Protocol of the Session on March 19, 2004

Danke schön.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Offenbar hat der Erfolg in diesem Zusammenhang viele

Väter. Ich hoffe, dass wir dieses Mal hinsichtlich der Zuständigkeiten in der Landesregierung richtig liegen. Aber auch hier können wir uns vielleicht überraschen lassen.

Die CDU reklamiert den Erfolg für sich. Die Ministerin Dreyer reklamiert den Erfolg für sich. Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt interveniert.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie hat sozusagen das „Ururheberrecht“ dieses Erfolgs, weil wir schon früh erkannt haben, dass mit der vorgesehenen Vergabepraxis für die Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen insbesondere kleine und mittlere Träger benachteiligt würden. Sie haben im Land ges ehen, dass gerade Träger dieser Größe in Gefahr waren, auf der Strecke zu bleiben.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Es wird nun kleinere Losgrößen geben, es wird die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten geben. Es wird eine stärkere Ausrichtung an Qualitätsstandards geben, und die Fristen zur Bildung von Bietergemeinschaft kleinerer und mittlerer Träger werden besser ausgeschöpft werden können. Das war notwendig, um eine Trägerstruktur nicht nur im Land zu erhalten. Was ich in diesem Zusammenhang bemerkenswert finde, ist, dass dieser Erfolg erreicht werden konnte aufgrund zahlreicher Interventionen und die Bundesagentur für Arbeit unüblich schnell reagiert hat. Das kennen wir nicht immer von der Bundesagentur, zumindest, als sie noch einen anderen Namen hatte. Sie hat sich in diesem Fall so erwiesen, dass sie Kritik aufgenommen hat, sie relativ schnell etwas durchgesetzt hat, sie also ganz mobil gewesen ist, sie sich als reformfreudig herausgestellt hat. Ich denke, dass sie noch darangehen muss, um diejenigen, die auch mit der Vergabe befasst sind, am Ende noch besser zu schulen, besser zu qualifizieren. Das klingt etwas nebensächlich, wird aber eine zentrale Rolle spielen.

Ich denke, dann ist diese Sache auf einem guten Weg, was das angeht. Was sich mir allerdings bis jetzt noch nicht erschlossen hat, ist, weshalb man dazu hier eine Aktuelle Stunde beantragen musste.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Schmitz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die ehemalige Bundesanstalt für Arbeit über 50 Jahre unter dem Einfluss fast aller Parteien

aufgebaut wurde, hatte sie einen Zustand erreicht, der auch nach Einschätzung fast aller Parteien dringenden Reformbedarf auslöste. Eine solche Bundesanstalt, in dem Zustand, in dem sie war, umzubauen, ist eine Mammutaufgabe. Das muss jeder akzeptieren. Ich glaube, das akzeptiert auch jeder. Dass dort, wo gehobelt wird, auch Späne fallen, das weiß auch jeder. Ob ein solcher Umbau Erfolg versprechend abgeschlossen werden kann, ist immer noch nicht sicher. Wir hoffen natürlich darauf im Sinne derer, die betroffen sind.

Wenn dann auch über das Ziel hinausgeschossen wird, ist das ebenso bedauerlich und nicht schönzureden wie verständlich. Das ist die bundesrepublikanische Vorgabe, unter der wir sprechen. Wenn die Landesregierung dann – der Erfolg hat sicher viele Väter und Mütter – als Exekutive, das ist nun einmal die Landesregierung und nicht die Koalition und erst recht nicht die Oppositionsfraktionen, mit Verlaub, das erreicht, was sie erreicht hat, dann ist das ein dickes Kompliment wert. Von daher kann ich Frau Grosse nur Recht geben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wer so fair mit Politik umgeht, wie es in dem anklang, was Frau Kollegin Thelen gesagt hat, der wird sich, auch wenn er nicht applaudiert, zumindest heimlich, still und leise dieser Einschätzung anschließen müssen.

Meine Damen und Herren, natürlich war es ein Unding, dass Firmen den Zuschlag erhielten, die in ihrem Angebot behauptet haben, wir bilden fort für einen Euro pro Stunde pro Teilnehmer. – Das war ein überzogenes wirtschaftliches Denken. Das hat mit vernünftiger Ausschreibung schlechthin überhaupt nichts zu tun. Wir brauchen – auch das wurde deutlich; darüber besteht auch Übereinstimmung; das gibt auch keinen Grund für Streit – eine Ausschreibung. Dazu stehen wir alle. Wir brauchen Effizienzkontrollen: uneingeschränkt ja. – Die Landesregierung hat schon im Bereich arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen sehr deutlich in den letzten Jahren reagiert. Wir wissen doch alle, dass jeder Euro, der in diesen Bereichen ausgegeben wird, nicht nur erst aufgebracht werden muss, sondern auch an anderen wichtigen Stellen fehlt. Deshalb führt an diesen Dingen überhaupt nichts vorbei.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dann aber im Rahmen der Ausschreibung die Berücksichtigung regionaler, qualitativer Kriterien und auch die Berücksichtigung der Erfolgskriterien. Wir können es nicht gerade den Firmen schwer machen, die vielleicht einen Schnaps zu teuer waren, aber hervorragende Ergebnisse brachten. In dem Zusammenhang bedaure ich jede einzelne Entscheidung für regionale Träger, egal ob privat oder frei gemeinnützig, die jetzt nicht wieder gutzumachen ist. Das bedaure ich ganz tief, weil Leute vor den Kopf gestoßen wurden, die über Jahre eine tolle Arbeit abgeliefert haben.

Meine Damen und Herren, diese Maßnahme, dieses Einwirken der Landesregierung, ist ein Zeichen für pos itive Impulse, die von Rheinland-Pfalz ausgehen und schon immer von Rheinland-Pfalz ausgegangen sind und das immer weiter tun werden. Dieses Einwirken der Landesregierung ist auch ein schönes Beispiel für die

Politik nach Augenmaß, die dieser rotgelben Koalition und der von ihr getragenen Regierung zutiefst zu Eigen ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Dreyer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren und Damen! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Thelen, ich bin nicht so unbescheiden zu behaupten, dass es mein Verdienst ist, dass die Bundesagentur für Arbeit die Ausschreibungspraxis ändert, und hätten Sie nicht nur Zeitungs- sondern auch meine Pressemitteilung im Original gelesen, hätten Sie festgestellt, dass dort steht: Die intensiven Gespräche, die unter anderem Arbeitsministerin Malu Dreyer geführt hat, haben sich gelohnt – deshalb fühlen Sie sich sozusagen mit umarmt. Es waren viele, die in der Vergangenheit Gespräche geführt haben, und ich gehörte dazu.

Wir haben in Rheinland-Pfalz sehr frühzeitig erlebt, dass die Ausschreibungspraxis zu einem ganz großen Umsetzungsproblem führt. Deshalb habe ich mit den Spitzen der Bundesagentur für Arbeit gesprochen. Ich habe natürlich aber auch im Arbeitsmarktbeirat, weil das sozusagen ein Dauerbrennerthema ist, alle vier Wochen darüber gesprochen. Wir haben eine Vielzahl von Gesprächen auch auf der politischen Ebene geführt, sodass viele letztendlich dazu beigetragen haben, dass die Bundesagentur sehr frühzeitig signalisiert hat, dass sie bereit wäre, über das Ausschreibungsverfahren nachzudenken.

Ich glaube, es ist legitim, einer wirklich aufgewühlten Szene vor Ort, und zwar nicht nur der Träger und Trägerinnen, sondern auch der Kommunen, über eine Pressemitteilung mitzuteilen, dass sich die Ausschreibungspraxis im nächsten Quartal verändern wird.

(Beifall bei der SPD)

Wie nötig die Information ist, möchte ich noch einmal deutlich machen. Gestern war ich kurz auf der Landrätekonferenz. Es haben Kollegen und Kolleginnen Landräte die größte Sorge formuliert – die Nachricht ist dort nämlich noch nicht angekommen –, was eigentlich mit ihren berufsvorbereitenden Maßnahmen wird, was mit den jungen Leuten ist, die im Moment in den Ausbildungen in den unterschiedlichen Trägerverbünden sind, weil sie Angst davor hatten, dass eine vergleichbare Ausschreibung auf den Weg gebracht wird und die regionalen Strukturen und Netzwerke eigentlich keine Chance haben, sich bei dieser Ausschreibung entsprechend beteiligen zu können. Ich will das nicht öffentlich kritisieren, aber ich will das trotzdem anmerken. Wir haben im Ar

beitsmarktbeirat diese Thematik immer wieder aufgebracht. Die Regionaldirektion in RheinlandPfalz/Saarland hat immer wieder argumentiert, das alles sei eigentlich kein Problem. Wir wissen aber, dass es ein Problem ist. Wenn Sie als CDU einmal mit den Kollegen und Kolleginnen Bürgermeister und Landräte vor Ort sprechen, dann hören Sie auch, dass es ein Problem ist. Ich möchte ganz klar feststellen: Kein Mensch – das ist etwas falsch rübergekommen – ist gegen Ausschreibung. Natürlich wollen wir eine Ausschreibung. Wir denken auch, dass die Bundesagentur für Arbeit mit der Ausschreibung auf dem absolut richtigen Weg ist, weil auch wir Effizienz in der Arbeitsmarktpolitik wollen. Aber klar ist, dass Effizienz allein nicht ausreicht, sondern wir brauchen auch Qualität.

Ich teile die Meinung von Herrn Dr. Schmitz, dass man in einem neuen Verfahren manchmal ein bisschen über das Ziel hinaus schießt. Das war letztendlich auch der Grund dafür, warum die Verantwortlichen der Bundesagentur auch signalisiert haben, dass sie das Ausschreibungsverfahren überarbeiten werden.

Noch einmal: Das ist keine Schnapsidee einer Landesministerin, sondern es ist das, was vor Ort formuliert wird.

Wir wissen, dass die regionalen Verbünde größte Probleme haben, die Struktur aufrechtzuerhalten. Das wollen wir nicht. Das ist kontraproduktiv. Deshalb ist es richtig, das Verfahren zu ändern, und dafür bin ich auch sehr dankbar.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht noch zwei, drei Punkte darüber, was im Moment wirklich nicht besonders gut funktioniert. Das eine ist, dass die Bundesagentur für Arbeit das Preiskriterium so in den Mittelpunkt gestellt hat, dass wir Entwicklungen in dem Bereich zu verzeichnen haben, die wir nicht gutheißen können, zum Beispiel Dumpingangebote.

Wir wissen, es gibt Anbieter, die für einen Euro pro Teilnehmer und Teilnehmerin die Stunde sozusagen Qualifizierungsmaßnahmen angeboten haben. Wer weiß, dass man auch Miete, Personal und Heizung bezahlen muss, kann davon ausgehen, dass das ein Anbieter ist, der nicht ernsthaft qualitativ arbeiten kann.

Wir wissen, dass es über die Ausschreibungspraxis gerade für die regionalen Anbieter unglaublich schwer war, vor allem aufgrund der Losgrößen. Wenn man sich das kleine Land Rheinland-Pfalz vorstellt und weiß, dass die Losgrößen teilweise 5.000 Teilnehmerplätze betragen haben, dann weiß man, dass es nicht möglich ist – auch wenn man alle Träger in einem Bezirk zusammenschließt –, bei so einer Ausschreibung überhaupt teilzunehmen.

(Pörksen, SPD: So ist es!)

Ich glaube, es ist einfach vernünftig, wenn man in Zukunft auf regionale Besonderheiten und auf die Qualität

der Anbieter stärker achtet, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Letzte – ich denke, es ist schon fast alles gesagt –, noch eines, weil es immer wieder durchschwingt. Auch ich habe kein Interesse daran, zwanghaft kleine Träger aufrechtzuerhalten. Aber wir wissen, dass Netzwerke vor Ort auch mit vielen kleinen Trägern gegründet worden sind, die qualitativ hochwertige Arbeit erbringen und sehr effizient arbeiten.

Es kann nicht sein, dass wir aufgrund von Ausschreibungskriterien diese Strukturen erst einmal zerschlagen und zeitgleich darüber diskutieren, ob in Zukunft Kommunen beispielsweise die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen übernehmen, ohne jetzt darauf zu achten, dass die Strukturen, die sie später, in einem Jahr, brauchen, erhalten bleiben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Deshalb haben wir die Verantwortung, auch darauf zu achten. Wir nehmen sie wahr und werden auch in Zukunft intervenieren, wenn wir das Gefühl haben, dass in der Neuausrichtung und in der Neuorganisation das eine oder andere übersteuert ist.

Ich glaube, wir haben ganz gute Instrumente dafür in Rheinland-Pfalz. Wir haben das offene Ohr der Bundesagentur für Arbeit. Ich denke, wir werden das auch in Zukunft nutzen können, um sinnvoll die Neuordnung sozusagen des Arbeitsmarkts in Rheinland-Pfalz mit zu begleiten und zu betreiben.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der Feuerwehr Malberg sowie Schülerinnen und Schüler der Realschule Alzey. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)