Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Keller, diese Rede hätte ich vorher auch halten können, weil wir sie schon so oft von Ihnen gehört haben, dass wir sie in der Zwischenzeit auswendig können.
Aber wonach wir in der Zwischenzeit einen richtigen Bedarf haben, ist, endlich einmal einen einzigen Vorschlag von Ihnen zu hören, wie Sie es anders machen würden und wie Ihre Konzepte aussehen würden.
Wenn Sie das eine schon 50-mal sagen, würden wir das andere doch unendlich gern wenigstens ein einziges Mal hören.
Wir haben die bildungspolitische Bankrotterklärung von Ihnen schon so oft erzählt bekommen, aber davon wird sie eben nicht richtiger. Die Situation, die in RheinlandPfalz ebenso wie auch in allen anderen alten Bundesländern vorzufinden ist, hat etwas damit zu tun, dass der Arbeitsmarkt momentan sehr schwierig ist
und wir im Bereich der technischen, der gewerblichen und der hauswirtschaftlichen Fächer die Lehrkräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr finden können. Wenn Sie die Statistik, die wir in den letzten Wochen vom Ministerium zum Thema „Unterrichtsversorgung an berufsbil
denden Schulen“ bekommen haben, aufmerksam gelesen haben, konnten Sie feststellen, dass an verschiedenen Stellen 35, 45 oder 55 Unterrichtsstunden nicht stattgefunden haben, weil die Lehrkräfte überhaupt nicht zu finden sind.
Herr Kollege Keller, die Politik der Landesregierung mit den Dreiviertelstellen hat dazu geführt, dass mehr Personen im Schuldienst eingestellt worden sind. Auf zwei Stellen wurden dort nämlich nicht nur zwei Lehrkräfte, sondern mehr als zwei Lehrkräfte eingesetzt. Die Politik der Landesregierung hat dazu geführt, dass mehr Personen im Schuldienst waren, die heute mit ganzen Stellen plus der Ansparstunden bei uns arbeiten. Wenn Sie gelesen haben, dass diese Lehrkräfte nicht mehr zu finden sind, können Sie sich überlegen, dass in dieser Landesregierung schon vor fünf, sechs oder sieben Jahren Vorsorge getroffen worden ist. Die Lehrkräfte finden sich eben nicht in den anderen Bundesländern, wo Sie meinten, sie hinfliehen zu sehen, sondern die anderen Bundesländer haben einen mindestens so hohen Lehrkräftebedarf wie wir.
Herr Kollege Keller, wenn Sie meinen, die Situation in Rheinland-Pfalz sei furchtbar desolat, empfehle ich Ihnen einmal, sich mit dem auseinanderzusetzen, was jüngst auf der anderen Rheinseite geschehen ist und was die hessische Landesregierung und die CDUFraktion in Hessen zum Thema „Lehrer- und Lehrerinnenbeschäftigung“ beschlossen hat. Dort hat man im Rahmen des Haushalts 2004 pauschal über alle Schularten hinweg beschlossen, 945 Stellen einzus paren. Ich glaube, wir erinnern uns noch alle an die vollmundige Beschäftigungsgarantie mit 1.000 neuen Lehrer- und Lehrerinnenstellen.
Das ist wenige Jahre her. Nun beschließt man, 945 Stellen einzusparen. Dann können Sie sich ausrechnen, dass dies für das dortige System der berufsbildenden Schulen einen dramatischen Aderlass bedeutet.
Wir haben uns aber sagen lassen, in Hessen merkt man dies kaum, da die vielen Stellen, die dort eingespart werden, momentan gar nicht besetzt sind, weil Sie die Lehrkräfte in diesem Bundesland gar nicht finden – in einem Bundesland, wo doch angeblich alle hingelaufen sind, die wir in Rheinland-Pfalz verdrängt haben.
Sie scheinen aber auf dem Weg dorthin nicht angekommen zu sein. Wenn wir ehrlich sind, wissen Sie und ich, was mit all den Lehrkräften passiert ist, die ausgebildet worden sind, aber nicht im Schuldienst beschäftigt sind: Sie sind dorthin gegangen, wo es andere Besoldungsverhältnisse gibt, wenn man jung ist, nämlich in die Wirtschaft.
Herr Kollege, aber Sie empfehlen uns immer, wir sollten bei den Lehramtsanwärterinnen und den Lehramtsanwärtern doch die Vergütung anheben. Sie erzählen uns aber nicht, woher das Geld dafür kommen soll. Bei unseren Haushaltsberatungen haben Sie selbst keinen Ansatz dafür gehabt, aus dem heraus man Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter zusätzlich hätte besolden können.
Herr Kollege, in der ganzen Bundesrepublik hat noch kein Bundesland diese Öffnungsklausel wahr gemacht, weil in keinem Bundesland die Gelder dafür zur Verfügung stehen. Wir wissen, dass Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter eine ausgesprochen geringe Bezahlung erhalten. Das ist schon sehr lange der Fall, und das wissen wir.
Aber wir sehen momentan keine Möglichkeit, an dieser Stellschraube zu drehen. Aber von Ihnen haben wir außer diesem klugen Vorschlag keine weiteren Vorschläge gehört.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Herrn Staatsminister Marc Fischbach und seine Begleitung, den neuen Ombudsmann in Luxemburg, den ich nicht nur zu seiner Wahl beglückwünsche, sondern dem ich auch sehr viel Erfolg bei seiner Arbeit wünsche. Alles Gute und herzlich willkommen!
Außerdem begrüße ich Mitglieder des SPD-Ortsvereins Gückingen sowie Schülerinnen und Schüler der Regionalen Schule Daaden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine zentrale Grundlage für gute Schule und guten Unterricht ist, dass dieser Unterricht überhaupt erst einmal stattfindet. Ziel ist also eine Schule ohne Unterrichtsausfall. Darin geben Sie mir wohl hoffentlich Recht, Herr Kollege Hartloff.
Wenn wir dies anerkennen, müssen wir aber auch anerkennen, dass diese rotgelbe Landesregierung schlichtweg versagt hat, wenn es darum geht, den berufsbildenden Schulen eine ausreichende Zahl an Lehrerinnen und Lehrern zur Verfügung zu stellen, die diese Schulen für die Abdeckung des Unterrichtsbedarfs bräuchten, meine Damen und Herren.
Frau Kollegin Brede-Hoffmann, da nützt es auch überhaupt nichts, dies irgendwie zu beschönigen. Auch der Blick nach Hessen, wo definitiv nicht alles gut läuft, lenkt nur von den hausgemachten Problemen dieser Landesregierung ab. Um es einmal ganz klar zu sagen: Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall an den berufsbildenden Schulen sind das Ergebnis einer jahrelangen Vernachlässigung dieser Schulart. 6,34 %!
Bundesweit! Das ist Ihre Verantwortung in unserem Land Rheinland-Pfalz. Es ist Ihre Verantwortung, Frau Kollegin Brede-Hoffmann!
Ein mehr als dreimal so hoher Wert an strukturellem Unterrichtsausfall als an den allgemein bildenden Schulen verdeutlicht doch – ich bleibe dabei –, dass die berufsbildenden Schulen in unserem Land Rheinland-Pfalz das Stiefkind der Landesregierung sind.
Meine Damen und Herren, der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern besteht schon lange. Gleichzeitig bahnt sich seit Jahren ein Mangel an Lehramtsbewerberinnen und -bewerbern an. In ihrer Antwort auf unsere Anfrage musste Frau Ahnen auch zugestehen, dass ihre eigene Schulstatistik in jedem einzelnen der vergangenen sechs Jahre immer wieder dokumentiert hat, dass an den rheinland-pfälzischen berufsbildenden Schulen im Durchschnitt ca. 300 Vollzeitlehrkräfte allein zur Abdeckung des strukturellen Unterrichtsbedarfs zu wenig eingestellt worden sind.
Herr Kollege Keller hat darauf hingewiesen, ich habe darauf hingewiesen, und dies heute nicht zum ersten Mal, meine Damen und Herren.
Diese Landesregierung hat es also versäumt, rechtzeitig einen Einstellungskorridor für Lehrkräfte an den berufsbildenden Schulen zu schaffen. Frau Kollegin BredeHoffmann, das war möglich, und das wissen Sie ganz genau. (Unruhe im Hause)
Diese Zahlen bestätigen noch einmal, was ich am Anfang gesagt habe: Es geht tatsächlich darum, dass es an den berufsbildenden Schulen in unserem Land eine jahrelange systematische Vernachlässigung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer gegeben hat.
Meine Damen und Herren, auch deshalb ist die Aussage von Frau Ministerin Ahnen, die den hohen strukturellen Unterrichtsausfall mit der Situation auf dem Arbeits- und Lehrstellenmarkt begründet, nichts anderes als Augenwischerei; denn die Ministerin bzw. ihr Vorgänger, der immer noch auf dieser Regierungsbank sitzt, hatte jahrelang die Möglichkeit, ausreichend Lehrkräfte für die berufsbildenden Schulen zu finden.
Meine Damen und Herren, nicht nur die OECD, auch die Kultusministerkonferenz warnt vor den Gefahren des Lehrkräftemangels in den kommenden Jahren. In den nächsten 10 bis 15 Jahren scheidet die Hälfte der derzeitigen Lehrkräfte aus dem Schuldienst aus. Dieser Pensionierungswelle stehen unzureichende Ausbildungskapazitäten gegenüber. Das heißt, RheinlandPfalz steuert sehenden Auges auf einen eklatanten Lehrkräftemangel an unseren Schulen zu.