung in den Mittelpunkt stellt, im Übrigen auch im Interesse von Verbraucherschutz, aber auch der Industrie und Forschung, Bewegung erhalten und eine Lösung finden, die den EU-Vorgaben entspricht, aber nicht nur das, sondern auch den Chancen dieser Technologie gerecht wird. Wir sollten heute nicht so große Hürden aufbauen, dass wir in Zukunft keine sinnvolle Forschung in diese Richtung betreiben können und diese Entwicklungschancen abgewürgt würden. Dies würden wir nicht mitmachen. Insofern loten wir den Handlungsspielraum aus. Wir werden uns sowohl auf politischer Ebene als auch im Vermittlungsverfahren in diesem Sinn einsetzen.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneider.

Frau Ministerin, Sie haben zu Beginn erläutert, dass der Bundesrat 85 Änderungsanträge eingebracht hat und diese Änderungswünsche von der Bundesregierung aus dem Gesetz genommen wurden, sodass sie nicht mehr zustimmungspflichtig sind.

Wie beurteilen Sie diese Vorgehensweise der Bundesregierung mit dem Bundesrat?

Die zweite Frage: Ist das Land Rheinland-Pfalz in der Abstimmung im Bundesrat Ende September näher an der Position der B-Länder oder näher an der Position der Bundesregierung?

Frau Abgeordnete, die 85 Änderungspunkte waren im ersten Verfahren angemeldet worden, als das Gesetz zustimmungspflichtig war.

Ich habe eben deutlich gemacht, dass wir nur bei einem Teil, nämlich dort, wo wir einen Schwerpunkt gelegt haben, mitgemacht haben, um uns insgesamt nicht dem Vorwurf der Blockade einer notwendigen Regelung auszusetzen. Dazu stehe ich auch heute. Ich habe auch gesagt, dass die Bundesregierung, ungeachtet der Tatsache, dass sie ein zustimmungspflichtiges Gesetz vorgelegt hat, einige Änderungen bereits aufgegriffen hat, die wir durchaus für wünschenswert erachtet haben. Manche wollten wir auch nicht.

Bei den jetzt vorliegenden Änderungen geht es nicht darum, auf welcher Seite man steht, sondern es geht darum, sich aufeinander zu zu bewegen. Deswegen gestatten Sie mir – dies ist auch eine Frage der Strategie; der Vermittlungsausschuss tagt Mitte September –, dass wir versuchen in den Eckpunkten, die ich vorhin genannt habe, zu Lösungen zu kommen. Ich habe die vier Punkte genannt, die aus unserer Sicht neben anderen im Mittelpunkt stehen. Das ist manchmal keine Frage von Parteien, sondern eine Frage, ob man einen Konsens will. Da verlange ich aber auch von den unionsregierten Ländern im Bundesrat, dass wir die Möglichkeit zu Veränderungen nutzen.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneider.

Hat das Land Rheinland-Pfalz eigene Änderungsanträge eingebracht, bzw. werden Sie eigene Änderungsanträge einbringen? Liegen Ihnen bereits Änderungsanträge der anderen B-Länder vor, und wie wird sich das Land bei diesen verhalten?

Es geht nicht mehr um Änderungsanträge, sondern es geht um zwölf Anrufungspunkte. Diese liegen Ihnen als Bundesratsdrucksache vor. Wir werden – das ist das Stadium des Verfahrens – auf der Grundlage von möglichen Änderungsanträgen, die es früher schon einmal gegeben hat, schauen, wie weit wir uns zwischen den Parteien und auch den politischen Ebenen aufeinander zu bewegen.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mainzer Landtagsseminar sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Germersheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Sind rheinland-pfälzische Mädchen dümmer als Jungen? – Schülerinnen und Schüler an Schulen für Hochbegabtenförderung/Internationale Schulen – Nummer 3 der Drucksache 14/3396 – betreffend, auf.