Prohibition funktioniert nicht. Wer Skandinavier im Urlaub auf Mallorca erlebt hat, der weiß, wovon ich spreche. Daher ist ein abgestuftes Verhalten – Abgabe an unter 16-Jährige, an über 16-Jährige und an über 18Jährige – vom Grundsatz her vernünftig. Deshalb sieht es das Jugendschutzgesetz so vor. Ich bin davon überzeugt, dass es zur Erziehung gehört, Jugendlichen, die absehbar nicht bereit sind, auf Dauer abstinent zu leben, auch vernünftig im Umgang mit Dingen zu erziehen, die nicht unproblem atisch sind.
Wichtiger als alle gesetzgeberischen Aufgeregtheiten sind Eigenverantwortung – nicht nur der Appell daran, sondern auch die Information – und das Vorleben derer, die den Jugendlichen am nächsten sind. Das sind Eltern und Lehrer. Wenn der Vater regelmäßig volltrunken nach Hause kommt, dann nutzen sämtliche Alkopopsteuern nichts. Wenn Lehrer ihre Aufsichtspflicht so verstehen, dass sie an jedem Abend eines Schulausflugs zur Flasche greifen müssen, um damit ein Zeichen
der Geselligkeit und Verbundenheit mit den Jugendlichen zu dokumentieren, dann ist das vielleicht nicht der richtige Weg.
Alle Steuerungswirkungen verpuffen, wenn die wirkliche Akzeptanz bei den Betroffenen nicht erreicht wird. Auch das sollten wir uns immer vor Augen halten.
„Haltung der Landesregierung zur Ausschreibungspraxis der Bundesagentur für Arbeit für Wiedereingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/3008 –
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin Dreyer, offensichtlich musste mit aller Gewalt mal wieder eine positive Meldung her.
Am 13. März haben wir der Presse entnehmen können: Dank der besonders engagierten Gespräche, die Frau Dreyer geführt hat, hat die Bundesagentur ihre Förderpraxis umgestellt. Das ist wirklich ein tolles Ergebnis, allerdings nur, wenn man nicht weiß, dass die SPDFraktion – das kann man heute wunderbar im Internet nachlesen – schon am 2. März diesen Erfolg verkündet hat, da es ihr die Agentur schon längst versprochen habe, und es schon unter dem 1. März dieses Jahres einen Antrag an den Deutschen Bundestag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gab, der in eine ähnliche Richtung gewiesen hat und ebenfalls das Verfahren der BA kritisiert hat.
Meine Damen und Herren, worum ging es? Es ging darum, dass – ich sage es in uns allen bekannter Gerster‘schen Manier – eine bis dahin über Jahre geübte und daher bei allen Weiterbildungsträgern wohlfeile und angenehme Förderpraxis dieser Bundesagentur wieder mit einem Radikalkurs und einer 180-Grad-Wende herumgeschmissen wurde.
Dabei sage ich gar nicht, dass das Ziel, das mit dieser Wende in der Förderpolitik verfolgt wurde, falsch war. Die Art und Weise, wie man mit den vielen Betroffenen im Land umgeht, ist natürlich ein Unding. Es gab dann auch den zu erwartenden Aufschrei. Aufgeschrieen haben viele kleine regionale Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen, die es jetzt schwer hatten, zum Zuge zu kommen.
Die Bundesagentur hat zum einen die Mittel reduziert, was wir absolut für richtig halten, und zum Zweiten Fördermaßnahmen, Weiterbildungsmaßnahmen, Qualifizierungsmaßnahmen, Eingliederungsmaßnahmen und Schulungsmaßnahmen – es gibt einen ganzen Topf von Maßnahmen – bundesweit ausgeschrieben. Diese bundesweite Ausschreibung hat eine ganz andere Konkurrenzsituation unter den Weiterbildungsanbietern hervorgebracht und viele kleine regionale und vor allen Dingen auch gemeinnützige Anbieter in eine Situation gebracht, die ihnen doch sehr schwierig erscheint.
Der Aufschrei, den wir alle in Form von Briefen auch von den gemeinnützigen Trägern auf die Tische bekamen, ließ nicht lang auf sich warten. Schaut man allerdings ein bisschen näher hin, merkt man, dass es so schlimm, wie der Schrei es vermuten ließ, doch nicht war, wie unsere regionale Agentur Rheinland-Pfalz-Saarland noch einmal ausdrücklich bestätigt hat.
Trotz bundesweiter Ausschreibung etwa von Trainingsoder Vermittlungsmaßnahmen seien auch weiterhin rund 80 % der Aufträge an regionale Anbieter vergeben worden. Es war ein bisschen der berühmte Sturm im Wasserglas. Es kommt aber eine Meldung hinzu, die mindestens genauso wichtig ist, nämlich dank dieser veränderten Ausschreibung hat immerhin unsere regionale Agentur allein in den Monaten Januar und Februar bereits 30 % der im letzten Jahr verbrauchten Mittel eingespart. Das heißt, dass im Prinzip das Verfahren in die richtige Richtung weist. Das Verfahren muss man dann nur richtig durchführen.
In dem zweiten Teil will ich kurz auf das eingehen, was wir bei der Umstellung in der Förderpolitik für nötig halten. Ich will noch einmal deutlich sagen: Diese Gelder – es sind Gelder der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, die in die Arbeitslosenversicherung zahlen und durch den hohen Steuerzuschuss Steuermittel, die die Arbeitsamtskasse bekommt – können wir nicht dafür nutzen, einen eigenen Wirtschaftsmarkt unter eine Käseglocke zu stellen und sie von jeder Konkurrenzsituation zu befreien.
Über Jahre hinweg hat sich eine regelrechte Weiterbildungsindustrie etabliert – diese war eher auf Expansion angelegt, weil auch die Töpfe immer wieder stiegen –, die einen zunehmenden Kundenkreis hatte, weil auch die Zahl der Arbeitslosen zunahm und die davon ausgehen konnte, dass sie sich in einer guten Nische sehr angenehm einrichten konnte. Das können wir uns auf Dauer mit den Mitteln der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Steuerzahler nicht mehr erlauben.
denn viele Betroffene sind mit den Inhalten dieser Maßnahmen völlig unzufrieden, betrachten sie als Verschiebebahnhof und Zeitverschwendung. Das kann nicht im Sinn der Politik, der BA und vor allen Dingen der Arbeitslosen sein.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor zwei Tagen abends den Antrag der CDU-Fraktion für die Aktuelle Stunde in die Hände bekam, wusste ich nicht so recht, wohin die Reise gehen soll.
Frau Thelen, um ehrlich zu sein, ich weiß es jetzt auch noch nicht so ganz, weil mich Ihre Erläuterungen nicht richtig weitergebracht haben. Ich erkläre Ihnen auch warum.
Zunächst einmal sagen Sie, es müsste eine positive Meldung her. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei Ministerin Dreyer für ihren Einsatz bei der BA bedanken.
Frau Thelen, Sie haben von einem ähnlich lautenden CDU-Antrag erzählt und dass Sie so weit gar nicht weg wären. Das sehe ich doch richtig. Sie haben zuerst gesagt: Frau Dreyer, es muss eine positive Botschaft her. – Diese liegt vor. Die CDU wollte es vorher auch schon. Das habe ich doch richtig verstanden, oder?
Sie haben die Gemeinsamkeiten der CDU und die Aktivitäten von Frau Dreyer beschrieben und dann erläutert, welche Briefe und Entrüstungsrufe Sie von den Trägerinnen und Trägern in Rheinland-Pfalz erhalten haben. Ich glaube, auch das habe ich richtig verstanden. Diese haben wir übrigens auch bekommen. Der Arbeitskreis Soziales führt viele Gespräche mit den Trägern in Rheinland-Pfalz.
Ich habe einen Denkfehler, was die Arbeitsmarktpolitik der CDU angeht; denn wenn ich mich an die letzten und vorletzten Haushaltsberatungen erinnere, haben Sie
Streichkonzerte in Höhe von 15 Millionen Euro in einem Gesamtkonzept von 23 Millionen Euro vorgehabt,
wohl wissend, dass damit die gesamte Trägerstruktur im Land, die mühsam über viele Jahre aufgebaut worden ist, zerstört worden wäre. Das wussten Sie sehr wohl.
Jetzt sagen Sie, wir bekamen viele Briefe von den Trägern, die wir, wenn ich Sie richtig verstanden habe, auch nachvollziehen können.
Dann schwenken Sie in der Aktuellen Stunde um und sagen: Das war nur ein Aufschrei und ein Sturm im Wasserglas; denn so schlimm ist es doch nicht.
Sie haben von einer Käseglocke und von veralteten Strukturen gesprochen. Darüber können wir auch reden. Selbst Experten der BA hatten die Vergabepraxis und die Trägerstruktur nicht so eingeschätzt. Wir wollen nicht, dass die individuellen kleinen regionalen Träger nicht mehr berücksichtigt werden und hinten herunterfallen und diejenigen, die bei uns vor Ort die Arbeit leisten, die die Netzwerke, die Arbeitgeber und die ganzen Strukturen kennen, aufgrund der gesamten Ausschreibungspraxis herausfallen.
Meine Damen und Herren, das wollen wir ändern. Das muss auch geändert werden. Das hat Frau Ministerin Dreyer angestoßen. Das ist genau der richtige Weg.
Ich sage Ihnen noch etwas. Ich werde nicht müde, das zu wiederholen. Ich möchte einmal die CDUAbgeordneten vor Ort erleben, wenn ein Projekt gestrichen wird. Dann möchte ich den Aufschrei hören. Die CDU-Abgeordneten werden sagen: Das könnt ihr überall machen, nur nicht bei mir. – Das wird nicht gehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich noch einmal bei Frau Staatsministerin Dreyer herzlich bedanken. Wir werden gleich noch über die Inhalte sprechen können. Dann besteht die Gelegenheit, weiter darauf einzugehen.