Protocol of the Session on August 23, 2001

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie werden nicht überrascht sein, auch wenn ich mich zum Schuljahresbeginn zurückgehalten habe, dass ich in diese heutige Jubelarie nicht mit einstimmen werde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Die ADD in Trier und ihre Außenstellen in Koblenz und Neustadt haben es nach zweijähriger Arbeit tatsächlich geschafft, das Chaos, das die Landesregierung in diesem Bereich mit ihrer so genannten Verwaltungsreform angerichtet hat, in den Griff zu bekommen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Dafür auch von mir ein herzlicher Dank an alle in der ADD Beschäftigten.

Aber schauen wir doch einmal hinter die Kulissen. Herr Mertes, der relativ reibungslose Beginn des Schuljahres in Bezug auf die Lehrereinstellungen – – –

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Auch Lehrerinnen!)

Übrigens sagte mir ein Schulleiter zu denen, noch nie haben wir unseren Bedarf so früh gemeldet, und noch nie haben wir erst so spät Rückmeldungen bekommen.

Aber dieser relativ reibungslose Beginn ist wohl vor allem der Tatsache geschuldet, dass Sie für dieses Schuljahr rund 600 Lehrerinnen und Lehrer weniger eingestellt haben als im vergangenen Schuljahr.

(Zuruf von der SPD: Bitte?)

Sehr viele der 865 realisierten Stellenbesetzungen – wie Sie dies auch in der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage beschrieben haben – resultieren aus der Umwandlung von Dreiviertelstellen in ganze Deputate. Rund 140 Lehrkräfte mussten weniger eingestellt werden, weil in diesem Umfang Lehrkräfte aus der Verkürzung des 13. Schuljahres frei wurden.

(Mertes, SPD: Herr Wiechmann, was heißt das denn?)

An den berufsbildenden Schulen müssen Lehrerinnen und Lehrer zusätzliche Arbeit aufgrund der im letzten Jahr wirksam gewordenen pauschalierten Lehrerinnenzuweisung schultern.

Trotzdem haben Sie in diesem Bereich der berufsbildenden Schulen die größte Zahl an fehlenden Lehrkräften, da Sie für bestimmte Fächer in den Naturwissenschaften und in Technik keine Fachkräfte und keine Lehrkräfte nach Rheinland-Pfalz locken können. Da kann Ihnen auch das von Ihnen so hoch gelobte Seiteneinsteigerinnenprogramm nicht helfen.

Wenn Sie auf diese Leistungen stolz sind, dann feiern Sie das. Aber die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler und auch die Eltern sehen definitiv keinen Grund zur Freude.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben im Wahlkampf mit dem Thema „Ganztagsschule“ das Thema „Unterrichtsausfall“ sehr geschickt von der politischen Tagesordnung verdrängt und damit auch verschleiert, dass wir in dieser laufenden Legislaturperiode auf dem Höhepunkt aller Sparmaßnahmen aus KOSI und den Vorgängersparmaßnahmen von Ministerin Frau Dr. Götte angelangt sind.

Die Summe aller Sparmaßnahmen, auch derjenigen, die Sie irgendwann einmal zurücknehmen wollten, wird in dieser Legislaturperiode als Berg von Belastungen auf den Schulen lasten.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Sie haben in der Vergangenheit zwar neue Stellen geschaffen, aber durch Ihre Sparpakete haben Sie den Schulen und insbesondere den Lehrerinnen und Lehrern mindestens das Arbeitsvolumen der doppelten Anzahl dieser Stellen zusätzlich aufgebürdet.

(Mertes, SPD: Sie sind hier nicht bei der Gewerkschaft, junger Mann!)

Sie haben in den letzten Jahren die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte, von denen die überwiegende Mehrzahl jetzt zwei Unterrichtsstunden mehr halten muss, was übrigens eine Arbeitszeiterhöhung von ungefähr 8 % entspricht, drastisch erhöht.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Sie sollten endlich einmal zur Kenntnis nehmen und die einsame Spitze des Landes Rheinland-Pfalz bei den Frühpensionierungen der Lehrerinnen und Lehrer als Warnung dafür begreifen, dass Sie beispielsweise mit dem Streichen der Altersermäßigung den Bogen der Belastbarkeit weit überspannt haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Sie melden – wie in den vergangenen Jahren übrigens auch – nicht, dass Sie insgesamt zu wenig Lehrkräfte

haben, um den im Frühjahr nach den vorliegenden Anmeldungen an den Schulen festgestellten Bedarf an Lehrkräften vollständig zu decken.

Frau Ministerin Ahnen, wie lauten eigentlich Ihre Vorgaben an die Schulen? Mit wie viel Prozent Minderausstattung an Lehrerinnenstunden müssen die Schulen überhaupt zufrieden sein? – Meiner Kenntnis nach – dies werden wir im Oktober dann auch von Ihnen hören – wird dieser Wert um die 2 % liegen. Dieser Wert wird dann als struktureller oder eingeplanter Unterrichtsausfall festgestellt werden.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bin gleich am Ende.

Diese 2 % struktureller Unterrichtsausfall bedeuten weiterhin rein rechnerisch, dass mindestens 750 Lehrkräfte zu wenig an rheinland-pfälzischen Schulen sind.

(Zurufe von der SPD)

Dies bedeutet, es gibt weniger Unterrichtsangebote, als den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern per Schulgesetz und den darauf basierenden Verordnungen und Verwaltungsvorschriften versprochen werden und auch zustehen. Sie halten sich einfach nicht an Ihre Vorgaben, die Sie sich selbst gemacht haben. Wenn Sie damit zufrieden sind, die Betroffenen an den Schulen sind es definitiv nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Staatsministerin Frau Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sicherung der Unterrichtsversorgung hatte, hat und wird auch in Zukunft bei der Landesregierung höchste Priorität haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich sage ausdrücklich, dass dies auch bei meinem Vorgänger so war, es seinen Niederschlag in der Koalitionsvereinbarung und in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gefunden hat und auch ich es schon hier erklärt habe. Wir haben es nicht nur erklärt, wir haben es schlichtweg gemacht und auch deutlich gemacht, dass dies für uns so gilt. Wir haben es in die Tat umgesetzt.

(Beifall der SPD und des Abg. Creutzmann, FDP)

In der Tat, der Schuljahresbeginn war gut. Die Zurverfügungstellung von zusätzlichen Ressourcen, ein erfolgreiches Stellenbesetzungsverfahren und eine frühzeitige

Planung in enger Abstimmung mit den Schulen haben dies ermöglicht. Auch ich sage aus meiner Sicht, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das belegen nicht nur Zahlen und Fakten, soweit sie uns schon bekannt sind, sondern das belegt auch die öffentliche Berichterstattung. Das wird aber auch bei den Gesprächen mit den Schulen deutlich. Wie Sie bereits mitbekommen haben, habe ich sehr viele derartige Gespräche in den vergangenen Tagen geführt.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die trauen sich nicht, der Chefin etwas zu sagen! – Zurufe aus dem Hause)

Herr Dr. Braun, abgesehen davon, dass ich meines Erachtens ein Mensch bin, dem man fast alles sagen kann und was sich auch alle trauen: Besondere Zurückhaltung im Schulbereich haben Sie bisher auch nicht gespürt. Das ist jetzt wirklich eine Unterstellung.

Herr Abgeordneter Wiechmann, die Zahlen, die Sie genannt haben, - -

(Lelle, CDU: Stammen von der Landesregierung!)

Richtig, sie stammen von der Landesregierung, und ich habe sie sogar dabei. Diese Daten stammen vom 17. Mai. Das war der Stichtag der letzten Erhebung. Deshalb sind die Zahlen, die Sie genannt haben, heute überhaupt nicht mehr gültig. Die 850 Stellen, um die es geht und die zum Schuljahresbeginn zu besetzen waren, waren echt zu besetzen. Davon waren 100 zusätzliche Stellen neu. Nur 20 Stellen sind zum heutigen Zeitpunkt noch frei. Darüber hinaus sind im Umfang von 300 Stellenäquivalenten Verbeamtungen und Aufstockungen vorgenommen worden. Das ist eine Vielzahl von Personalfällen, die von der ADD hervorragend bearbeitet worden sind.

(Beifall der SPD und der FDP)